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Kaufvertrag über sämtliche GmbH-Geschäftsanteile – Beschaffenheitsvereinbarung

OLG München – Az.: 7 U 6141/19 – Urteil vom 23.06.2021

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19.09.2019, Az. 29 O 12976/17, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger begehrt, die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde im Zusammenhang mit dem Kauf sämtlicher Anteile an einem Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH für unzulässig zu erklären, die Beklagte zur Herausgabe der vollstreckbaren Urkunde sowie zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 582.541,77 € zu verurteilen.

Der Kläger – bereits damals selbst unternehmerisch in verschiedenen Branchen, etwa im Backwesen, aber auch im Bereich Fahrzeugüberführung und Wagenpflege, tätig – erwarb durch den streitgegenständlichen notariellen Vertrag des Notars Dr. K. vom 10.08.2012, Urkundenrolle Nr. …09, Anlage K1, sämtliche Anteile an der WW O. GmbH (im Folgenden: die Gesellschaft) von der Beklagten. Die Gesellschaft sollte ein – im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht eröffnetes – W.-Restaurant am Standort … in M. betreiben. Bereits am 01.06.2012 hatte die Gesellschaft als Franchisenehmerin, vertreten durch den damals noch nicht zum Geschäftsführer bestellten Kläger, mit der Beklagten als Franchisegeberin einen Franchisevertrag abgeschlossen.

Im Rahmen des notariellen Vertrages übernahm der Kläger Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Höhe von insgesamt 242.000 € (vgl. Ziff. 2.2 Nr. 1b der Urkunde). Teilbeträge von 50.000 und 10.000 € waren bzw. wurden zeitnah erbracht (Ziff. 2.2 Nr. 2 letzter Absatz). Von dem Restbetrag in Höhe von 182.000 € sollten 70.000 € am 20.08.2012 und weitere 112.000 € in monatlichen Raten von 2.000 €, beginnend mit dem 30.09.2012, erbracht werden (Ziff. 2.2 Nr. 2 der Urkunde). Bei Verzug von mehr als vier Tagen sollte der gesamte noch ausstehende Restbetrag sofort fällig werden; als Verzugszins galt der unter Unternehmen geschuldete Verzugszins als vereinbart (Urkunde aaO). Bezüglich des Restbetrages von 182.000 € einschließlich Zinsen unterwarf sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung (Ziff. 2.2 Nr. 5 der Urkunde).

Die Beklagte übernahm im Vertrag (Ziff. 2.4 Nrn. 1 und 2 der Urkunde) die Haftung für den ungehinderten Übergang der GmbH-Geschäftsanteile sowie für diverse, einzeln aufgezählte Umstände, etwa für eine Erstellung der übergebenen Bilanz gemäß den handelsrechtlichen Grundsätzen. Des Weiteren war vereinbart (Ziff. 2.4 Nr. 3 der Urkunde):

„Weitere Haftung wird […] nicht geleistet, insbesondere nicht für Wert und Ertragskraft der veräußerten Geschäftsanteile sowie für Rechts- und Sachmängel der zugehörigen Unternehmen.“

Die Beklagte vollstreckt aus dieser Urkunde gemäß Forderungsaufstellung im Vollstreckungsauftrag vom 30.06.2017, Anlage K4, den auch der Kläger seiner Vollstreckungsabwehrklage zugrunde legt, einen Restbetrag in der Hauptsache von 78.935,17 €. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausdrücklich klargestellt, dass sie – wegen Erfüllung im Übrigen – aus der Urkunde keinen höheren Hauptsachebetrag beanspruche. Die Beklagte hat dort ferner erklärt, dass Zinsen vor dem in der Forderungsaufstellung ausgewiesenen Zinsbeginn nicht beansprucht würden (Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 3, Bl. 422 d.A.; dort wurde allerdings infolge eines Übernahmeversehens aus der Anlage K4 versehentlich der 14.08.2015 – zutreffend statt 04.08.2015 – protokolliert).

Der Franchisevertrag zwischen der Gesellschaft und der Beklagten wurde (jeweils außerordentlich) von letzterer durch Kündigung vom 19.07.2016 wegen Nicht-Zahlung der Franchisegebühren und vom 23.02.2017 wegen Einstellung des Geschäftsbetriebes von seiten des Klägers mit Kündigungsschreiben vom 10.04.2017 gekündigt.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe die Zahlungspflichten im Jahr 2013 gestundet, bis die Gesellschaft Gewinne erwirtschafte. Zahlungen 2014 und 2015 seien freiwillig erfolgt. Da die Gesellschaft keine Gewinne erwirtschaftet habe, könne die Beklagte den Restbetrag nicht (mehr) geltend machen.

Jedenfalls habe der Kläger mit Schreiben vom 29.08.2017 (Anlage K6) mit Schadensersatzansprüchen von 702.541,77 € (Schadenspositionen: Zahlung von Teilbeträgen von 50.000 € und 10.000 € sowie von 70.000 € aus dem streitgegenständlichen Vertrag; Einlagen in die Gesellschaft 2012, 2014 und 2017 von insgesamt 228.000 € zzgl. Zinsaufwand von 14.541,77 €; entgangene Geschäftsführervergütung von 6.000 € pro Monat für den Zeitraum August 2012 bis Februar 2016, gesamt: 330.000 €; Aufschlüsselung gemäß Schriftsatz vom 13.12.2017, S. 11 f., Bl. 65 f. d.A.) aufgerechnet, die er primär auf fehlerhafte vorvertragliche Aufklärung, hilfsweise auf Pflichtverletzung bei Erfüllung der Pflichten aus dem Franchisevertrag stütze.

Die Beklagte habe im November 2011 mündlich zugesichert, dass der Kläger am Standort einen Umsatz von mindestens 2.000 € pro Tag erwirtschaften könne. In der übersandten Ertragsvorschau sei für 2012 ein Jahresumsatz von 700.000 € prognostiziert, der sich um jährlich 5% bis auf 893.397 € im sechsten Jahr steigere. Es handele sich um falsche Planzahlen. Die tatsächlich erzielten Umsätze hätten unter 1.000 € pro Tag gelegen. Die Jahresabschlüsse seien dementsprechend negativ gewesen. Auch die Standortanalyse sei falsch.

Die Beklagte hätte den Kläger überdies darüber aufklären müssen, dass bei ihr 2003 und 2007 Insolvenzen eingetreten seien. Auch sei die Gesellschaft seitens der Beklagten nicht hinreichend unterstützt worden.

Der Kläger stellte mit Schriftsatz vom 20.12.2017, S. 2 (Bl. 80 d.A.) klar, dass er einen Schaden schon in den noch offenen Forderungen aus der notariellen Urkunde sehe, die die Beklagte nunmehr vollstrecke. Jedenfalls soweit er auf den notariellen Vertrag bereits Teilbeträge in Höhe von (gesamt) 130.000 € bezahlt habe, sei ein den noch offenen Betrag übersteigender Schaden entstanden. Die weiteren Schadenspositionen seien lediglich zwecks möglicher Vergleichsverhandlungen eingeführt.

Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht der Auffassung sein sollte, einzelne Schadenspositionen stünden nicht dem Kläger, sondern der Gesellschaft zu, stützt der Kläger Ansprüche in Höhe eines Teilbetrages von 120.000 € aus an ihn abgetretene Ansprüche der Gesellschaft (Schriftsatz vom 13.09.2019, S. 8, Bl. 316 d.A.; deren Schaden hat der Kläger in der Anlage K6, dort S. 8 mit insgesamt 582.278,16 €, darunter das Geschäftsführergehalt des Klägers von 6.000 € monatlich, gesamt 330.000 €, beziffert). Umgekehrt trat der Kläger eigene Ansprüche in Höhe eines Teilbetrages von 120.000 € an die Gesellschaft ab (Anlage K32).

Mit Schriftsatz vom 01.04.2019 (Bl. 242 d.A.) hat der Kläger die Vollstreckungsabwehrklage um eine Zahlungsklage in Höhe von 582.541,77 € (702.541,77 € minus an die Gesellschaft abgetretene 120.000 €) erweitert.

Der Kläger beantragte in erster Instanz:

1. Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars Dr. H. K. über den Kauf aller Geschäftsanteile an der WW O. GmbH vom 10.08.2012, Urkundenrollen-Nr. …09 des Notars Dr. H. K., wird für unzulässig erklärt.

2. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche erteilten vollstreckbaren Ausfertigungen der genannten Urkunde des Notars Dr. H. K. vom 10.08.2012 an den Kläger herauszugeben.

3. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Schadensersatzbetrag, mindestens jedoch 582.541,77 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit der Entstehung des Schadens, spätestens seit dem 25.09.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Sie trägt vor, eine etwaige Stundungsabrede sei durch die Vereinbarung in einem persönlichen Gespräch am 02.07.2014 entfallen, wonach der Kläger ab August 2014 die vereinbarten Ratenzahlungen wieder aufnehme. Jedenfalls sei die Stundung aber mit der Kündigung des Franchisevertrages widerrufen. Schließlich beruft sich die Beklagte auf § 321 BGB.

Die Beklagte bestreitet einen Schadensersatzanspruch dem Grunde und der Höhe nach. Es seien insbesondere keine falsche Prognosezahlen vorgelegt worden. Bei den übersandten Zahlen handele es sich um eine Musterberechnung, die der Kläger für einen von ihm zu erstellenden Businessplan habe bekommen wollen. Dem Kläger seien im Übrigen Kennzahlen verschiedener anderer W.-Restaurants in der Nähe zur Verfügung gestellt worden (vgl. insbesondere Schriftsatz vom 26.01.2018, S. 6 f., Bl. 114 f. d.A.)

In rechtlicher Hinsicht führt die Beklagte aus: Schadensersatzansprüche seien nach Ziffer 2.4 Nummer 3 des notariellen Vertrages ausgeschlossen. Jedenfalls sei kein Anspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung gegeben, vielmehr sei Gewährleistungsrecht einschlägig. Außerdem seien etwaige Ansprüche spätestens seit dem 30.12.2015 verjährt. Dem Kläger sei von Anfang an bewusst gewesen, dass er die behaupteten Prognosezahlen der Beklagten nicht erreiche. Schließlich erhebt die Beklagte die „Zug-um-Zug“-Einrede (Schriftsatz vom 14.08.2019, S. 3, Bl. 270 d.A.).

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Das Landgericht hat die Klage nach Einvernahme von acht Zeugen durch Urteil vom 19.09.2019, dem Kläger zugestellt am 26.09.2019, abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO. Zur Begründung der Klageabweisung führte das Landgericht im Wesentlichen aus:

Eine Stundungsvereinbarung sei jedenfalls mit der Kündigung des Franchisevertrages widerrufen. Auch sei die Forderung nicht durch Aufrechnung erloschen. Zwar sei der Haftungsausschluss des notariellen Vertrages wegen des Zusammenhangs mit dem Eintritt in den Franchisevertrag nicht einschlägig, der Kläger habe jedoch nicht beweisen können, dass die Beklagte bezüglich der erreichbaren täglichen Umsätze mündlich oder schriftlich falsche Angaben gemacht habe. Das Landgericht folge insoweit der Aussage des Zeugen N. – entgegen der Aussagen der Zeugen K. und C. L. –, der bekundet habe, er rede nicht von Tagesumsätzen, allenfalls von Jahresumsätzen. Umsatzzahlen garantieren könne er nicht; er können allenfalls an Umsatzzahlen glauben und diese für realistisch halten. Im Übrigen glaube er bis heute daran, dass die Zahlen aus der Standortanalyse erreicht werden könnten. Eine Pflichtverletzung könne auch nicht aus der E-Mail vom 25.11.2011 (Anlage K30) abgeleitet werden. In der E-Mail sei darauf hingewiesen worden, dass keine Gewährleistung für die Richtigkeit der Zahlen übernommen werde. Der Zeuge N. habe bekundet, die Zahlen in der Excel-Tabelle hätten auf internen Berechnungen der Beklagten basiert, die deshalb übersandt worden seien, weil der Kläger mehrfach darum gebeten habe, die Tabelle „zum Rumspielen“ erhalten zu können. Soweit der Kläger behaupte, dass er binnen fünf Tagen zwei unterschiedliche Zahlenwerk erhalten habe, stütze dies gerade die Aussage des Zeugen N. Auch der Steuerberater der Beklagten, Dr. A. Sc., habe ausgesagt, dass er den Kläger mehrfach darauf hingewiesen habe, dass sich Zahlen auch anders entwickeln könnten und nicht gesichert feststehen würden, und dass die Verwirklichung der Zahlen letztlich davon abhänge, ob die Kunden tatsächlich kämen. Der Kläger habe ihm gegenüber erklärt, dass er das wisse, da er schon eine Bäckerei bzw. einen Backshop besitze. Auch sonstige behauptete Pflichtverletzungen griffen nicht durch. Aus denselben Gründen bestünden keine Schadensersatzansprüche.

Mit seiner am (Montag, den) 28.10.2019 beim Oberlandesgericht eingelegten und – nach mehrfacher Fristverlängerung bis zum 02.06.2020 – an diesem Tag begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Rechtsschutzziel fort. Er hält insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts für falsch und nimmt zur Begründung auf seine erstinstanzliche Stellungnahme nach Durchführung der Beweisaufnahme Bezug. Er führt des Weiteren an, die Beklagte räume letztlich selbst ein, sie habe ein fehlerhaftes Zahlenwerk übersandt; jedenfalls habe sie Umsatzangaben ins Blaue hinein getätigt.

Er beantragt (Berufungsbegründung, S. 3, Bl. 373 d.A. in Verbindung mit dem Protokoll vom 21.04.2021, S. 2, Bl. 421 d.A.):

I. Das Endurteil des Landgerichts München I, Az: 29 O 12976/17, vom 19.09.2019 wird aufgehoben.

II. Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars Dr. H. K. über den Kauf aller Geschäftsanteile an der WW O. GmbH vom 10.08.2012, Urkundenrollen-Nr. …09 des Notars Dr. H. K. wird für unzulässig erklärt.

III. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche erteilten vollstreckbaren Ausfertigung [sic] in der genannten Urkunde des Notars Dr. H. K. vom 10.08.2012 an den Kläger herauszugeben.

IV. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 582.541,77 Euro zuzüglich Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 25.09.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, hält aber daran fest, dass – entgegen dem landgerichtlichen Urteil – der Gewährleistungsausschluss greife. Auch stehe ihr die Einrede der Verjährung zu.

Der Senat hat über die Berufung am 21.04.2021 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll sowie die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

I. Die Vollstreckungsabwehrklage, § 767 ZPO, ist unbegründet.

1. Der Kläger hat sich in Höhe eines Hauptsachebetrages von 182.000 € der sofortigen Zwangsvollstreckung durch notarielle Urkunde unterworfen. Hieraus sind (nur) noch 78.935,17 € offen – und damit ein geringerer Betrag, als der Kläger unter Vorlage einer Abrechnung durch die Beklagte (Anlage K28, dort genannter Betrag: 80.500 €) vorgetragen hat; soweit der Kläger eine weitergehende Erfüllung in den Raum gestellt hat (vgl. Schriftsatz vom 13.12.2017, S. 3 f., Bl. 57 d.A.), ist er näheren Vortrag und Beweis schuldig geblieben, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Beklagte ihrerseits hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Protokoll bestätigt, dass kein über den Betrag von 78.935,17 € hinausgehender Hauptsachebetrag offen ist.

2. Die Vollstreckungsabwehrklage ist nicht aufgrund der klägerseits behaupteten Stundungsabrede begründet. Die Klagepartei steht insoweit auf dem Standpunkt, die Stundungsabrede dahingehend, dass die Ratenzahlung nur bei Gewinn der Gesellschaft geschuldet sei, sei nicht aufgehoben worden und könne nach Kündigung der Franchiseverträge auch nicht mehr aufgehoben werden. Dieser Sichtweise folgt der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht nicht.

Ausweislich der Urkunde ist ein Betrag von 112.000 € (denen wiederum vom Kläger übernommene Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber der Beklagten zugrunde liegen) in monatlichen Raten von 2.000 € ab 30.09.2012 zu leisten. Zwar wurde die Ratenzahlung 2013 „gestundet“, wie das Schreiben der Beklagten an die Postbank vom 30.09.2013 (Anlage K2) belegt, wonach eine Tilgung erst erforderlich sei, wenn das Unternehmen genügend Gewinn erwirtschafte. Die Grundlage der Stundung und damit die Stundungsabrede selbst sind, wie das Landgericht zutreffend sieht, jedenfalls mit der – vorliegend sogar wechselseitigen – Kündigung des Franchisevertrages entfallen. Anderenfalls handelte es sich nicht um eine bloße Stundung, sondern im Ergebnis um einen – auf die Aufgabe des W. restaurants ohne Erwirtschaftung von Gewinn bedingten – Verzicht auf die Forderung. Ein solcher Inhalt kann dem Schreiben an die Postbank – eine Dritte – nicht entnommen werden. Dort werden nämlich nur Modalitäten der Rückführung des „Darlehens“ – Fälligkeit und Höhe der zu bezahlenden Raten – behandelt, nicht ein endgültiger Ausfall der Forderung, etwa in einem Insolvenzfall. Auch die vom Landgericht durchgeführte Zeugeneinvernahme hat nicht ergeben, dass eine entsprechende Abrede getroffen worden wäre (vgl. Beschluss vom 14.12.2017, S. 2, Bl. 93 d.A.; Aussage des klägerischen Zeugen A. C. L., Protokoll vom 14.12.2017, S. 3 [unten], Bl. 84 d.A.).

Darüber hinausgehend nimmt der Senat an – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert –, dass eine Stundungsabrede ab August 2014 beendet war. Wie sich aus der Anlage K27, letzte Seite, ergibt, wurden von August 2014 an die monatlichen Ratenzahlungen wieder aufgenommen (lediglich im März und im Mai 2015 wurde nicht gezahlt; im Juni 2015 erfolgte dafür eine doppelte Zahlung) und bis Juli 2015 fortgesetzt. Dies deckt sich mit der Aussage des Zeugen P. (Protokoll vom 14.12.2017, S. 6, Bl. 87 d.A.), dass ab August 2014 die monatlichen Zahlungen wieder aufgenommen werden sollten. Jedenfalls liegt in der regelmäßigen Aufnahme der Ratenzahlungen ein konkludenter Verzicht auf eine bestehende Stundungsabrede. Wenn der klägerische Zeuge A. C. L. (vgl. Protokoll vom 14.12.2007, S. 5, Bl 86 d.A.) demgegenüber eine Aufhebung der Stundungsabrede in Abrede stellt und vielmehr die Wiederaufnahme der Zahlungen als freiwilliges Zeichen guten Willens darzustellen versucht, steht dies in Widerspruch zur Regelmäßigkeit der Zahlung – bei unveränderten Umsatzzahlen von 2012 [Rumpfjahr] von 171.989,67 €, 2013 372.861,05 €, 2014 376.835,36 € und 2015 374.605,54 € und unverändert defizitär arbeitender Gesellschaft mit Jahresfehlbeträgen von 2013 47.292,58 €, 2014 36.715 € und 2015 63.434,08 €, Anlagen K 31 und K 33 – und steht auch in Widerspruch zu der eigenen Aussage, dass eine Wiederaufnahme der Zahlungen wirtschaftlich nicht möglich gewesen sei („Nein, wie hätten wir das denn machen sollen“; „Das hätten wir uns auch nicht leisten können“).

Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass der Kläger vier Tage nach Ausbleiben der Juli-Rate am 30.07.2015 – die Zahlung am 06.07.2015 erfolgte auf die Juni-Rate – in Verzug geriet, somit die gesamte noch ausstehende Forderung fällig wurde. Auch Zinsen in der vereinbarten Höhe eines Verzugszinssatzes zwischen Unternehmen, somit von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2 BGB in der 2012 geltenden Fassung), deretwegen die Beklagte vollstreckt, sind daher seit 04.08.2015 geschuldet.

3. Der Zahlungsanspruch ist nicht durch die Erklärung des Klägers, er begehre die schadensrechtliche Aufhebung des notariellen Vertrages (Schriftsatz vom 20.12.2017, S. 3, Bl. 81 d.A.), erloschen, da dem Kläger weder ein Rücktrittsrecht aus kaufrechtlicher Gewährleistung noch ein Anspruch auf Vertragsaufhebung aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung zusteht, weil die Gesellschaft einen bestimmten Umsatz nicht erreiche. Maßgeblich ist insoweit allein der Kaufvertrag, aus dem die Beklagte vollstreckt, (und nicht der Franchisevertrag).

a) Ein Rücktrittsrecht aus kaufrechtlicher Gewährleistung, § 346 Abs. 1, § 326 Abs. 1 und 5, 323 Abs. 1, § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1 BGB besteht nicht. Voraussetzung für ein solches Rücktrittsrecht wäre, dass ein bestimmter Umsatz bzw. eine bestimmte Ertragslage zur geschuldeten Beschaffenheit des Unternehmens gehörte. Daran fehlt es. Dabei kann an dieser Stelle noch offen bleiben, ob Umsatzzahlen bzw. Ertragskraft überhaupt einer Beschaffenheitsvereinbarung zugänglich sind. Es fehlt jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht an einer entsprechenden Vereinbarung.

So ist im Kaufvertrag ausdrücklich festgehalten, dass die erworbene Beteiligung keinen wirtschaftlichen Wert darstelle, wohl aber eine wirtschaftliche Chance (Ziff. 2.2 Nr. 1). Schon dies spricht gegen die „Vereinbarung“ des Erreichens bestimmter künftiger Umsätze und Erträge. Das Fehlen einer solchen Vereinbarung ergibt sich auch aus dem Gegenschluss zu den tatsächlich übernommenen Zusicherungen und Garantien, die etwa die Richtigkeit der übergebenen Bilanz des noch nicht eröffneten Restaurants betraf, aber gerade nicht künftige Umsätze oder Erträge. Schließlich ist ausdrücklich bestimmt, dass die Beklagte als Verkäuferin keine weitere Haftung übernehme, insbesondere nicht für Wert und Ertragskraft der Anteile. Da die Ertragskraft maßgeblich von dem zu erreichenden Umsatz – gleichsam als Ausgangsgröße für den zu erzielenden Ertrag – abhängt, gilt für den Umsatz nichts anderes.

Etwaige Aussagen des Zeugen N. im Vorfeld des Vertragsschlusses ändern daran nichts. Erst im Rahmen des Vertragsschlusses legen die Parteien abschließend fest, für welche Umstände sie eine Haftung übernehmen. Die Parteien können insoweit nicht davon ausgehen, dass im Vorfeld des Vertrages erteilte Informationen über das Kaufobjekt zum Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen werden, wenn die geschuldete Beschaffenheit im notariellen Kaufvertrag nicht erwähnt wird (BGH, NJW 2016, 1815, juris-Rn. 17). Dies gilt umso mehr, wenn die Aussagen im Vorfeld des Vertragsschlusses durch einen nicht vertretungsberechtigten Angestellten (hier des Zeugen N.) getätigt wurden. Hinzu kommt, dass es sich bei dem vorliegenden Vertrag um einen gemäß § 15 Abs. 4 S. 1 GmbHG der notariellen Form bedürftigen Vertrages handelt, bei dem etwaige Beschaffenheitsvereinbarungen, um wirksam vereinbart zu werden, wenigstens eine Andeutung in der Urkunde gefunden haben müssen (vgl. BGH, aaO, juris-Rn. 9, 15). Daran fehlt es. Bei kaufmännisch erfahrenen Personen kann auch davon ausgegangen werden, dass ihnen bewusst ist, dass nur das vereinbart sein soll, was seinen Niederschlag in der notariellen Urkunde gefunden hat – dort findet sich jedoch keine Zusage bezüglich Umsatz/Ertrag, sondern das Gegenteil, nämlich ein Haftungsausschluss.

b) Es besteht auch kein Anspruch auf Aufhebung des Vertrages aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung, der dem titulierten Anspruch entgegengehalten werden könnte.

aa) Neben Gewährleistungsrecht besteht ein Anspruch aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung nur, wenn dem Verkäufer Vorsatz zur Last fällt, da anderenfalls die Wertungen des Gewährleistungsrechts – etwa die kenntnisunabhängige Verjährung von zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) oder Haftungsbeschränkungen – überspielt werden könnten. Die Gefahr eines solchen Widerspruchs besteht mit Blick auf die Wertung von §§ 444 276 Abs. 3 BGB bei vorsätzlichen vorvertraglichen Pflichtverletzungen nicht.

(1) Der grundsätzliche Anwendungsbereich des Gewährleistungsrechts ist vorliegend eröffnet. Die Ertragsfähigkeit eines Unternehmens – hier in Form einer Ertragsvorschau – kann Gegenstand einer solchen Beschaffenheitsvereinbarung sein (BGH, NJW 1970, 653, juris-Rn. 30; NJW 1995, 1547, juris-Rn. 9). Dass vorliegend Geschäftsanteile – und nicht das Unternehmen selbst – verkauft wurde, ändert daran nichts, da sämtliche Geschäftsanteile, wirtschaftlich somit das gesamte Unternehmen, verkauft wurden (BGH, NJW 2019, 145, juris-Rn. 23). Der Begriff der Beschaffenheit ist gesetzlich nicht definiert. Er umfasst zum einen alle Faktoren, die der Sache selbst anhaften, aber auch alle Beziehungen zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben (Palandt, BGB, 80. Aufl., § 434 Rn. 10). Ebenso ist anerkannt, dass (jedenfalls) Umstände, die nach dem Recht vor der Schuldrechtsmodernisierung eine zusicherungsfähige Eigenschaft darstellen konnten, auch Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sein können (BGH, NJW 2011, 1217, juris-Rn. 13).

Im streitgegenständlichen Fall geht es nicht um in der Vergangenheit erzielte Erträge, sondern um eine Ertragsvorschau eines nicht einmal in Betrieb gesetzten Unternehmens (hier: eines Restaurants). Es geht letztlich um die Bewertung des in dem Unternehmen steckenden Potentials; dieses Potential wird vorliegend überdies über den Zeitraum mehrerer Jahre bewertet (zu diesem einschränkenden Kriterium bei Zahlen aus der Vergangenheit etwa BGH, NJW 1970, 653 juris-Rn. 30; NJW 1977, 1536, juris-Rn. 10). Das ermittelte Potential wohnt unmittelbar dem Unternehmen selbst inne und ist – anders als in der Vergangenheit erzielte Umsätze und Erträge – nicht maßgeblich von externen Faktoren wie Einsatz und Geschick des Unternehmers geprägt (BGH, NJW 1995, 1547, juris-Rn. 9). Dasselbe gilt in der vorliegenden Konstellation auch für Aussagen über künftigen Umsatz. Es handelt sich – zumindest vorliegend – nicht um eine isoliert zu betrachtende Einzelangabe, sondern um eine Angabe, die, wie die übermittelten Prognosen (Anlagen K30 und K 2-1) zeigen, konkret in eine Ertragsvorschau eingebettet war, bei der die Umsätze den Kosten gegenübergestellt waren, und bildete gleichsam die Ausgangsgröße der Ertragsfähigkeit.

(2) Nach der Rechtsprechung gilt die Beschränkung der Haftung für vorvertragliche (Auskunfts-)Pflichtverletzungen auf Vorsatz auch dann, wenn es nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung gekommen ist (BGH, NJW 1999, 638, juris-Rn. 10; zum neuen Schuldrecht: NJW 2016, 1815, juris-Rn. 24; NJW 2016, 3015, juris-Rn. 63). Soweit hieran in der Literatur für das Recht nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Schuldrechtsmodernisierung Kritik (vgl. Faust in BeckOK, BGB, § 437 Rn. 19 mit zahlreichen weiteren Nachweisen) geübt wird, folgt der Senat dieser Kritik jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht, in dem dem Vertrag eine bewusste Entscheidung zu entnehmen ist, keine Soll-Beschaffenheit zu vereinbaren.

(3) Dessen ungeachtet erfasst der vereinbarte Haftungsausschluss etwaige Ansprüche wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Der Haftungsausschluss ist bereits seinem Wortlaut nach nicht auf Gewährleistungsansprüche beschränkt, sondern umfasst jede weitere Haftung (insbesondere Ertragskraft). Die Haftungsfreizeichnung zielt ihrer Stoßrichtung nach auf einen Ausschluss der Haftung für Angaben bezüglich der Ertragskraft und damit auch bezüglich etwaiger Angaben zu Umsätzen als Ausgangsgröße zu deren Bestimmung. Eine gegenteilige Auslegung würde dieses Ziel der Vertragsklausel leerlaufen lassen. Die dogmatische Verortung etwaiger Haftungsansprüche für Auskünfte entweder im Gewährleistungsrecht oder im Recht der vorvertraglichen Pflichtverletzungen ist gerade im Bereich des Unternehmenskaufes erheblichen Unsicherheiten unterworfen (vgl. etwa die unterschiedliche Verortung bei Faust, in BeckOK, aaO, Rn. 198; derselbe, § 434 Rn. 26 f.; Westermann in MüKo, 8. Aufl., § 453 Rn. 31; Wilhelmi in BeckOGK, § 453 Rn. 584, 593, 640; ebenso offen die Gesetzesbegründung: BT-Drs. 14/6040, S. 242) und kann daher für die Auslegung der Reichweite eines Haftungsausschlusses nicht maßgeblich sein.

Hinzu kommt vorliegend die Besonderheit, dass die (vorvertragliche) Übersendung der Zahlenwerte – sei es in der E-Mail vom 25.11.2011 Anlage K30), sei es in der Anlage 2-1 (im Anlagenband des Klägers hinten: dort: „Nur Schätzungen für Zahlen wird keine Haftung übernommen“) – ausdrücklich unter Ausschluss der Gewährleistung erfolgte. Somit wurde bereits bei Tätigung der Angaben klargestellt, dass insoweit keine Haftung übernommen werde. Die Auslegung des Haftungsausschlusses im notariellen Vertrag – den der unternehmerisch erfahrene Kläger mehr als 8 Monate später, mithin nach reiflicher Überlegung abgeschlossen hat – kann an diesen Umstand nicht vorbeigehen. Angesichts des Gewährleistungsausschlusses bereits bei Übersendung des Zahlenmaterials geht im Übrigen auch die Argumentation des Klägers fehl, es handele sich bei dem Haftungsausschluss im notariellen Vertrag um einen (nach Auffassung des Klägers) sittenwidrigen Verzicht auf bereits entstandene Ansprüche.

Nicht zu folgen vermag der Senat dem Landgericht, wie auch in der mündlichen Verhandlung erörtert, wenn dieses den Haftungsausschluss für nicht einschlägig erachtet, weil nicht die Haftung der Beklagten für den Wert des Unternehmens betroffen sei, sondern es um eine im Zusammenhang mit dem Eintritt in den Franchisevertrag behauptete vorvertragliche Informationspflichtverletzung gehe. Dies trifft nicht zu. Der Kläger wehrt sich gegen seine Inanspruchnahme aus dem notariellen Kaufvertrag, bei dem er – nicht die Gesellschaft – Vertragspartei ist; er verlangt die Aufhebung dieses Vertrages; er macht darüber hinaus (zumindest primär) eigene Schadensersatzansprüche, nicht solche der Gesellschaft geltend. Grundlage für all dies ist ausschließlich der notarielle Anteilskaufvertrag, nicht der Franchisevertrag (der allenfalls zu Ansprüchen der Gesellschaft – einer eigenständigen juristischen Person – führen könnte). Dass dem Kaufvertragsschuss der Abschluss eines Franchisevertrages zwischen der Gesellschaft und der Beklagten vorangegangen ist (an dessen wirksamen Abschluss für den Senat im Übrigen keine Zweifel bestehen, weil der für die Gesellschaft handelnde Kläger – wenn auch damals noch nicht organschaftlich vertretungsberechtigt – im Einverständnis mit dem tatsächlichen Geschäftsführer der Gesellschaft P. handelte), ändert nichts daran, dass es sich um getrennte und damit auch getrennt zu betrachtende Vertragsverhältnisse handelt. Exemplarisch kann dies bereits daran festgemacht werden, dass die Beklagte – die damalige 100%-ige Mutter der Gesellschaft – vor Abschluss des Franchisevertrages keinerlei Aufklärungspflichten gegenüber der Gesellschaft traf, weil die Gesellschaft aufgrund Identität in der Geschäftsführung über dieselben Kenntnisse verfügte wie die Beklagte. Es trifft auch nicht zu, dass der streitgegenständliche Vertrag dem Eintritt in den Franchisevertrag dient. Vielmehr erwirbt der Kläger vorliegend die Anteile an einem Unternehmen mit einer Vielzahl von Rechten und Pflichten (zB aus Mietverträgen), darunter auch, aber eben nicht nur der von der Gesellschaft abgeschlossenen Franchisevertrag. Die Rechtsfolgen dürfen ebenfalls nicht vermischt werden: die Aufhebung und damit die Rückabwicklung des notariellen Kaufvertrages führt im Ergebnis dazu, dass – unbeschadet etwaiger darüber hinausgehender Schadensersatzansprüche des Klägers – dieser als Käufer von den Pflichten des Kaufvertrages (gegen Rückgabe der Anteile an der Gesellschaft an die Beklagte) befreit wird; die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft zur Beklagten oder zu Dritten bleiben unberührt.

bb) Vorsätzliche Falschangaben fallen der Beklagten nicht zur Last. Im Ausgangspunkt zutreffend ist zwar der Ansatz des Klägers, dass Vorsatz nicht allein deshalb ausgeschlossen ist, weil der Zeuge N. bekundet hat, er habe an die übermittelten Zahlen geglaubt. Dies würde nicht ausschließen, dass Zahlenangaben oder Versprechungen ins Blaue gemacht wurden. Vorliegend hat die Beklagte durch den Zeugen N. jedoch weder die tatsächliche Erzielung eines bestimmten Umsatzes durch den Kläger als sicher dargestellt noch hat sie Zahlenangaben zu Umsätzen ins Blaue hinein gemacht.

(1) Das Landgericht konnte sich nach Beweisaufnahme nicht die Überzeugung bilden, dass der Zeuge N. einen durch den Kläger erzielbaren Tagesumsatz von 2.000 € garantiert habe.

(a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung solche vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Solche Zweifel wären nur dann gegeben, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür bestünde, dass im Fall einer eigenen Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben würde, sich also deren Unrichtigkeit herausstellte (BGH, Urteil vom 08. Juni 2004 – VI ZR 199/03, juris-Rn. 13). Das ist nicht der Fall. Das Erstgericht ist unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben aufgrund freier Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO zu seinen Tatsachenfeststellungen gelangt. § 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze, an Erfahrungssätze sowie ausnahmsweise an gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. Daher darf er auch einem Zeugen glauben, obwohl objektive Umstände gegen dessen Glaubwürdigkeit sprechen mögen, oder trotz widersprüchlicher Zeugenaussagen eine Beweisbehauptung als bewiesen bzw. als nicht hinreichend nachgewiesen erachten (zu alldem Zöller/Greger, ZPO, 33. Auflage, § 286 Rdnr. 13). Daran gemessen, begegnet die Beweiswürdigung des Landgerichts – mit der sich die Berufungsbegründung nicht einmal konkret auseinandersetzt – sie nimmt lediglich auf ihre eigene erstinstanzliche Bewertung der Aussagen vor Urteilsfällung Bezug – keinen Bedenken, die konkrete Zweifel wecken könnte.

(b) Der Zeuge N. hat eingeräumt, dass über Umsätze (seiner Erinnerung nach allerdings über Jahresumsätze) gesprochen wurde und er die übermittelten Zahlen – der dort ausgewiesene Jahresumsatz von 700.000 € läuft im Ergebnis auf einen Tagesumsatz von 2.000 € hinaus – für realistisch gehalten habe. Dezidiert in Abrede gestellt hat er, dass er einen solchen Umsatz „versprochen“ oder garantiert habe (vgl. Protokoll vom 22.08.2019, S. 6, 10, 20 f., Bl. 284, 288, 298 f. d.A.). Der Zeuge hat weiter ausgesagt, er habe die – internen – Daten nur auf Drängen des Klägers herausgeben, und zwar ausdrücklich zum Rumspielen (aaO, S. 4, 9, Bl. 282, 287 d.A.).

Demgegenüber hatte die Lebensgefährtin des Klägers, die Zeugin K. – wie das Landgericht anerkennt: detailreich – ausgesagt, der Zeuge N. habe den Betrag garantiert. Es sei sogar noch mehr drin, wenn der Lieferservice laufe.

Das Landgericht hat den Zeugen N. mit dieser Aussage und auch mit der Aussage des Zeugen C. L. konfrontiert, wonach der Zeuge N. ihm gegenüber eingeräumt habe, dass die Beklagte Mist gebaut habe und falsche Zahlen geliefert habe. Insoweit hat Zeuge N. ausgesagt, nicht mehr zu wissen, was er genau gesagt habe. Eine solche Äußerung könne schon im Zusammenhang damit, dass es nicht so funktioniert habe, wie das geplant gewesen sei, dass das anders als die Umsatzprognose gelaufen sei, gefallen sein (aaO, S. 20, Bl. 298 d.A.).

Das Landgericht hat dem Zeugen N. geglaubt. Es hat herausgearbeitet, dass der Zeuge N. – anders als die Zeugin K. – kein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits habe, weil er für die Beklagte nicht mehr arbeite. Für ihn spreche, dass er sich mit Vorhalten ruhig auseinandergesetzt und sich bemüht habe, Widersprüche aufzuklären; er räume im Kern ein, gewisse Aussagen getroffen zu haben (etwa zu Umsätzen, zur Äußerung, er habe – aus der ex post-Sicht: objektiv – falsche Zahlen übermittelt), stelle sie aber in einen anderen Kontext. Das mache ihn glaubwürdig.

Der Senat vermag keine durchgreifenden Zweifel an der Beweiswürdigung zu erkennen. Das Landgericht hat die für und gegen die einzelnen Zeugenaussagen sprechenden Aspekte sorgfältig gewogen und sich so seine Überzeugung verschafft. Im Übrigen sprechen weitere Umstände für die Sichtweise des Landgerichts, wonach Umsätze nicht garantiert wurden:

Es ist plausibel, wenn ein Franchisegeber künftige Umsätze nicht garantiert – denn auf ihr Eintreffen hat er nur begrenzten Einfluss. So muss das Restaurant von Kunden entsprechend angenommen werden; der Erfolg hängt auch von den Fähigkeiten des Restaurantinhabers und seiner Mitarbeiter ab. In der Tat spricht es für die Glaubhaftigkeit des Zeugen N., wenn er unbefangen einräumt, dass er das Zahlenwerk mit einem Ausweis von Umsätzen von 700.000 € (und mehr) tatsächlich für realistisch gehalten habe und dass dies auch so kommuniziert worden sei.

In der vom Zeugen N. verfassten Mail vom 25.11.2011 (Anlage K30) wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Angaben „ohne Gewähr“ erfolgten. Dies spricht gegen eine Garantie, wie sie der Kläger für sich in Anspruch nimmt. Der Hinweis auf die Vorlage an Steuerberater – damit dieser sie prüfen könne – und für einen Banktermin in der Mail gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung, ebenso wenig die Formulierung, dass die Zahlen noch „leicht nach oben oder unten“ korrigiert werden könnten. Diesen Angaben lässt sich schon keine Garantie entnehmen. Hinzu kommt: Seite 2 des Anhangs benennt die Excel-Sheets (ua) mit „Musterzahlen-Ertragsvorschau“. Musterzahlen stellen aber keine exakt berechneten Werte dar, für die ein Absender einstehen will. Die Werte auf Seite 3 basieren erkennbar auf bestimmten, dort auch angegebenen Annahmen, etwa einer jährlicher Wachstumsrate des Ausgangsumsatzes von (glatt) 700.000 €, Quoten für Waren- und Personaleinsatz. „Scharf“ durchgerechnete, „garantiefähige“ Zahlen sind das nicht. Exakt angegeben sind lediglich die Kosten für die Ausstattung (Kosten Trockenbau, Elektro, etc), die ihrerseits zumindest zum Teil auf konkreten Angeboten basierten, die die Beklagte – die damalige Inhaberin der Gesellschaft – eingeholt hatte (vgl. Folgeseite). Gerade hierauf dürfte sich die Angabe beziehen, dass die Zahlen noch korrigiert werden können.

