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Mietvertragskündigung bei Auflösung des Kautionskontos seitens des Mieters

Mietverhältnis gekündigt: Kautionsentzug als erhebliche Pflichtverletzung

Das Landgericht München I hat in seinem Urteil vom 23.11.2022 entschieden, dass die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter rechtens war, nachdem der Mieter das Kautionskonto aufgelöst und die Kaution abgehoben hatte. Die Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen und die Kündigung als wirksam bestätigt, da der Mieter eine erhebliche Pflichtverletzung begangen hat, die nicht durch nachträgliche Zahlung des Kautionsbetrags geheilt werden konnte.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Wirksame Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter wegen Auflösung des Kautionskontos durch den Mieter.
  2. Die Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen; die Kündigung bleibt bestehen.
  3. Eine erhebliche Pflichtverletzung des Mieters liegt vor, da er eigenmächtig auf das Kautionskonto zugegriffen hat.
  4. Die nachträgliche Zahlung des Kautionsbetrags heilt die Kündigung nicht.
  5. Die Kündigung war sowohl formell als auch materiell wirksam.
  6. Der Mieter hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
  7. Dem Beklagten wurde eine Räumungsfrist bis zum 31.03.2023 gewährt.
  8. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Mietsicherheit und den Schutz des Vermieters bei Pflichtverletzungen durch den Mieter.

Mietvertragskündigung bei unrechtmäßiger Kautionskonto-Auflösung: Rechtliche Konsequenzen für Mieter

Die Auflösung des Kautionskontos durch den Mieter kann erhebliche rechtliche Konsequenzen haben, insbesondere wenn dies gegen die vertraglichen Vereinbarungen verstößt. Laut § 551 BGB kann der Mieter das Mietverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende kündigen. Wenn der Mieter jedoch das Kautionskonto eigenmächtig auflöst, kann dies als Vertragsbruch gewertet werden und dem Vermieter das Recht zur fristlosen Kündigung einräumen.

In solchen Fällen ist es wichtig, dass der Mieter die rechtlichen Rahmenbedingungen kennt und sorgfältig vorgeht. Eine nachträgliche Zahlung des Kautionsbetrags kann die Kündigung nicht heilen, wie ein Urteil des Landgerichts München I vom 23.11.2022 bestätigt. In diesem Fall wurde die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, da der Mieter eine erhebliche Pflichtverletzung begangen hatte, die nicht durch nachträgliche Zahlung geheilt werden konnte. Die Kündigung war sowohl formell als auch materiell wirksam, und der Mieter hatte die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Dem Beklagten wurde jedoch eine Räumungsfrist bis zum 31.03.2023 gewährt.

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der Mietsicherheit und den Schutz des Vermieters bei Pflichtverletzungen durch den Mieter. Mieter sollten daher stets die vertraglichen Vereinbarungen einhalten und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einholen, um unangenehme Überraschungen und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Wenn Sie Fragen zu einem ähnlichen Fall haben, bei dem es um Mietvertragskündigung bei unrechtmäßiger Kautionskonto-Auflösung geht, fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Der Streit um die Mietsicherheit: Ein Fall für das Landgericht München I

Das Landgericht München I hatte sich mit einem Fall zu befassen, der im Kern um die Kündigung eines Mietverhältnisses drehte, ausgelöst durch die Auflösung des Kautionskontos durch den Mieter. Der Beklagte, der zuvor die betreffende Wohnung an den Kläger verkauft und sich dabei das Wohnrecht gesichert hatte, sah sich mit einer Kündigung konfrontiert, nachdem er das Kautionskonto aufgelöst und die Sicherheitsleistung entzogen hatte.

Chronologie des Vertrauensbruchs

Die Auseinandersetzung nahm ihren Lauf, als der Beklagte, in finanziellen Nöten, die auf dem Kautionskonto hinterlegte Sicherheit auf sein Girokonto umleitete und das Kautionskonto anschließend auflöste. Diese Handlungen stellten nach Auffassung des Klägers einen gravierenden Vertrauensbruch dar und führten zur Kündigung des Mietverhältnisses. Trotz späterer Bemühungen des Beklagten, eine neue Kaution zu stellen, blieb der Vermieter bei seiner Entscheidung.

Juristische Bewertung und Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht München I urteilte zugunsten des Klägers und wies die Berufung des Beklagten zurück. Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Bewertung der Auflösung des Kautionskontos als erhebliche Pflichtverletzung seitens des Mieters. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Beklagte bewusst und zumindest fahrlässig gehandelt hatte, als er das Kautionsguthaben entzog und damit gegen seine mietvertraglichen Verpflichtungen verstieß.

Die Bedeutung der Mietsicherheit im Mietverhältnis

Die Urteilsbegründung betonte die wesentliche Funktion der Mietkaution als Sicherheitsleistung für den Vermieter. Die unerlaubte Auflösung des Kautionskontos und der Entzug der Sicherheitsleistung stellten eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung dar, die das Mietverhältnis nachhaltig beeinträchtigte. Das Gericht machte deutlich, dass die Sicherstellung der Mietkaution während der gesamten Mietdauer eine fundamentale Verpflichtung des Mieters ist.

Konsequenzen und Räumungsfrist

Trotz der klaren Entscheidung zugunsten des Klägers gewährte das Gericht dem Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 31. März 2023, um die Wohnung zu übergeben. Diese Entscheidung trug der angespannten Situation auf dem Münchner Immobilienmarkt Rechnung und berücksichtigte die finanziellen sowie persönlichen Umstände des Beklagten.

Fazit

Das Urteil des Landgerichts München I unterstreicht die gravierenden Folgen, die die Nichterfüllung oder Verletzung mietvertraglicher Pflichten, insbesondere im Hinblick auf die Mietsicherheit, nach sich ziehen kann. Die Entscheidung verdeutlicht die Notwendigkeit, als Mieter die vertraglichen Verpflichtungen ernst zu nehmen und die Mietsicherheit während der gesamten Mietdauer unangetastet zu lassen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Welche Konsequenzen kann die Auflösung eines Kautionskontos durch den Mieter haben?

Die Auflösung eines Kautionskontos durch den Mieter kann verschiedene Konsequenzen haben. Die Mietkaution dient als Sicherheitsleistung für den Vermieter, um Ansprüche gegen den Mieter, beispielsweise aus rückständiger Miete oder Schadensersatz, abzusichern. Wenn ein Mieter das Kautionskonto auflösen möchte, benötigt er das Sparbuch, das sich im Besitz des Vermieters befindet.

Eine vorzeitige Auflösung des Kautionskontos ohne Zustimmung des Vermieters ist in der Regel nicht möglich. Der Vermieter hat das Recht, einen bestimmten Betrag der Mietkaution auf dem Konto zu belassen, ohne dass der Mieter zustimmt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Vermieter noch Ansprüche an den Mieter hat, die mit der Mietkaution verrechnet werden müssen.

Wenn der Mieter das Kautionskonto ohne Zustimmung des Vermieters auflöst, kann dies zu rechtlichen Konsequenzen führen. Beispielsweise kann der Vermieter die Kaution ganz oder in Teilen einbehalten, wenn Mietrückstände bestehen, Kosten für mögliche Reparaturen an der Mietsache anfallen oder offene Nebenkostennachzahlungen bestehen.

