AG Ahrensburg, Az.: 42 C 59/15, Urteil vom 23.07.2015
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger € 1.053,38 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2015 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere € 78,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.02.2015 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert wird auf € 4.400,45 bis zum 18.03.2015 und seit dem 19.03.2015 auf € 1.255,31 festgesetzt.
Tatbestand

Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 27.11.2014 auf dem …………in Ahrensburg ereignet hat.
Der Kläger war Halter und Fahrer des Pkw Audi 100 mit dem amtlichen Kennzeichen….
Der Beklagte zu 1) war Halter und Fahrer des Pkw Ford Mondeo mit dem amtlichen Kennzeichen …, welcher zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war.
Am 27.11.2014 gegen 11:15 Uhr befuhr der Kläger mit seinem Pkw den Waldemar-Bonsels-Weg in Ahrensburg in Richtung U-Bahn Station. Er überquerte den Wulfsdorfer Weg und fuhr an der Westapotheke vorbei. Etwa auf dieser Höhe stand auf der rechten Fahrbahnseite ein Pkw. Der Kläger überholte dieses Fahrzeug von links unter Inanspruchnahme der Gegenfahrbahn.
Der Beklagte zu 1) fuhr zur selben Zeit rückwärts aus einer Grundstücksauffahrt auf die Gegenfahrbahn.
Es kam zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge, wobei die linke Fahrzeugseite des klägerischen Pkw beschädigt wurde.
Der Kläger gab in der Folge bei dem Kfz-Sachverständigenbüro B. ein Sachverständigengutachten zur Schadensfeststellung in Auftrag. Dieses ermittelte in seinem Gutachten vom 04.12.2014 Reparaturkosten von € 3.651,93 netto (€ 4.345,80 brutto) bei einem Wiederbeschaffungswert von € 3.900,00 und einem Restwert von € 450,00. Wegen der weiteren Einzelheiten wird in diesem Zusammenhang auf das Gutachten des Kfz-Sachverständigenbüro B. vom 04.12.2014, Anlage K 1, verwiesen.
Für die Erstellung des Gutachtens sind dem Kläger Kosten in Höhe von € 723,52 entstanden. Auf die Rechnung des Kfz-Sachverständigenbüro B. vom 04.12.2014, Anlage K 2, wird insofern Bezug genommen.
Der Kläger bezifferte den Schaden gegenüber der Beklagte zu 2) mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 22.12.2014 (vgl. Anlage K 4) und forderte diese gleichzeitig unter Fristsetzung bis zum 09.01.2015 zur Regulierung auf.
Der Kläger meint, die Beklagten haben in voller Höhe für die ihm aufgrund des Verkehrsunfalls entstandenen Schäden einzustehen. Das Fahrzeug der Zeugin K. sei ordentlich am rechten Fahrbahnrand abgestellt gewesen. Ein Blinken habe er nicht wahrgenommen. Vor dem Pkw der Zeugin K. sei ein weiteres Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand abgestellt gewesen. Bevor er zum Überholvorgang angesetzt habe, habe er sich versichert, dass kein Gegenverkehr komme. Da die Gegenfahrbahn frei gewesen sei, habe er den Überholvorgang eingeleitet. Das Fahrzeug des Beklagten zu 1) habe er erstmals wahrgenommen, als dieses mit der Stoßstange bereits die Bordsteinkante überquert hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er den Pkw der Zeugin K. bereits überholt. Der Beklagte zu 1) sei keineswegs langsam, sondern sehr zügig aus der Grundstücksausfahrt herausgefahren.
Der Kläger hat mit der Klage ursprünglich die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € 4.400,45 sowie die Erstattung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 492,54 begehrt. Der Schadensersatzbetrag setzte sich zusammen aus den Reparaturkosten netto laut Sachverständigengutachten in Höhe von € 3.651,93, den Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens in Höhe von € 723,52 sowie einer Kostenpauschale von € 25,00.
