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Photovoltaikanlage – Untersuchung und Rügepflicht bei Streckengeschäft –  versteckter Mangel

LG Limburg – Az.: 2 O 68/10 – Urteil vom 19.12.2011

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den durch Urteil des Landgerichts Passau vom 01.09.2009, Az. 3 O 88/09, titulierten Ansprüchen des Herrn … auf Schadensersatz in Höhe von 54.920,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2009 freizustellen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von weiteren Schadensersatzansprüchen des Klägers aus dem Verfahren vor dem Landgericht Passau 3 O 88/09, Herrn …, wegen der weiteren Kosten für die Beseitigung von Schäden wegen lückenhafter Frontkontaktierung an 142 Modulen der Solaranlage des Objekts …, freizustellen, soweit der Betrag von 54.920,00 € hierzu nicht ausreicht und dieser im Zusammenhang mit dem Austausch der Module mit lückenhafter Frontkontaktierung steht.

3. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von Ansprüchen des Klägers aus dem Verfahren vor dem Landgericht Passau 3 O 88/09, Herrn … wegen des Ausfalles der Einspeisevergütung aus der Solaranlage am Objekt … vom 24.10.2006 bis zum Abschluss der Nachbesserung in Höhe von 76 % der entstandenen Kosten der Einspeisevergütung freizustellen, soweit der Ausfall der Einspeisevergütung auf einer lückenhaften Frontkontaktierung beruht.

4. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Gläubigers … gemäß Verurteilung des Landgerichts Passau vom 01.09.2009, Az. 3 O 88/09 in Höhe von 1.580,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.02.2009 freizustellen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 79 %, die Beklagte 21% zu tragen.

7. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 85.00,00 € vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz bzw. die Freistellung von Schadenersatzansprüchen ihres eigenen Kunden wegen der Lieferung einer Solaranlage. Die Klägerin ist durch Urteil des Landgerichts Passau vom 01.09.2009 (Az. 3 O 88/09, Bl. 7 ff. d.A.) rechtskräftig zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet worden, weil der Endkunde der Klägerin in dem Verfahren vor dem Landgericht Passau erfolgreich geltend machen konnte, die Lieferung der Solaranlage durch die Klägerin, die sie bei der Beklagten bestellt hatte, sei mangelhaft.

1.

Der Landwirt … bestellte bei der Klägerin eine Photovoltaikanlage. Hierüber verhält sich die von der Klägerin und W. S. als Bauvertrag überschriebene Vertragsurkunde vom 22.04.2004, hinsichtlich dessen Inhalt des auf die Anlagen K4 (Bl. 28 f. d.A.) sowie K15 der beigezogenen Akten des Landgerichts Passau (3 O 88/08) Bezug genommen wird.

Photovoltaikanlage - Untersuchung und Rügepflicht bei Streckengeschäft -  versteckter Mangel
Symbolfoto: Von Art_Pictures/Shutterstock.com

Gegenstand der Bestellung war die Lieferung der Komponenten zur Einrichtung einer Photovoltaik-Anlage 66,24 kWp und zwar 414 Stück Solarmodule des Typs Atersa A- 160p, 10 Stück Wechselrichter SMA Sunny-Boy SB 5000TL, ein Wechselrichter SMA Sunny-Boy SB 3000, Montage-Untergestell, 2000 m Solarkabel 1 x 4 mm², Netz Leitungsmodem für alle Wechselrichter.

Nach Nr. 4.1 des Vertrages zwischen … und der Klägerin sollten die im Pauschalvertrag erfassten Leistungen sich erstrecken auf die Lieferung der Komponenten frei Haus, ohne Montage.

Die Klägerin leitete den Auftrag an die Beklagte weiter. Diese lieferte schließlich auf Geheiß der Beklagten, da das zunächst bestellte Modell HSE 160W/24 nicht lieferbar war, schließlich 519 Solarmodule der Marke HSE-SL 120 W System-Elektronik Heizmann, den die Klägerin am 10.12.2004 in Rechnung stellte. In der Produktbeschreibung der Beklagten ist in der Rubrik „technische Daten“ ausgeführt: „Leistungsgarantie 20 Jahre“ (Bl. 201 d. A.) darunter: „Alle Angaben gemäß Hersteller ohne Gewähr“.

Im April 2004 lieferte die Beklagte die Anlage auf Geheiß der Klägerin an …, der hierfür rund 300.000,00 € Kaufpreis an die Klägerin zahlte.

2.

Im Winter 2005/2006 kam es durch Blitzschlag und hohe Schneelast zu Beeinträchtigungen der auf dem Dach befestigten Photovoltaikanlage.

Herr … bestellte bei der Klägerin im April 2006 6 Ersatzmodule, die Anfang Oktober 2006 ausgeliefert und eingebaut wurden. Auch diese hatte die Klägerin wiederum bei der Beklagten bezogen.

Die … Versicherung, bei der ihr Versicherungsnehmer … Gebäudeschäden, insbesondere solche am Dach und der dort angebrachten Solaranlage angemeldet hatte, beauftragte den Sachverständigen … am 26.06.2006 mit Ermittlungen und der Abfassung einer gutachterlichen Stellungnahme über die Frage, inwieweit eine Schneelast als Ursache für die Beschädigung der Photovoltaikmodule an dem Objekt angesehen werden könne und ob ein Blitzschlag oder eine Überspannung für die Schäden an der elektrischen Anlage verantwortlich seien. Insoweit wird auf das als Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 07.09.2010 (Bl. 82 ff. d.A.) beigefügte Sachverständigengutachten des Sachverständigen … Bezug genommen.

Der Sachverständige … führte am 27.06.2006 eine Ortsbesichtigung beim Endkunden durch und stellte fest, dass das Glas von 6 Modulen beschädigt war. Über seine Feststellungen erstattete er am 28.06.2006 ein Gutachten (Bl. 82 ff. d.A.). Er führte aus, dass es sich hierbei um das Ablösen der Zelle vom Kunststoff-Schutzmantel und die Bildung von Kondensat an der Zelloberfläche handele. Er schlug vor, dies zu beobachten, weil es zu einer weiteren Leistungsminderung führen könne. Eine Leistungsbeeinträchtigung, so führte der Sachverständige … aus, sei derzeit noch nicht gegeben, weil der Grad der Trübung noch als gering bezeichnet werden könne. Weiter führte der Sachverständige gegenüber der Gebäudeversicherung aus, dass der Schaden an der Verglasung der Module durch das Auftreten von Schnee- und Eismassen an der Photovoltaikanlage als belegt angesehen werden könne. Die vom Kunden angemeldeten Überspannungsschäden oder der Blitzschlag sei mit großer Wahrscheinlichkeit einem Erdschluss eines Modulstranges zuzuordnen. Hier komme ein Nagetierverbiss am Kabelwerk oder ein Spannungsüberschlag aufgrund Feuchtigkeitseinwirkung in der Zelle in Betracht. Dieser Schaden dürfte, so der Gutachter, durch eine Elektrofachkraft relativ problemlos zu lokalisieren und zu beheben sein.

Allerdings wies der Gutachter auch auf eine Delamination bzw. Kondensatbildung in einigen Fällen hin und führte aus, diese seien dem Bereich der Produktgewährleistung zuzuordnen, was sich allerdings noch nicht leistungstechnisch feststellbar auswirke.

Nach seiner Ortsbesichtigung wies der Gutachter Herrn … auf seine Vermutung hinsichtlich des Delaminationsschadens hin, der hierauf hin bei der Klägerin anrief und sie von dem geäußerten Verdacht in Kenntnis setzte.

Mit Schreiben vom 17.08.2006 (Anlage K9, d. BA 3 O 88/08) monierte der Kunde gegenüber der Klägerin förmlich das Vorliegen eines Delaminationsschadens an den Modulen und fügte das Gutachten des Sachverständigen .. vom 28.06.2006 bei. Mit Einschreiben und Rückschein vom 29.08.2006 (Anlage K2, Bl. 84 d.A.) rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten diese Mängel unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen … (Bl. 85 ff. d.A.).

Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 19.09.2006 (Anlage K3, Bl. 96 d.A.) und nahm Bezug auf das übersandte Gutachten des Sachverständigen … Sie bezweifelte das Vorhandensein einer Delamination an einem oder mehreren Solarmodulen und diskutierte insoweit technische Details. Gegen die Vermutung des Gutachters … spreche der von ihm verneinte Leistungsverlust. Die beschriebenen hellen Flecken seien als chemische oder physikalische Reaktion der verwendeten Materialien zu deuten und auf die Witterungseinflüsse, wie Hitze und Kälte zurückzuführen, sie seien jedoch nicht als Delaminationsschaden anzusehen. Als deutlichen Hinweis interpretierte die Beklagte insoweit eine sichtbare Rollenbildung auf der Rückseite der Module. Diese habe der Gutachter allerdings nicht erwähnt.

Unter Nr. 5 des Schreibens heißt es sodann:

„Sollte sich die Vermutung des Gutachters wider Erwarten bestätigen und das zu prüfende Modul tatsächlich eine Minderleistung außerhalb der vom Hersteller vorgegebenen 20-jährigen Leistungsplans von 80 % der ursprünglich angegebenen Mindestnennleistung bei Fertigung aufweisen, übernehmen wir gerne die entsprechenden Kosten des TÜV (…) und Demontage. Die Montage und Frachtkosten können wir aber nicht übernehmen. Sollte das Modul jedoch in Ordnung sein, müssen wir die Übernahme jedweder Kosten ablehnen.“

Die Klägerin bestätigte die Antwort der Beklagten mit Schreiben vom 21.09.2009 (Anlage K4, Bl. 89 d.A.), informierte sie darüber, dass deren Antwortschreiben an den Kunden … weitergeleitet worden sei und bat bis zur endgültigen Klärung des Vorgangs, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

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Der Sachverständige … ergänzte sein Gutachten am 06.10.2006.

Mit Schreiben vom 24.10.2006 wiederholte der Kunde … die Mängelrüge gegenüber der Klägerin. Mit Schreiben vom 22.04.2007 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass der Kunde seine Mängelrüge aufrechterhalten habe.

Am 22.04.2007 oder 24.04.2007 fand ein Ortstermin bei dem Kunden … statt, an welchem der Geschäftsführer der Klägerin teilnahm.

Mit E-Mail vom 15.05.2007 nahm der Kunde … Bezug auf den durchgeführten Ortsterminen (Anlage K5 d. BA 3 O 88/09) und monierte gegenüber der Klägerin, dass deren Geschäftsführer bei der Besichtigung selbst einen Mangel eingeräumt habe und forderte die Klägerin zu einer verbindlichen Zusage und Entscheidung über Einstandspflicht auf. Dies lehnte die Klägerin aber ab.

Die Beklagte informierte mit Schreiben vom 24.05.2007 vorsorglich ihre Haftpflichtversicherung.

3.

Mit Schriftsatz vom 17.07.2007 (Bl. 1 ff. d. BA 1 OH 91/07) leitete der Endkunde beim Landgericht Passau ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Die Klägerin meldete sich mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 27.07.2007 (Bl. 6 f. d.A.) als Antragsgegnerin zu den Akten und verkündete der Beklagten den Streit mit der Aufforderung, ihr in dem Verfahren beizutreten. Die Streitverkündungsschrift wurde der Beklagten am 01.08.2007 zugestellt. Durch Beschluss vom 08.08.2007 (Bl. 10 f. d. BA 1 OH 91/07 ordnete das Landgericht Passau Beweiserhebung an.

Der Sachverständige … erstattete unter dem 22.11.2007 (Bl. 33 ff. d. BA 1 OH 91/07 ein von beiden Parteien dieses Rechtstreits angegriffenes Sachverständigengutachten, welches er deshalb am 03.04.2008 (Bl. 82 ff. d. BA OH 91/07), am 10.06.2008 (Bl. 110 ff. d. BA 1 OH 91/97) und am 18.10.2008 (Bl. 130 ff. d. BA 1 OH 91/97 schriftlich ergänzen und im Termin vor dem Landgericht Passau vom 04.08.2009 Bl. 45 ff. d. BA 3 O 88/09.) erläutern musste.