Zudem kann der Vermieter die fristlose Kündigung des Mietvertrags in Betracht ziehen, wenn die Kaution nicht pünktlich oder nicht in voller Höhe gezahlt wird.

Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter grundsätzlich ein Recht auf Rückzahlung der Mietkaution. Allerdings kann es mehrere Wochen dauern, bis die Kaution erstattet wird, da der Vermieter zunächst prüfen darf, ob Schäden an der Mietsache vorliegen, die mit der Kaution bezahlt werden müssen.

Es ist daher ratsam, dass Mieter und Vermieter sich über die Bedingungen der Auflösung des Kautionskontos einig sind, um mögliche rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Inwiefern kann die nachträgliche Stellung einer neuen Mietkaution die Wirkung einer Kündigung beeinflussen?

Die nachträgliche Stellung einer neuen Mietkaution kann die Wirkung einer Kündigung beeinflussen, insbesondere wenn es um die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter geht. Wenn ein Mieter beispielsweise die Mietkaution nicht oder nicht vollständig zahlt, kann dies einen Kündigungsgrund darstellen. Gemäß § 569 Absatz 2a BGB darf der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter mit der Kaution in Höhe eines Betrages im Verzug ist, der der zweifachen Nettokaltmiete entspricht.

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Die Stellung einer neuen Mietkaution nach einer Kündigung könnte also dazu führen, dass der Vermieter von einer bereits ausgesprochenen Kündigung absehen oder eine angedrohte Kündigung nicht aussprechen könnte, sofern die Kautionsschulden beglichen werden. Dies würde insbesondere dann gelten, wenn die Kündigung aufgrund des Verzugs mit der Kaution erfolgte.

Allerdings ist zu beachten, dass die nachträgliche Zahlung der Kaution nicht automatisch bedeutet, dass eine bereits ausgesprochene Kündigung unwirksam wird. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, und es könnte erforderlich sein, dass der Mieter und der Vermieter eine Einigung erzielen oder dass die Angelegenheit gerichtlich geklärt wird.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Kündigung eines Mietverhältnisses nicht nur aufgrund von Kautionsrückständen erfolgen kann, sondern auch aus anderen Gründen, wie beispielsweise Zahlungsverzug bei der Miete oder Verstöße gegen den Mietvertrag. In solchen Fällen würde die nachträgliche Stellung einer neuen Mietkaution nicht zwangsläufig die Wirkung der Kündigung beeinflussen.

Es ist daher ratsam, dass Mieter, die mit der Zahlung der Kaution in Verzug sind und eine Kündigung des Mietverhältnisses vermeiden möchten, umgehend die ausstehenden Beträge begleichen und das Gespräch mit dem Vermieter suchen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.


Das vorliegende Urteil

LG München I – Az.: 14 S 10546/22 – Urteil vom 23.11.2022

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 06.07.2022, Az. 452 C 19982/21, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Klagepartei hinsichtlich der Kostenentscheidung (Ziffer 2) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 31.03.2023 gewährt.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.600,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Räumung und Herausgabe der Wohnung im Erdgeschoss links des Anwesens … bestehend aus einem Zimmer, einer Küche, einem Bad/WC und einem Flur in Anspruch.

Der Beklagte verkaufte und veräußerte die streitgegenständliche Wohnung mit notariellem Vertrag vom 26.10.2017 an den Kläger. Mitbeurkundet wurde dabei ein Mietvertrag zwischen den Parteien, wonach der Beklagte, der bereits in der Wohnung gelebt hatte, zu einer monatlichen Nettomiete von 550,00 Euro als Mieter des Klägers in der Wohnung verbleiben durfte. Unter Kapitel IV, Absatz 4, Spiegelstrich 5 des Notarvertrags war insoweit die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung einer Mietkaution in Höhe von 1.100,00 Euro vereinbart. Dieser mietvertraglichen Pflicht kam der Beklagte zunächst nach, indem er am 28.06.2017 ein auf ihn lautendes Konto, …, bei der … eröffnete, den vorgenannten Betrag einzahlte und dem Kläger ein Pfandrecht am gesamten Guthaben bestellte. Wohl aufgrund eines bankinternen Versehens wurde dabei jedoch kein diesbezüglicher Kontosperrvermerk eingetragen, sodass das Kautionskonto für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank nicht sogleich als solches erkennbar war (Anlage B 4, Bl. 48 d.A.).

Nachdem der Beklagte in weitere finanzielle Schwierigkeiten geraten war, suchte er – ausweislich seiner eigenen Angaben in der Berufungsverhandlung vom 23.11.2022 – am 22.01.2021 eine Filiale der … auf, um sich dort namentlich über die Möglichkeit des Verkaufs seiner Genossenschaftsanteile an der Bank zu erkundigen. Dabei wurde ihm von einem Bankangestellten mitgeteilt, dass ein solcher Verkauf frühestens nach der nächsten Generalversammlung möglich sei; der Beklagte habe bei der Bank jedoch Konten, auf welchen sich Guthaben befänden – u.a. ein Konto mit einem Guthaben in Höhe von rund 1.100,00 Euro. Bei letzterem Konto handelte es sich um das verfahrensgegenständliche Kautionskonto mit einem Guthaben von 1.100,03 Euro (inkl. aufgelaufener Zinsen). Hierauf ließ der Beklagte sogleich sämtliche ihm genannten Guthaben – darunter auch die Mietsicherheit in voller Höhe von 1.100,00 Euro (ohne Zinsen) – auf sein Girokonto, … umbuchen.

Im Februar 2021 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er mit Wirkung zum 01.03.2021 „Hartz IV“ beantragt habe und deshalb keine Miete mehr zahlen werde, da er eine bezahlte Miete von der Agentur für Arbeit nicht würde erstattet bekommen (Anlage K3, Bl. 22 d.A.). Auf Hinweis des Klägers, dass der Bezug staatlicher Sozialleistungen nicht von der Verpflichtung zur Entrichtung des vereinbarten Mietzinses befreie, setzte der Beklagte die Mietzahlungen – entgegen seiner Ankündigung – fort.

Am 28.06.2021 löste der Beklagte das verfahrensgegenständliche Mietkautionskonto auf, woraufhin dem Kläger am 30.06.2021 von … diesbezügliche Kontounterlagen übersandt wurden, aus welchen u.a. ersichtlich war, dass der neue Kontostand 0,00 Euro betrage und der zuletzt noch vorhandene Abrechnungsbetrag von 0,03 Euro auf das Girokonto des Beklagten überwiesen worden sei.

Mit Schreiben vom 01.07.2021 (Anlage K 4, Bl. 23 ff. d.A.) kündigte der Kläger hierauf den Mietvertrag mit dem Beklagten außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.09.2021 und widersprach einer stillschweigenden Fortsetzung des Mietverhältnisses. Dabei warf der Kläger dem Beklagten vor, die Kaution abgehoben und das Kautionskonto aufgelöst zu haben. Damit habe der Beklagte gegen den Mietvertrag verstoßen und einen „massiven Vertrauensbruch“ begangen.

