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Mietwagenkosten und Schwacke-Mietwagenpreislisten

Amtsgericht Pforzheim

Az: 3 C 327/08

Urteil vom 12.12.2008


In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatz hat das Amtsgericht Pforzheim auf die mündliche Verhandlung vom 04.11.2008 für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 799,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.01.2008 zu bezahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung des 1,2-fachen des sich aus dem Urteils ergebenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin erlitt am 22.12.2007 gegen 10.30 Uhr mit ihrem PKW einen Totalschaden. Als sie von N. kommend nach links in die B 10 Richtung W. einbog, fuhr der Versicherungsnehmer der Beklagten mit seinem BMW in den PKW der Klägerin. Der Versicherungsnehmer der Beklagten hatte das Rotlicht der Wechsellichtzeichenanlage nicht beachtet. Die Klägerin mietete noch am Unfalltag bei der Fa. A. einen PKW der Mietwagenklasse 2 an. Sie gab das Fahrzeug am 07.01.2008 zurück. Die Fa. A. berechnete 1622,64 € an Mietwagenkosten. Hierauf erstattete die Beklagte 742,40 €. Der unfallbeschädigte PKW Peugeot 206 der Klägerin ist in die Mietwagengruppe 04 einzuordnen.

Mit der Klage fordert die Klägerin von der Beklagten Zahlung von weiteren 799,11 € an Mietwagenkosten.

Die Klägerin trägt vor, sie sei nicht in der Lage gewesen, neben den Kosten für die Ersatzbeschaffung des PKW noch Mietwagenkosten vorzufinanzieren. Sie habe sofort ein Ersatzfahrzeug benötigt, um Besuche, Arztbesuche und sonstige Fahrten unmittelbar vor Weihnachten durchführen zu können. Sie habe auf ausdrücklichen Wunsch einen PKW mit Winterreifen erhalten.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 799,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.01.2008 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor, die Klägerin habe gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Sie habe bei der Fa. S., die auch im Hause der Fa. A. untergebracht sei, ein Fahrzeug zum Preis von 744,00 € anmieten können. Die Schwacke-Liste 2007 gebe nicht die Normalpreise wieder. Diese seien vom Frauenhofer Institut richtig ermittelt worden.

Bezüglich des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage erweist sich als begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 7, 17 StVG i.V.m. §§ 1,3 PflVersG Anspruch auf Zahlung von weiteren 799,11 € an Mietwagenkosten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Unfallgeschädigter berechtigt, ein Fahrzeug der Mietwagengruppe anzumieten, das der Mietwagengruppe seines unfallbeschädigten Fahrzeugs entspricht. Er hat hierbei Anspruch auf Erstattung zumindest der Mietwagenkosten, die bei einer Anmietung im sog. Normaltarif anfallen. Der unfallgeschädigte PKW der Klägerin, ein Peugeot 206, ist unstreitig der Mietwagengruppe 04 zuzuordnen. Mithin kann die Klägerin Ersatz derjenigen Kosten fordern, die angefallen wären, wenn ein Fahrzeug der Mietwagengruppe 04 im Normaltarif angemietet worden wäre. Der Mindestbetrag der zu ersetzenden Mietwagenkosten als – Normaltarif- kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf der Grundlage des gewichteten Mittels bzw. des Modus der Schwacke-Liste gemäß § 287 ZPO geschätzt werden (vgl. BGH vom 09.05.2006, VI ZR 117/05, Urteil vom 24.06.2008 VI ZR 234/07 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.03.2008, 1 U 17/08). Auch in der neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.10.2008 VI ZR 208/07 hat der Bundesgerichtshof nicht etwa entschieden, dass die Schwacke-Liste keine taugliche Schätzungsgrundlage zur Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO wäre. Der Bundesgerichtshof hat es lediglich als nicht ermessensfehlerhaft angesehen, dass das Landgericht Chemnitz für seinen Bezirk es nicht auszuschließen vermochte, dass die dort genannten Preise von wirtschaftlich interessierten Kreisen in ihrem Interesse manipuliert worden seien. Das erkennende Gericht ist nach wie vor der Auffassung, dass der Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 ebenso wie die Schwacke-Liste 2003 und 2006 eine geeignete Schätzgrundlage darstellen, da keine nachgewiesenen Anhaltspunkte vorliegen, dass die zwischenzeitig eingetretene Preissteigerung ein Reflex auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass der geltend gemachte Mangel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirkt (BGH Urteil vom 11.03.2008 VI ZR 164/07). Ein solcher Tatsachenvortrag liegt nicht vor. Es ist nicht dargetan, dass im Postleitzahlengebiet 7… die Schwacke-Liste zu falschen Ergebnissen führt.

Der Normaltarif ist demnach auf der Grundlage des Modus der Schwacke-Liste 2007 zu schätzen. Nach dem Modus der Schwacke-Liste beträgt die Wochenpauschale für ein Fahrzeug der Mietwagengruppe 4 495,00 €. Die Tagespauschale beläuft sich auf 90,00 €. Damit errechnet sich ein Betrag von 1170,00 €. Nach Abzug von 5 % Eigenersparnis verbleiben 1111, 50 €. Die Wochenpauschale für die Vollkaskoversicherung beläuft sich auf 132,00 € und die Tagespauschale auf 22,00 €. Für Winterreifen ist nach der Schwacke-Liste für 16 Tage ein Betrag von 240,00 € anzusetzen. Damit errechnet sich ein Betrag von 1659,50 €. Nachdem jedoch die Mietwagenrechnung der Fa. A. sich nur auf 1622,64 € beläuft, bedeutet dies, dass die Klägerin Anspruch auf Erstattung des eingeklagten Betrages hat.

Im Mietvertrag ist handschriftlich eingetragen, dass für Winterreifen pro Tag 6,50 € berechnet werden. Soweit die Beklagte behauptet hat, diese Eintragung sei erst nachträglich erfolgt, hat sie hierfür keinen Beweis angetreten. Im übrigen ergibt sich aus der Schwacke-Erhebung, dass von Autovermietungen generell Zusatzgebühren für die Ausrüstung eines Fahrzeugs mit Winterreifen verlangt werden. Mithin gehören diese Kosten zum unfallbedingten Schaden.

Soweit die Beklagte geltend machte, die Klägerin habe bei der Fa. S., die in den Räumlichkeiten der Fa. A. ebenfalls angesiedelt sei, ein Fahrzeug zu einem erheblich günstigeren Tarif anmieten können, kommt es hierauf nicht an. Zum einen geht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht dahin, dass der Geschädigte lediglich den Normaltarif des billigsten Anbieters ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte kann vielmehr Ersatz der üblicherweise anfallenden Mietwagenkosten fordern. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, wie die Klägerin an die Fa. S., die dem erkennenden Richter bis heute auch unbekannt war, hätte geraten sollen. Die Fa. S. taucht im Telefonbuch auch bei den gängigen Autovermietungen, die unter diesem Stichwort verzeichnet sind, nicht auf. Auch bei den Betriebsräumlichkeiten der Fa. A. in P. weist nichts auf die Fa. S. hin.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 288 BGB. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

 

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