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Jagdpachtvertrag – fristlose Kündigung bei Übersendung der Revierkarte über WhatsApp

LG Lüneburg – Az.: 3 S 8/17 – Beschluss vom 23.06.2017

Es wird erwogen, die Berufungen durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Beiden Berufungsklägern wird Gelegenheit zur Stellungnahme und zu einer weitere Kosten zum Teil vermeidenden Berufungsrücknahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gegeben.

Gründe

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich und eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Die Berufungen haben nach derzeitiger Sach- und Rechtslage aus folgenden Gründen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Das Amtsgericht hat rechtsfehlerfrei und mit zutreffender Begründung der Klage teilweise stattgegeben.

I.

Der Kläger hat – wie das Amtsgericht Dannenberg zutreffend festgestellt hat – lediglich einen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung von 2.375,00 € gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt., 398 BGB sowie der ausgeurteilten Zinsen. Weitergehende Ansprüche hat der Kläger hingegen nicht.

Im Einzelnen:

1.

Eine Nichtigkeit des Jagdpachtvertrages oder der erteilten entgeltlichen Jagderlaubnisse durch eine Überschreitung der Höchstflächenbegrenzung (vgl. § 11 Abs. 3, Abs. 6 BJagdG) ist nicht ersichtlich. Sinn und Zweck der Begrenzung der Jagdpachthöchstfläche ist die Verhinderung einer Konzentration der zu bejagenden Flächen in Händen Weniger. Die Jagdmöglichkeiten sollen hierdurch vermehrt werden und dadurch eine optimale Hege gewährleistet werden. Sind mehrere Pächter gleichberechtigt beteiligt, wird die Pachtfläche durch die Zahl der Pächter geteilt. Gleiches gilt bei der Erteilung von ständigen Jagderlaubnissen (Jagdrecht in Niedersachsen, Kommentar, Pardey/Hons/Brandt, Juli 2016, § 11 BJadgG, Ziff. 7.2.). Es spricht auch vieles dafür, dass sich eine Nichtigkeit des Jagdpachtvertrags auf die Jagderlaubnis als abgeleitetes Recht erstreckt. Im Übrigen erstreckt sich die Nichtigkeit eines Jagdpachtvertrags jedenfalls auf etwaige Unterpachtverträge (vgl. Jagdrecht in Niedersachsen, Kommentar, Pardey/Hons/Brandt, Juli 2016, § 11 BJadgG, Ziff. 9.), sodass „ad maiore ad minus“ auch davon auszugehen ist, dass erst Recht Jagderlaubnisse hiervon erfasst werden.

Im vorliegenden Fall ist der Kläger darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Jagdpachtverträge aufgrund einer Überschreitung der Höchstflächenbegrenzung nichtig waren. Ein Beweisangebot hierzu ist seitens des Klägers nicht unterbreitet worden. Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass eine Nichtigkeit bei einer Überschreitung der Höchstflächenbegrenzung auch nur den konkreten Jagdpachtvertrag, mit dem die Überschreitung bewirkt wird. Wann die beiden Jagdpachtverträge jeweils zustande gekommen sind und ob es zu diesem Zeitpunkt möglicherweise auch schon mehrere Erlaubnisscheininhaber für die betreffenden Fläche gegeben hat, sodass die Fläche entsprechend zu teilen wäre, wurde von dem Kläger nicht dargelegt.

2.

Auch eine Unwirksamkeit der Jagderlaubnisse, die für den Jagdbezirk K… ausgestellt worden sind, liegt nicht vor. Die alleinige Unterschrift des Beklagten auf diesen Jagderlaubnissen ist insoweit unschädlich.

Richtig ist zwar der Einwand des Klägers, dass die Erlaubnis für einen Jagdgast zur Alleinjagd schriftlich erteilt werden muss (sog. Jagderlaubnisschein). Zur Wahrung der Schriftform ist erforderlich, dass der gastgebende Jagdausübungsberechtigte den Jagderlaubnisschein eigenhändig unterschreibt. Bei einer Mehrheit von Jagdausübungsberechtigten haben alle zu unterschreiben (vgl. Jagdrecht in Niedersachsen, Kommentar, Pardey/Hons/Brandt, Juli 2016, § 19 NJadgG, Ziff. 1). Dem liegt zugrunde, dass bei mehreren Mitpächtern – solange im Gesellschaftervertrag nichts Abweichendes geregelt ist – den Mitpächtern eine gemeinschaftliche Geschäftsführung nach § 709 Abs. 1 BGB obliegt (Jagdrecht Niedersachsen, Müller-Schallenberg/Knemeyer/Munte, 3. Aufl. 2011, Rn. 170).