Der vorgenannten Kündigung ließ der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 13.07.2021 (Anlage K 5, Bl. 25 ff. d.A.) widersprechen, wobei insbesondere behauptet wurde, dass die Auflösung des Mietkautionskontos auf einen Fehler der Bank zurückzuführen sei. Der Beklagte habe eigentlich „ein anderes Konto“ auflösen wollen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.07.2021 (Anlage K 6, Bl. 27 ff. d.A.) teilte die Klagepartei sodann insbesondere mit, dass es bei der Kündigung des Mietverhältnisses verbleibe und forderte den Beklagten auf, bis spätestens 28.07.2021 die „eigenmächtig zurückgenommene Mietsicherheit […] wieder in vertragsgemäßer Weise zu stellen“. Zugleich erfolgte der Vorschlag einer einvernehmlichen Aufhebung des Mietverhältnisses zum 30.09.2022 unter Verzicht auf die erneute Leistung einer Mietsicherheit und Zahlung einer Umzugskostenbeihilfe an den Beklagten in Höhe von 2.000,00 Euro.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.07.2021 (Anlage K 7, Bl. 30 d.A.) signalisierte der Beklagte grundsätzliche Einigungsbereitschaft, forderte vom Kläger jedoch eine Umzugskostenbeihilfe in Höhe von 4.000,00 Euro. Dies wiederum lehnte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 10.08.2021 (Bl. 31 d.A.) ab.

Mit Schreiben des Klägervertreters vom 30.08.2021, adressiert an den damaligen anwaltlichen Vertreter des Beklagten (Bl. 34 f. d.A.), ließ der Kläger erneut die außerordentliche fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum nächstmöglichen Zeitpunkt erklären. Verwiesen wurde dabei auf das weitere anwaltliche Schreiben des Klägervertreters vom selben Tag, das unmittelbar an den Beklagten adressiert war (vgl. Anlage I zum Protokoll vom 23.11.2022). In ersterem Schreiben war von einem „Verzug mit der Stellung der Mietsicherheit“ die Rede. Zudem wurde Bezug auf das zweitgenannte Schreiben genommen, in welchem sowohl die vertragswidrige Auflösung des verpfändeten Kontos als auch die trotz Fristsetzung nicht erfolgte erneute „Stellung der vertraglich vereinbarten Mietsicherheit, zuletzt bis spätestens 18.08.2021“ als Kündigungsgründe angeführt waren.

Am 09.09.2021 stellte der Beklagte dem Kläger eine neue Mietkaution in Höhe von 1.100,00 Euro, nachdem dieser Betrag dem Beklagten am 06.09.2021 auf seinen Antrag vom 15.07.2021 hin durch das zuständige Jobcenter zur Verfügung gestellt worden war.

Daraufhin teilten die anwaltlichen Vertreter des Klägers der beklagten Partei mit Schreiben vom 14.09.2021 (Anlage K 9, Bl. 36 f. d.A.) mit, dass „die erklärte fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund unwirksam ist“. Es verbleibe jedoch bei der ordentlichen Kündigung „zum 30.11.2021“.

Mit Endurteil vom 06.07.2022, Az. … hat das Amtsgericht München der Klage im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO vollumfänglich stattgegeben; eine Räumungsfrist ist nicht gewährt worden. Das Erstgericht hat sich dabei auf den Standpunkt gestellt, dass die ordentliche Kündigung vom 30.08.2021 das Mietverhältnis beendet habe. Die Verwendung eines verpfändeten Gegenstands „zu eigenen Zwecken“ stelle eine erhebliche Pflichtverletzung dar. Diese sei dem Beklagten zuzurechnen, da er die Bank insoweit angewiesen habe. Die Einlassung des Beklagten, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass es sich um das Kautionskonto gehandelt habe, sei „unschlüssig“, zumal der Beklagte keine „Vielzahl an Sparbüchern“ gehabt und auch die Höhe des umgebuchten Guthabens auf die verpfändete Kaution hingewiesen habe. Von wenigstens grober Fahrlässigkeit sei zudem auszugehen.

Eine Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen. Die nach Ausspruch der Kündigung erfolgte (erneute) Zahlung des Kautionsbetrags habe die Kündigung „nicht zu heilen“ vermocht.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten vom 24.08.2022, bei dem Berufungsgericht eingegangen am 25.08.2022 und zugleich begründet. Die Berufung meint insbesondere, dass das Erstgericht keine hinreichende Würdigung des Sachverhalts vorgenommen habe. Der Beklagte habe den Fehler der Bank, dass kein Sperrvermerk eingetragen worden sei, nicht erkannt. Dies sei überzeugend.

Eine schuldhafte, nicht unerhebliche Pflichtverletzung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 BGB liege nicht vor.

So habe der Beklagte sich, sogleich nachdem er von der Auflösung des Kautionskontos Kenntnis erlangt gehabt habe, um die „Neugestellung“ einer Kaution bemüht. Auch habe sich durch das Verhalten des Beklagten die Rechtsposition des Klägers gar nicht verschlechtert, da der Kläger nach Auflösung des Kontos seines Anspruchs gegen die S. Bank auf Zahlung des verpfändeten Guthabens nicht verlustig gegangen sei.

Ferner wirft die Berufung dem Kläger eine schuldhafte, unzureichende Mitwirkung bei der „Neugestellung der Mietkaution“ und eine hieraus resultierende Verzögerung vor. Der Beklagte habe jedenfalls in angemessener Frist eine neue Kaution gestellt.

Auch sei erstgerichtlich übersehen worden, dass kein klägerseitiger Widerspruch gegen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 545 BGB vorgelegen habe. Der Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO sei lediglich mit einem „recht inhaltslosen“ Satz abgelehnt worden.

Im Berufungsverfahren wird daher seitens der Beklagtenpartei beantragt:

1. Das Urteil des AG München vom 06.07.2022, Az.: 452 C 19982/2[1], wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist gewährt.

Die Klagepartei beantragt demgegenüber: Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der zulässigen Berufung ist in der Sache kein Erfolg beschieden.

Zu Recht hat das Erstgericht der auf Räumung und Herausgabe gerichteten Klage stattgegeben. Der diesbezügliche Anspruch des Klägers ergibt sich aus §§ 546 Abs. 1, 542 Abs. 1, 573 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB.

Das angefochtene Urteil begegnet aus Sicht der Kammer – jedenfalls im Ergebnis – keinen rechtlichen Bedenken.

Der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts bemisst sich nach § 529 ZPO, demnach sind die vom Gericht der ersten Instanz festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen. Berücksichtigungsfähige neue Tatsachen im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO wurden nicht dargelegt. Eine Rechtsverletzung ist im angefochtenen Urteil nicht erkennbar.

Dabei kann zunächst auch auf die im Wesentlichen zutreffenden Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils verwiesen werden.

1. Nach Überzeugung der Kammer führte bereits die auf den Vorwurf der „Abhebung“ des gesamten Kautionsguthabens und der Auflösung des Kautionskontos gestützte ordentliche Kündigung des Klägers vom 01.07.2021 zur Beendigung des Mietverhältnisses.

Die vorgenannte, dem Beklagten unstreitig zugegangene Kündigung war sowohl formell als auch materiell wirksam.

a) Ein temporärer vertraglicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung ist entgegen der vorgerichtlich verlautbarten Rechtsmeinung des Beklagten nicht zu erkennen. Die diesbezügliche Vereinbarung unter Kapitel IV, Absatz 4, Spiegelstrich 2 Satz 4 des Notarvertrags betrifft ersichtlich nur das vermieterseitige Recht zur Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 S. 1 BGB.

b) Die vom Kläger selbst verfasste und unterschriebene Kündigung wahrte die erforderliche Schriftform und wies eine ausführliche Begründung auf. Sie erfüllte damit ohne Weiteres die formellen Anforderungen an eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nach §§ 568 Abs. 1, 573 Abs. 3 BGB.

c) Die materielle Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 01.07.2021 beruht auf § 573 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB.

Nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Vermieter nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches berechtigtes Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Dies war hier der Fall.

(1) Zunächst hat die Kammer – wie bereits das Erstgericht – keinen Zweifel daran, dass das kündigungsgegenständliche Verhalten eine mietrechtliche Pflichtverletzung des Beklagten beinhaltet.

Die Verletzung mietvertraglicher Pflichten ist in einem umfassenden Sinne zu verstehen. Ob die Pflicht im Gesetz normiert ist, oder ob die Pflicht sich aus individual- oder formularvertraglichen Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter ergibt, ist dabei unerheblich. Ohne Belang ist auch, ob es sich um eine Haupt- oder Nebenpflicht handelt, und ob die Verletzung einer Leistungs- oder Schutzpflicht in Rede steht (zum Vorstehenden siehe jeweils BeckOGK/Geib, 01.10.2022, BGB § 573 Rn. 19).

Vorliegend verstieß der Beklagte gegen seine aus dem Mietvertrag folgende Nebenpflicht, dem Kläger eine Mietsicherheit in Höhe von 1.100,00 Euro zu leisten (vgl. Kapitel IV, Absatz 4, Spiegelstrich 5 des Notarvertrags vom 26.10.2017). Freilich ist hiervon nicht lediglich die Pflicht zur Leistung der vereinbarten Mietsicherheit bei Beginn des Mietverhältnisses umfasst, sondern auch die mieterseitige Pflicht, dem Vermieter die überlassene Sicherheit (insbesondere) während der Mietdauer nicht wieder eigenmächtig zu entziehen. Da dem Kläger an der Kautionssumme ein Pfandrecht bestellt war, war es dem Beklagten selbstverständlich nicht gestattet, ohne Zustimmung des Klägers auf das Mietkautionskonto zuzugreifen. Ein solches Verhalten steht in eklatantem Widerspruch zu dem Sicherungsrecht und -bedürfnis des Klägers und stellt daher eine Pflichtverletzung des Beklagten dar. Andernfalls wäre der Sinn und Zweck einer Mietkaution, die namentlich Sicherheit gegen Mietausfall, die Beschädigung der Mietsache oder die Nichterfüllung vertraglicher Pflichten bieten soll (siehe BeckOGK/Siegmund, 01.10.2022, BGB § 551 Rn. 1), ersichtlich nicht ausreichend gewahrt.

In Bezug auf die Mietkaution verdeutlichen Vorenthaltung und Entzug paradigmatisch die Möglichkeiten der Pflichtverletzung durch Unterlassen bzw. aktives Tun, wobei beide Formen einen Fall des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen können. Auch aus Sicht des Vermieters macht es jedenfalls keinen maßgeblichen Unterschied, ob ihm der Mieter die Kaution pflichtwidrig vorenthält – also deren rechtzeitige Leistung unterlässt (sog. Kautionsverzug) – oder ob ihm der Mieter eine ursprünglich geleistete Mietsicherheit nachträglich wieder entzieht, z.B. durch Umbuchung des Kautionsguthabens und Auflösung des betreffenden Kontos. In beiden Fällen ist das Sicherungsbedürfnis des Vermieters nicht (mehr) befriedigt und die Schutzwirkung, welche die Kaution bieten soll, vermag nicht zu entstehen bzw. entfällt nachträglich wieder.

(2) Die dergestalt verwirklichte Pflichtverletzung des Beklagten stellt sich zudem als „nicht unerheblich“ i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar.

Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Mietsicherheit nach § 551 BGB als Instrument zur Verringerung des Ausfallrisikos des Vermieters grundsätzlich eine hohe Bedeutung beizumessen ist (siehe BT-Drs. 17/10485, 16 im Kontext des § 569 Abs. 2 a BGB). So stellte der Gesetzgeber durch das Mietrechtsänderungsgesetz (BGBl. 2013 I 434) klar, dass selbst eine fristlose Kündigung wegen Nichterbringung der vertraglich geschuldeten Kaution möglich ist. Dies erfolgte durch die Vorschrift des § 569 Abs. 2 a BGB, mit welcher die insoweit erforderlichen Voraussetzungen im Wesentlichen parallel zu der Kündigungsmöglichkeit wegen Zahlungsverzugs festgelegt wurden (zutr. BeckOGK/Geib, 01.10.2022, BGB § 569 Rn. 47).

Dabei verkennt die Kammer keineswegs, dass § 569 Abs. 2 a BGB zum einen lediglich die fristlose Kündigung zum Gegenstand hat und dabei zudem nur den ursprünglichen Anspruch auf Sicherheitsleistung, nicht hingegen namentlich den Verzug mit einem ggf. bestehenden Anspruch auf Wiederauffüllung einer Kaution regelt (vgl. BT-Drs. 17/10465, 25; BeckOK BGB/Wöstmann, 63. Ed. 01.08.2022, BGB § 569 Rn. 12). Demgegenüber geht es vorliegend um eine ordentliche Kündigung, die auf dem Vorwurf des vertragswidrigen nachträglichen Entziehens einer ursprünglich geleisteten Kaution fußt.

Zweifelsfrei ist der Norm des § 569 Abs. 2 a BGB aber zumindest die grundlegende gesetzgeberische Wertung zu entnehmen, dass ein Verstoß gegen die mieterseitige Verpflichtung zur Leistung der vertraglich vereinbarten Mietsicherheit schwer wiegen, und sogar die härteste mietrechtliche Sanktion – nämlich eine fristlose Kündigung – nach sich ziehen kann.

Ob neben § 569 Abs. 2 a BGB der Auffangtatbestand des § 543 Abs. 1 BGB anwendbar bleibt und eine fristlose Kündigung (wegen Kautionsverzugs) zu rechtfertigen vermag, ist strittig, bedarf aber schon deshalb keiner weiteren Betrachtung, da hier lediglich eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB inmitten steht. Eine solche bleibt indes von der Vorschrift des § 569 Abs. 2 a BGB per se unberührt (siehe namentlich Blank MietRB 2013, 340 [342]; Zehelein WuM 2013, 133 [135]; BeckOK BGB/Wöstmann, 63 Ed. 01.08.2022, BGB § 569 Rn. 13; NK-BGB/Werner Hinz, 4. Aufl. 2021, BGB § 573 Rn. 27 m.w.Nachw. [Fn. 125]; Schmidt-Futterer/Blank/Börstinghaus, 15. Aufl. 2021, BGB § 573 Rn. 33).

Voraussetzung für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist aber grundsätzlich ein „nicht unerheblicher“ Rückstand mit der Kautionsleistung, mithin die Überschreitung einer betragsmäßigen Erheblichkeitsschwelle. Ein solcher Rückstand liegt nach einer Ansicht (vgl. z.B. Schmidt-Futterer/Blank/Börstinghaus, 15. Aufl. 2021, BGB § 573 Rn. 33) mit Blick auf die in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB getroffene Wertentscheidung regelmäßig nur dann vor, wenn der Rückstand eine Monatsmiete übersteigt.