Die Klage ist am 15.01.2015 bei Gericht eingegangen. Nachdem die Beklagte zu 2) mit Abrechnungsschreiben vom gleichen Tage (vgl. Anlage B 1) auf die Hauptforderung einen Betrag in Höhe von € 3.145,14 und auf die Nebenforderung € 413,64 gezahlt hat, hat der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 28.01.2015, bei Gericht eingegangen am 02.02.2015, in Höhe der jeweiligen Zahlungsbeträge für erledigt erklärt. Die Klageschrift ist den Beklagten am 04.02.2015 zugestellt worden.
Der Kläger beantragt nunmehr,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger € 1.255,31 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2015 zu zahlen.
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger weitere € 78,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten schließen sich der teilweisen Erledigungserklärung an und beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, sie seien nicht verpflichtet, weiteren Schadensersatz an den Kläger zu zahlen. Bevor der Beklagte zu 1) sein Fahrzeug rückwärts in Bewegung gesetzt habe, habe er zunächst nach links geschaut und habe das Fahrzeug der Zeugin K. wahrgenommen, welches links blinkend auf der Fahrbahn gewartet habe, um auf die Zufahrt, in der der Pkw des Beklagten gestanden habe, einzufahren. Der Beklagte zu 1) habe sich mit der Zeugin K. durch Blickkontakt dahingehend verständigt, dass diese den Ausfahrvorgang des Beklagten zu 1) abwarte. Da andere Verkehrsteilnehmer von links nicht vorhanden gewesen seien, habe der Beklagte zu 1) sodann nach rechts geschaut und sein Fahrzeug langsam und vorsichtig rückwärts in Bewegung gesetzt. Dabei habe der Beklagte zu 1) auch weiterhin ab und zu nach links geblickt. Als sich der Pkw des Beklagte zu 1) mit dem vorderen rechten Reifen auf der Bordsteinkante befunden habe, also schon recht weit aus der Einfahrt herausgefahren sei, habe der Beklagte zu 1) plötzlich ein Hupen und ein Knirschen wahrgenommen. Der Beklagte zu 1) habe sein Fahrzeug daraufhin sofort angehalten, sei ausgestiegen und habe festgestellt, dass die hintere linke Ecke seines Fahrzeugs von der Fahrerseite des klägerischen Pkw touchiert worden war.
Die Beklagten sind weiter der Ansicht, dass sie bei der von dem Kläger gewählten fiktiven Abrechnung nicht verpflichtet seien, die geltend gemachten Netto-Reparaturkosten zu ersetzen. Da nach dem Gutachten des Kfz-Sachverständigenbüros B. ein Totalschaden eingetreten sei, sei bei der Regulierung der Wiederbeschaffungsaufwand zugrunde zu legen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 02.07.2015 Bezug genommen.
Der Kläger sowie der Beklagten zu 1) wurden gemäß § 141 ZPO persönlich angehört. Es wurde ferner Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin R. K.. Wegen dem Ergebnis der persönlichen Anhörung und dem der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 02.07.2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in der tenorierten Höhe begründet. Die weitergehende Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € 1053,38. Der Anspruch folgt aus §§ 7Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 823Abs. 1, 249 BGB, gegenüber der Beklagten zu 2) in Verbindung mit § 115 Abs. 1 VVG.
Gemäß § 7 Abs. 1 StVG ist der Halter eines Kraftfahrzeugs verpflichtet, dem Geschädigten den Schaden zu ersetzen, der entsteht, wenn beim Betrieb des Kraftfahrzeugs eine Sache beschädigt wird. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG liegen vor. Das Fahrzeug des Klägers wurde im öffentlichen Straßenverkehr bei Betrieb des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) beschädigt.
Ein Anspruch des Klägers ist nicht gemäß § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist die Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wurde. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Auch haben weder der Kläger noch der Beklagte zu 1) geltend gemacht, dass der streitgegenständliche Unfall ein die Haftung der Fahrzeughalter untereinander ausschließendes unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG gewesen sei.