Am 15.12.2015 erteilte Herr V… dem Beklagten eine Vollmacht. Dies ist nach den festgestellten Tatsachen des erstinstanzlichen Gerichts jedenfalls zugrunde zu legen. Die Vollmacht lautet wie folgt: „Hiermit ermächtige ich Herrn T…, geb. am 09.08.1957, für den Jagdbezirk K/N/L, die Tätigkeit als Obmann wahrzunehmen und insbesondere Begehungsscheine alleine und eigenmächtig unterzeichnen zu dürfen“ (Bl. 49 d.A.). Hierdurch wurde dem Beklagten seitens des weiteren Mitpächters V… eine Ermächtigung im Sinne des § 185 Abs. 1 BGB erteilt, sodass der Beklagte mit Fremdwirkung rechtsgeschäftlich handeln konnte. Die Ermächtigung ist eine besondere Form der Einwilligung und wie diese widerruflich. Der Umfang des rechtlichen Dürfens bestimmt sich wie bei der Vollmacht nach dem Innenverhältnis zwischen Rechtsinhaber und Ermächtigtem. Im Unterschied zum Stellvertreter handelt der Ermächtigte – wie vorliegend – im eigenen Namen und agiert somit nicht offenkundig für einen Dritten. Seine Legitimation beschränkt sich stets auf bestimmte Rechte (MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, BGB § 164 Rn. 57-58). Aufgrund der erteilten Ermächtigung war es dem Beklagten möglich rechtsgeschäftlich – auch wenn nicht offenkundig – für den weiteren Mitpächter zu handeln.

3.

Nicht ersichtlich ist auch, dass die erteilten Jagderlaubnisse unwirksam oder nichtig sind, weil im Zeitpunkt der Erteilung der Landkreis S… noch nicht bestätigt hatte, dass keine Beanstandungen im Hinblick auf den Jagdpachtvertrag betreffend das Revier B… erhoben wurden (vgl. Bl. 131 d.A.).

Zwar ist es richtig, dass nach § 12 Abs. 1 BJagdG der Jagdpachtvertrag der zuständigen Behörde anzuzeigen ist und die Behörde den Vertrag binnen drei Wochen nach Eingang der Anzeige beanstanden kann. Jedoch darf nach § 12 Abs. 4 BJagdG lediglich vor Ablauf der Drei-Wochen-Frist nach Anzeige des Vertrags der Pächter die Jagd nicht ausüben, sofern nicht die Behörde die Jagdausübung zu einem früheren Zeitpunkt gestattet. Die Anzeige datiert auf den 25.01.2016, sodass mit einem Eingang des Antrags bei der zuständigen Behörde Anfang Februar 2016 gerechnet werden kann. Zum Zeitpunkt der Jagderlaubnisscheine am 01.04.2016 waren somit die drei Wochen abgelaufen und die Jagd konnte und durfte wieder ausgeübt werden. Es ist jedenfalls für den Kläger bei der Erlaubniserteilung ab dem 01.04.2017 auch nicht ersichtlich gewesen, dass es etwaige Beanstandungen der zuständigen Behörde gegeben habe. Hierfür lagen keine Anhaltspunkte vor.

4.

Die in der Klageschrift ausgesprochene Kündigung ist dem Beklagten am 14.06.2016 zugestellt worden und somit zu diesem Zeitpunkt wirksam geworden.

Eine Kündigung des hier vorliegenden Dauerschuldverhältnisses war auch gem. § 314 Abs. 1, Satz 1 u. 2 BGB möglich. Denn die Absprache über eine entgeltliche Jagderlaubnis konstituiert ein Rechtsverhältnis mit eigenen schuldrechtlichen Pflichten und Rechten (vgl. Jagdrecht in Niedersachsen, Kommentar, Pardey/Hons/Brandt, Juli 2016, § 18 NJadgG, Ziff. 1.2.1). Es liegt auch ein Dauerschuldverhältnis vor, da die Jagderlaubnisse für einen Zeitraum von einem Jahr erteilt worden sind und hieraus während der Laufzeit des Schuldverhältnisses fortwährend Leistungs- und Schutzpflichten begründet werden. Gem. § 314 Abs. 1 BGB kann ein Dauerschuldverhältnis durch jeden Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Gemäß § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein wichtiger Grund vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier der Fall.