Nach anderer Auffassung wird die Nichtzahlung der Mietsicherheit in voller Höhe – also unabhängig davon, ob die vereinbarte Höhe den Betrag einer Monatsmiete erreicht oder darüber hinausgeht – den Vermieter regelmäßig zu einer ordentlichen Kündigung berechtigen (so namentlich Häublein PiG 97 (2014), 35 [56]; NK-BGB/Werner Hinz, 4. Aufl. 2021, BGB § 573 Rn. 27).

Dieser Meinungsstreit kann vorliegend dahinstehen, da die Höhe des dem Kläger entzogenen vollen Kautionsbetrags nebst aufgelaufenen Zinsen (1.100,03 Euro) zugleich den Betrag einer Monatsmiete (Nettomonatsmiete: 550,00 Euro) signifikant überstieg und sogar zwei Nettomonatsmieten erreichte.

Indem der Beklagte das volle Kautionsguthaben von besagtem Konto ab- und auf sein Girokonto umbuchen ließ, sowie schließlich das Kautionskonto auflöste, entzog er dem Kläger die geschuldete Sicherheit zur Gänze, was einen nicht unerheblichen Pflichtverstoß sowie einen gravierenden Vertrauensbruch darstellte.

Die Richtigkeit dieses Standpunkts wird überdies anhand der Beweggründe des Beklagten für die Umbuchung noch deutlicher: Indem der Beklagte auf das Kautionskonto zugriff, um den Versuch zu unternehmen, sich aus einem finanziellen Engpass zu befreien, sah sich der Kläger in doppelter Hinsicht der Gefahr eines Zahlungsausfalls ausgesetzt. So war das Insolvenzrisiko des Klägers durch die unzureichenden finanziellen Mittel des Beklagten ohnehin bereits zumindest abstrakt gefährdet. Indem zusätzlich die Mietsicherheit wegfiel, war das – legitime und auch vertraglich geschützte – Interesse des Klägers an einer Sicherung seiner Ansprüche in noch intensiverem Maße beeinträchtigt.

Soweit die Einstufung als nicht unerhebliche Pflichtverletzung von der Berufung mit dem Hinweis auf ersatzweise Ansprüche, namentlich in Form von Schadensersatzansprüchen des Klägers gegen die … wegen der unterlassenen Eintragung eines Kontosperrvermerks bzw. der Vornahme der Umbuchung in Abrede gestellt wird, ist dies gänzlich unbehelflich. Unterstellt, ein solcher Anspruch wäre tatsächlich entstanden und auch realisierbar, würde es sich hierbei freilich lediglich um einen solchen handeln, welcher bis zu dessen etwaiger Durchsetzung im Vergleich zu einem (fort)bestehenden Kautionskonto keine auch nur annähernd gleichwertige Sicherheit darstellen würde. Einen Anspruch auf (erneute) Leistung der vertraglich geschuldeten Sicherheit hatte der Kläger gegen den Beklagten jedoch bereits in der Folge des Eingriffs in die Mietsicherheit, was aber naturgemäß insbesondere nichts daran änderte, dass die Mietsicherheit zunächst einmal nicht mehr existierte. Ein Vorgehen gegen die Bank hätte also lediglich eine weitere hypothetische Möglichkeit für den Kläger dargestellt, den bereits entstandenen rechtswidrigen Zustand wieder zu beseitigen.

Gegenüber einem Geschädigten kann eben in aller Regel gerade nicht mit Erfolg vorgebracht werden, es gäbe einen zweiten Schädiger bzw. pflichtwidrig Handelnden, der die Umstände, welche zu dem rechtswidrigen Zustand führten, letztlich ebenfalls zu verantworten habe. Etwaige Ausgleichsansprüche gegen Dritte in der Folge eines pflichtwidrigen Verhaltens einer Vertragspartei haben auf die Einstufung des Verhaltens als nicht lediglich unerheblich grundsätzlich keine Auswirkungen. So liegen die Dinge offenkundig auch hier.

Freilich tangiert auch das Verhalten des Beklagten nach der ordentlichen Kündigung vom 01.07.2021 – in Form eines zuletzt erfolgreichen Bemühens des Beklagten, dem Kläger wieder eine Sicherheit zur Verfügung zu stellen – die Erheblichkeit der Pflichtverletzung nicht, zumal ein nachträgliches Verhalten grundsätzlich nicht geeignet ist, die materielle Wirksamkeit einer bereits wirksam ausgesprochenen ordentlichen Kündigung (doch noch) infrage zu stellen, oder gar (wieder) zu beseitigen.

So verhält es sich auch hier.

(3) Kein Zweifel kann zudem daran bestehen, dass der Beklagte die vorstehend aufgezeigte, nicht unerhebliche Pflichtverletzung auch schuldhaft i.S.v. §§ 573 Abs. 2 Nr. 1, 276 ff. BGB beging. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte vermochte sich insoweit nicht ansatzweise zu exkulpieren, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.

Der Beklagte handelte zumindest fahrlässig, als er die Umbuchung des Kautionsguthabens auf sein Girokonto veranlasste und das Kautionskonto in der Folgezeit schließlich sogar auflöste. Damit kann dahinstehen, ob die zweifelhafte Einlassung des Beklagten, er habe nicht erkannt, dass es sich bei dem umgebuchten Betrag von 1.100,03 Euro um das (volle) Kautionsguthaben handelte, eine wahrheitswidrige Schutzbehauptung darstellt.

Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verlangt in jedem Fall danach, im Rahmen von Kontotransaktionen unerwartete Geldbeträge auf ihren Ursprung hin zu überprüfen, wenn sich bei der betreffenden Bank auch Konten befinden, die dem Zugriff des Beklagten unstreitig entzogen sind. Dies war bei dem hier streitgegenständlichen Mietkautionskonto der Fall.

Dem Verschuldensvorwurf steht dabei zunächst nicht entgegen, dass der Bankangestellte dem Beklagten mitgeteilt habe, dass bei der … noch verfügbare, umbuchbare Sparguthaben vorhanden seien. Denn es war freilich die Pflicht des Beklagten, dafür Sorge zu tragen, dass Konten, auf welche er nicht in berechtigterweise Zugriff nehmen durfte, nicht angetastet werden. Insoweit wird zunächst auf die durchaus zutreffenden und plausiblen Erwägungen des Erstgerichts Bezug genommen, wonach die Höhe des Guthabens auf das verpfändete Konto hingewiesen habe, und der Beklagte auch keine „Vielzahl an Sparbüchern besessen“ habe.

Ergänzend, klarstellend und vertiefend ist aus Sicht der Kammer insoweit weiter auszuführen, dass allein der Hinweis des Angestellten zweifelsohne nicht das Herabsenken der Sorgfaltsanforderungen an den Beklagten dergestalt rechtfertigen könnte, dass ein voreiliger, unreflektierter und gedankenloser Zugriff auf Geldsummen unbekannten, jedenfalls aber nicht zugleich mit hinreichender Sicherheit zuzuordnenden Ursprungs als verkehrsübliches Verhalten erscheinen könnte.