Die nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge der beiden am Schadenseintritt beteiligten Kraftfahrzeuge führt dazu, dass die Beklagten dem Kläger als Gesamtschuldner 100 % des ihm entstandenen Schadens zu ersetzen haben. Denn nach der vorgenannten Vorschrift gilt: Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Bei der anzustellenden Abwägung dürfen nur solche Umstände Berücksichtigung finden, deren Unfallursächlichkeit feststeht, d. h. unstreitig oder zur Überzeugung des Gerichts bewiesen sind.
Der Beklagte zu 1) hat gegen die Bestimmungen der §§ 10Satz 1, 9 Abs. 5 StVO verstoßen, indem er sich beim rückwärtigen Ausfahren aus der Grundstücksausfahrt nicht so verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war.
Die Kollision ereignete sich vorliegend unstreitig im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem rückwärtigen Ausparkvorgang des Beklagten zu 1).
Beim Rückwärtsausparken hat der betreffende Verkehrsteilnehmer nach § 10 S. 1 StVO (Anfahren vom Straßenrand) und § 9 V StVO (Rückwärtsfahren) jede Gefährdung des fließenden Verkehrs auszuschließen. Kommt es zu einem Unfall mit dem bevorrechtigten fließenden Verkehr, spricht der Anscheinsbeweis für das Alleinverschulden des rückwärts Ausparkenden (vgl. OLG München, Urteil vom 14.02.2014, Az. 10 U 2815/13 m. w. N. – zitiert nach juris). Da von dem rückwärts Ausparkenden ein Höchstmaß an Sorgfalt gefordert wird, tritt die Betriebsgefahr des sich im fließenden Verkehr befindlichen Fahrzeugs regelmäßig zurück (Burmann in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Auflage 2014, § 10 StVO, Rn. 8 m. w. N.). Will der rückwärts Ausparkende der Alleinhaftung wenigstens teilweise entgehen, muss er den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis erschüttern, indem er vorträgt und beweist, dass er entweder bereits solange auf dem bevorrechtigten Fahrbahnteil stand, dass sich der fließende Verkehr auf ihn einstellen konnte und musste oder dass er sich so weit von der Stelle des Losfahrens entfernt und sich in seinem Fahrverhalten (Einordnen, Geschwindigkeit) so dem Verkehrsfluss angepasst hatte, dass die Tatsache seines Anfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr für den weiteren Geschehensablauf ursächlich sein kann (vgl. OLG München, a. a. O.).
Den Beklagten ist es vorliegend mangels entsprechendem Tatsachenvortrag nicht gelungen, den Beweis des ersten Anscheins zu widerlegen.
Der Vorwurf, die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen nicht walten gelassen zu haben, entfällt für den Beklagten zu 1) auch nicht deswegen, weil der Kläger im Unfallbereich beim Überholen die Gegenfahrbahn benutzt hat. Der aus einem Grundstück Ausfahrende hat sich grundsätzlich darauf einzustellen, dass der ihm gegenüber für die gesamte Straße Vorfahrtberechtigte in diesem Sinn von seinem Recht Gebrauch macht (vgl. BGH, Urteil vom 13.11.1990, Az. VI ZR 15/90 m. w. N. – zitiert nach juris). Demgegenüber darf der sich im fließenden Verkehr bewegende Vorfahrtsberechtigte, sofern nicht Anzeichen für eine bestehende Vorfahrtsverletzung sprechen, darauf vertrauen, dass der Einbiegende sein Vorrecht beachten werde (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.2011, Az. VI ZR 282/11 m. w. N. – zitiert nach juris).
Nach diesem im Straßenverkehr allgemein geltenden Vertrauensgrundsatz konnte der Kläger sich grundsätzlich darauf verlassen, dass Beklagte zu 1) sein Vorfahrtsrecht beachten und ihn vorbeilassen würde, ehe er in Waldemar-Bonsels-Weg einbiegen würde. Soweit der Kläger der Vertrauensgrundsatz zur Seite stand, brauchte er nicht vorherzusehen, dass seine Fahrweise zu einem Unfall führen würde (vgl. BGH, a. a. O.).