Der Sachverständige … kam in seinem 1. Gutachten vom 22.11 2007 zunächst zu dem Ergebnis, dass an 20 von ihm überprüften Modulen an 5 Modulen Fertigungsfehler festzustellen seien. 2 Module wiesen eine weiße Verfärbung, Kondensatsbildung zwischen Zelle und Laminat auf, welches vom Sachverständigen als Delaminationsschaden gekennzeichnet wurde. An 3 Modulen stellte der Sachverständige Unterbrechung der Silberleiter fest. Dies beurteilte er als Fertigungsfehler beim Siebdruckauftrag und des Kontaktes. 15 Module seien in Ordnung.

In seinem 2. Gutachten vom 03.04.2008 legte sich der Sachverständige auf Einwendungen der Beteiligten darauf fest, dass es sich um Fertigungsfehler, jedoch nicht um Montagefehler handele.

Schließlich kann der Sachverständige in seinem 3. Ergänzungsgutachten vom 18.10.2008 in Zusammenschau mit der Anhörung vom 04.08.2009 zu dem Ergebnis, dass er bei einer erneuten Gesamtüberprüfung der Photovoltaikanlage auf dem Dach von Herrn … an 186 Modulen Mängel festgestellt habe. 44 Module wiesen eine ausgeprägte Delamination auf. Bei 142 Modulen sei die Frontkontaktierung nur lückenhaft aufgebracht. Einige Module zeigten beide Fehler und seien nur einmal gezählt worden.

Des Weiteren setzte sich der Sachverständige in seiner Anhörung vom 04.08.2009 mit einem Angebot auseinander, welches … bei der Firma … eingeholt hatte. Das Angebot vom 18.12.2008 verhält sich über einen Gesamtbetrag von 108.800,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage 11 (Anlagenband d. BA des LG Passau 3 O 88/09) Bezug genommen. Der Sachverständige bezifferte den Schaden zur Beseitigung des Mangels auf rund 78.000,00 €.

4.

Nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens erhob Herr … schließlich Anfang Februar 2009 Klage vor dem Landgericht Passau (Az.3 O 88/09) auf Schadensersatz. Die Klägerin trat der Klage mit verschiedenen Argumenten entgegen und stellte nach wie vor eine Verantwortlichkeit in Abrede. Die Beklagte, die dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin beigetreten war, trat der Haftung ebenfalls entgegen, wobei die Klägerin monierte, dies sei nicht energisch genug gewesen.

Das Landgericht Passau hat die Klägerin indes zur Zahlung von 70.760,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2009 verurteilt und eine Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung weiterer Kosten für die Schadensbeseitigung 186 Modulen sowie eine Erstattungspflicht der Klägerin für einen Ausfallschaden des Kunden … für die Einspeisevergütung festgestellt. In den Entscheidungsgründen hat das Landgericht (S. 6 der Entscheidungsgründe) folgendes ausgeführt:

„Der Kläger hat durch den gerichtlichen Sachverständigen bewiesen, dass die von der Beklagten [Anmerkung des Gerichts: Hiesige Klägerin] gelieferten Solarmodule zum Teil mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB sind. Der Sachverständige Ing. B. hat bei Besichtigung der Anlage 142 Module mit lückenhaftem Frontkontakt, 44 Module mit Delamination festgestellt, was die Parteien akzeptieren (sie sind sich nur über die Ursache dieser Mängel uneinig).

Der Sachverständige hat überdies festgestellt, dass diese Mängel schon bei Gefahrübergang (§ 446 BGB) vorlagen, da es sich um Produktionsfehler handelt. (…).“

Wegen der weiteren Begründung wird auf den Tenor, den Tatbestand und Entscheidungsgründe des am 01.09.2009 verkündeten Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Passau – Einzelrichter – (Ablichtung: Bl. 7 ff. d.A.), sowie auf die Wiedergabe von Passagen der Entscheidungsgründe auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen dieses Urteils Bezug genommen.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung – hilfsweise Freistellung – entsprechend dem Tenor aus dem Urteil des Landgerichts Passau sowie die Feststellung der Ersatzpflicht entsprechend der weiteren Verurteilung im Verhältnis 1 : 1. Hierbei stützt sie sich auf die getroffenen Feststellungen der dortigen Kammer.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, § 377 HGB auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Auch auf eine Kenntnisnahme und Weiterleitung von Mängeln durch den Endkunden S sei nicht abzustellen, weil dieser die Produktionsfehler nicht habe erkennen können. Im vorliegenden Fall sei die Verjährungsfrist von 5 Jahren anzuwenden, weil § 437 Abs. 3 BGB anwendbar sei.

Darüber hinaus greife § 377 HGB nicht, weil die Klägerin seinerzeit davon überzeugt gewesen sei, es läge kein Mangel beim Endkunden vor. Diese Überzeugung sei erst durch das Gutachten des Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren widerlegt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch der Beklagten bereits der Streit verkündet worden. Zumindest die Streitverkündung sei als entsprechende Mängelrüge nach § 377 HGB anzusehen. Auch aus prozessualen Gründen sei die Beklagte mit der Rüge nach 377 HGB wegen Feststellungen des Landgerichts Passau ausgeschlossen Eine mögliche Kenntnis des Endkunden … am 27.06.2007 sei ohne Bedeutung, denn die Beauftragung des Sachverständigen … im Juli 2006 sei durch die Versicherung erfolgt, wobei es nicht um etwaige Mängelansprüche, sondern um die Begutachtung des Schadens aus der Schneelast gegangen sei.

Die Beklagte sei während des Verfahrens ihrer Mitwirkungspflicht als Streithelferin nur unzureichend nachgekommen.

Es sei nicht von einem Streckengeschäft auszugehen. Eine Rügepflicht nach § 377 habe schon deshalb nicht bestanden, weil auch der Endkunde … dem Produktionsfehler an den Modulen objektiv nicht habe erkennen können. Die Mängel aufgrund der Schneelastschäden im Winter 2005/2006 hätten gerade nicht auf Produktionsmängeln, sondern auf den Zerstörungen beruht. Die zu dieser Zeit beschädigten Module seien nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht Passau gewesen. Darüber hinaus habe der Endkunde … seine Mängelrüge zeitnah nach dem Schneelastwinter 2005/2006 erhoben. Die Klägerin habe davon ausgehen dürfen, dass alle beschädigten Module Opfer der Schneelasten geworden seien. Die Klärung des Sachverhalts sei schwierig gewesen und habe vom Landgericht Passau erst nach mehrmaligen Untersuchungen zur Überzeugung abgeklärt werden können. Abgesehen von der Tatsache, dass der Produktionsfehler schon nicht bei der Übergabe der Module vorgelegen haben kann, sei dieser auch nicht der Übergabe erkennbar gewesen. Jedenfalls habe der Beklagte weder dargelegt noch nachgewiesen, dass eine Erkennbarkeit am 27.06.2006 gegeben gewesen wäre. Schließlich sei der Sachverständige … von der Haftpflichtversicherung lediglich beauftragt worden, den Umfang der Schneelastschäden zu ermitteln. Weder der Sachverständige Lorenz noch der Kunde Herr S hätten die Vorstellung gehabt, dass ein Delaminationsschaden an einzelnen Modulen hätte vorhanden sein können. Bei einer lebensnahen Betrachtung sei fernliegend, dass dem Endkunden schon vor dem 27.06.2010 die Delaminationsschäden bekannt gewesen seien. Insoweit hätte dem Endkunden ein geübtes Auge zur Verfügung stehen müssen, als dem Sachverständigen …. Auch dieser habe die Delaminationsschäden nicht gesehen.

Im Übrigen hätte die Klägerin den Prozess gegen den Herrn … vor dem Landgericht Passau gewonnen, wenn die Beklagte gegenüber dem Kläger … nachgewiesen hätte, dass jener seine Rügepflicht gem. § 377 HGB nicht nachgekommen sei.

Weiter habe der Sachverständige … nur Delaminationsschäden in seinem Gutachten beschrieben, jedoch sei von lückenhaften Frontkontakten zu diesem Zeitpunkt von keinem der Beteiligten die Rede gewesen. Diese Erkenntnis sei erst im Verlaufe der Beweisaufnahme vor dem Landgericht Passau zu Tage gefördert worden.

Im Schriftsatz 03.12.2010 (Bl. 160 ff. d.A.) hat die Klägerin ergänzend vorgetragen:

Auch im Hinblick auf die Erstbesichtigung durch den Sachverständigen … am 27.06.2006 (Schneelastschäden) seien die Module bereits länger als 2 Jahre auf dem Dach gewesen. Der Gutachter habe zunächst lediglich festgestellt, dass Trübungen oder Zellveränderungen der demselben zu beobachten seien und habe eine weitere Beobachtung des Phänomens vorgeschlagen, weil diese zu einer langfristigen Leistungsminderung führen könnten, die jedoch zurzeit nicht gegeben sei. Aus diesem Grund habe der Gutachter das von ihm beobachtete Schadensbild noch nicht in die Kategorie eines Schadens gerückt. Jedenfalls habe aufgrund dieser Feststellungen kein Anlass bestanden, Mängelrügen zu erheben. Auch der Zeuge … habe zu diesem Zeitpunkt keine Mängelrüge erhoben. Mängel seien bei Einbau der Module und bei Aufnahme des Betriebs deshalb nicht feststellbar gewesen, weil die Anlage problemlos die prognostizierte Leistung produziert habe.

Im Schriftsatz v. 27.01.2011 hat die Klägerin hat ergänzend vorgetragen:

Abgesehen von dem Umstand dass die Voraussetzungen des §§ 377 HGB nicht erfüllt seien, sei dieser Einwand auch verwirkt.

Die Einrede der Verjährung der Beklagten greife nicht, weil die Beklagte Schadensersatz nach § 37 Abs. 3 BGB i.V.m. §§ 450, 280 Abs. 3, 281 BGB schulde. Die Verjährung der geltend gemachten Schadensersatzansprüche gem. § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB trete nach 5 Jahren ein, wobei durch die Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens der Käufer die Hemmung der Verjährung bewirkt habe. Darüber hinaus habe der Beklagtenvertreter selbst erklärt, dass die Ergebnisse des Urteils des Landgerichts Passau ihm zugerechnet werden müssten. Da die geltend gemachten Anträge dem Text des Endurteils des Landgerichts Passau entsprächen, müsse sich der Beklagte auch die Rechtskraft des Urteils zurechnen lassen.