Zu beachten ist dabei nämlich insbesondere, dass es sich in dem Moment der Umbuchung bei den dem Beklagen genannten Guthaben um für ihn unerwartete Geldbeträge handelte, von denen er nach eigener Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zunächst keine Kenntnis (mehr) gehabt habe. Schon vor diesem Hintergrund hätte es aber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt erfordert, dass sich der Beklagte vor der Veranlassung von Kontobewegungen weiter darüber informiert, um welche Kontoart es sich handelte und woher das diesbezügliche Guthaben stammen könnte. Dies gilt umso mehr, da dem Beklagten die Existenz eines in 2017 eröffneten Kautionskontos bewusst war, jedenfalls aber hätte bewusst sein müssen. Ein derartiges Verhalten war dem Beklagten auch durchaus zumutbar, die Verwechselung bzw. der (behauptete) Irrtum bezüglich der Konten daher auch vermeidbar.

Überdies stimmte das Guthaben des angetasteten Kontos nach Aussage des Beklagten – von 3 Cent abgesehen – exakt mit der Höhe der 2017, und damit erst wenige Jahre zuvor geleisteten Mietkaution überein. Der Beklagte hätte daher auch in diesem Lichte ohne Weiteres wissen können und müssen, dass es sich um das Kautionskonto handelte. Da sich der Beklagte zum Zeitpunkt der Umbuchung augenscheinlich in finanziellen Schwierigkeiten befand, lässt sich auch nicht mit Erfolg argumentieren, ein Geldbetrag in dieser Höhe hätte auch einen anderen Ursprung haben können. Die finanziellen Verhältnisse des Beklagten waren nach eigener Aussage überaus begrenzt.

Daher hätte er umso mehr Veranlassung gehabt, die Herkunft unerwarteter Geldbeträge in dieser Größenordnung noch einer Überprüfung zuzuführen und nicht sogleich sorglos die Transaktion zu veranlassen. Stattdessen erteilte er jedoch dem Bankangestellten den Auftrag zur vollumfänglichen Umbuchung des Guthabens von 1.100,03 Euro (22.01.2021) und ließ das Konto später auch noch auflösen (28.06.2021).

Selbst wenn man – freilich ohne Erfolg – das Verhalten des Beklagten in der Bank am 22.01.2021 noch als „Augenblicksversagen“ abtun und fahrlässiges Verhalten in Abrede stellen wollte, so darf nicht übersehen werden, dass die Sorglosigkeit des Beklagten sogar so weit reichte, dass er selbst in dem diesbezüglichen Zeitraum von mehr als fünf Monaten (22.01.2021-28.06.2021) augenscheinlich keine Veranlassung sah, die Rechtmäßigkeit seiner Kontobewegungen zumindest im Nachhinein noch einmal in Ruhe zu überprüfen und zu überdenken. Dies kann selbstverständlich nicht angehen. Vielmehr bestätigt dies das hohe Maß an Fahrlässigkeit des Beklagten, will man in diesen Umständen nicht sogar erhebliche Anhaltspunkte für bewusstes, vorsätzliches Verhalten des Beklagten bei dem Entziehen der Mietkaution sehen.

Erschwerend für den Beklagten kommt also schließlich folgender zweiter Anknüpfungspunkt für einen nicht unerheblichen Pflichtverstoß hinzu: Nachdem der Beklagte die Umbuchung der Kautionssumme veranlasst hatte, vergingen – stellt man allein auf den Zeitpunkt der Kündigung vom 01.07.2021 ab – mehr als fünf Monate, in welchen der rechtswidrige Zustand – die Nichterfüllung der Pflicht zur (weiteren) Bereitstellung einer Mietkaution – aufrechterhalten wurde. Der Entzug der Sicherheit war mithin kein Versehen, welches das Sicherungsbedürfnis des Vermieters für einen lediglich kurzen Zeitpunkt tangierte. Vielmehr manifestierte und intensivierte sich der Pflichtverstoß und dessen Auswirkungen, indem der Vermieter nach dem 22.01.2021 über einen signifikanten Zeitraum hinweg gänzlich ohne Sicherheit blieb. Sobald die Kaution an den Beklagten rechtswidrig ausgezahlt worden war, bestand ein Wiederauffüllungsanspruch des Klägers, der bis zum 01.07.2021 – und darüber hinaus – nicht erfüllt wurde. Auch in der Nichterfüllung dieses Anspruchs ist letztlich ein Pflichtverstoß zu sehen, der – zumal in Verbindung mit der vorangegangenen vertragswidrig veranlassten Auszahlung des Kautionsguthabens – eine Verletzung des Mietvertrags darstellte bzw. die bereits verwirklichte Pflichtverletzung weiter intensivierte.

Es entlastet den Beklagten auch keineswegs, dass seine Bank es hier offenbar versehentlich versäumt hatte, für besagtes Konto einen Sperrvermerk einzutragen, zumal die Pflichtverletzung hier gerade (auch) in der Veranlassung der Umbuchung durch den Beklagten besteht. Hätte die Bank eine Umbuchung aufgrund des Kontosperrvermerks – mit Recht – abgelehnt, müsste und könnte ggf. in dem Versuch, die Kautionssumme zu vereinnahmen, ebenfalls ein (zumindest fahrlässiger) Pflichtverstoß i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gesehen werden. Denn aus Sicht des Beklagten hätte dieser dadurch bereits alles Erforderliche für den Zugriff auf das Kautionskonto getan, weshalb es für die Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen diesem und dem Vermieter auf die Auftragsausführung seitens der Bank nicht notwendigerweise mehr angekommen wäre. Dies kann vorliegend jedoch dahinstehen.

Schließlich übersieht die Berufung insoweit aber offenbar auch, dass ein (zusätzliches) Verschulden der Bank als Erfüllungsgehilfin des Beklagten nach § 278 S. 1 BGB zugerechnet werden kann. Fehler seiner Bank fallen regelmäßig dem Schuldner zur Last (siehe Fleindl in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Auflage 2019, Kapitel IV. Beendigung des Mietverhältnisses, Rn. 372). So verhält es sich hier ebenfalls.

Dies heißt freilich auch, dass bei einer Kombination aus sorgfaltswidrigem Verhalten eines Schuldners und einem Bankversehen – wie hier – der Versuch einer Exkulpation nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als misslungen zu erachten ist.

(4) Eine Abmahnung war hier nicht erforderlich, wie bereits vom Erstgericht – zumindest im Ergebnis – zutreffend angenommen.

Anders als bei der fristlosen Kündigung (§ 543 Abs. 3 BGB) gilt bei der ordentlichen Kündigung gerade keine grundsätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung einer vorherigen Abmahnung.

Eine Abmahnung war hier auch nicht ausnahmsweise erforderlich, zumal der hier beklagtenseits verwirklichten Pflichtverletzung bereits ohne vorangegangene Abmahnung hinreichende Erheblichkeit beizumessen war.

Weder bei der Nichtzahlung der Kaution (siehe hierzu NK-BGB/Werner Hinz, 4. Aufl. 2021, BGB § 573 Rn. 27), noch bei dem hier zu entscheidenden Fall des nachträglichen mieterseitigen Entziehens einer geleisteten Mietkaution bedarf es grundsätzlich einer Abmahnung vor Ausspruch einer ordentlichen Kündigung.

(5) Auch die Annahme treuwidrigen Verhaltens der Klägerseite steht hier nicht im Raum.

