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Verkehrsunfall – zwischen ausparkendem Fahrzeugführer und Fahrzeugführer im fließenden Verkehr

AG Trier – Az.: 31 C 261/11 – Urteil vom 11.11.2011

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 03. Dezember 2009 gegen 20.50 Uhr in Trier-Pallien ereignet hat.

Der Kläger hatte sein Fahrzeug in der K.- Straße in Höhe des Anwesens Nummer … in Fahrtrichtung Trier-West/Euren am Fahrbahnrand abgestellt. Er beabsichtigte, in den fließenden Verkehr einzufahren und nach einem U-Turn Richtung B.- Straße zu fahren. Während dieses Fahrmanövers kam es zur Kollision mit dem Auto des Beklagten zu 1., amtl. Kennzeichen – … -, welches bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert ist, der die K.- Straße in Richtung Trier-West/Euren befuhr. Die unfallaufnehmenden Polizeibeamten stellten bei dem Beklagten zu 1. eine BAK von 1,29 Promille fest.

Das Fahrzeug des Klägers erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden. Der Wiederbeschaffungsaufwand beläuft sich auf 2.951,46 EUR, wovon der Kläger 75 % sowie 75 % der Kostenpauschale von 25,00 EUR geltend macht.

Der Kläger trägt vor, er habe das Wendemanöver schon mehr als die Hälfte durchgeführt gehabt und sich bereits auf der Fahrspur in Richtung Bitburger Straße befunden, als der Beklagte zu 1. seine Gegenfahrbahn befahrend in ihn hinein gefahren sei. Der Beklagte zu 1. sei deutlich zu schnell gefahren.

Der Kläger beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 2.231,35EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Januar 2010 sowie vorgerichtliche, anrechnungsfähige Anwaltskosten in Höhe von 272,87 EUR zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, der Kläger sei angefahren und in den in dem Moment an ihm vorbeifahrenden Beklagten zu 1. hinein.

Das Gericht hat Beweis erhoben zum Unfallhergang durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Zum Ergebnis wird Bezug genommen auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen … vom 25. Mai 2011 (Bl. 87 ff.).

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht dem Kläger gegenüber den Beklagten kein Anspruch auf Ersatz seiner bei dem Unfall entstandenen Schäden zu, §§ 7, 17, 18 StVG, 823, 249 BGB, 155 WG.

Nach umfassender Abwägung der unstreitigen sowie der bewiesenen Umstände haftet der Kläger für die Unfallfolgen alleine.

Der Kläger hat den Verkehrsunfall schuldhaft verursacht. Der Kläger hat gegen § 10 StVO verstoßen. Er musste sich nach dem Parken und Wiedereinordnen in den fließenden Verkehr so verhalten, dass jede Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Geschieht ein Unfall beim Anfahren vom Fahrbahnrand, dann spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Anfahrenden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.02.1978, AZ: 12 U 169/77, zitiert nach Juris). Diesen Anscheinsbeweis hat der Kläger nicht entkräftet. Seine Unfalldarstellung ist nach dem Sachverständigengutachten nicht bewiesen.

Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen … in seinem Gutachten sowie im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens haben, unter Berücksichtigung aller verfügbaren Eingangsvoraussetzungen, die Angaben des Klägers nicht betätigt werden können, dass er sich mit seinem Fahrzeug bereits auf der linken Fahrbahn der Gegenspur befunden habe, als der Beklagte zu 1. mit seinem Pkw gegen den vorderen linken Abschluss geprallt sei. Ebenso hat der Sachverständige nicht bestätigen können, dass der Anstoß derart heftig gewesen sei, dass der Kläger sich um die eigene Achse gedreht und schließlich auf die Richtungsfahrbahn Trier-West zurückgeschleudert worden sei. