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Leasingraten – Verjährung des Zahlungsanspruchs bei Mängeln des Leasingobjekts

OLG Koblenz – Az.: 5 U 1247/13 – Urteil vom 09.04.2014

Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage unter Aufhebung des Urteils der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 11.09.2013 abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht von der Gegenseite Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages gestellt wird.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin finanziert Investitionen im medizinischen Bereich. In diesem Rahmen verleaste sie an die Beklagte zu 1. für den Betrieb deren physiotherapeutischer Praxis mit Vertrag vom 8.06.2004 eine EDV-Anlage, die sie zuvor gekauft hatte. Als Entgelt wurde neben einer Mietsonderzahlung von 8.000 € “ plus 16 % Mehrwertsteuer“ Monatsraten von 1.399,43 € „zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer“ vereinbart, die drei Jahre lang entrichtet werden sollten. Daneben waren der Klägerin monatlich 69,70 € „zuzüglich Mehrwertsteuer“ zur Abdeckung von Versicherungskosten zu zahlen. Daraus ergab sich eine Gesamtrate von 1.704,19 € im Monat, die die Beklagte zu 1. von Juli 2004 bis einschließlich April 2005 leistete.

Von Mai 2005 an stellte sie ihre Zahlungen ein. Deshalb hat sie die Klägerin, die sich im Hinblick auf die zum 1.01.2007 eingetretene allgemeine Mehrwertsteuer-Erhöhung auf 19 % seither einer monatlichen Forderung von 1.748,26 € berühmt, im vorliegenden Rechtsstreit auf die Zahlung von insgesamt 44.573,36 € (= 20 x 1.704,19 € + 6 x 1.748,26 €) nebst Zinsen in Anspruch genommen. In demselben Umfang hat sie den in der Praxis der Beklagten zu 1. tätigen Beklagten zu 2. verklagt, weil sich dieser am 11.06.2004 für die Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag verbürgt hatte.

Die EDV-Anlage war am 23.06.2004 von dem Lieferanten bei der Beklagten zu 1. aufgestellt und von dieser als ordnungsgemäß abgenommen worden. Gemäß deren Vortrag offenbarten sich alsbald danach Hardware- und Software-Mängel. Deshalb erklärte sie der Klägerin unter dem 13.05.2005 den Rücktritt vom Leasingvertrag. Außerdem erhob sie am 23.07.2005 gegenüber der Lieferantin Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags. Dabei stützte sie sich auf ihre Vertragsabreden mit der Klägerin, der zufolge ihr deren kaufvertragliche Mängelgewährleistungsansprüche abgetreten worden waren. Diese Abtretung ging mit der Vereinbarung eines Haftpflichtausschlusses zu Gunsten der Klägerin einher. Allerdings wurde der Beklagten zu 1. ein „Zurückbehaltungsrecht“ an den Leasingraten zugestanden, sobald von ihr „wegen eines Mangels Wandlungsklage erhoben“ worden sei, wobei „die zurückbehaltenen Raten bei Gericht zu hinterlegen“ seien.

Die Klage der Beklagten zu 1. wurde am 9.11.2011 durch das Oberlandesgericht abgewiesen. Eine dagegen gewandte Nichtzulassungsbeschwerde war ohne Erfolg.

Ihrer Inanspruchnahme im vorliegenden Rechtsstreit haben die Beklagten den Einwand der Fehlerhaftigkeit des Leasingobjekts entgegen gesetzt. Außerdem haben sie die Verjährungseinrede erhoben, wobei der Beklagte zu 2. nicht nur eine Verjährung der Hauptverbindlichkeit, sondern auch eine Verjährung der Bürgschaftsschuld geltend gemacht hat.

Das Landgericht hat die Beklagten – unter Abweisung des weitergehenden Begehrens der Klägerin – zur Zahlung von 44.321,42 € nebst Zinsen verurteilt. Die von ihm vorgenommene Anspruchskürzung erklärt sich daraus, dass es auf die Leasingraten – anders als auf die Versicherungsraten – konstant einen Mehrwertsteuersatz von 16 % zur Anwendung gebracht hat. Aus der Sicht des Landgerichts steht der Beklagten zu 1. wegen einer möglichen Fehlerhaftigkeit der Leasingsache kein Leistungsverweigerungsrecht zu. Denn eine Mängelgewährleistungspflicht der Klägerin sei vertraglich ausgeschlossen worden, und die Klage gegen die Lieferantin, deren Erhebung die Beklagte zu 1. zur Zahlungseinstellung befugt habe, sei gescheitert. Gleichzeitig habe die während des Klageverfahrens begründete Befugnis zur Zahlungseinstellung die Verjährung der streitigen Schuld gehemmt. Die Haftung der Beklagten zu 1. führe zu einer parallelen Einstandspflicht des Beklagten zu 2. als Bürge.

Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung und erstreben die Abweisung der Klage. Ihrer Meinung nach greift die Verjährungseinrede umfassend. Dieser Sicht tritt die Klägerin in Verteidigung ihrer erstinstanzlichen Entscheidung entgegen.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage, weil die von den Beklagten bereits erstinstanzlich erhobene und nunmehr erneuerte Verjährungseinrede begründet ist. Die von der Klägerin geltend gemachten Raten sind in der Zeit von Mai 2005 bis Juni 2007 entstanden. Damit war die regelmäßige Verjährungsfrist insgesamt mit Ablauf des 31.12.2010 vollendet (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB), ohne dass die erst zum Ende des Jahres 2011 erhobene Klage noch eine Hemmungswirkung hätte haben können. Die Verjährung der Leasingforderungen hindert nicht nur die Inanspruchnahme der Beklagten zu 1. als Schuldnerin (§ 214 Abs. 1 BGB), sondern auch die des Beklagten zu 2. als Bürgen (§ 768 Abs. 1 S. 1 BGB). Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob sich der Beklagte zu 2. darüber hinaus zu seiner Rechtsverteidigung auf eine von dem Schicksal der Hauptschuld unabhängige Verjährung seiner Bürgenhaftung stützen kann (vgl. dazu BGH NJW 2009, 587).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kam es durch die gegen die Lieferantin gerichtete Rückabwicklungsklage der Beklagten zu 1. nicht zu einer Verjährungshemmung gemäß § 205 BGB. Der Hemmungstatbestand der Vorschrift setzt die vertraglich eingeräumte Befugnis des Schuldners voraus, die Leistung vorübergehend zu verweigern. Daran fehlte es im vorliegenden Fall.

Allerdings ist anerkannt, dass ein Leasingnehmer, der sich wie die Beklagte zu 1. Gewährleistungsansprüche des Leasinggebers gegen den Lieferanten unter Verzicht auf eigene Mängelrechte hat abtreten lassen, für die Zeit seiner auf die Zession gestützten Prozessführung gegen den Lieferanten regelmäßig berechtigt ist, die Zahlung der Leasingraten einzustellen (BGH NJW 1985, 796; BGH NJW 2010, 2798; BGH MDR 2014, 264; OLGR Koblenz 2001, 124). Diese aus dem Leasingvertrag entspringende und über § 313 Abs. 1 BGB wirkende Berechtigung ist jedoch im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. im Leasingvertrag vom 8.06.2004 dahin modifiziert worden, dass das Entgelt nicht einbehalten werden darf, sondern bei Gericht zu hinterlegen ist. Damit blieb die Beklagte zu 1. ungeachtet des von ihr mit dem Lieferanten geführten Rechtsstreits weiter zahlungspflichtig. Sie musste die geschuldeten Beträge aus der Hand geben, damit sie, wenn der Rückabwicklungsprozess scheiterte, dem Zugriff der Klägerin offenstanden. Im Hinblick darauf wurde das in § 313 Abs. 1 BGB angelegte Recht zur Anspruchsabwehr auf eine bloße Sicherung der Beklagten zu 1. für den Fall reduziert, dass die Klägerin nach einem Erfolg des Rückabwicklungsprozesses mangels Leistungsfähigkeit nicht mehr auf Auskehr der zwischenzeitlich vereinnahmten Leasingraten in Anspruch genommen werden konnte.

Das wurde nicht dadurch außer Kraft gesetzt, dass die Beklagte zu 1. der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 10.08.2005 mitgeteilt hatte, man habe die bestehende Ermächtigung, die Leasingraten weiterhin einzuziehen, widerrufen, weil die Zahlungsverpflichtung wegen der gegen den Lieferanten erhobenen Klage ruhe, und erwarte, dass weitere Mahnungen und Zahlungsaufforderungen nicht erfolgten. Denn darin lag nicht mehr als eine einseitige Willensbekundung, die die Vertragslage nicht beeinflusste, solange die Klägerin ihrerseits keine entsprechende Zusage machte. Eine solche Zusage ist unterblieben. Dass die Klägerin nicht widersprach, reichte nicht hin. Das gilt auch mit Blick auf § 151 BGB. Die Vorschrift verlangt als Ausdruck der rechtsverbindlichen Zustimmung eine unzweideutige Bestätigung des Annahmewillens (Ellenberger in Palandt, BGB, 73. Aufl., § 151 Rn. 1), für die nichts zu ersehen ist.

Mithin gab es keine grundlegende Änderung der Belastung, die das Vertragsverhältnis der Parteien für die Beklagte zu 1. erzeugte. Die Möglichkeiten, die ihr eingeräumt waren, lassen sich ihrem Wesen nach nicht als Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 205 BGB begreifen. Daran vermag der formale Umstand, dass der Leasingvertrag in diesem Zusammenhang von einem Zurückbehaltungsrecht spricht, nichts zu ändern. § 205 BGB trägt der Erwägung Rechnung, dass dem Gläubiger verjährungshemmende Maßnahmen, die regelmäßig eine kostenträchtige gerichtliche Inanspruchnahme des Schuldners erfordern, so lange nicht zumutbar sind, wie dieser eine solche Inanspruchnahme am Ende abwehren kann. In einer derartigen Lage befand sich die Klägerin indessen nicht. Ihr war unbenommen, die Beklagte zu 1. auf Hinterlegung zu verklagen. Die Leistungsverpflichtung, die die Beklagte zu 1. auf diese Weise traf, reklamiert die Klägerin im Übrigen noch heute, indem sie auch für die Dauer des Rückabwicklungsprozesses die Verzinsung der ausstehenden Raten geltend macht.

Die Dinge wären freilich anders zu beurteilen, wenn die der Beklagten zu 1. durch den Leasingvertrag auferlegte Leistungsverpflichtung, die Gegenstand der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin war, der gesetzlichen Inhaltskontrolle nicht standhielte und deshalb für die Beklagte zu 1. unbeachtlich gewesen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Prüfungsmaßstab kann in diesem Zusammenhang allein § 307 BGB sein. § 309 Nr. 2 BGB ist nicht einschlägig, weil die in § 313 Abs. 1 BGB angelegte Leistungsverweigerungsbefugnis der Beklagten zu 1., die durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen überlagert wurde, kein in § 320 BGB unter § 273 BGB zu verortendes Instrument ist, das dazu diente, die Klägerin zur Erfüllung bestimmter Verpflichtungen anzuhalten (vgl. Coester- Waltjen in Staudinger, BGB, 2013, § 309 Nr. 2 Rn. 2; Grüneberg in Palandt, BGB, 73. Aufl., § 309 Rn. 12). Das Unwirksamkeitsverdikt nach § 307 BGB setzt eine den Geboten von Treu und Glauben zuwiderlaufende unangemessene Benachteiligung voraus. Davon kann hier nicht die Rede sein. Denn der Beklagten zu 1. wurde nicht abverlangt, die Leasingraten in das Vermögen der Klägerin zu überführen. Vielmehr standen sie – frei von einem Insolvenzrisiko – ihrem Zugriff offen, wenn der Rückabwicklungsprozess gegen den Lieferanten erfolgreich endete und damit festgestellt war, dass sie dauerhaft nicht mehr geschuldet waren.

Nach alledem dringt die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO durch. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Der Rechtsstreit betrifft eine Vertragsregelung, die im Leasing-Geschäft Verbreitung gefunden hat. Die Frage, ob sich auf ihrer Grundlage für den Leasingnehmer eine Leistungsverweigerungsbefugnis gemäß § 205 BGB ergibt, die die Verjährung der gegen ihn gerichteten Ansprüche hemmt, ist daher von einem über den Einzelfall hinausreichenden, allgemeinen Interesse. Eine höchstrichterliche Beurteilung ist, soweit zu ersehen, bisher nicht erfolgt.

Rechtsmittelstreitwert: 44.573,36 €

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