Wegen des weiteren eingehenden, wiederholten und vertieften Vorbringens der Klägerin wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägervertreters vom 17.02.2010 (Bl. 1 ff. d.A.), 10.05.2010 (Bl. 38 f. d.A.), 09.06.2010 (Bl. 52 ff. d.A.), 25.08.2010 (Bl. 61ff. d.A.), 07.09.2010 (Bl. 82 f. d.A.), 22.10.2010 (Bl. 118 ff. d.A.), 09.11.2010 (Bl. 129 ff. d.A.), 10.12.2010 (Bl. 159 ff. d.A.), 14.01.2010 (Bl. 168 ff. d.A.), 27.01.2011 (Bl. 176 ff. d.A.), 02.03.2011 (Bl. 187 ff. d.A.), 05.04.2011 (Bl. 205 f. d.A.) und 15.04.2011 (Bl. 214 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat auf entsprechenden Hinweis des Gerichtes nach Dezernatswechsel ihre Klage vorsorglich um einen Hilfsantrag erweitert und beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen, 70.760,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.01.2009 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die weiteren Kosten der Schadensbeseitigung an 186 Modulen der Solaranlage des Objektes … als Schadensersatz zu erstatten, soweit der Betrag von 78.800,00 € hierzu nicht ausreicht;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden wegen des Ausfalls der Einspeisevergütung aus der Solaranlage … vom 24.10.2006 an bis zum Abschluss der Nachbesserung zu ersetzen, soweit der Ausfall der Einspeisevergütung auf einer Delamination der Module und/oder einer lückenhaften Frontkontaktierung beruht;

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.580,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.02.2009 zu zahlen.

hilfsweise,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den durch Urteil des Landgerichts Passau vom 01.09.2009 (Az. 3 O 88/09 titulierten Ansprüchen des Herrn … auf Schadensersatz in Höhe von 70.760,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2009 freizustellen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von weiteren Schadensersatzansprüchen des Klägers aus dem Verfahren vor dem Landgericht Passau 3 O 88/09, Herrn … wegen der weiteren Kosten der Schadensbeseitigung an 186 Modulen der Solaranlage des Objekts … freizustellen, soweit der Betrag von 78.800,00 € hierzu nicht ausreicht;

3. weiter festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von Ansprüchen des Klägers aus dem Verfahren vor dem Landgericht Passau 3 O 88/09, Herrn … wegen des Ausfalles der Einspeisevergütung aus der Solaranlage am Objekt … vom 24.10.2006 bis zum Abschluss der Nachbesserung zu ersetzen, soweit der Ausfall der Einspeisevergütung auf einer Delamination der Module und/oder lückenhaften Frontkontaktierung beruht;

4. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den durch Urteil des Landgerichts Passau vom 01.09.2009 (Az. 3 O 88/09 titulierten Ansprüchen des Herrn … auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.580,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.02.2009 freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage, auch mit dem Hilfsantrag, abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich auf den Verlust der Gewährleistungsrechte der Klägerin wegen eines Verstoßes gegen die Untersuchungs- und Rügepflicht gem. § 377 Abs. 1 HGB und erhebt die Einrede der Verjährung:

Sie macht geltend, es handele sich um sog. „Streckengeschäft“. Auch bei weisungsgemäßer Ablieferung der Ware an den Abnehmer des Käufers sei der Käufer nicht von seiner Untersuchungspflicht nach § 377 Abs. 1 HGB befreit, weil der Empfang beim Abnehmer der Ablieferung beim Käufer gleichzusetzen sei (unter Bezugnahme auf BGH NJW 1990, S. 1290). Die Einschränkung, wonach der Verkäufer nach Treu und Glauben akzeptieren müsse, dass die Rüge zunächst vom Kunden des Käufers an diesen und dann zum Verkäufer gelange, sei im vorliegenden Fall nicht zugrundezulegen, weil die Klägerin erst 3 Jahre nach Auslieferung vorstellig geworden sei.

Die Klägerin habe erstmals mit Schreiben vom 22.04.2007 mitteilen lassen, dass der Kunde … bestimmte Mängel geltend machen würde und ein Sachverständigengutachten vorlegen wolle. Die seinerzeitige Schadensuntersuchung nach den möglichen Schneelastschäden im Winter 2005/2006 habe mit dem Sachverhalt nichts zu tun; insoweit habe der Kunde seinerzeit auch keine Mängel gerügt. Die Nachbestellungen der durch Schneelast beschädigten Module hätten nichts mit der Gewährleistung zu tun gehabt. Der Kunde habe Mängel mit Schreiben vom 17.08.2006 und 24.10.2010 geltend gemacht. Hieran ändere das Schreiben der Klägerin vom 29.08.2006 nichts. Die Mängelrüge sei im Zeitpunkt aber nicht mehr rechtzeitig gewesen. Die Klägerin sei gehalten gewesen, bei Ablieferung der Ware an den Endkunden ihre Überprüfung selbst vorzunehmen. Da ein Produktionsfehler vorgelegen habe, stelle sich die Frage, ob die Delamination schon bei Übergabe im Jahr 2004 erkennbar gewesen sei. Es sei zwar denkbar, dass der Schaden erst in der Folgezeit sichtbar geworden sei, hierauf komme es jedoch nicht an. Denn wenn ein verborgener Mangel später zu Tage trete, sei die Rüge zu diesem Zeitpunkt zu erheben. Der Mangel habe im Jahr 2006 vorlegen und sei erkennbar gewesen. Dem Endkunden sei er positiv bekannt gewesen.

Soweit die Kläger auf das Gutachten und die Besichtigung durch den Sachverständigen … am 27.06.2006 abgestellt habe, könne es zwar zutreffen, dass die Begutachtung zunächst die Beurteilung vermeintlichen Schadens durch die Schneelast zum Gegenstand gehabt hätte. Es spreche jedoch eine starke Vermutung dafür, dass der Eigentümer die Delaminationsschäden erkannt habe und deshalb den Sachverständigen eingeschaltet habe.

Die Beklagte behauptet, der Sachverständige habe den Kunden … bereits mündlich über seine Feststellungen informiert. Dies ergebe sich auch aus dem Inhalt des Schreibens des Sachverständigen …, der auf ein Telefonat von 27.06.2006 hingewiesen habe. Hieraus ergebe sich, dass … die Klägerin bereits im Juni oder Juli 2006 angerufen habe. Da der Mangel spätestens am 27.06.2006 festgestellt worden und dem Kunden bekannt gewesen sei, hätte die Klägerin sicherstellen müssen, dass die Feststellung unvermittelt an sie und sodann an die Beklagte weitergeleitet werde. Damit sei das Schreiben vom 29.08.2006 verspätet gewesen, da der Kunde … im Schreiben vom 17.08.2006 seine Rüge unter Beifügung eines Auszugs aus dem Gutachten wiederholt habe. Ihm komme jedoch keine Bedeutung zu, weil entscheidend die Kenntnis des Mangels am 27.06.2006 sei. Zudem sei auch der Zeitraum von 12 Tagen zwischen dem 17.08.2006 und dem 29.08.2006 verspätet.

Aus den Feststellungen des Landgerichts Passau folge, dass nach mehrfachen Anrufen des Kunden … der Geschäftsführer der Klägerin am 24.04.2007 die Anlage besichtigt habe. Wenn die Klägerin auch an diesem Tage keine Untersuchung durchgeführt habe, die Lücken der Frontkontaktierung nicht festgestellt habe und nicht unverzüglich gerügt habe, habe sie die entsprechenden Nachteile in jedem Fall zu tragen

Weiter behauptet die Beklagte: Die vom Landgericht Passau festgestellten Mängel an den Frontkontaktierungen seien kein Mangel der Kaufsache. Der Sachverständige … habe zwar in seinem Gutachten von Unterbrechungen der Silberstreifen und im Ergänzungsgutachten vom 03.04.2008 von Unterbrechungen der Frontkontaktierungen gesprochen. Diese Formulierung sei jedoch irreführend, da der Eindruck entstehe, die Stromzufuhr werde unterbrochen. Es sei allerdings so, dass der Stromkreis geschlossen bleibe. Die Frontkontaktierung würde auf die Zelle aufgelötet. Der Fehler liege nun darin, dass dies nicht umfassend und durchgängig geschehen sei. Es handele sich hierbei also um einen Mangel, den man angemessen einordnen sollte. Läge der Delaminationsschaden nicht vor, wäre die durch die unzureichende Frontkontaktierung vermittelte Leistungseinbuße völlig irrelevant. Es handele sich zwar hierbei um einen Produktionsfehler: er sei aber nicht relevant und wäre bei Installation der Anlage mit bloßem Auge erkennbar gewesen. Denn es hätte zur Feststellung dieses Fehlers keiner komplizierten Laboranalysen bedurft. Der Zustand sei vom Gutachter durch bloße Sichtprüfung festgestellt worden, was auch für den Endkunden … oder die Beklagte bei zielgerichteter und gründlicher Untersuchung möglich gewesen wäre. Dem Endkunden sei jedenfalls die Kenntnis nach dem 27.06.2006 in jedem Fall zuzurechnen.

Im Schriftsatz vom 04.04.2011 (Bl. 197 ff. d.A.) hat die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens ergänzend folgendes vorgetragen:

Die Parteien müssten akzeptieren, dass es sich um einen von Anfang an vorhandenen Produktionsfehler gehandelt habe. Der Sachverständige habe im Vorprozess unwidersprochen dargestellt, dass die Erscheinung mit bloßem Auge feststellbar gewesen sei. Auf die Erkennbarkeit bei Übergabe im Jahr 2004 komme es aber nicht an. Denn der Klägerin habe nach dem HGB eine Untersuchungspflicht obliegen, den sie zwar an den Endkunden delegieren könne. Es sei dann ausschließlich das Risiko der Klägerin, wenn sie entweder diesen Schritt unterlasse oder wenn der Endkunde seiner Aufgabe nicht nachkomme oder wenn jener als Laie keine fachspezifischen Feststellungen treffen könne. Da niemand eine Kontrolle vorgenommen habe, sei der Einwand der Klägerin, der Fehler sei nicht erkennbar gewesen, unbeachtlich. Er treffe auch in der Sache nicht zu. Bei der Klägerin handele es sich um ein kaufmännisches Fachunternehmen, die sich mit dem An- und Verkauf von Solaranlagen beschäftige. Der Auftrag habe ein Volumen von über 300.000 € gehabt. Die Klägerin müsse über das notwendige Fachpersonal verfügen, um lückenhafte Frontkontaktierungen zu erkennen.

Im vorliegenden Fall greife entgegen der Rechtsauffassung der Kammer nicht § 377 Abs. 3 HGB sondern § 377 Abs. 1 HGB ein. Aus den Feststellungen des Landgerichts Passau ergebe sich überdies, dass die Schäden hinsichtlich der Frontkontakte maximal eine Leistungseinbuße von 3 % beinhalteten.

Im Termin vom 26.10.2011 (Erklärung zu Protokoll gemäß Sitzungsniederschrift vom 26.10.2011, Bl. 241 ff. d.A.) hat die Beklagte erstmals behauptet:

Nach den zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen sei eine Toleranz von bis zu 5 % vorgesehen, so dass insofern gar kein Mangel im Verhältnis der Parteien zueinander vorliege.

Im Schriftsatz vom 15.11.2011 (Bl. 245 ff. d.A.) nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte vorgetragen:

Entgegen der Rechtsauffassung der Kammer im Hinweisbeschluss vom 11.03.2011 sei § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB nicht einschlägig. Zwar stütze diese Vorschrift auch den Zwischenhändler. Es sei auch nicht erheblich, ob die Sache stets und ausschließlich für ein Bauwerk verwendet werde oder ob auch andere Nutzung möglich sein. Bei Solarmodulen verhalte es sich jedoch so, dass diese unabhängig von einem Gebäude auf dem Boden installiert werden könnten. Die Beklagte habe nicht gewusst, was der Endkunde ihres Vertragspartners hiermit vorgehabt hätte. Es habe sich erst später herausgestellt, dass die Solaranlage auf dem Dach eines Stallgebäudes angebracht worden sei. § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB stelle auf Baumaterialien ab. Um solche handele es sich aber nicht. Die Sachen müssten bei der Neuerrichtung oder der Renovierung oder bei einem Umbau Verwendung finden. Sie müssten für Konstruktion, Bestand, Erhaltung, Benutzbarkeit des Gebäudes von Bedeutung sein. Erforderlich sei nach den gesetzlichen Vorschriften, dass die Sache für ein Bauwerk verwendet werde. Die Verwendung bei oder an einem Bauwerk reiche nicht aus. Die Solarmodule würden nur an dem Gebäude verwandt. Da in der Regel im Hof oder Garten nicht genügend Platz vorhanden sei, würden diese zumeist auf dem Dach angebracht. Sie seien indes weder für die Konstruktion noch den Bestand noch die Erhaltung noch die Benutzbarkeit des Objekts von Bedeutung, weil der Bauherr die Module installiere, um Strom zu erzeugen und Geld zu verdienen. Er verwende sie gerade nicht, um sein Gebäude zu errichten, zu renovieren, zu erhalten oder den Bestand zu sichern.

Wenn der Eigentümer einer Maschine zur Erzeugung von Produkten und Gewinnerzielung diese in seinem Gebäude aufstelle, komme niemand auf die Idee, die fünfjährige Verjährungsfrist anzunehmen, mögen diese auch noch so sehr an Wand oder Boden befestigt sein. Ähnliches sei bei Satellitenschüsseln der Fall. Auch bei dieser komme niemand auf die Idee § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB für einschlägig zu halten.

Darüber hinaus müsse der an der Sache vorhandener Mangel sich auf das Gebäude auswirken, d. h. dessen Mangelhaftigkeit verursacht haben.