Der Vertrauensgrundsatz gilt zugunsten des Vorfahrtsberechtigten allerdings nicht mehr, sobald dieser aus besonderen Umständen erkennt oder bei gebotener Sorgfalt erkennen kann, dass ihm der Wartepflichtige die Vorfahrt nicht einräumen wird. Dabei gilt, dass der Vorfahrtsberechtigte mit der Missachtung seines Vorrechts solange nicht zu rechnen braucht, wie der Wartepflichtige noch die Möglichkeit hat, sein Fahrzeug durch eine gewöhnliche Bremsung rechtzeitig anzuhalten, so dass der Vorfahrtsberechtigte ungefährdet vor ihm vorüberfahren kann. Erst wenn diese Möglichkeit nicht mehr besteht, wird der Unfall für den Vorfahrtsberechtigten vorhersehbar und es stellt sich für ihn die Frage der Vermeidbarkeit (vgl. BGH, a. a. O).
Im Streitfall war der Kläger nicht gehalten, sein Fahrverhalten zu verändern, sobald für ihn das Fahrzeug des Beklagten im Bereich der Ausfahrt erkennbar wurde. Es kommt insofern auch nicht darauf an, in welcher Entfernung das gegnerische Fahrzeug für den Kläger bereits zu sehen war. Denn der Kläger musste sich nicht bereits bei Erkennbarkeit des gegnerischen Fahrzeugs auf eine Vorfahrtsverletzung durch den Beklagten zu 1) einstellen. Er durfte darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 1) sein Vorfahrtsrecht beachten würde. Entscheidend ist, ob der Kläger den Unfall hätte vermeiden können, als er erkennen musste, dass der Beklagte zu 1) seine Vorfahrt missachten würde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Kläger sowohl eine Schrecksekunde als auch die Reaktions- und Bremsansprechzeit zugute zu halten sind. Bei einer durch die Verkehrssituation gebotenen Verringerung der zulässigen Geschwindigkeit unter das bis dahin zulässige Maß ist dem verkehrsgerecht Fahrenden bei Eintritt der kritischen Verkehrslage stets eine Reaktions- und Bremszeit zuzubilligen (vgl. BGH, a. a. O.).
Tatsachenvortrag der insofern darlegungsbelasteten Beklagten dazu, aus welchen Umständen und ab wann der Kläger auf eine konkrete Gefahrenlage hätte schließen müssen, liegt nicht vor. Die Beklagten haben in diesem Zusammenhang allein behauptet, der Kläger habe bereits beim Einleiten des Überholvorgangs das rückwärts auf die Fahrbahn ausparkende Fahrzeug des Beklagten zu 1) gesehen. Die Beklagten sind hinsichtlich dieses Vortrags beweisfällig geblieben. Die zum Beweis dieser Behauptung angebotene Zeugin K. hat ausgesagt, dass sich das Fahrzeug des Beklagten zu 1) zum Zeitpunkt des Beginns des Überholvorgangs noch mit dem Heck auf dem Radweg und noch nicht auf der Fahrbahn befunden habe. Der Kläger durfte folglich zum Zeitpunkt des Beginns des Überholvorgangs nach dem oben Gesagten darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 1) sein Vorfahrtsrecht beachten wird. Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger zu dem Zeitpunkt, als er erkennen musste, dass der Beklagte zu 1) sein Vorfahrtsrecht missachten wird, noch möglich war, den Unfall zu vermeiden, liegen nicht vor.
Auch anderweitige Sorgfaltspflichtverletzungen des Klägers, die zu seiner anteiligen Mithaftung führen, sind nicht feststellbar.
Soweit sich die Beklagten darauf berufen, die Mithaftung des Klägers folge daraus, dass dieser im Bereich der Unfallstelle die Zeugin K. nicht hätte überholen dürfen, teilt das Gericht diese Auffassung nicht. Es kann dahinstehen, ob der Kläger gegen ein Überholverbot des § 5 StVO verstoßen hat; denn Überholverbote schützen allein den Gegenverkehr und bezwecken nicht den Schutz des aus einem Grundstück in die Fahrbahn einfahrenden Verkehrsteilnehmers (vgl. KG Berlin, Urteil vom 12.02.1998, Az.: 12 U 5603/96 – zitiert nach juris).
