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Sachverständigenvergütungsanspruch – Verlust bei grob fahrlässiger Herbeiführung der Befangenheit

OLG Karlsruhe – Az.: 14 W 18/11 – Beschluss vom 03.08.2011

1. Die Beschwerde des Sachverständigen Dr. Ing. Frank S. gegen den Beschluß des Landgerichts Offenburg vom 16.3.2011 (3 O 59/09) wird zurückgewiesen.

2. Das Verfahren ist gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

In dem inzwischen durch Urteil vom 30.3.2011 abgeschlossenen Rechtsstreit hat der Kläger nach vorangegangenem Selbständigen Beweisverfahren wegen behaupteter Mängel der von der Beklagten ausgeführten Dachdämmarbeiten Vorschußansprüche für Mängelbeseitigungsmaßnahmen geltend gemacht. Mit Beweisbeschluß vom 30.10.2009 hat das Landgericht den Beschwerdeführer mit der Erstattung eines Baugutachtens beauftragt. Mit Schriftsatz vom 4.3.2010 hat die Beklagte im Hinblick auf Äußerungen des Sachverständigen beim Ortstermin am Vortag den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Ablehnungsgesuch wurde mit Beschluß des Landgerichts vom 21.4.2010 für begründet erklärt. Mit weiterem Beschluß vom 16.3.2011 hat das Landgericht dem Sachverständigen einen Vergütungsanspruch für seine Tätigkeit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung der Ablehnung aberkannt.

Gegen die Entscheidung vom 16.3.2011 wendet sich der Sachverständige mit der Beschwerde, mit der er geltend macht, im Beschluß vom 21.4.2010 habe das Gericht keinen Grund für die Annahme gesehen, daß er tatsächlich voreingenommen sei, sondern nur ein subjektives Mißtrauen des Geschäftsführers der Beklagten bejaht, was impliziere, daß Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nicht angenommen werden könnten. Der von ihm verwendete Ausdruck „wegschwätzen“ sei in Verkennung regionaler mundartlicher Gepflogenheiten überzogen negativ bewertet worden, zumal der Beklagte erst im Ortstermin begonnen habe, die im Beweisverfahren festgestellten und nicht bestrittenen Schäden zu bestreiten. Wenn der Beklagte entgegen der im Beweisverfahren getroffenen Feststellungen und der im Ortstermin angetroffenen Feuchtigkeitsspuren behaupte, im Dachbereich sei keinerlei Feuchtigkeit vorhanden, könne sein – des Sachverständigen – Hinweis auf das vorangegangene Beweisverfahren nicht als grobe Fahrlässigkeit gewertet werden.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluß vom 14.6.2011 nicht abgeholfen. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Entscheidungen, die Schriftsätze der Parteien und die Stellungnahmen des Sachverständigen Bezug genommen.

II.

Die nach § 4 Abs. 3 JVEG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Ein Sachverständiger verliert seinen Vergütungsanspruch, wenn er ein gegen ihn gerichtetes erfolgreiches Ablehnungsgesuch und die daraus folgende Nichtverwertbarkeit seiner Leistung mindestens grob fahrlässig herbeigeführt hat (OLG Naumburg Beschluß vom 25.6.2009 – 12 W 50/09, zitiert nach juris). Diese Voraussetzungen hat das Landgericht hier zu Recht angenommen.

Der Sachverständige muß sich, was seine Pflicht zu Objektivität und Neutralität angeht, grundsätzlich an den gleichen Maßstäben messen lassen, wie sie für den Richter gelten. Er muß alles vermeiden, was ein auch nur subjektives Mißtrauen einer Partei in seine Unabhängigkeit rechtfertigen könnte. Bereits der durch Formulierungen im Gutachten verursachte Anschein von Parteilichkeit macht das Gutachten unbrauchbar, auch wenn es sachlich ohne Mängel ist (Meyer/Höver, JVEG, 25. Aufl. § 8 Rn 8.36 i). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob der Sachverständige im Streitfall tatsächlich voreingenommen war. Maßgeblich ist vielmehr, daß er grob fahrlässig den zur Ablehnung führenden Anschein der Voreingenommenheit erweckt hat. Die an den Geschäftsführer der Beklagten gerichtete Äußerung, dieser könne „nicht alles wegschwätzen“, konnte auch unter Berücksichtigung regionaler mundartlicher Gepflogenheiten nicht im Sinne eines „man hält ein Schwätzchen“ verstanden werden, sondern brachte zum Ausdruck, daß die vom Geschäftsführer der Beklagten vorgebrachten Einwendungen nicht ernst zu nehmen seien und nicht ernst genommen würden. Der Sachverständige darf zwar der Meinung sein, daß Einwendungen der Partei sachlich nicht zutreffen und darf dies im Gutachten auch – mit sachlicher Begründung – klar und deutlich zum Ausdruck bringen. Er darf aber – wie der Richter – nicht den Eindruck erwecken, als befasse er sich mit dem Vorbringen überhaupt nicht. Hier kommt hinzu, daß die Annahme des Sachverständigen, die im Gutachten des Beweisverfahrens angenommenen Feuchtigkeitsschäden seien bis zum Ortstermin unstreitig gewesen, unrichtig war. Die Beklagte hat schon im Beweisverfahren (SS vom 20.6.2008) und ebenso im Hauptverfahren (Klageerwiderung vom 4.5.2009 S. 2, 3, 5, 6) bestritten, daß die Dämmung durchfeuchtet sei. Insoweit beruhte die weitere Äußerung des Sachverständigen „Was glauben Sie eigentlich, warum hier zwei Verfahren angestrengt werden?“ ebenfalls auf dieser unrichtigen Annahme und konnte von der Partei dahin verstanden werden, daß der Sachverständige ihren Bestreitenseinwand ohne eigene Prüfung von vorneherein verwerfe. Daß bei dem Ortstermin nach der Darstellung des Sachverständigen durch das Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten eine angespannte Atmosphäre entstanden sein mag, entlastet den Sachverständigen nicht. Im Gegenteil mußte sich dem Sachverständigen aufdrängen, daß zweifelhafte Äußerungen gerade bei einer angespannten und nachhaltig um Gehör bemühten Partei den Anschein der Voreingenommenheit erwecken und zur Ablehnung führen konnten und gerade deshalb unbedingt zu vermeiden waren, sollte die bis dahin geleistete Arbeit des Sachverständigen nicht wertlos werden. Anhaltspunkte für einen möglicherweise anders zu beurteilenden Fall der durch persönliche Angriffe und Provokationen herausgeforderten scharfen Reaktion des Sachverständigen bestehen hier nicht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

Der Kostenausspruch beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.

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