Der Kläger meint, entscheidend gegen die Einlassung des Zeugen spreche, dass dieser einige Tage vorher bereits eine abweichende Excel-Liste (Anlage 2-1) übersandt habe. Nur diese sei „zum Rumspielen“ übersandt worden. Richtig ist, dass die dortigen Werte von der Anlage K30 abweichen. Schon dieser Umstand der Übersendung divergierender Werte innerhalb weniger Tage spricht, wie das Landgericht zutreffend ausführt, gegen einen Willen, bestimmte Werte zuzusichern. Auch in der Sache geht der Einwand fehl: In der Anlage K2-1 werden in der Rubrik Umsatzplanung für 2012 erwartete Umsätze von 705.409 € (statt „glatter“ 700.000 € in der Anlage K30), für 2013 von 709.384 € (statt 735.000 € bei pauschal ermittelter 5%-iger Steigerung in der Anlage K30), für 2014 von 781.892 € (statt – in der Anlage K30 – 771.750 €) ausgewiesen. Diese Umsatzzahlen bewegen sich (für die Jahre 2012 bis 2014) in ähnlichen Größenordnungen wie die in der Anlage K30 genannten. Ausdrücklich ist die Anlage K2-1 mit „Nur Schätzungen für die zahlen wird keine Haftung übernommen“ überschrieben. Warum für die in der Anlage K30 (nur wenige Tage später) übermittelten Werte – in derselben Größenordnung! – anderes gelten sollte, es sich hierbei um verbindliche Zahlen und nicht nur Schätzungen handeln soll, erschließt sich dem Senat nicht, zumal beide Anlagen einen Haftungsausschluss enthalten.

In der Gesamtschau ist somit festzustellen, dass sich die Aussage des Zeugen N. mit den schriftlichen Unterlagen einschließlich der eigenen Mail (Anlage K30) deckt.

Dass der Zeuge – nicht anders als Zeuge Dr. Sc. – einzelne Erinnerungslücken, etwa zur Anwesenheit bestimmter Personen im Beurkundungstermin, hatte, fällt angesichts der zwischenzeitlich vergangenen Zeit und des Umstandes, dass es sich bei Vertragsschlüssen aus der Sicht der Beklagten und ihrer Mitarbeiter um Routinevorgänge handelte, deren Details üblicherweise nicht im Gedächtnis haften bleiben, nicht ins Gewicht.

Hinzu kommt: Dem Kläger war bekannt, dass es sich um interne Werte der im Franchisegeschäft hoch erfahrenen Beklagten handelt. Es würde überraschen, wenn die Beklagte dem Kläger als Newcomer in der Führung eines W.-Restaurants dieselben Werte – noch dazu von Anfang an – zugesichert hätte. In den Umsatzzahlen der Anlage 2-1 ist überdies ein Lieferservice enthalten, auf den Umsätze von teilweise bis zu 20% entfallen sollen. Der Kläger sollte nach eigenem (vom Zeugen N. insoweit bestätigten) Vortrag zumindest anfänglich keinen Lieferservice haben (Schriftsatz vom 09.04.2018, S. 7, Bl. 136 d.A.). Auch hier erschließt sich nicht, wieso die Beklagte dem Kläger entgegen ihrer eigenen Kalkulation anfängliche Umsätze in einer Größenordnung von 700.000 € ohne Lieferservice hätte garantieren sollen. Diese eigene Kalkulation spricht im Übrigen auch gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage der Lebensgefährtin K., wonach der Zeuge N. Umsätze von 700.000 € ohne Lieferservice versprochen haben soll („Herr N. hat versichert, dass 2.000,00 € am Tag drin seien, und wenn der Lieferservice läuft, dass noch mehr drin sei, das hat er garantiert.“, Protokoll vom 22.08.2019, S. 19, Bl. 297 d.A.).

Gegen eine Garantie der genannten Zahlen spricht ferner, dass dem Kläger die Kennzahlen der Restaurants V.str. …, W. L.str. und B.str. übersandt worden sind. Der Kläger hat dies zwar bestritten (Schriftsatz vom 09.04.2018, S. 6, Bl. 135 d.A.). Die Übermittlung hat der Zeuge N. jedoch bestätigt (Protokoll vom 22.08.2019, insb. S. 7, Bl. 285 d.A.); ebenso hat der Zeuge G. (aaO, S. 15, Bl. 293 d.A.) ausgesagt, der Kläger habe ihm die Umsatzzahlen des Restaurants gegenüber übergeben. Es steht daher zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger diese Zahlen zur Verfügung gestellt worden sind. Die Übermittlung von – höchst divergenten – Vergleichswerten (W. L.str. ca. 450.000 €, B.str. knapp unter 600.000 € und V.str. 125 965.000 €) diente erkennbar dazu, dem Kläger, der das wirtschaftliche Risiko seiner Investition tragen würde, eine Abschätzung zu ermöglichen, mit welchen Werten er rechnen könne. Eine solche Übermittlung bedürfte es nicht, wenn dem Kläger Umsätze des von ihm zu erwerbenden Restaurants fest versprochen wurden.

(c) Nur ergänzend merkt der Senat an, dass Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers auch deshalb angebracht sind, weil der Kläger im Rahmen eines Antrags auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung im Berufungsverfahren vortragen ließ, er verfüge über keinerlei liquide Mittel, er überdies an Eides statt versicherte, er verfüge über keine Einkünfte, er aber gleichzeitig verschwieg, dass auf einem seiner Konten im Zeitraum 01.06.2020 bis 08.08.2020 (also innerhalb von nur zwei Monaten) Zuflüsse in Höhe von rund 128.000 € zu verzeichnen waren. Auch bestätigte sich der Vortrag der Beklagtenseite, es sei der Kläger gewesen, der sich noch viel mehr zugetraut habe, wenn er gegenüber dem Zeugen G. Umsatzzahlen verwendet, die um mehr als 250.000 € über den ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellten Werten für „sein“ Restaurant liegen. Schließlich überrascht es, wenn der Kläger, gestützt auf den Vorwurf, es seien ihm falsche Umsatzzahlen garantiert worden, erst 2017 – nach Kündigung des Vertrages durch die Beklagte und 5 Jahre nach Aufnahme des Geschäftsbetriebs – Ansprüche hieraus erhebt.

(d) Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Zeuge Dr. Sc. – der die Beklagte im Beurkundungstermin vertrat – vor der Beurkundung den Kläger darauf hingewiesen, dass sich die Umsatzzahlen auch anders entwickeln könnten und gerade nicht als gesichert feststünden. Die Verwirklichung der Zahlen hänge letztlich davon ab, ob die Kunden tatsächlich kämen. Deshalb könnten auch die Zahlen des Ladens gegenüber (V.str. …) nicht ohne Weiteres übertragen werden. Der Kläger habe geantwortet, dass er dies wisse, weil er schon einen Backshop besitze (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2019, S. 13, Bl. 291 d.A.).

Danach hätte die Beklagte noch vor dem Beurkundungstermin eine etwaige Zusicherung des Zeugen N., wäre sie denn tatsächlich erfolgt, sogar „kassiert“.

Das Landgericht folgt dem Zeugen. Es hat dessen Erinnerungslücken gesehen und nicht für durchgreifend erachtet. Der Senat schließt sich dem an: gerade die individuelle Schilderung – der Kläger habe einen Backshop ganz in der Nähe der Kanzlei; der Kläger habe unter Hinweis auf diesen Backshop geantwortet – verleiht der Aussage einen authentischen Kern, der für ihre Glaubhaftigkeit spricht. Im Übrigen steht die Aussage im Einklang mit der Übermittlung von höchst unterschiedlichen Vergleichszahlen anderer Restaurants, deckt sich damit, dass auch der Zeuge N. ausdrücklich jede Gewährleistung für die Richtigkeit der Zahlen ausgeschlossen habe und steht im Einklang mit Ziff. 2.4 Nr. 3 des tatsächlich geschlossenen notariellen Vertrags. Eine (zwischenzeitliche) Gesellschafterstellung des Zeugen bei der Beklagten vermag diese Einschätzung nicht in Frage zu stellen.

