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Kein Schadensersatz bei Pflanzentransport im Auto

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

Az.: 10 U 1088/00

Verkündet am 27. Juli 2001

Vorinstanz: 5 O 423/99 LG Koblenz


URTEIL

(abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat auf die mündliche Verhandlung vom 29.Juni 2001 für R e c h t erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 16. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

“ Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Vollkaskoversicherung für ihren PKW VW Golf Cabriolet, amtliches Kennzeichen ………………… anlässlich eines Schadensereignisses vom 4.6.1999 in Anspruch.

An diesem Tag transportierte die Klägerin mit ihrem PKW einen zuvor in A…….. erworbenen großen Kaktus, den sie in einem Transport-Plastikcontainer in den Fußraum vor dem Beifahrersitz gestellt hatte. Bei der Zufahrt zu ihrem Wohngebiet musste die Klägerin eine 90 Grad Kurve durchfahren und bemerkte hierbei aus dem Augenwinkel, dass die Pflanze zu rutschen begann und zu kippen drohte. Als sie sich nach rechts in den Fußraum wandte und die Hand ausstreckte, um die Pflanze festzuhalten und am Umkippen zu hindern, verriss sie das Steuer. Dabei geriet ihr PKW auf den Gehsteig und stieß dort gegen einen Betonpfahl, wobei er beschädigt wurde.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Das Rechtsmittel ist zwar zulässig, hat in der Sache indes keinen Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten die Erstattung ihrer Schäden aufgrund des Versicherungsvertrages (§§ 1 VVG, 12 Abs. 1, 13 Abs. 1 AKB) nicht verlangen, da die Beklagte nach § 61 VVG von der Leistung befreit ist. Die Klägerin hat den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt.

Grob fahrlässig handelt, wer objektiv in schwerwiegender Weise und subjektiv nicht entschuldbar gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verstößt (OLG Karlsruhe VersR 1979, 758 m.w.N.). Dies ist dann der Fall, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (OLG München NJW-RR 1992, 538).

Die Klägerin selbst hat einen Sachverhalt vorgetragen, aus dem zwingend auf grobe Fahrlässigkeit bei ihr geschlossen werden muss. Sie hat beim Durchfahren einer 90 Grad Rechtskurve, also in einer Verkehrssituation, die gesteigerte Aufmerksamkeit erforderte und bei der es weiterhin zwingend geboten war, das Lenkrad mit beiden Händen zu führen, nicht nur ihre Aufmerksamkeit vom Verlauf der Straße abgewandt sondern auch noch die rechte Hand vom Lenkrad genommen. Entgegen ihrer Auffassung war dabei ihre Geschwindigkeit von 20 – 30 km/h in der gegebenen. Verkehrssituation auch nicht gering. Dass es bei dem Verhalten der Klägerin zwangsläufig dazu kommen musste, dass sie ihr Fahrzeug nicht mehr kontrolliert führen konnte, ist offensichtlich. Es war auch für die Klägerin erkennbar, dass dann, wenn sie in einer Rechtskurve die rechte Hand vom Lenkrad nimmt und sich nach rechts beugt, sie ihr Fahrzeug nicht mehr kontrollieren kann und die ganz erhebliche Gefahr besteht, dass sie das Lenkrad nach rechts verreißt und mit dem PKW auf den Gehsteig gerät. Angesichts der überaus gravierenden Folgen, die auch bei einer Geschwindigkeit von nur 20 – 30 km/h entstehen können, wenn ein PKW unkontrolliert auf den Gehweg gerät, weil der Fahrer übersteuert, war es in der Situation in welcher die Klägerin sich befand, grob fahrlässig, dass sie nach der Pflanze vor dem Beifahrersitz gegriffen hat. Ob sie sich dabei in den Fußraum vor dem Beifahrersitz bückte – wie sie noch in der Klageschrift vorgetragen hat – oder ob sie gemäß ihrem Vortrag in der Berufungsbegründung ihren Blick nicht von der Fahrbahn abgewandt hat, ist dabei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Es war grob fahrlässig in einer derart starken Rechtskurve die zusätzliche Bewegung nach rechts zu machen, die dazu geführt hat, dass das Lenkrad nach rechts verrissen wurde. Der hier zur Entscheidung stehende Sachverhalt ist nicht vergleichbar mit den Fallgestaltungen, welche den Entscheidungen der Oberlandesgerichte München (NJW-RR 1992, 538) und Hamm (VersR 1982, 796) zugrunde lagen. Dort befuhren die Fahrer jeweils leicht Linkskurven, die ohne Schwierigkeiten mit einer Hand bewältigt werden konnte. Hier hatte die Klägerin eine starke Rechtskurve zu bewältigen, die es erforderlich machte, das Lenkrad mit beiden Händen zu führen, um kontrolliert lenken zu können.

Da das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat, ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert der Berufung und die Beschwer der Klägerin betragen 11.085,17 DM.

 

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