Der Mangel an den Frontkontaktierungen führe nur einer geringen Leistungseinbuße bis zu 3 %, sodass die vertragliche Verpflichtung sei. Auch bei der Lieferung einer Solaranlage, die keine Leistung liefere, wirke sich dieser Mangel in keiner Weise auf das Bauwerk aus, der Eigentümer erleide lediglich einen Vermögensschaden, weil er keinen Strom erzeugen könne. Möge auch bei defekten Türen und Fenster oder eine Einbauküche das Bauwerk betroffen sein, dies sei jedoch bei einer mangelhaften Solaranlage gerade nicht der Fall.

Wegen des weiteren eingehenden, wiederholten und vertieften Vorbringens der Beklagten wird auf die Schriftsätze des Beklagtenvertreters vom 12.04.2010 (Bl. 23 ff. d.A.), 25.05.2010 (Bl. 44 ff. d.A.), 12.08.2010 (Bl. 59 ff. d.A.), 13.10.2010 (Bl. 110 ff. d.A.), 22.11.2010 (Bl. 147 ff. d.A.) 02.12.2010 (Bl. 155 ff. d.A.), 15.02.2011 (Bl. 180 f. d.A.), 04.04.2011 (Bl. 197 ff. d.A.) und 15 11. 2011 (Bl. 145 ff. d.A.), Bezug genommen.

Die Akten des Landgerichts Passau 1 OH 91/07 und 3 O 88/09 waren zu Beweiszwecken beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist aus dem Tenor ersichtlichen Umfang mit dem Hilfsantrag begründet, im Übrigen unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen des Kunden …, die durch das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Passau vom 01.09.2009 zulasten der Klägerin festgestellt worden sind, soweit die von der Beklagten durch Kaufvertrag an die Klägerin gelieferte Photovoltaikanlage 142 Modulen mit lückenhafter Frontkontaktierung aufweist. Im Übrigen sind Gewährleistungsansprüche der Klägerin durch die Genehmigungsfiktion des § 377 HGB ausgeschlossen.

Die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz folgt aus §§ 280 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 437 Nr. 3, 440 BGB.

Nach § 437 Nr. 3 BGB kann der Käufer, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen, bei dem Vorliegen eines Mangels vom Verkäufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Diese Ansprüche sind, mit den entsprechenden im Einzelnen noch darzustellenden geringfügigen Einschränkungen begründet

1.

Im vorliegenden Fall liegt ein Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vor. Danach ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie entweder bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat oder, soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige … in den selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Passau 1 OH 91/07 und dem Erkenntnisverfahren vor dem Landgericht Passau 3 O 88/09, Mängel an insgesamt 186 Modulen festgestellt, die gemäß § 446 BGB bei Gefahrübergang vorlagen, da es sich um einen Produktionsfehler handelte.

Denn der gerichtliche Sachverständige hat bei der Besichtigung der Anlage, wie auch das Landgericht Passau festgestellt hat und wie die Parteien in diesem Verfahren nicht mehr in Abrede stellen, bei seiner Besichtigung, die in mehreren Schritten stattfand, schließlich festgestellt, dass 142 Module eine lückenhafte Frontkontaktierung aufgewiesen und 44 Module einen Delaminationsschaden aufwiesen.

Das Landgericht Passau hat ebenfalls festgestellt, dass die Parteien diese Feststellung akzeptiert haben und sich lediglich über die Ursache dieser Mängel uneinig sind. Dies gilt auch für die Beklagte als Streithelferin in dem Verfahren vor dem Landgericht Passau. Auch wenn die Beklagte nunmehr Zweifel geäußert hat, hält die Kammer diese Feststellung im Einzelnen das Landgericht Passau vor dem Hintergrund der Feststellungen selbstständigen Beweisverfahren, welches nach § 411a ZPO ebenfalls als Beweisaufnahme in diesem Verfahren verwertet werden kann, zweifelsfrei für bewiesen.

Bewiesen ist vor diesem Hintergrund auch, dass diese Mängel schon bei Gefahrübergang gem. § 446 BGB vorgelegen haben, da es sich um Produktionsfehler gehandelt hat. Es hat sich weder um einen Montagefehler gehandelt – für den die Beklagte nicht verantwortlich wäre – noch eine unterlassene regelmäßige Reinigung der Solaranlage, was dem Endkunden … anzulasten wäre. Mechanische Beschädigung durch Betreten der Module hat der Sachverständige B ebenfalls ausgeschlossen. Insoweit schließt sich die Kammer der in jeder Hinsicht nachvollziehbaren und überzeugenden Begründung des Landgerichts Passau und den insoweit getroffenen tatsächlichen Feststellungen an, an der auch aufgrund der eigenen Überprüfung der Kammer keine Zweifel aufgekommen sind (§ 286 ZPO).

Dieser Produktionsfehler sowohl hinsichtlich der Delamination als auch hinsichtlich der fehlerhaften Frontkontakte ist als Mangel gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB anzusehen. An dieser Stelle legt die Kammer Wert auf die Feststellung, dass die Frage, inwieweit die Geltendmachung von Schadensersatz für den seinerzeit vom Landgericht Passau festgestellten Schaden auch hinsichtlich der Delamination möglicherweise aus sonstigen Rechtsgründen von der Klägerin gegen die Beklagte wegen der besonderen handelsrechtlichen Beziehung zueinander nicht mehr geltend gemacht werden kann, den Mangelbegriff des BGB an sich unberührt lässt und an der Frage, ob der Mangel vorliegt oder nicht, nichts ändert.

2.

Die Beklagte hat gegenüber der Mangelhaftigkeit und ihrer Einstandspflicht noch vorgetragen:

Auch hinsichtlich der vom Landgericht Passau festgestellten Mängel an den Frontkontaktierungen liege eine Haftung nicht vor. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten von Unterbrechungen der Silberstreifen und auch im Ergänzungsgutachten vom 03.04.2008 von Unterbrechungen der Frontkontaktierungen gesprochen. Diese Formulierung sei irreführend, da der Eindruck entstehe, die Stromzufuhr werde unterbrochen. Es sei allerdings so, dass der Stromkreis geschlossen bleibe. Die Frontkontaktierung würde auf die Zelle aufgelötet. Der Fehler liege nun darin, dass dies nicht umfassend und durchgängig geschehen sei. Es handele sich hierbei also um einen Mangel, den man angemessen einordnen sollte. Läge der Delaminationsschaden nicht vor, wäre die von den unzureichenden Frontkontaktierungen vermittelte Einbuße völlig irrelevant. Es handele sich zwar hierbei um einen Produktionsfehler, der allerdings nicht relevant sei.

Dem ist entgegenzuhalten:

Eine möglicherweise nur geringfügige Leistungseinbußen durch lückenhafte Frontkontaktierungen lässt vor dem Hintergrund der Feststellungen des Landgerichts Passau im Anschluss an die nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen B zur Überzeugung der Kammer den hier vorhandenen Produktionsfehler und damit die Mangelhaftigkeit der Sache nicht entfallen, weil hier der Mangelbegriff des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB und nicht der des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB betroffen ist.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen (wie sie erstmals substantiiert im Termin vom 26.10.2011 geltend gemacht hat), dass im Verhältnis der Parteien zueinander, die Schäden hinsichtlich der Frontkontakten maximal eine Leistungseinbußen von 3 % beinhalteten und nach den zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen eine Toleranz von bis z 5 % vorgesehen sei, so dass gar kein Mangel im Verhältnis der Parteien zueinander vorgelegen hätte. Dieser Aspekt würde, so er zuträfe, ebenfalls nichts an der Haftung der Beklagten für den Festgestelltenmangel durch den Sachverständigen B ändern.

Der Inhalt der zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsbedingungen und Unterlagen sind in diesem Verfahren nicht vorgelegt worden. Teilweise befanden sich entsprechende aussagekräftige Unterlagen als Anlagen in dem Anlagenband der beigezogenen Akten des Landgerichts Passau, ohne dass die Parteien hierauf konkret Bezug genommen haben. Diese Tatsache kann daher auch nicht als unstreitig behandelt oder als substantiiert angesehen werden, weil es nicht Aufgabe des Gerichtes ist, sich in einer beigezogenen Akte den passenden Vortrag zur Stützung einer jeweiligen Rechtsansicht bzw. zum Beleg oder zur Widerlegung einer Behauptung heraus zu suchen.

Aber selbst wenn der Vortrag der Beklagten zuträfe, wäre der Mangelbegriff erfüllt.

Die Beklagte bezieht sich hierbei erkennbar auf den Mangelbegriffs in § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach ein Mangel vorliegen kann, wenn die verkaufte Sache nicht die vertragliche vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Insoweit handelt es sich bei der Toleranz hinsichtlich der zu erbringenden Leistung erkennbar um eine Einschränkung der im Übrigen erfolgten Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der von der Photovoltaikanlage zu erbringenden Leistung. Die behauptete Vereinbarung wäre gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass gewisse Abweichungen im Rahmen der vereinbarten Toleranz nicht als Abweichung der vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB gelten.

Im vorliegenden Fall geht es aber darum, dass die entsprechenden Module nicht die übliche Beschaffenheit aufweisen, die der Kunde bei Sachen vergleichbarer Art erwarten kann. So definiert § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB den Mangel. Der Kunde kann insbesondere erwarten, dass die Anlage keine Produktions- oder Herstellungsfehlers aufweist, unabhängig von der Frage, ob sich diese Mängel bei der Produktion durch unsorgfältiges Herstellen tatsächlich auf die Gesamtfunktionalität der kaufgekauften Sache auswirken. Eine Funktionsbeeinträchtigung ist für die Erfüllung des Mangelbegriffs nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB nicht erforderlich. So können sogar rein optische Mängel ohne jede Funktionsbeeinträchtigung ein Mangel sein. Es handelt sich hier, wie der Sachverständige …, abweichend von der Bewertung der Beklagten festgestellt hat, um einen Produktionsfehler, der eine gewisse Gefahrgeneigtheit für die Zukunft ausweist und der den Austausch der schadhaften Module notwendig macht.

Hierfür ist die Klägerin gegenüber dem Kunden … und hierfür ist die Beklagte gegenüber der Klägerin als Verkäuferin einstandspflichtig.

Schließlich wäre das Vorbringen des Beklagten im Termin, in dem erstmals der Mangel unter Berufung auf eine angebliche Toleranzvereinbarung bestritten wurde gemäß § 296 ZPO aus dem Gesichtspunkt der Verspätung nicht mehr zu berücksichtigen gewesen. Nach § 296 Abs. 2 ZPO können Angriffs- und Verteidigungsmitteln, die entgegen § 282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig vorgebracht werden oder entgegen § 282 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Nach § 282 Abs. 1 ZPO hat jede Partei der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmitteln insbesondere Behauptungen, bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweis Einreden so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Dies ist im Hinblick auf die Behauptung, im Verhältnis der Parteien zueinander läge kein Mangel vor, weil eine Toleranz von 5 % hinsichtlich der Leistungseinbuße zwischen den Parteien vereinbart worden sei, der Fall, weil im Hinblick auf die mehrfach durchgeführten Termine und erfolgten Hinweisen rechtlichen Erörterung für die Erhebung dieses Einwandes ausreichend Gelegenheit bestand. Insoweit beruht gerade vor dem Hintergrund der bereits seit 2006 geführten Auseinandersetzung zwischen allen Beteiligten diese Verspätung auf grober Nachlässigkeit.

3.

Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht gemäß § 377 HGB wegen Verstoßes gegen die Rügepflicht insgesamt ausgeschlossen, sondern, wie noch auszuführen sein wird, nur teilweise.

§ 377 HGB ist im Verhältnis der Parteien zueinander anwendbar.

Durch den Vertrag zwischen den Parteien verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin die streitgegenständliche und schließlich an Herrn S gelieferte Photovoltaikanlage gegen Entgelt zu liefern, so dass es sich um ein Kaufverhältnis gem. § 433 Abs. 1 BGB und damit auch um einen Kauf im Sinne des § 377 Abs. 1 HGB handelt.

Beide Parteien firmieren als Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie sind damit gem. § 6 Abs. 1 HGB Formkaufleute. Denn auch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 1 GmbHG gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des § 6 Abs. 1 HGB.