(2) Die Beklagte träfe des Weiteren ein Vorwurf einer vorsätzlichen Pflichtverletzung, wenn sie dem Kläger Zahlen gleichsam ins Blaue hinein übermittelt hätte. So liegt der Fall aber nicht.

Übermittelt die Beklagte dem Kläger Zahlen, die diese für ihre eigene wirtschaftliche Kalkulation erstellt hat (weil sie das Restaurant zunächst selbst betreiben wollte), so müssen diese Zahlen tatsächlich die Erwartungen der Beklagten widerspiegeln. Dies hat der Zeuge N. auch – glaubwürdig – so bekundet, indem er aussagte, er glaube weiterhin an diese Zahlen. Daher ist dem Kläger darin beizupflicht0en, dass es sich vorliegend keineswegs um bloße Musterzahlen handelte. Allerdings hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass es sich bei wesentlichen Zahlen um eine bloße Schätzung (Anlage K 2-1) handele. Im Ergebnis dasselbe bedeutet es, wenn in der Anlage zur Email vom 25.11.2011 (Anlage K30, S. 2) von „Musterzahlen“ die Rede ist. Auch wenn der Senat nicht von echten Musterzahlen ausgeht, verdeutlicht die Angabe, dass es sich nicht um „scharf durchgerechnete“ Planzahlen, sondern eben um geschätzte Annahmen handelt. Dies senkt die Anforderungen an die Kriterien – insbesondere unternehmerisch erfahrenen Personen gegenüber wie dem Kläger, der gerade kein Existenzgründer war – deutlich ab, anhand derer die Beklagte ihre Zahlen ermittelt hat. Will der Vertragspartner ein höheres Maß an Gewissheit, kann er um weiteres Zahlenmaterial bitten, nachfragen, wie die Zahlen ermittelt wurde, und ggf. selbst Ermittlungen oder Plausibilisierungen anstellen (was dem Kläger aufgrund der übersandten – divergenten – Vergleichszahlen mehrerer Restaurants durchaus möglich war). Gleichwohl dürfen die zur Verfügung gestellten Zahlen nicht willkürlich gegriffen – also gleichsam ins Blaue ermittelt – sein. Ein solches willkürliches Greifen der Zahlen liegt jedoch auch nicht vor.

Die Beklagte hatte eine Standortanalyse erstellen lassen, die ein Umsatzpotential von mehr als 880.000 € (Anlage AG 9, S. 9) ermittelte. Richtig ist, dass diese – von einem Drittanbieter für die Beklagte im August 2010 erstellte – Analyse wenig spezifiziert war. Dies war den Erläuterungen in der Analyse jedoch anzusehen. Insofern geht der Vorwurf fehl, die Standortanalyse sei fehlerhaft erstellt. Der Kläger trägt auch keine konkreten inhaltlichen Einwände vor. Gegenüber der Analyse hatte die Beklagte einen erheblichen Abschlag um knapp 200.000 € vorgenommen.

Das Ergebnis war außerdem durch die Ergebnisse des ehemaligen W.restaurants V.str. … plausibilisiert. Dort waren Umsätze von 965.000 € erzielt worden (Schriftsatz vom Beklagten vom 26.01.2018, S. 7, Bl. 117 d.A.; zur Ableitung auch der Zeuge N. in seiner Aussage, insb. S. 6 des Protokolls, Bl. 284 d.A., aber auch S. 7f., Bl. 285 f. d.A.). Im Ausgangspunkt ist die Annahme nicht zu beanstanden, dass das dortige Kundenpotential auf das hiesige Restaurant übertragbar sei. Richtig ist, dass die Restaurants nur eingeschränkt vergleichbar waren, insbesondere was Innenraumgröße, Biergarten, Parkplatzsituation und Vorhandensein eines Lieferservice anging. Die Beklagte – dessen Mitarbeiter N. diese Unterschiede auch bewusst waren (Protokoll, aaO) – hat dementsprechend auch einen ganz erheblichen Abschlag von mehr als 250.000 €, mithin von fast 30%, vorgenommen. Im Rahmen einer Arglistprüfung kommt es nicht darauf an, ob die (als Schätzung bezeichnete) Prognoserechnung einer detaillierten Nachprüfung nach kaufmännischen Grundsätzen standhielte. Es kann daher insbesondere dahinstehen, ob die Beklagte im Hinblick etwa auf die skizzierten Unterschiede einen wesentlich höheren Abschlag hätte vornehmen müssen, wofür die tatsächlich erzielten Umsätze (freilich aus der ex post Perspektive) ein Indiz bilden.

Auch die beklagtenseits angegebenen Vergleichszahlen für die Geschäfte W. L.str. und B.str. – mit Jahresumsätzen von 450.000 € bzw. ca. 580.000 € im Jahr 2011 (jeweils ohne Lieferservice) – stehen (bei einem in der Anlage K2-1 genannten Umsatzanteil für Lieferservice von ca. 140.000 € p.a. in den Jahren 2012 und 2013) nicht in Widerspruch zu den dem Kläger für das streitgegenständliche Restaurant genannten Zahlen.

Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass die Beklagte die – als Schätzung gekennzeichneten – Zahlen willkürlich gegriffen hätte. Raum für eine vorsätzliche Falschangabe besteht daher nicht.

cc) Eine – nicht beschaffenheitsbezogene – Aufklärungspflichtverletzung kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Franchisegeberin 2003 und 2007 Insolvenz anmelden musste. Dieser Umstand ist nicht aufklärungsbedürftig. Dies wäre anders, wenn die Insolvenz tatsächlich die Vertragsverwirklichung gefährden würde; denn über derartige Umstände ist auch ungefragt aufzuklären (stRspr, vgl. etwa NJW-RR 1988, juris-Rn. 8). Eine solche Gefährdung ist jedoch nicht ersichtlich, zumal die Insolvenz 2007 im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits fünf Jahre zurücklag und weder vorgetragen noch erkennbar ist, dass und wie die weit zurückliegende, überwundene Insolvenz der Franchisegeberin – insbesondere bei einer etablierten Marke wie „W. “ – die Durchführung des Geschäfts der Franchisenehmer 2012 beeinträchtigen könnte. Es lag somit in der Verantwortung des Klägers, sich über die Vorgeschichte des Ws zu informieren. Dies wäre ihm auch unschwer über das Internet möglich gewesen. Die gegenteilige klägerische Sichtweise würde überdies im praktischen Ergebnis dazu führen, dass Unternehmenssanierungen kaum mehr erfolgreich durchgeführt werden könnten.

dd) Ob etwaige Ansprüche verjährt wären oder ob – ggf. – dem Kläger § 438 Abs. 4 S. 2 BGB oder § 215 BGB (jedenfalls ihrer Wertung nach) zugute kämen, bedarf keiner Entscheidung.

4. Da keine Ansprüche aus vorvertraglicher Pflichtverletzung bestehen, ging auch eine hierauf gestützte Aufrechnung ins Leere.

5. Ebenso wenig kann die Aufrechnung auf behauptete Schadensersatzansprüchen wegen mangelnder Unterstützung im laufenden Betrieb – § 280 Abs. 1 BGB – gestützt werden. Das Landgericht hat zu Recht (und von der Berufung unangegriffen) den pauschalen klägerischen Vortrag zu fehlender Unterstützung als unsubstantiiert und zudem – auch auf der Basis des von Klageseite benannten Zeugen C. L. – als widerlegt angesehen. Letztlich kommt es darauf nicht einmal an, weil Ansprüche wegen angeblicher mangelnder Unterstützung im laufenden Betrieb allein den Franchisevertrag beträfen und damit allenfalls Ansprüche der Gesellschaft, nicht aber des Klägers, begründen können.