Zwar wird bisweilen angenommen, dass die nachträgliche Zahlung der Kaution das Fehlverhalten des Mieters relativieren und ein Festhalten des Vermieters an der Kündigung als treuwidrig (§ 242 BGB) erscheinen lassen könnten, wenn sämtliche bis dahin geschuldeten Kautionsraten beglichen worden sind (vgl. NK-BGB/Werner Hinz, 4. Aufl. 2021, BGB § 573 Rn. 27). Dieser Standpunkt wird aber zum einen, soweit ersichtlich, nur in Bezug auf den – hier nicht in Rede stehenden – Fall des Kautionsverzugs zu Beginn des Mietverhältnisses angedacht. Zum anderen wäre insoweit auch deshalb Zurückhaltung bei der Anwendung des § 242 BGB angezeigt, da eine solche letztlich de facto auf die analoge Anwendung des § 569 Abs. 2 a S. 4 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB (Heilungswirkung durch Nachzahlung der Kaution) auf die ordentliche Kündigung hinauslaufen könnte. Eine solche Analogie kommt aber schon mangels planwidriger Regelungslücke per se nicht in Betracht (siehe zuletzt BGH, Urteil vom 13.10.2021 – VIII ZR 91/20, WuM 2021, 744 zur parallel gelagerten Frage der Nichtanwendbarkeit der Heilungswirkung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB auf die ordentliche Kündigung wegen Verzugs mit der Mietzahlung).

(6) Soweit die Berufung weiter meint, die auf Räumung und Herausgabe gestützte Klage sei nicht auch auf die Kündigung vom 01.07.2021 gestützt, verfängt dies gem. § 253 ZPO ebenfalls nicht. Danach wird der Streitgegenstand durch den Antrag und den dazu vorgetragenen Lebenssachverhalt gebildet (vgl. hierzu MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020, ZPO § 253 Rn. 32 ff.).

Zwar argumentiert die Klägerseite in der Klageschrift vom 15.12.2021 in der Tat dahingehend, dass das Mietverhältnis zum 30.11.2021 geendet habe, während die ordentliche Kündigung vom 01.07.2021 das Mietverhältnis nach § 573 c Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. dem Mietvertrag (vgl. Kapitel IV, Absatz 4, Spiegelstrich 2 Satz 2 des Notarvertrags) an sich bereits zum 30.09.2021 beendet hatte. Entscheidend ist insoweit aber, dass zum einen in den tatsächlichen Ausführungen der Klageschrift explizit auch zur Kündigung vom 01.07.2021 vorgetragen wurde und zum anderen, dass sich die hieran anschließenden Rechtsausführungen auch auf die Pflichtverletzungen des Beklagten beziehen, die Gegenstand der ersten Kündigung vom 01.07.2021 waren.

Zudem ist der Klageantrag auf Räumung und Herausgabe gerichtet.

2. Eines Eingehens auf die fristlose Kündigung vom 01.07.2021 bedarf es vorliegend nicht.

Zwar kommt hier die Heilungswirkung des § 569 Abs. 2 a S. 4 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB (Heilungswirkung durch Nachzahlung der Kaution) nicht in Betracht, zumal es – wie ausführlich dargelegt – nicht um den Verzug mit der (erstmaligen) Leistung der Mietsicherheit geht, sondern primär um einen Fall des rechtswidrigen nachträglichen Entzugs einer ursprünglich durchaus erbrachten Mietkaution.

Mit Schreiben vom 14.09.2021 (Anlage K 9, Bl. 36 f. d.A.) teilte die Klägerseite dem Beklagten hier jedoch explizit mit, dass die erklärte fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund als „unwirksam“ erachtet werde. Dies mag auf klägerseitigem Rechtsirrtum (wohl bezüglich der Anwendung des § 569 Abs. 2 a S. 4 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB) beruhen. Entscheidend ist jedoch letztlich, dass der Kläger hierdurch klar zum Ausdruck brachte, dass er aus den erklärten fristlosen Kündigungen keine Rechte (mehr) herleite wolle.

Einer Vertiefung dieser Frage bedarf es indes nicht, da jedenfalls die ordentliche Kündigung vom 01.07.2021 wirksam ist und die insoweit maßgebliche Kündigungsfrist längst abgelaufen ist.

3. Soweit man – wie nicht – zu dem Schluss gelangen sollte, dass nicht bereits die ordentliche Kündigung vom 01.07.2021 als wirksam zu erachten sei, könnte jedenfalls auf die ordentlichen Kündigungen vom 30.08.2021 abgestellt werden.

Dabei ist noch einmal klarzustellen, dass die Kammer zwei auf den vorgenannten Tag datierende Kündigungen als verfahrensgegenständlich ansieht, nämlich die mit Schreiben des Klägervertreters vom 30.08.2021, adressiert an den damaligen anwaltlichen Vertreter des Beklagten (Bl. 34 f. d.A.), ausgesprochene Kündigung sowie die mit weiterem anwaltlichem Schreiben des Klägervertreters vom selben Tag erklärte Kündigung, die unmittelbar an den Beklagten adressiert war (vgl. Anlage I zum Protokoll vom 23.11.2022).

Beide ordentlichen Kündigungen erweisen sich als formell sowie materiell-rechtlich wirksam.

In ersterem Schreiben war zwar im Wesentlichen nur von einem „Verzug mit der Stellung der Mietsicherheit“ die Rede. Gleichzeitig wurde darin jedoch Bezug auf das zweitgenannte Schreiben genommen, in welchem sowohl die vertragswidrige Auflösung des verpfändeten Kontos als auch die trotz Fristsetzung nicht erfolgte erneute „Stellung der vertraglich vereinbarten Mietsicherheit, zuletzt bis spätestens 18.08.2021“ als Kündigungsgründe angeführt waren. Beide schriftlichen Kündigungen genügten daher letztlich dem Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB.

Auch diese Kündigungen stützen sich zunächst in berechtigter Weise u.a. auf dieselben Gründe wie diejenige vom 01.07.2021.

Hinzu kam zwischenzeitlich, dass der Beklagte bis zum Ausspruch der weiteren Kündigungen vom 30.08.2021 keine erneute Mietsicherheit gestellt hatte, was ihm die Klägerseite ebenfalls zum Vorwurf machte. Dabei kann in Gänze dahinstehen, ob die zur Stellung einer neuen Mietsicherheit (zuletzt) bis 18.08.2021 gesetzte Frist angemessen, oder – wie die Berufung meint – zu kurz bemessen war. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Klägerseite einer etwaigen Mitwirkungsobliegenheit bei der Leistung einer neuen Mietsicherheit genügte, was die Berufung in Abrede stellen möchte.

Denn bereits die Umbuchung des Kautionsguthabens und die Auflösung des Mietkauionskontos rechtfertigten hier die (erneute) ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Auf das nachfolgende Verhalten des Beklagten mit dem (zuletzt, am 09.09.2021, erfolgreich verwirklichten) Ziel der Leistung neuer Mietsicherheit kommt es daher nicht mehr entscheidend an.