Es handelt sich bei dem Kaufverhältnis zwischen den Parteien auch um ein beiderseitiges Handelsgeschäft im Sinne des § 377 Abs. 1 HGB. Gemäß § 343 Abs. 1 HGB gehören zu den Handelsgeschäften eines Kaufmanns alle Geschäfte, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. Die Klägerin ist ein Installationsunternehmen, die Beklagte erzeugt und vertreibt Photovoltaikanlagen. Im Übrigen gelten nach § 344 Abs. 1 HGB alle von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig.

Gegen die Anwendung des § 377 HGB spricht nicht, dass das Landgericht Passau ein Urteil gefällt hat. Die Frage der Untersuchungspflicht stellt sich unabhängig vom Abnehmer und den insoweit getroffenen Feststellungen ausschließlich im Verhältnis der beiden Kaufleute zueinander (BGHZ 110, S. 138). Auch soweit das Thema der unterlassenen Rüge gem. § 377 HGB im Vorprozess nicht angesprochen worden sein sollte, hindert dies den Einwand der Beklagten nicht.

Anhaltspunkte, dass dieser Einwand verwirkt sein könnte, bestehen ebenfalls nicht. Im Übrigen treffen die weiteren Ausführungen der Klägerin gegen die Anwendbarkeit des § 377 HGB rechtlich nicht zu.

Nach § 377 Abs. 1 HGB hat der Käufer die Ware unverzüglich nach Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen, und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

Nach § 377 Abs. 2 HGB gelten die Ware als genehmigt und damit etwaige Ansprüche nach § 437 BGB ausgeschlossen, wenn der Käufer die Anzeige unterlässt. Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war. Zeigt sich in diesem Fall später ein solcher Mangel, so muss die Anzeige sodann unverzüglich nach Entdeckung gemacht werden. Andernfalls gilt für den Fall eines versteckten Mangels nach Erkennen des Mangels die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt (§ 377 Abs. 3 2. Hs. HGB).

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein so genanntes Streckengeschäft. Dass sich die Beklagte auf diesen Umstand beruft, ist, anders als die Klägerin meint, nicht abwegig, sondern entspricht der gängigen rechtlichen Subsumtion solcher Geschäfte.

Ein Streckengeschäft liegt vor, wenn der Verkäufer die Ware unmittelbar an den Abnehmer des Käufers zu liefern hat, aber auch, wenn der Käufer die Sache seinerseits umgehend an den Verkäufer weiter liefert. Der Unterschied bei diesen beiden Fällen liegt in der Frage, wann in einem solchen Fall von einer Ablieferung gem. § 377 Abs. 1 HGB auszugehen ist.

Hat der Verkäufer die Ware unmittelbar an den Abnehmer des Käufers zu liefern, liegt Ablieferung vor, wenn die Ware dem Abnehmer durch die Transportperson des Käufers vertragsgemäß zu Verfügung gibt gestellt wird. In diesem Fall kann dann statt des Käufers der Endabnehmer die Ware untersuchen und rügen (BGH NJW 1978, S. 2394).

Versendet der Käufer dagegen die Sache seinerseits umgehend an den Verkäufer weiter, liegt Ablieferung mit Übernahme durch den Käufer, nicht erst durch den Abnehmer vor. Ob der Abnehmer des Käufers selber Kaufmann ist und gegebenenfalls eine eigene Rügepflicht hat oder nur Verbraucher ist, spielt im Verhältnis vom Verkäufer zu Käufer keine Rolle (BGHZ 110, S. 138).

Im vorliegenden Fall ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte, hierüber verhält sich der Vortrag der Parteien nicht genau, von einem Streckengeschäft dergestalt auszugehen, dass die Beklagte nach Bestellung der Anlage bei der Klägerin diese direkt auf Geheiß der Klägerin an den Endkunden … zu liefern hatte, der sie dann selbst aufbaute. Auf einem Bestellschein, der in der Akte des Landgerichts Passau im Anlageband vorzufinden war, ist die handschriftliche Notiz „Kommission …“ aufgebracht. Weitere Unterlagen haben die Parteien im Verfahren weder vorgelegt, noch hierauf in einer nachvollziehbaren Weise Bezug genommen.

Da es sich im vorliegenden Fall um ein Streckengeschäft handelt, in welchem die Ablieferung beim Endabnehmer S erfolgte, ist auf diesen Zeitpunkt für den Beginn der Untersuchung und Rügepflicht im Sinne des §§ 377 Abs. 1 HGB abzustellen. Ab diesem Zeitpunkt ist unverzüglich zu untersuchen und zu rügen und zwar entweder durch den Käufer oder seinen Abnehmer.

Diese Untersuchung ist im vorliegenden Fall erkennbar unterlassen worden. Zu einer Rüge kam es erst im Zusammenhang mit der Untersuchung des Sachverständigen …, die allerdings im Zusammenhang mit einem vom Endkunden gegenüber seiner Versicherung geltend gemachten Schneelastschaden stand. Der Sachverständige … hatte den Verdacht geäußert, es könnte an bestimmten Modulen (seinerzeit waren es allerdings nur 5) ein Delaminationsschaden vorliegen.

Auf diese unterlassene Rüge im Hinblick auf die Erkennbarkeit des Mangels mit bloßem Auge stellt auch die Beklagte mit eingehender Begründung und vertretbaren Schlussfolgerungen ab. Träfe dies zu, wäre Klägerin gem. § 377 Abs. 2 1. Hs HGB ausgeschlossen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme insbesondere die nach § 411a ZPO auch vom erkennenden Gericht zu verwertenden Gutachten des Sachverständigen … aber auch die von den Parteien übereinstimmend zur Stützung des jeweiligen Rechtsstandpunktes eingebrachten hinsichtlich seiner Feststellungen unstreitigen Gutachten des Sachverständigen … ist das Gericht jedoch davon überzeugt, dass es sich im vorliegenden Fall um einen so genannten versteckten Mangel handelt, so dass der Ausnahmefall des §§ 377 Abs. 2 1. Hs HGB i. V. m. § 377 Abs. 3 HGB im vorliegenden Fall zur Anwendung kommt.

Gerade vor dem Hintergrund – hierauf beruft sich auch und gerade die Beklagte – dass es zunächst, wie zu zwischen den Parteien unstreitig ist, nicht zu Leistungseinbußen nach Einbau der Anlage kam, bestand weder für die Klägerin noch ihrem Kunden Anlass, an der Funktionstüchtigkeit der Anlage zu zweifeln. Die Beklagte setzt sich durch ihren Einwand, im Hinblick auf die zu geringe Leistungseinbußen liege gar kein Mangel vor, auch in erkennbaren Widerspruch zu ihren Einwand im Zusammenhang mit § 377 HGB.

Vor diesem Hintergrund war eine in Augenscheinseinnahme und Untersuchung der einzelnen Module vor dem Einbau zum einen untunlich. Zum anderen ergibt sich aus dem Verfahrensablauf gerade, dass unabhängig von der Frage, ob die Delaminationsschäden oder die lückenhafte Frontkontaktierung durch das das Ablösen als Folge von Lötfehlern mit bloßem Auge erkennbar war, dass diese Fehler nicht vom Sachverständigen … und auch erst durch weiteres Nachsuchen des Sachverständigen … in einem seiner späteren Gutachten letztlich aufgedeckt werden konnte.

Im Übrigen setzt sich die Beklagte mit dem Einwand der jederzeitigen Erkennbarkeit des Mangels auch in erkennbaren Widerspruch zu ihrem Vorbringen vor dem Landgericht Passau, so dass diese Behauptung im Hinblick auf einen Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB Bedenken unterliegt. Denn sowohl die Klägerin als auch die Beklagten hatten gegenüber dem Endkunden … mit verschiedenen Argumenten und widerlegten Behauptungen, sich gegen das Vorliegen eines Mangels zur Wehr gesetzt und den Sachverständigen Fehlinterpretationen vorgeworfen, so dass das Gutachten einschließlich der Anhörung viermal ergänzt werden musste. Hieraus folgt, dass der Mangel, anders als die Beklagte jetzt meint, vortragen zu können, nur mit großer Mühe überhaupt zu entdecken war.

Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren der Beklagten sogar vorgeworfen, an der Vermeidung einer aufgrund des Gutachtens offenkundigen Einstandspflicht zu Gunsten des geschädigten Kunden nicht mit der notwendigen Energie mitgewirkt zu haben.

Versteckte Mängel sind nämlich solche, die bei der Untersuchung nicht erkennbar waren. Für den Fall eines versteckten Mangels ist es gleichgültig, ob eine den Anforderungen des § 377 Abs. 1 HGB die entsprechend Untersuchung tatsächlich erfolgt ist und der Mangel nicht entdeckt wurde oder ob eine solche Untersuchung unterlassen wurde, aber auch dann, wenn sie stattgefunden hätte, nicht zur Entdeckung eines Mangels geführt hätte (BGH NJW 1977, S. 1150). Hierunter zählen beispielsweise Mängel, die erst durch die Reklamation von Kunden des Käufers zu erkennen sind (BGHZ 132, S. 179). Verdeckte Mängel können (vgl. hierzu Baumbach/Hopt, HGB, 33 Aufl. zu § 377 Rn. 38 ff.) sinnvollerweise erst gerügt werden, wenn sie sich später zeigen. Hieran ändert der von der Beklagten erhobene Vorwurf einer unterlassenen Untersuchung nichts.

Nach § 377 Abs. 3 HGB behält der Käufer jedoch nur dann seine Gewährleistungsrechte nach dem BGB, wenn er nach Entdeckung der Mangels die Rüge unverzüglich erhebt, wobei nach § 377 Abs. 4 HGB zur Erhaltung der Rechte des Käufers die rechtzeitige Absendung der Anzeige genügt, die auf geschäftsübliche Weise erfolgen muss.

Vor diesem Hintergrund ist die Mängelrüge der Klägerin hinsichtlich der Delaminationsschäden verspätet, die hinsichtlich der Frontkontakte rechtzeitig.

a)    Auch wenn die Klägerin dies allgemein in Abrede gestellt hat, folgt aus dem Akteninhalt des Landgerichts Passau und den später auch nicht mehr substantiiert entgegengetretenen Behauptungen der Beklagten, dass die Klägerin spätestens den Hinweis von Herrn S im Juni 2008 Kenntnis von der Möglichkeit eines Delaminationsschaden hatte. Zu Recht verweist die Beklagte auf den Hinweis in dem Gutachten des Sachverständigen …

 

Aus dem Sachverständigengutachten des Sachverständigen …, welches die Parteien zur Gerichtsakte gereicht haben ergibt sich, dass die … Versicherung (nicht der Kunde!) den Sachverständigen am 26.06.2008 beauftragt hatte, wegen des vom Versicherungsnehmer … geltend gemachten Überspannungsschaden, Blitzschlag und der Schneelast in den Wintermonaten 2005 und 2006 das Objekt und damit die Photovoltaikanlage zu untersuchen, um eine Einstandspflicht der Versicherung für den Gebäudeschaden festzustellen.

Anlässlich der Ortsbegehung durch den Sachverständigen … am 27.06.2006 konnte dieser an 5 Modulen mögliche Delaminationsschäden feststellen. Er informierte hierüber Herrn …, der daraufhin bei der Klägerin an rief.

Die Klägerin hat den Delaminationsschaden jedoch erstmals mit Schreiben vom 29.08.2006 den Mangel gegenüber der Beklagten mit Einschreiben und Rückschein angezeigt und hierbei das Gutachten des Sachverständigen Lorenz vom 28.06.2010 vorgelegt.

Stellt man auf das Schreiben des Kunden … vom 17.08.2006 ab, der den Mangel schriftlich gegenüber der Beklagten anzeigte und den Zeitablauf zur Weiterleitung der Schadensanzeige einschließlich des übersandten Gutachtens des Sachverständigen … an die Beklagte mit Schreiben vom 29.08.2006, wird man den Ablauf von etwa 12 Tagen zwischen beiden Zeitpunkten vergangen, unter Zurückstellung von Bedenken gerade noch als rechtzeitige Absendung der Rüge angesehen können.