6. Schließlich kann der Kläger für seine Aufrechnung nicht auf an ihn abgetretene Schadensersatzansprüche der Gesellschaft in Höhe von 120.000 € zurückgreifen. Die Klageseite hat insoweit vorgetragen, dass die Abtretung lediglich den Fall betreffen solle, dass das Gericht die Aktivlegitimation der geltend gemachten Schadenspositionen in Zweifel ziehe. Dies tut der Senat nicht. Im Übrigen sind Ansprüche der Gesellschaft gegen die Beklagte auch nicht zu erkennen. Wie bereits oben ausgeführt, bestanden gegenüber der Gesellschaft keine Aufklärungspflichten (vgl. oben unter B.I.3.b) aa) (3)) noch trifft der Vorwurf der mangelnden Unterstützung zu (s. B.I.5.).

II. Da der Beklagten aus der notariellen Urkunde noch vollstreckbare Forderungen zustehen, besteht kein Anspruch auf Herausgabe der notariellen Urkunde.

III. Auch die Widerklage, mit der der Kläger Schadensersatzansprüche geltend macht, die er (ebenfalls) auf vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzungen (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB), ergänzend auf mangelnde Unterstützung während der Laufzeit des Franchisevertrages (§ 280 Abs. 1 BGB) stützt, ist unbegründet.

1. Wie unter B.I.3.b, 5. und 6. näher ausgeführt und begründet, bestehen solche Ansprüche nicht.

2. Lediglich ergänzend ist daher auszuführen: Unterstellt man solche Ansprüche, wären sie verjährt, § 214 BGB. Der Anspruch wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung verjährt innerhalb der Regelverjährung von drei Jahren ab Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen, § 199 Abs. 1 BGB. Diese Kenntnis hatte der Kläger nach Überzeugung des Senats bereits 2013, so dass Ansprüche spätestens mit Ablauf des Jahres 2016 verjährten, ohne dass Verhandlungen zwischen dem Kläger (nicht der Gesellschaft) und der Beklagten schon vor diesem Zeitpunkt vorgetragen wären. Die Vollstreckungsabwehrklage – in deren Rahmen die Aufrechnung mit noch offenen Forderung (einschließlich Nebenforderungen) aus der notariellen Urkunde in Höhe von knapp 100.000 € erklärt wurde (§ 204 Abs. 1 Nr. 5 BGB) – wurde erst am 04.09.2017 eingereicht, die eigentliche Schadensersatzklage sogar erst mit Klageerweiterung vom 01.04.2019 (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), so dass eine hierauf gestützte Hemmung ausscheidet.

Der Kläger wirft der Beklagten vor, sie habe im Zuge der Vertragsverhandlungen falsche erreichbare Umsatzzahlen zugesichert. An diesem eigenen Vortrag muss sich der Kläger im Rahmen der Prüfung der Verjährung festhalten lassen. Die tatsächlich erzielten Umsätze (vgl. die Ausführungen unter B.I.2.) betrugen die Hälfte des versprochenen Umsatzes. Stellt man auf diese behauptete Zusicherung ab, wusste der Kläger bereits von Anfang an, dass die Zusicherung nicht erfüllt war. Man wird dem Kläger zwar noch zugestehen müssen, dass die Anlaufzahlen im Jahr der Übernahme, d.h. im Rumpfgeschäftsjahr 2012, keine verlässliche Grundlage bilden, um die Seriosität der Zahlen hinreichend zu überprüfen. Spätestens im Folgejahr war aber klar, dass eine unterstellte Zusicherung nicht erfüllt war. Der Kläger hat im Rahmen seiner eidesstattlichen Versicherung auch selbst angegeben, dass ihm bereits 2013 „erste Zweifel“ (Anlage ASt 1 unter 3.) gekommen waren. Dementsprechend verhandelte er auch über eine Stundung der Tilgungsraten.

Selbst wenn man allein von einer Übermittlung fahrlässig erstellter falscher Prognosezahlen ausgehen wollte, ergäbe sich nichts anderes. Dann nämlich träfe den Kläger zumindest der Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis. Zwar trifft im Ausgangspunkt zu, dass Prognosen nicht deshalb falsch sein müssen, weil sie nicht eintreffen. Die Fehlerhaftigkeit von Prognosen ergibt sich erst daraus, dass die Berechnungsgrundlagen oder die Ableitungen unzutreffend waren. Vorliegend trat jedoch eine Diskrepanz zwischen Prognose und tatsächlich erreichten Umsätzen von 50% auf; eine solche Differenz erschüttert das Vertrauen in die Validität der Prognose nachhaltig. Der Kläger räumt auch selbst ein, dass ihm Zweifel an der Richtigkeit der Zahlen kamen. Er vertraute demnach gerade nicht (mehr) auf das Zahlenwerk der Beklagten, er erwog sogar im 4. Quartal 2013 eine Geschäftsschließung (Schriftsatz vom 26.01.2018, S. 4, Bl. 107 d.A.). Angesichts derart massiver Zweifel und einer solch eklatanten Diskrepanz zwischen vorgelegten und erreichten Zahlen musste sich der Kläger – eine unternehmerisch erfahrene Person – gedrängt sehen, seinen Zweifeln nachgehen; wer das nicht tut, lässt die – jedenfalls im kaufmännischen Bereich – gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich groben Maße außer Betracht, stellt mithin ganz naheliegende Überlegungen nicht an und beachtet das nicht, was jedem hätte einleuchten müssen, handelt demnach grob fahrlässig. Der Kläger stützt seine Vorwürfe gegen die Beklagte etwa darauf, dass die Umsatzzahlen mangels Vergleichbarkeit nicht aus den Zahlen der Restaurants V. str. … (da dieser W. ein Restaurant mit Vollbetrieb, Biergarten und mehr Parkplätzen gewesen sei) bzw. aus den Zahlen B.- und W. L.straße hätten abgeleitet werden dürfen. Diesen Vorwurf als richtig unterstellt, hätte sich dies auch dem Kläger unmittelbar erschließen müssen. Der Senat ist, wie dargelegt, davon überzeugt, dass der Kläger die – höchst unterschiedlichen – Vergleichszahlen zur Verfügung hatte. Die räumliche Situation in der V.straße … – ein ehemaliges W. restaurant gegenüber –, namentlich das Vorhandensein eines Biergartens und die Parkplatzsituation, war dem Kläger ohne weiteres erkennbar; die ehemalige Inhaberin dieses Restaurants war ihm bekannt, sie arbeitete bei ihm mit; er hat sie auch (freilich zu einem nicht näher festgehaltenen Zeitpunkt) zur Plausibilität der ihm übermittelten Zahlen befragt (Einvernahme der Zeugin L., Protokoll vom 22.08.2019, S. 18, Bl. 296 d.A.). In einem anderen der genannten Vergleichsläden – nach Erinnerung des Zeugen N. in der W. L.str. – hatte der Kläger zuvor mitgearbeitet (vgl. Protokoll vom 22.08.2019, S. 4, Bl. 282 d.A.); auch hier konnte er die Vergleichbarkeit hinterfragen.

Der Hinweis des Klägers, die Beklagte habe ihn gleichsam hingehalten, indem sie ihm in Aussicht gestellt habe, die Zahlen würden noch erreicht, ändert nichts daran, dass die Prognosezahlen aus Sicht des Klägers eklatant falsch blieben, zumal nicht vorgetragen ist, dass und welche nachhaltige Analyse zu den Ursachen vorgenommen wurde bzw. wie die Umsatzzahlen um nahezu das Doppelte hätten gesteigert werden sollen (vgl. insoweit auch die Aussage des Zeugen A. C. L., Protokoll vom 14.12.2017, S. 4, 5. Absatz, Bl. 85 d.A.; auch aus der Aussage des Zeugen P. ergibt sich nicht, dass und wie auf der Basis des bisherigen Konzepts eine derartige Steigerung erreicht werden sollte, vielmehr führt dieser aus, Herr K. habe investieren und Neues machen wollen, Protokoll aaO, S. 6 f., Bl. 87 f. d.A.).

Wiederum lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der von Klageseite benannte Zeuge A. C. L., zum Hintergrund der Stundungsabrede 2013 befragt, ausgesagt hat, Herr P., Geschäftsführer der Beklagten, habe eingeräumt, die Beklagte habe bezüglich der von ihr übermittelten Zahlen einen Fehler gemacht (Protokoll vom 14.12.2017, S. 4, Bl. 85 d.A.). Würde man diese Aussage zugrunde legen, wusste der Kläger bereits 2013 von der der Beklagten vorgeworfenen Pflichtverletzung.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

 

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