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Miterbe Insolvenz – Vermerk im Grundbuch

 BGH

Az: V ZB 197/10

Beschluss vom 19.05.2011


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2011 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juni 2010 wird auf Kosten der Antragstellerinnen zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen sind zusammen mit ……..in Erbengemeinschaft als Eigentümer zu 1/2 im Grundbuch des im Eingang dieses Beschlusses genannten Grundstücks eingetragen. Die Eintragung erfolgte in Abteilung I unter der laufenden Nr. 2a (Antragstellerin zu 1), Nr. 2b (…. ) und Nr. 2c (Antragstellerin zu 2). Über das Vermögen von …. wurde Anfang 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Auf Ersuchen des Insolvenzgerichts wurde zunächst in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen:

„Nur lastend auf dem Anteil Abt. I Nr. 2b. Die Zwangsversteigerung ist angeordnet…“.

Drei Tage später wurde die Eintragung „Die Zwangsversteigerung ist angeordnet“ gerötet und in Abteilung II unter Veränderungen eingetragen:

„Über das Vermögen des Eigentümers ist das Insolvenzverfahren eröffnet …“.

Die Antragstellerinnen haben zunächst beantragt, das Grundbuch so zu berichtigen, dass der Insolvenzvermerk mit ausdrücklichem Bezug auf den Schuldner …. eingetragen ist. Hieran haben sie auch nach dem Hinweis des Grundbuchamts festgehalten, dass der Insolvenzvermerk wie folgt eingetragen und zu lesen sei:

„Nur lastend auf dem Anteil Abt. I Nr. 2b: Über das Vermögen des Eigentümers ist das Insolvenzverfahren eröffnet …“.

Das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde, mit der die Antragstellerinnen beantragt haben, den Insolvenzvermerk insgesamt aus dem Grundbuch zu löschen, ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen sie diesen Antrag weiter.

II.

Das Beschwerdegericht meint, der Insolvenzvermerk sei zu Recht in das Grundbuch eingetragen worden. Nach Sinn und Zweck von § 32 Abs. 1 InsO sei bei gesamthänderisch gebundenem Eigentum ein Insolvenzvermerk auch dann einzutragen, wenn das Insolvenzverfahren nur einen der Mitberechtigten betreffe. Dass sich der Vermerk nur auf …. und nicht auf die übrigen Eigentümer beziehe, sei dem Grundbuch hinreichend deutlich zu entnehmen.

III.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.

1.

Zutreffend geht das Beschwerdegericht von der Zulässigkeit der Erstbeschwerde aus. Die Vorschrift des § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO, nach der die Beschwerde gegen eine Eintragung unzulässig ist, steht ihr nicht entgegen, denn sie findet keine Anwendung, wenn eine Eintragung berichtigt werden soll, die nicht am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teilnimmt (Senat, Beschluss vom 28. September 1989 – V ZB 17/88, BGHZ 108, 372, 375). So verhält es sich bei einem Insolvenzvermerk nach § 32 InsO; dieser führt zu einer Grundbuchsperre, hat also lediglich negative Wirkung (vgl. KEHE/Keller, Grundbuchrecht, 6. Aufl., Einl J 18 sowie OLG Zweibrücken, Rpfleger 1990, 87 für einen Konkursvermerk und BayObLG, Rpfleger 1997, 101 für einen Zwangsversteigerungsvermerk).

2.

Rechtsfehlerfrei nimmt das Beschwerdegericht ferner an, dass ein Insolvenzvermerk gemäß § 32 Abs. 1 InsO auch dann in das Grundbuch einzutragen ist, wenn das Grundstück (teilweise) im Eigentum einer – nicht rechtsfähigen (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2006 – VIII ZB 94/05, NJW 2006, 3715) – Erbengemeinschaft steht und das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines der Miterben eröffnet wird.

a)