Stellt man hingegen auf die Information des Kunden … durch den Telefonanruf noch am 27.06.2006 ab, nachdem ihm der Sachverständige … das Ergebnis seiner vorläufigen Beurteilung aufgrund des Ortstermins bekannt gegeben hatte, so lägen zwischen der Kenntnis der Klägerin von dem Mangel durch die Rüge ihres Kunden und der schriftlichen Anzeige gegenüber der Beklagten mehr als 2 Monate.

Dies wäre nicht mehr als rechtzeitig anzusehen.

Auf den Anruf darf aber angestellt werden:

Zwar ist der Klägerin eine gewisse eigene Überprüfung der Rüge ihres Kunden zuzubilligen. Auch kann nicht außer Acht gelassen werden, dass nicht jede ins Blaue hinein geäußerte Verdacht eines Kunden oder das Monieren irgendwelcher Mängel dieser bereits allein deshalb gehalten wäre, sich ohne entsprechende Substantiierung mit der Mängelrüge zu beschäftigen. Erstmals sichere Kenntnis hatte die Klägerin, und das ist ihr zuzubilligen, erst durch das substantiierte Schreiben von Herrn … am 17.08.2006 erlangt, weil der Kunde erst in diesem Schreiben das Gutachten des Sachverständigen … für seine Gebäudeversicherung, welches er mittlerweile ebenfalls erhalten hatte, weitergeleitet hatte. Dies hatte die Beklagte, wie sich aus ihrem Antwortschreiben vom 19.09.2006 ergibt, auch veranlasst, sich mit der Mängelrüge eingehend auseinander zusetzen.

Nichts anderes kann insoweit auch für die Klägerin gelten. Eine Rüge auf Verdacht wird im Rahmen des §§ 377 Abs. 1 HGB auf bloßen Verdacht hin nicht verlangt (so bereits RGZ 99, S. 249).

Demgegenüber ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kunde … bei seinem Anruf im Juni nicht nur vage und ins Blaue hinein erklärt hatte, welcher Verdacht ihm gekommen war, sondern die Veranlassung des Anrufs, nämlich Feststellung seines Sachverständigen … mitgeteilt hatte. Ob die Klägerin dies glaubte oder nicht, ist ohne Bedeutung. Die Klägerin kann sich nicht auf ihre abweichende Überzeugung berufen. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin von der Richtigkeit ihrer in den beiden Verfahren vor dem Landgericht Passau aufgestellten Behauptungen sogar selbst überzeugt war, auch wenn dies kaum glaubhaft erscheint. Maßgeblich ist aber, dass ein sorgfältiger Kaufmann der Frage sogleich nachgegangen wäre und vom Standpunkt eines durchschnittlichen Empfängers sogleich eine Untersuchung vorgenommen und seinen Lieferanten informiert hätte.

Bei wertender Gesamtschau hält das Gericht daher bereits im Hinblick auf den Anruf des Kunden S bei der Klägerin ihre Kenntnis vom vorliegenden Mangel als gegeben und liegt diesen Zeitpunkt für den Beginn der Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 3 HGB zu Grunde, so dass die Klägerin mit ihrer Mängelrüge hinsichtlich des Delaminationsschaden im vorliegenden Fall ausgeschlossen ist.

b) Hinsichtlich des Schadens an den Frontkontakten ist die Rüge jedoch rechtzeitig.

Das gesamte Ausmaß des Schadens an den Frontkontakten ist erst im Zusammenhang mit dem eingeleiteten selbstständigen Beweisverfahren zu Tage getreten. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagten bereits der Streit unmittelbar nach Erhalt des Antrages auf Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens durch die Klägerin als Antragsgegnerin verkündet worden.

Die Beklagte kann nicht geltend machen, die Streitverkündung sei nicht als entsprechende Rüge bzw. Anzeige des Mangels nach § 377 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 anzusehen. Die Anzeige eines Mangels der Ware (Rüge) ist keine Willenserklärung, sondern eine Wissenserklärung des Käufers und rechtsgeschäftsähnliche Handlung, auf die die Regeln über Willenserklärung entsprechend anwendbar sind.

Hieran besteht nach Erhalt der Streitverkündung und dem Beitritt der Beklagten und den Erhalt der Gutachten durch den Sachverständigen … in welchem Beweisverfahren keine ernsthaften Zweifel. Die Beklagte war anwaltlich vertreten. Sie wusste damit, dass es in dem Verfahren um die Klärung der bestrittenen Mängelbehauptungen des Kunden ging und dass dieser nunmehr die Durchsetzung seiner Gewährleistungsansprüche vorbereitete.

Alle Schriftsätze und alle Gutachten sind dem Beklagtenvertreter jeweils durch das Landgericht Passau übermittelt worden. Er hat Stellung genommen. Durch die Streitverkündung hat die Klägerin zu verstehen gegeben, dass sie die Beklagte an die Feststellungen des Landgerichts Passau binden wollte. Damit sind sämtliche durch das Gericht erfolgten Zustellungen an die Beklagten oder ihren Anwalt nach Beitritt durch die Streitverkündung veranlasst worden. Sie sind damit die entsprechende Mängelrüge. Die deutlichste, verbindlichste und schärfste Form einem anderen eine Wissens- oder Willenserklärung zur Kenntnis zu bringen, ist die hoheitliche Vermittlung durch ein Gericht.

4.

Die Forderung des Klägers ist auch nicht verjährt.

Da es sich im vorliegenden Fall um einen Kaufvertrag zwischen den Parteien handelt (s.o.) sind im vorliegenden Fall die Vorschriften des § 438 Abs. 1 BGB anwendbar.

Mängelansprüche verjähren bei beweglichen Sachen üblicherweise nach § 438 Abs. 2 Nr. 3 BGB in 2 Jahren, beginnend gemäß § 438 Abs. 2 BGB mit der Ablieferung der Kaufsache. In 5 Jahren verjähren gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 2 a) BGB Ansprüche bei Bauwerken und nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat.

Im vorliegenden Fall ist die Vorschrift des §§ 138 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB anwendbar.

Die Sonderfrist für mangelhafter Baumaterialien wurde neu in das BGB aufgenommen, um Regressmöglichkeiten von Bauhandwerkern und Zwischenhändlern gegen den Lieferanten zu verbessern (RegE BT-Drucks. 14/6040 zu § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Auch in den Fällen, in denen der Bauherr die Sachen selbst erworben hat und es auf Regressfragen im Verhältnis zwischen Bauhandwerkern und Lieferanten nicht ankommt, gilt die Fünfjahresfrist. Auch hier wird nämlich der Bauherr die Mängel oftmals erst nach dem Einbau erkennen. (Staudinger/Matusche Beckmann, BGB, Buch 2, Neubearbeitung 2004 zu § 438 Rn. 5, 38). Die Vorschrift passt damit die Verjährungsfrist für Baumaterialien an denjenigen für Werkleistungen beim Bauwerk nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB an.

Die Verwendung der Kaufsache für das Bauwerk muss ihre übliche Verwendungsweise sein. Diese Frage ist grundsätzlich objektiv zu bestimmen. Ausgeschlossen sollen ausweislich der Gesetzesbegründung lediglich solche Sachen sein, deren Verwendung für ein Bauwerk so selten ist, dass mit ihr nicht zu rechnen ist (RegE BT-Drucks. 14/6040, S. 227). Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist Grund der Begrenzung der Schutz des Verkäufers von unvorhersehbaren Haftungsrisiken. Demzufolge kommt die Vorschrift auch dann zur Anwendung, wenn die Verwendung für ein Bauwerk zwar nicht üblich ist, aber im Einzelfall vertraglich vorausgesetzt wurde (so zutr.: Staudinger/Matusche Beckmann, BGB, Buch 2, Neubearbeitung 2004 zu § 438 Rn. 39; Bamberger/Roth/Faust Paragraph hindert 38 Rn. 24; streitig, a.A. Westermann in MüKo, 5. Aufl. 2008 § 438 Rnd. 18f).

Auch das Landgericht Köln hat mit überzeugender Begründung darauf hingewiesen, dass die Neuregelung den Interessen von Bauhandwerkern Rechnung trägt, die gegenüber ihren Vertragspartnern nach § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB einer fünfjährigen Verjährungsfrist ausgesetzt sind und nicht in den Regressmöglichkeiten gegenüber ihren Lieferanten beschränkt sein sollen; sie gilt aber ganz allgemein auch für Zwischenhändler. Die Vorschrift darf nicht dahingehend missverstanden werden, als müsste die Kaufsache in einem Neubau verwendet werden und dessen Mangelhaftigkeit verursachen. Erfasst werden nicht nur Neuerrichtungen, sondern auch Erneuerungs- und Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für die Konstruktion, den Bestand, die Erhaltung oder die Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden (so ausdrücklich Landgericht Köln vom 07.02.2007, 91 O 87/06, zit. nach Juris).

Die Kammer folgt der Auffassung des Landgerichts Köln

Letztlich braucht der Streit nicht entschieden zu werden, da entgegen der Auffassung des Beklagten eine Photovoltaikanlage der hier veräußerten Art üblicherweise auf dem Dach montiert wird. Selbst wenn man mit der Beklagten (vgl. Ss v. 15.11.2011, Bl. 245 f. d.A.) davon ausgehen wollte, dass die Photovoltaikanlage weder für die Konstruktion, noch den Bestand, noch die Erhaltung eines Objektes von Bedeutung sind, und der Bauherr diese installiert, um Strom zu erzeugen und Geld zu verdienen, gehört die Energieversorgung des Gebäudes zu seinem gewöhnlichen Gebrauch und damit zur Benutzbarkeit. Andernfalls würden ein Heizkessel oder Einrichtungen für die Stromzufuhr mit der gleichen Argumentation ebenfalls nicht unter den Begriff fallen.

Hinzu kommt, wie das Landgericht Köln zu Recht angemerkt hat, dass die vorliegende Photovoltaikanlage fest mit dem Gebäude verbunden wurde und insoweit wesentlicher Bestandteil des Bauwerks geworden ist. Andernfalls wäre es auch nicht zu erklären, aus welchem Grund die hinter dem Kunden S stehende Gebäudeversicherung seinerzeit den Sachverständigen Lorenz beauftragte, den Schaden am Dach, hier: möglichen Schaden an einzelnen Modulen durch Schneelast oder Blitzschlag zu untersuchen.

Im übrigen war im Hinblick auf die Art der bestellten Ware klar, und dies räumt auch die Beklagte ein, dass die streitgegenständliche Photovoltaikanlage nach dem Willen aller Beteiligten von vornherein zum Einbau auf dem Dach eines Gebäudes des Landwirtes … vorgesehen war. Gerade der Sinn und Zweck der gesetzgeberischen Novelle, eine Kongruenz zwischen den Verjährungsfristen des §§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB und § 438 Abs. 1 BGB, anders als der frühere § 477 BGB a.F. herzustellen, gebietet die Anwendung jener Vorschrift auf den vorliegenden Fall.

Zwar ist nach der Vertragstypenlehre (worauf bereits das Landgericht Passau hingewiesen hat) der zwischen dem Kunden … und der Klägerin abgeschlossene schriftliche Vertrag im Hinblick auf den Umstand, dass hier die Lieferung der Solaranlage im Vordergrund stand, als Kaufverhältnis i.S.d. § 433 Abs. 1 BGB anzusehen. Dennoch haben die Klägerin und ihr Kunde durch Bezeichnung ihres Vertrages als „Bauvertrag“ und Einbeziehung der VOB erkennbar auch und gerade im Hinblick auf die Gewährleistungsfragen sich an den Rechtsfolgen eines Werkvertrages orientieren wollen. So ist in Nr. 9 des „Bauvertrages“ die Gewährleistungsfrist gesondert geregelt und sollte nach in Abweichung der Regelfrist 5 Jahre und für das Untergestell sogar 10 Jahre betragen. Bereits hieraus wird deutlich, dass der gesetzgeberische Zweck der Verlängerung von Verjährungsfristen genau Fälle wie diesen im Auge hatte.