Freilich kann auch in der Forderung, es möge eine erneute Mietsicherheit zur Verfügung gestellt werden, keine wie auch immer geartete Distanzierung der Klägerseite von einer der vorangegangenen Kündigung gesehen werden, zumal ein Wiederauffüllungsanspruch bezüglich der Kaution wegen des fortbestehenden Sicherungsinteresses des Vermieters zu Recht auch nach beendetem Mietverhältnis bejaht wird. Ist die Sicherheit entgegen der vertraglichen Regelung noch nicht geleistet worden, oder hat der Vermieter zu Recht auf die Kaution zugegriffen, hat er auch noch nach Vertragsende einen Anspruch auf Kautionszahlung bzw. Wiederauffüllung der Kaution, soweit nicht schon feststeht, dass keine Ansprüche gegen den Mieter mehr bestehen und so das Sicherungsbedürfnis entfallen ist (NK-BGB/O. Riecke, 4. Aufl. 2021, BGB § 551 Rn. 41). Gleiches muss freilich auch dann gelten, wenn sich der Mieter – wie hier – während der Dauer des Mietverhältnisses rechtswidrig eines bestehenden Kautionsguthabens bemächtigt hat und der Vermieter zu Recht neue Sicherheit fordert.

An dem Bestehen des gesetzlich normierten Falls eines berechtigten Interesses nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB hat sich bis zum Ausspruch der ordentlichen Kündigungen vom 30.08.2021 auch nichts entscheidend geändert. Es entlastet den Beklagten insbesondere nicht, dass er nach Entdeckung des Kautionsentzugs – mithin im Nachhinein – die Leistung neuer Sicherheit anbot und diese am 09.09.2021 schließlich auch gewährt wurde. Auf die obigen Ausführungen, insbesondere zur fehlenden Einschlägigkeit der Vorschrift des § 569 Abs. 2 a S. 4 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB und zur Verneinung eines ausnahmsweise anzunehmenden Anwendungsfalls von Treu und Glauben nach § 242 BGB wird Bezug genommen.

Lediglich ergänzend fügt die Kammer an, dass der oben dargestellte Pflichtverstoß des Kautionsentzugs zu schwer wog, um durch das – nachträgliche – Angebot der Wiederherstellung der Sicherheit aufgewogen zu werden.

Auch handelte es sich insoweit zunächst nur um ein Angebot des Beklagten, das gar nicht darauf gerichtet war, ein neues auf den Beklagten lautendes Kautionskonto mit einem daran bestellten Pfandrecht zugunsten des Klägers zu eröffnen und dergestalt einen Zustand wiederherzustellen, welcher das Sicherungsbedürfnis des Klägers angemessen berücksichtigt hätte. Vielmehr beinhaltete der erste Vorschlag des Beklagten lediglich die Verpfändung eines Sparguthabens der …, der wohl ehemaligen Lebensgefährtin des Beklagten, und damit einer am Mietvertrag nicht beteiligten Dritten. Hierauf brauchte sich der Kläger aber nicht einzulassen.

Damit ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger gegen etwaige Mitwirkungsobliegenheiten bei der „Neugestellung“ der Mietsicherheit verstoßen hätte, wie die Berufung meint.

Nach alledem konnte sich das Erstgericht bei seiner Verurteilung zur Räumung und Herausgabe mit Recht auch oder jedenfalls auf die Kündigung(en) vom 30.08.2021 stützen.

4. Das Mietverhältnis wurde hier auch nicht nach § 545 BGB fortgesetzt.

So beinhaltete die Kündigung vom 01.07.2021 einen expliziten Widerspruch nach § 545 S. 1 BGB.

Im Übrigen kann ein solcher Widerspruch ohne Weiteres auch konkludent erfolgen.

Indem der Kläger nach den Kündigungen vom 30.08.2021 mehrfach deutlich machte, der Beklagte habe die Wohnung bis 30.11.2021 zu räumen, da er andernfalls Räumungsklage erheben werde, brachte er eindeutig zum Ausdruck, dass er mit einem Verbleib des Beklagten in der Wohnung nicht einverstanden sei (vgl. hierzu namentlich MüKoBGB/Bieber, 9. Aufl. 2023, BGB § 545 Rn. 12 ff.).

5. Der Härteeinwand des § 574 BGB wurde beklagtenseits nicht erhoben. Im Übrigen sind auch keine tragfähigen Härtegründe nach § 574 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB ersichtlich. Die Vorschrift das § 574 Abs. 1 S. 2 BGB braucht daher nicht weiter in den Blick genommen zu werden.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit dieses Urteils beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47 f., 41 Abs. 2, Abs. 3 GKG bestimmt. Maßgeblich war dabei der Jahresbetrag der Nettomiete.

IV.

Dem Beklagten konnte eine Räumungsfrist gewährt werden. Unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles erschien insoweit der Zeitraum bis 31.03.2023 angemessen.

Dabei wurde zugunsten des Klägers insbesondere berücksichtigt, dass die wirksame Kündigung vom 01.07.2021 mittlerweile bereits deutlich über ein Jahr zurückliegt und die Kündigungsfrist längst abgelaufen ist.

In Bezug auf das Bestandsinteresse des Beklagten konnte indes nach § 721 Abs. 1 ZPO durchaus Berücksichtigung finden, dass der Immobilienmarkt der Landeshauptstadt München und ihrer Umgebung in erheblichem Maße angespannt ist. Finanzielle Schwierigkeiten des Beklagten erscheinen der Kammer ebenfalls plausibel. Dass diese Aspekte Umzugsbemühungen erschweren können, ist nachvollziehbar und rechtfertigt einen gewissen zeitlichen Aufschub der Räumungsverpflichtung. Andererseits vermochte der Beklagte keine – zumal keine konkreten – Bemühungen bei der Suche nach Ersatzwohnraum darzulegen. Ausweislich seiner eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht sind solche bislang offenbar auch nicht erfolgt.

Die Kammer konnte schließlich berücksichtigen, dass sich der Beklagte augenscheinlich weiterhin in einer finanziellen Schieflage befindet und – obschon nicht näher dargelegte – psychische Belastungen im Räume stehen, was die Suche nach einer neuen Wohnung grundsätzlich ebenfalls zu erschweren vermag.

V.

Dem Antrag des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 23.11.2022 auf Gewährung einer Schriftsatzfrist für weitere Ausführungen war nicht zu entsprechen.

So bestand bereits in der vorgenannten öffentlichen Sitzung die Möglichkeit zur ausführlichen Stellungnahme, von der der Beklagtenvertreter durchaus auch reichlichen Gebrauch machte. Der Beklagte selbst wurde formlos angehört.

Hinzu kommt, dass sich der Antrag auf eine Stellungnahme zur Kündigung vom 01.07.2021 bezog, auf die es jedoch – wie von der Kammer umfassend ausgeführt – nicht entscheidend ankommt. Denn jedenfalls die ordentlichen Kündigungen vom 30.08.2021, auf die das Erstgericht seine Verurteilung stützte, führten zur wirksamen Beendigung des Mietverhältnisses. Es bestand daher schon in diesem Lichte keine Veranlassung, Gelegenheit zu weiteren rechtlichen Ausführungen oder ergänzendem Sachvortrag zu geben. Vielmehr lag ersichtlich Entscheidungsreife vor.

Das Erstgericht hat die Wirksamkeit der Kündigung(en) vom 30.08.2021 mit der Pflichtverletzung der Umbuchung des Kautionsguthabens und der Auflösung des Kautionskontos seitens des Beklagten gestützt.

Dem ist, wie ausgeführt, aus Sicht der Kammer zu folgen. Da dieser Vorwurf Gegenstand sowohl der Kündigung vom 01.07.2021 als auch der Kündigungen vom 30.08.2021 war, bedurfte es keiner weiteren Ausführungen der beklagten Partei zur erstgenannten Kündigung (mehr).

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