Zwar ist die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wonach die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Grundstücken, als deren Eigentümer der Schuldner eingetragen ist, in das Grundbuch aufzunehmen ist, nicht unmittelbar anwendbar. Denn als Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft steht dem einzelnen Miterben keine unmittelbare dingliche Berechtigung an einem zum Nachlass gehörenden Grundstück zu (Senat, Urteil vom 17. November 2000 – V ZR 487/99, WM 2001, 477, 478; BGH, Beschluss vom 24. Januar 2001 – IV ZB 24/00, BGHZ 146, 310, 315). Dem entspricht es, dass nicht sein Anteil an den Nachlassgegenständen in die Insolvenzmasse fällt, sondern sein Erbanteil, und dass die zu diesem Anteil gehörenden Mitwirkungs- und Verfügungsrechte bei der Verwaltung und der Auseinandersetzung des Nachlasses auf den Insolvenzverwalter übergehen (vgl. Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 35 Rn. 161; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl., § 32 Rn. 5).

b)

Zu Recht nimmt die nahezu einhellige Auffassung aber an, dass § 32 Abs. 1 InsO entsprechend anzuwenden ist, wenn dem Schuldner das Eigentum an einem Grundstück in Erbengemeinschaft, also gesamthänderisch gebunden zusteht (vgl. OLG Dresden, ZInsO 2005, 1220; LG Duisburg, Rpfleger 2006, 465; LG Dessau, ZInsO 2001, 626; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl., § 32 Rn. 5; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 32 Rn. 5; MünchKomm-InsO/Schmahl, 2. Aufl., § 32 Rn. 19; Jaeger/Schilken, InsO, § 32 Rn. 8; Kesseler, EWiR 2006, 597; aA Bauer/v.Oefele, GBO, 2. Aufl., § 38 Rn. 71; zur Eintragung eines Pfändungsvermerks bei Verpfändung des Erbanteils siehe auch BayObLGZ 59, 50; OLG Hamm, OLGZ 77, 283, 286; OLG Frankfurt, Rpfleger 1979, 205; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rn. 1661). Zweck der Vorschrift ist es, die Insolvenzmasse vor Beeinträchtigungen durch einen gutgläubigen Erwerb zu schützen, indem die Verfügungsbeschränkungen, denen der Insolvenzschuldner unterliegt (§ 80 Abs. 1, § 81 Abs. 1 InsO), im Grundbuch verlautbart werden. Da der öffentliche Glaube des Grundbuchs auch das Fehlen von nicht eingetragenen Verfügungsbeschränkungen des Berechtigten über ein Grundbuch eingetragenes Recht umfasst (§ 892 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 81 Abs. 1 Satz 2, § 91 Abs. 2 InsO), könnte andernfalls ein Dritter, dem die Beschränkung unbekannt ist, das Grundstückseigentum oder Rechte an dem Grundstück von dem Insolvenzschuldner erwerben.

Dieselbe Gefahr ist gegeben, wenn der Insolvenzschuldner Mitberechtigter einer Erbengemeinschaft ist, welcher das Eigentum an einem Grundstück zusteht. Da alle Miterben gemeinsam über das Grundstück verfügen können (§ 2040 Abs. 1 BGB), wäre es dem Schuldner ohne Eintragung eines Insolvenzvermerks möglich, an gemeinschaftlichen Verfügungen über das Grundstück unter Umgehung des Insolvenzverwalters mitzuwirken. Um auch für diesen Fall die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs eines Dritten gemäß § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB zu verhindern, bedarf es der Eintragung eines Insolvenzvermerks.

3.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die konkrete Form der Eintragung des Insolvenzvermerks nicht zu beanstanden. Sie lässt erkennen, dass das Insolvenzverfahren nur über das Vermögen von …. eröffnet worden ist („nur lastend auf dem Anteil Abt. I Nr. 2b“). Dass dieser nicht – wie geboten – als „Mitberechtiger“ bezeichnet worden ist (vgl. MünchKomm-InsO/Schmahl, 2. Aufl., § 32 Rn. 19 Fn. 28), sondern als „Eigentümer“, schadet nicht. Seine Rechtsstellung als Mitberechtigter einer Erbengemeinschaft lässt sich zweifelsfrei aus der insoweit maßgeblichen Abteilung I des Grundbuchs entnehmen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

 

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