Durch den Einbau der Photovoltaikanlage auf dem Dach, die hierdurch gem. §§ 93, 94 BGB wesentlicher Bestandteil des Gebäudes und damit des Grundstücks des Kunden geworden ist, erweist sich im Hinblick auf den Schaden an der Solaranlage schließlich auch das das Bauwerk selbst als mangelbehaftet. Das Argument der Beklagten hiergegen verfängt nicht. Hiergegen spricht schon die einfache Überlegung, dass im Falle der Veräußerung des Grundstücks einschließlich des Gebäudes mit der auf seinem Dach angebrachten Photovoltaikanlage deren Beschädigung zu einem Mangel der Kaufsache führen würde.

Die Verjährung begann im Verhältnis der Parteien zueinander mit der Ablieferung der Photovoltaikanlage gemäß den Feststellungen des Landgerichts Passau im April 2004, da die Ablieferung der Anlage durch die Beklagte beim Endkunden auf Geheiß der Klägerin im Hinblick auf das vereinbarte Streckengeschäft die Ablieferung beim Kunden auch im Verhältnis der Parteien zueinander als Ablieferung § 438 Abs. 2 BGB zu laufen begann. Verjährung wäre damit im April 2009 eingetreten.

Die Verjährung ist im Verhältnis der Parteien zueinander wirksam gehemmt, da der Beklagten im Juli 2007 durch die Klägerin in dem selbstständigen Beweisverfahren der Streit verkündet worden ist und nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens nach Erhebung der Klage im Januar 2009 durch den Kunden … in dem Verfahren vor dem Landgericht Passau 3 O 88/09 die Klägerin in ihrer Klageerwiderung vom 01.04.2009 (Bl. 14 ff. d. BA) der Beklagten erneut der Streit verkündet wurde und die Hemmung durch Erhebung der Klage im vorliegenden Verfahren andauert.

Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung gehemmt durch die Erhebung der Klage auf Leistung oder Feststellung des Anspruchs, gemäß § 204 Nr. 7 BGB durch Zustellung des Antrages auf Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens, wobei jeweils gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift oder Antragsschrift zurückgeführt wird.

Gleiches gilt gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6 ZPO – ebenfalls zurückgeführt auf die Einreichung des Schriftsatzes bei Gericht bei alsbaldiger Zustellung gem. § 167 ZPO – für die Zustellung der Streitverkündung. Es ist hierbei ohne Bedeutung, dass die Streitverkündung im selbstständigen Beweisverfahren erfolgte, weil der Wortlaut der Vorschrift nicht zwischen verschiedenen Verfahrensarten differenziert und die Zusammenschau zwischen § 204 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BGB erkennen lässt, dass Tätigkeit im Erkenntnisverfahren und im selbstständigen Beweisverfahren vom Gesetzgeber gleichgestellt worden sind.

5.

Schließlich würde die Beklagte auch gem. § 242 BGB nach Treu und Glauben bei der Annahme einer kürzeren Verjährungsfrist, nämlich einer solchen gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB von 2 Jahren gehindert sein, sich erfolgreich auf die Einrede der Verjährung zu berufen.

Ausgehend von der Ablieferung der Ware im April 2004 hatte die Beklagte nach Erhalt des Schreibens der Klägerin vom 29.08.2006 (Anlage K2, Bl. 84 ff. d.A.) in ihrem Schreiben vom 19.09.2006 (Anlage K3, Bl. 96 ff. d.A.) sich inhaltlich zur streitigen Frage des Mangels geäußert und unter Ziff. 5 des Schreibens eine Überprüfung des Moduls, Überprüfung der Vermutung des Sachverständigen Lorenz angeboten und in gewissem Umfang Gewährleistungsansprüche in Aussicht gestellt.

Im Schreiben vom 21.09.2006 (Anlage K4, Bl. 98 d.A.) hatte die Klägerin den Vorschlag der Beklagten, eine Überprüfung vorzunehmen, sodann aufgegriffen und den Vorschlag der Beklagten an den Kunden … weitergeleitet. In diesem Zusammenhang hatte sie zur Vermeidung von Weiterungen, gebeten, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Hierin liegt zwar kein pactum de non petendo, weil die Beklagte diese Frage nicht beantwortet hat.

Auch kann insoweit offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 203 BGB im vorliegenden Fall nach Aufnahme der Erörterungen im Sommer 2006 (Hemmung der Verjährung durch Verhandlung) vorliegen, wogegen der Umstand spricht, dass eine Hemmung insoweit ausschiede, weil die Verjährung bei Annahme einer kurzen, zweijährigen Verjährungsfrist bereits im Sommer 2006 eingetreten wäre: Die Ware wurde im April 2004 abgeliefert.

Jedoch ist es dann im Zusammenhang in dem selbstständigen Beweisverfahren und auch während der Beweisaufnahme vor dem Landgericht Passau im dortigen Erkenntnisverfahren letztlich zu der von der von der Beklagten selbst angeregten Überprüfung eines möglichen Mangels gekommen. Dass die Beklagte im Hinblick auf den Gesamtablauf nunmehr meint, sich auf Verjährung berufen zu können, ist erkennbar treuwidrig. Das Verhalten verstößt gegen den Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („vernire contra factum proprium“).

Das Vorbringen der Beklagten überrascht auch insofern, als das Landgericht Passau im Tatbestand seiner Entscheidung auf eine Produktbeschreibung der Beklagten (dort bezeichnet als Nebenintervenientin) eine „Leistungsgarantie 20 Jahre“ hinweist. In der Produktbeschreibung der Beklagten (Bl. 201 ff. d.A.) hat die Beklagte eine Leistungsgarantie auf 80 % der Nennleistung von 20 Jahren und damit sogar eine solche gem. § 443 BGB abgegeben.

Nach alledem kann der Versuch der Beklagten, sich weiterhin der evidenten Verantwortung für den Schaden beim Endkunden S zu entziehen, keinen Erfolg haben.

6.

Die Beklagte schuldet daher Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Abs. 3, 440, 280 Abs. 3, 281 BGB in Höhe der Kosten der Reparatur der mangelhaften Kaufsache.

Der gerichtliche Sachverständige hat hierbei das Kostenangebot vom 18.12.2008 (Anlage K13 d. BA 3 O 88/09) mit 2 Einschränkungen für berechtigt angesehen. Zum einen seien die Beschaffungskosten für die zu ersetzende Module erheblich gefallen, der Marktpreis für die zu ersetzten Module betrage nunmehr netto 66.960,00 €. Die von der Firma angesetzten Kosten für die Demontage, Prüfung und Montage von 8.800,00 € seien nicht zu beanstanden. Wegen einer Änderung der DIN müsse allerdings die Unterkonstruktion nach der Demontage aufwändiger wieder montiert werden. Die Mehrkosten machten 5.000,00 aus. Dies bedeutet für den hierzu zu erkennenden Schadensersatzanspruch:

a) Da die Klägerin ihrerseits im Hinblick auf die Weiterveräußerung der Kaufsache selbst keinen eigenen Mangelbeseitigungsschaden hat, liegt der gem. §§ 280 Abs. 1 S. 1, 249 S. 1 BGB zu ersetzenden Schaden im vorliegenden Fall in einer unfreiwilligen Vermögenseinbuße durch die Verurteilung durch das Landgericht Passau in dem Urteil vom 01.09.2009 in dem Verfahren 3 O 88/09. Hier ist die Klägerin verurteilt worden, an ihren Kunden 70.760,00 € Schadensersatz zu leisten, wobei das Landgericht Passau die in dem Tenor zugrunde gelegte Schadenshöhe errechnet hat aus:

8.800,00 € (Demontage, Prüfung und Montage) plus 66.960,00 € 186 Module) minus 5.000,00 €) = 70.760,00 € netto.

Es ist aufgrund der Beweiswürdigung und Schadensschätzung des Landgerichts Passau gemäß § 287 ZPO auf Basis der Feststellungen des Sachverständigen … und der Darstellung in den Entscheidungsgründen erkennbar, dass das Landgericht aufgrund eines Rechenoperationsversehens die vom Gutachter festgestellten Mehrkosten im Hinblick auf die Änderung der DIN, vermöge deren die Unterkonstruktion nach der Demontage aufwändiger wieder montiert werden müsse, weshalb die Mehrkosten insoweit 5.000 € betrügen, bei der endgültigen Schadensermittlung versehentlich abgezogen hat („minus“), obwohl die Mehrkosten in Höhe von 5.000,00 € nach dem Wortlaut der richterlichen Schadensbegründung hätten hinzu addiert werden müssen, so dass nach der rechtlichen Beurteilung und der Beweiswürdigung des Landgerichts Passau eigentlich 80.760,00 € betragen müsste.

b) Da sich der Schaden der Klägerin allerdings darauf beschränkt, soweit sie vom Landgericht Passau verurteilt worden ist, und sie keinen sonstigen Vermögens-schaden hat, ist im vorliegenden Fall auch die Ersatzpflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin auf die Summe der vom Landgericht Passau ausgeurteilten 70.760,00 € beschränkt bzw. die Berechnung entsprechend der durchgeführten Rechenoperation durch das Landgericht Passau („minus“ statt „plus“) durchzuführen.

c) Aufgrund der Feststellungen zum Verlust der Gewährleistungsansprüche der Klägerin hinsichtlich der Delaminationsschäden gem. § 377 HGB unter 3.) der Entscheidungsgründe ist der Schaden der Klägerin auf die Erstattung des Schadens beschränkt, der durch den Austausch der Module mit einer beschädigten Frontkontaktierung entsteht.

Dies ergibt folgende Berechnung:

Der Sachverständige … und das Landgericht Passau haben für den Austausch von 186 Modulen Kosten in Höhe von 66.960,00 € veranschlagt. Dies ergibt Kosten für den Austausch eines Moduls in Höhe von 360,00 € nach folgender Berechnung:

68.960,00 € : 186 Stück Module = 360 €/Modul

Von den zum Austausch vorgesehenen Modulen nach den Feststellungen des Sachverständigen … und des Landgerichts Passau entfallen 44 Module auf solche mit Delaminationsschäden und 142 Module mit gelöster Frontkontaktierung bzw. beiden Schäden. Damit sind 142 Module zugrundezulegen.

Rechenweg:

142 Module x 360 €/Module = 51.120,00 €

Hinzu kommen die Kosten für die Demontage, die Prüfung und die Montage. Diese Kosten sind vom Sachverständigen für die Arbeiten pauschal mit 8.800,00 € angesetzt worden. Gemäß § 287 Abs. 1 ZPO sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Kosten bei einer geringeren Anzahl zu demontierenden, zu prüfenden und aufzubringender neuen Modulen geringer sind. Die vom Landgericht Passau eingestellten 8.800,00 € können daher auch für die Schadensberechnung im Verhältnis dieser Parteien zueinander zu Grunde gelegt werden. Gleiches gilt für die Mehrkosten in Höhe von 5.000,00 €, die im Hinblick auf die Erhaltung der Proportionalität bei der Schadensermittlung nach dem oben zu Ziff. 5 b) ausgeführten im vorliegenden Fall, wie vom Landgericht Passau erfolgt, abzuziehen sind. Dies ergibt folgende Berechnung:

51.120,00 € + 8800,00 € – 5000,00 € = 54.920,00 €.

b) Da die Klägerin nicht behauptet hat, auf den Tenor des Landgerichts Passau an den Gläubiger des Titels aus dem Urteil vom 01.09.2009 (3 O 88/09) Zahlungen geleistet zu haben und auch keine entsprechende Vollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers behauptet hat, war der Klage insoweit nicht mit dem Hauptantrag auf Zahlung, sondern mit dem Hilfsantrag auf Freistellung von der Verbindlichkeit aus dem Urteil in der geltend gemachten Höhe und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben. Insoweit liegt in der Belastung mit einer Verbindlichkeit der Klägerin ein Schaden, den die Beklagte gem. § 249 S. 1 BGB zu ersetzen hat. Dabei besteht die Schadensersatzpflicht des Schädigers darin, den Geschädigten so zu stellen, wie wenn das schadensstiftende nicht stattgefunden hätte. Beim Vorliegen einer Belastung durch eine Verbindlichkeit ist daher Schadensersatz durch die Befreiung von dieser Verbindlichkeit vorzunehmen, zumal auch in der Freistellung ein Weniger gegenüber dem Zahlungsantrag liegt.

