OLG München – Az.: 1 U 2705/11 – Beschluss vom 11.08.2011
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 30.05.2011 durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Hierzu wird binnen 3 Wochen ab Zugang Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren und das erstinstanzliche Verfahren vor dem Landgericht wird auf jeweils 8.223,08 € festgesetzt.
Gründe
A.
1. Wie aus den Zeugenaussagen und der Anhörung der Klägerin ersichtlich und zwischen den Parteien auch unstreitig, herrschten am Unfalltag winterliche Wetterverhältnisse. Insbesondere hat es den ganzen Tag über in erheblichem Umfang geschneit (vgl. insbesondere Aussage der Zeugin J.). Der Senat hat bereits Zweifel daran, ob jedenfalls unter solchen Bedingungen die Beklagte überhaupt verpflichtet war, den von der Klägerin begangenen Gehweg zu räumen und zu streuen. Die Beklagte war, wie vom Landgericht ausgeführt, nicht verpflichtet, wegen starken Schneefalls ohnehin wenig erfolgversprechende Räum- und Streumaßnahmen vorzunehmen. Dies gilt umso mehr, als der streitgegenständliche Gehweg, der isoliert eine kleinere Bepflanzung umrundet, allenfalls am unteren Ende der Scala streupflichtiger Gehwege einzuordnen ist. Dies kann jedoch, da die Beklagte am Unfalltag unstreitig zumindest zweimal geräumt und gestreut hat (03.30 Uhr bis 07.00 Uhr und 15.00 Uhr bis 18.30 Uhr laut Zeugenaussage F.) dahingestellt bleiben, da der Senat jedenfalls in Anbetracht dieses Umstandes keine Verkehrssicherungspflichtverletzung zu erkennen vermag. Dass an den Stellen entlang der Grünanlage, an denen Fahrzeuge geparkt waren, nicht geräumt und gestreut wurde, weil das Räumfahrzeug dann, weil zu breit, nicht mehr auf dem Gehweg fahren kann, begründet keine Verkehrssicherungspflichtverletzung. Der Senat hat Zweifel daran, ob die Beklagte generell verpflichtet wäre, diese Stellen händisch nachzuräumen und nachzustreuen. Jedenfalls unter den besonderen Witterungsbedingungen am Unfalltag war sie dazu nicht verpflichtet. Es wäre unter den Bedingungen am Unfalltag kontraproduktiv gewesen, wenn der Führer des Räumfahrzeuges mit derartigen Maßnahmen Zeit verliert und deshalb anderweitig wesentlich großräumigere Flächen unbehandelt bleiben. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, da mit unzumutbarem Aufwand verbunden, zusätzlich Personal zur händischen Abräumung derartiger Restflächen auszusenden.
Der Senat weist darauf hin, dass die von winterlichen Wetterverhältnissen ausgehenden Gefahren nicht in den Risikobereich des Verkehrssicherungspflichtigen, sondern in das allgemeine Lebensrisiko des Nutzers der Verkehrsfläche fallen. Der Verkehrssicherungspflichtige schuldet keine perfekten Lösungen, sondern er muss lediglich im Rahmen des ihm Zumutbaren die von winterlichen Verhältnissen ausgehende Gefährdung einhegen. Auch die Klägerin hat jedoch ausdrücklich angegeben, dass der von ihr begangene Weg weitestgehend geräumt war.
2. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Klägerin, wovon das Landgericht ausgeht, ein anspruchsausschließendes Mitverschulden gemäß § 254 BGB zur Last fiele.
Der Klägerin wird empfohlen, die Berufung zur Kostenminderung zurückzunehmen.
B.
Den Streitwert für das Berufungsverfahren bemisst der Senat mit 8.223,08 €, wobei für den Feststellungsantrag 3.000,00 € angesetzt wurden.
Der Senat passt den erstinstanzlichen Streitwertbeschluss vom 16.05.2011, der die auch schon dort erhobene bezifferte materielle Schadensersatzforderung in Höhe von 223,08 € wohl unberücksichtigt gelassen hat, entsprechend an.