Nach alledem ist von einer Alleinhaftung der Beklagten auszugehen.
Der Kläger kann von den Beklagten gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB einen Schadensbetrag in Höhe von € 1.053,38 ersetzt verlangen. Ein darüber hinausgehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Dies ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:
Ein Ersatz in Höhe der von dem Sachverständigen geschätzten Netto-Reparaturkosten steht dem Kläger nicht zu. Ein Vergleich der von dem Sachverständigen geschätzten Brutto-Reparaturkosten von € 4.345,80 mit dem festgestellten Wiederbeschaffungswert von € 3.900,00 ergibt, dass die Brutto-Reparaturkosten etwa 11 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In den Fällen, in denen die Brutto-Reparaturkosten bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs liegen, können Reparaturkosten nur ersetzt verlangt werden, wenn die Reparaturkosten konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt. Andernfalls ist die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 03.03.2009, VI ZR 100/08 m. w. N. – zitiert nach juris; Wellner in: NJW 2012, 7, 9 f.).
Da der Kläger nicht zu einer etwaig erfolgten Reparatur seines Fahrzeuges vorgetragen hat, sind ihm die veranschlagten Netto-Reparaturkosten zu ersetzen, wobei der Wiederbeschaffungsaufwand den Ersatz nach oben begrenzt. Der Wiederbeschaffungsaufwand beträgt vorliegend € 3.450,00 (Wiederbeschaffungswert: € 3.900,00 – Restwert: € 450,00 = € 3.450,00).
Nach alledem kann der Kläger folgende Schadenspositionen ersetzt verlangen:
Wiederbeschaffungsaufwand: € 3.450,00
Kosten für den Sachverständigen: € 723,52
Kostenpauschale: € 25,00
= € 4.198,52
Von diesem Betrag sind die von der Beklagten zu 2) bereits geleisteten € 3.145,14 in Abzug zu bringen, da insofern Erfüllung eingetreten ist, § 362 Abs. 1 BGB. Damit verbleibt ein noch zu zahlender Betrag in Höhe von € 1.053,38 (€ 4.198,52 – € 3.145,14 = € 1.053,38)
Der diesbezügliche Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB, 288 Abs. 1, 187 Abs. 1 analog BGB, da sich die Beklagten nach dem Schreiben der Klägerseite vom 22.12.2014 hinsichtlich des berechtigten Teils der Forderung am 10.01.2015 in Verzug befanden.
2.
Der Anspruch auf vorgerichtliche entstandene Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 7Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 249 BGB, gegenüber der Beklagten zu 2) in Verbindung mit § 115 Abs. 1 VVG. Im Rahmen einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG sind ebenfalls die durch eine vorgerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwaltes entstandenen Kosten vom Schutzbereich der verletzten Norm umfasst und über § 249 BGB ersatzfähig, da die Beauftragung eines Rechtsanwaltes regelmäßig erforderlich und zweckmäßig ist. Der diesbezügliche Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB.
3.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91 aAbs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1,100 Abs. 4 ZPO.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich eines Teils der Hauptforderung von € 3.145,14 sowie eines Teils der geltend gemachten Nebenforderungen übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten aufzuerlegen. Dies entspricht der Billigkeit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands. Vorliegend war deshalb den Beklagten insoweit die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in Form der erfolgten Teilzahlung von € 3.145,14 auf die Hauptforderung sowie € 413,64 auf vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in dem Rechtsstreit insoweit unterlegen wären.
Soweit die Klage abgewiesen worden ist, handelt es sich um eine verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, sodass den Beklagten auch insoweit die Kosten aufzuerlegen sind.
4.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.
5.
Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 43Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO. Da die Rechtshängigkeit der Klage in Bezug auf den für erledigt erklärten Teil mit Zugang der Zustimmungserklärung der Beklagten vom 17.03.2015 bei Gericht am 18.03.2014 entfallen ist, ist ein nach Zeitabschnitten gestaffelter Streitwert festzusetzen.