7. Klageantrag zu 2.:)

Zu Gunsten des Endkunden … und Gläubiger aus dem Urteil des Landgerichts Passau vom 01.09.2009 und zulasten der Klägerin als Schuldnerin ist in Ziff. II. die Feststellung ausgesprochen worden, dass die dortige Beklagte und hiesige Klägerin verpflichtet ist, dem dortigem Kläger, Herrn …, die weiteren Kosten der Schadensbeseitigung 186 Modulen der Solaranlage des Objekts … als Schadensersatz zu erstatten, soweit der Betrag von 78.800,00 € hierzu nicht ausreicht. Auch insoweit liegt die Belastung des Vermögens der Klägerin mit einer Verbindlichkeit vor, von der die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes verpflichtet ist, die Klägerin freizustellen.

Es handelt sich hierbei um einen Folgeschaden gemäß § 437 Abs. 3, 440, 280 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3,281 BGB in Höhe der noch nicht feststellbaren Kosten der Reparatur der mangelhaften Kaufsache. Insoweit hat das Landgericht Passau folgende Feststellungen getroffen:

„Der Feststellung im Klageantrag zu 2.) hat zum Gegenstand diejenigen Kosten der Mangelbeseitigungsarbeiten, die nicht im Zahlungsanspruch des Klageantrages zu 1.) enthalten sind und möglicherweise bei Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeit entstehen. Wird die Schwelle, ab der die Beklagte solche weiteren Mangelbeseitigungskosten zahlen soll, herunter gesetzt, wie durch die „Erledigungserklärung“ so hat dieser Antrag eine umfangreichere Haftung der Beklagte zum Inhalt, als vor der „Erledigungserklärung“. Gleichwohl konnte wegen des Verbotes des §§ 308 Abs. 1 ZPO zu Gunsten des Klägers nicht festgestellt werden, dass die Beklagte auch zur Tragung der 70.880,00 € (zuerkannter Zahlungsanspruch) übersteigenden Kosten verpflichtet ist, sondern war entsprechend dem gestellten Antrag die Feststellung auf 78.800,00 € zu beschränken.“

In diesem Umfang ist auch die Schadensersatzpflicht der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin beschränkt. Allerdings sind im Hinblick auf die Beschränkung der Haftung der Beklagten gem. § 377 HGB auf Schadensersatz für den Austausch der 142 Module mit einem Schaden am Frontkontakt (s.o.) die Freistellungspflicht der Beklagten durch Klarstellung im Tenor darauf zu beschränken, dass nur die Mehrkosten für den Austausch von 142 Modulen der Solaranlage mit Schäden an den Frontkontakten zu erstatten sind, soweit der Betrag in Höhe von 54.920,00 € nicht ausreicht. Wie es zu der Abweichung von 70.760,00 zu 78.800,00 € durch das Landgericht Passau gekommen ist, kann dem Urteil nicht entnommen werden. Auch der Klagevortrag verhält sich hierzu nicht. Es verbleibt daher bei den eingestellten Summe von 54.920,00 € in diesen Tenor.

8. Klageantrag zu 3.)

Weiter ist zu Gunsten des Endkunden … und Gläubiger aus dem Urteil des Landgerichts Passau vom 01.09.2009 und zu Lasten der Klägerin als Schuldnerin in III. die Feststellung ausgesprochen worden, dass die dortige Beklagte und hiesige Klägerin verpflichtet ist, dem Kläger, mithin Herrn …, auch den Schaden zu ersetzen, der wegen des Ausfalls der Einspeisevergütung aus der Solaranlage Riedelsbach 9, 94089 Neureichenau vom 24.10.2006 an bis zum Abschluss der Nachbesserung entsteht. Wie oben dargestellt, liegt auch hier die Belastung des Vermögens der Klägerin mit einer Verbindlichkeit vor, von der die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes verpflichtet ist, die Klägerin freizustellen (§ 437 Abs. 3, 440,280 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3, 281 BGB). Insoweit hat das Landgericht Passau festgestellt:

„(…)

1. Ein Feststellungsinteresse des Klägers bestand, da nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen die Höhe des Schadens aus entgangener Stromeinspeisung erst berechnet werden kann, wenn die Leistung der mangelfreien Solaranlage (also nach zukünftiger Mangelbeseitigung) festgestellt werden kann.

2. Dass die Beklagte zum Schadenersatz verpflichtet ist, ergibt sich aus § 280 Abs. 1 BGB. Auch schon vor Ablauf der Nachbesserungsfrist schuldet der Verkäufer, der nicht ordnungsgemäß liefert, den aus der entgangenen Nutzungsmöglichkeit entstehenden Schaden, ohne dass die weiteren Voraussetzung des §§ 286 BGB (§ 280 Abs. 1 BGB) hinzutreten müssten (Bamberger/Roth-Faust, BGB, 2007, § 437 Rn. 67, Palandt-Heinrichs, BGB, 2009, § 280 Rn. 18), da es sich um Schäden handelt, die durch die Pflichtverletzung endgültig entstanden sind und deshalb durch die Nachbesserung nicht beseitigt werden können. Die weitere Voraussetzung, dass der Käufer den Mangel kennt oder kennen muss (Heinrichs a.a.O. Rn. 19) ist gegeben, da der Kläger den Mangel der bei der Beklagten mit Fax vom 24.10.2006 (Anlage K9) rügte.

3. Der Feststellungsanspruch bedurfte der Einschränkung. Die Beklagte hat nicht jeden Ausfall der Einspeisevergütung zu tragen, sondern nur dann, wenn der Ausfall durch einen von ihr zu vertretenden Mangels des Solarmoduls verursacht wurde, was in den Anspruch aufzunehmen war.

Unvermeidlich war die zeitliche Begrenzung der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz mit dem „Abschluss der Nachbesserung“ in den Ausspruch entsprechend dem Antrag aufzunehmen. Hierbei ist klar, dass dieser „Abschluss der Nachbesserung“ letztlich in das Belieben des Klägers gestellt ist, da, nachdem die Beklagte im Nachbesserungsrecht verloren hat (§ 281 Abs. 4 BGB), der Kläger den Zeitpunkt der Nachbesserung steuern kann. Ohne dass es für den gegenständlichen Rechtsstreit darauf ankäme, sei deswegen darauf hingewiesen, dass eine schuldhafte Verzögerung der Nachbesserung die Beklagte vor der Zahlung von deswegen entstandenen Schäden befreit“.

Die Ausführungen des Landgerichts Passau gelten sinngemäß für den Grund des Anspruchs auch im Verhältnis der Parteien zueinander. Auch die Beklagte hat entsprechende Kenntnis von dem Vorliegen des Mangels durch die im Rahmen des Beweisverfahrens erhobene Mängelrüge der Klägerin gegenüber der Beklagten.

Im Verhältnis der Parteien zueinander war der Tenor über die vom Landgericht Passau erfolgte Beschränkung hinaus weiter dahingehend zu beschränken, dass sich die Berechtigung, von der Beklagten Freistellung aus der Belastung mit der Verbindlichkeit aus dem Feststellungstitel des Landgerichts Passau zu Nr. III.) nochmals dahingehend beschränkt, dass sie sich auf den Austausch der 142 Module mit einer lückenhaften Frontkontaktierung bezieht. Diesem Aspekt ist durch die Formulierung des Tenors unter Streichung des Satzteils „auf einer Delamination der Module und/oder“ Rechnung getragen worden.

Soweit ein sich der Leistungsverlust auf die fehlerhafte Delamination beziehen könnte, ist dem durch eine weitere Einschränkung dadurch Rechnung zu tragen, dass die Freistellungsverpflichtung gegenüber dem weitergehenden Feststellungstenor aus dem Urteil des Landgerichts Passau in einem Bruchteil auszudrücken war, der sich aus dem Verhältnis beschädigter Module mit lückenhafter Frontkontaktierung (142) zur Summe der insgesamt beschädigten Module (186) errechnet. Dies sind (142/186), rund 76 % (§ 287 Abs. 1 ZPO).

9. Klageantrag zu 4.):

Schlussendlich war die Beklagte verpflichtet, die Klägerin von Schadenersatzansprüchen des Kunden S freizustellen, soweit dessen Mangelfolgeschaden in Höhe der zur Durchsetzung der Forderung gegen die Klägerin notwendigen vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten entstanden ist. Es handelt sich hierbei um einen Folgeschaden gemäß §§ 437 Abs. 3, 440, 280 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3, 281 BGB

Hier war auf Basis der Berechnung des Landgerichts Passau allerdings der gesamte Betrag in Höhe von 1.580,00 € zugrundezulegen. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass das Landgericht hier bei der Bemessung der Gebühr einen Gegenstandswert von bis zu 80.000,00 € eingestellt hat. Zwar liegt im vorliegenden Fall wegen der Kürzung des materiellen Schadensersatzanspruches von 70.760,00 € auf 54.920,00 € lediglich eine geringere Freistellungsverpflichtung der Beklagten vor. Allerdings ergibt sich, entsprechend der vorläufigen Streitwertfestsetzung durch Beschluss vom 24.02.2010 (Bl. 16R d.A.) für die in dieser Entscheidung tenorierten Freistellungsansprüche gem. Nrn. 1.), 2.) und 3.) ein Gegenstandswert bzw. Gesamtbegehr von 68.920,00 € (54.920,00 € + 4.000,00 € + 10.000,00 €). Nach Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG liegt der Gebührensprung bei 65.000,00 € und 80.000,00 €. Daher konnte ein Gegenstandswert von bis zu 80.000,00 € auch im vorliegenden Fall zu Grunde gelegt werden. Dies rechtfertigt die vom Landgericht Passau errechnete Summe auch hier im Verhältnis der Parteien zueinander.

10.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO entsprechend dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen auf Basis eines Gesamtstreitwertes entsprechend dem Streitwertbeschluss vom 24.02.2010 in Höhe von 86.340,00 € (Antrag zu 1.) = 70.760,00 € + Antrag zu 2.) = 4.000,00 € + Antrag zu 3.) = 10.000,00 € + Antrag zu 4.) = 1.580,00 €). Abweichend von § 4 ZPO waren hier die im Urteil des Landgerichts Passau zuerkannten Rechtsverfolgungskosten des Kunden … vorliegend Teil der Ersatzpflicht des Beklagten und damit Hauptforderung. Der Kläger obsiegt mit

Antrag zu 1.): 54.920,00 €

Antrag zu 2.): 4.000,00 €:

Antrag zu 3.): 7.600,00 €

Antrag zu 4.): 1.580,00 €

Summe: 68.100,00 €

Hinsichtlich des Antrages zu 2.) ist trotz der Einschränkung im Hinblick auf den offenen weiteren Schaden ein volles Unterliegen der Beklagten zu Grunde gelegt worden. Denn es geht um unbezifferte Mehrkosten und das Feststellungsinteresse, dass unverändert 4.000,00 € beträgt und ungemindert ist.

Hinsichtlich des Antrages zu 3.) hat das Gericht entsprechend der Beschränkung der Schadensersatzpflicht von 142/186 hinsichtlich der Einspeisevergütung die oben dargelegte Quote von 76 % zu Grunde gelegt.

Dies ergibt unter Anwendung von § 92 Abs. 1 ZPO ein Verhältnis der Kostentragungspflicht von 79 % zu 21 %. Eine kostenmäßiges Unterliegen der Klägerin im Hinblick auf den Umstand, dass der Klage lediglich mit dem Hilfsantrag, nicht jedoch mit dem Hauptantrag stattgegeben wurde, kam vorliegend nicht in Betracht; weil der Hilfsantrag wirtschaftlich auf das gleiche Ziel wie der Hauptantrag gerichtet ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO (§ 709 S. 2 ZPO ist im Hinblick auf den Freistellungstenor nicht anwendbar) sowie hinsichtlich der Vollstreckung in die Kosten durch die Beklagte aus § 708 Nr. 11,711 ZPO.

Der Gegenstandswert des Rechtsstreits war, wie dargelegt, endgültig auf 86.340,00 € festzusetzen.

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