Wie bereits das Amtsgerichts Dannenberg zutreffend ausgeführt hat, wurden dem Kläger und Herrn G… keine Revierkarten für die Jagdbezirke K… und B… ausgereicht. Lediglich die Übersendung einer Karte, mit handschriftlicher Einzeichnung der Grenzen, als Ablichtung per Whatsapp war nicht ausreichend. Denn es ist von besonderer Bedeutung, dass der Jagdgast die genauen Grenzen des Jagdbezirks ersehen kann. Ansonsten begibt er sich in die Gefahr rechtswidrig in fremdes Jagdrecht einzugreifen und Jagdwilderei zu begehen. Zwar lassen sich der Whatsapp Karte für B… die Reviergrenzen erahnen, eine vertrauenswürdige Revierkarte liegt damit jedoch nicht vor. Auch die weitere per Whatsapp übersendete Revierkarte, welche seitens der Parteien jedoch nicht eingereicht wurde, ist offensichtlich ungeeignet gewesen die Reviergrenzen festzustellen, da sie erheblich verpixelt gewesen sei. Bereits aus diesem Grund war die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses dem Kläger nicht zuzumuten.

Die nach § 314 Abs. 2 BGB erforderliche Abmahnung mit Fristsetzung ist vorliegend gemäß §§ 314 Abs. 2 S. 2,3, 323 Abs. 2 Nr.1 BGB aufgrund der ernsthaften und endgültigen Leistungs- und Mitwirkungsverweigerung des Beklagten entbehrlich gewesen. Denn ausweislich der Whatsapp Nachricht (Anlage K 7, Bl. 35 d.A.) war der Beklagte der Auffassung, dass der Kläger und Herr G… unproblematisch jagen gehen könnten. Hieraus ergibt sich, dass der Beklagte der Auffassung war, nichts mehr tun zu müssen, damit der Kläger und Herr G… ordnungsgemäß jagen gehen können. Auch wollte er mit den Klägern keine weitere Korrespondenz mehr führen, sondern ließ mitteilen, dass etwaige Schreiben direkt an seinen Anwalt weitergegeben werden sollten. In diesem Verhalten war aus Sicht des Klägers eindeutig und unmissverständlich eine Verweigerungshaltung des Beklagten zu erkennen.

Da die Kündigung erst zum 14.06.2016 Wirkung entfaltet, muss der Kläger die bis zu diesem Zeitpunkt angefallene Vergütung (625,00 €) dem Beklagten grundsätzlich bezahlen. Daher hat der Kläger lediglich einen Anspruch auf Rückzahlung des auf die Zeit ab dem 14.06.2016 entfallenden Entgelts in Höhe von 2.375,00 €.

5.

Der Kläger hat nach Auffassung der Kammer keinen weitergehenden Anspruch auf Rückzahlung des übrigen geleisteten Jagdpachtentgeltes in Höhe von 625,00 €, insbesondere auch nicht aufgrund einer Unmöglichkeit der Jagdausübung.

Denn dadurch, dass der Beklagte dem Kläger die zur tatsächlichen Ausübung der Jagd erforderlichen Revierkarten nicht ausgehändigt hat, konnte die Jagd nur nicht in den Grenzgebieten der Reviere ausgeübt werden, da diese unbekannt waren. Im Übrigen war dem Kläger und Herrn G… jedoch eine Jagdausübung möglich. Denn die Jagd hätte in den Bereichen ausgeübt werden können, die auf der Grundlage der Karte per Whatsapp eindeutig dem Revier zugeordnet werden könnten (Anlage B 1, Bl. 78 d.A.), so z.B. im Inneren des Reviergebiets.

Im Übrigen wäre es dem Kläger und Herrn G… auch möglich gewesen, die Melde- und Informationspflichten aus Nr. 3 und Nr. 4 des Jagderlaubnisscheins gegenüber dem Jagdausübungsberechtigten einzuhalten. Die Daten des Jagdaufsehers wären also nicht unbedingt erforderlich gewesen, um jagen zu können, da die Mitteilungen auch gegenüber dem Beklagten hätten erfolgen können. Des Weiteren wäre es auch möglich gewesen, sich entsprechende Informationen bei der Jagdbehörde zu holen (so z.B. betreffend die Reviergrenzen, Namen und Telefonnummern von Reviernachbarn und das Vorhandensein etwaiger Wildfolge-Vereinbarungen). Gesetzlich ist die Anzahl der Jagderlaubnisscheine für ein Jagdrevier auch nicht begrenzt, weshalb es auch nicht problematisch erscheint, dass für die hier streitgegenständlichen Reviere mehrere Jagderlaubnisscheine ausgestellt worden sind. Auch ist eine Gefahr durch ein Zusammentreffen/Aufeinandertreffen der einander unbekannten Jagderlaubnisscheininhaber nicht ersichtlich, da in dem Jagderlaubnisschein unter Ziff. 3 ein An- und Abmelden erfolgen sollte. Auf diese Weise erhält der Jagdausübungsberechtigte die Information, wer die Jagd ausübt und kann die weiteren Jagdgäste, die sich anmelden, hierauf hinweisen.

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II.

Die Kammer regt deshalb – unbeschadet der Möglichkeit zur Stellungnahme – die kostengünstigere Rücknahme der aussichtslosen Rechtsmittel an.

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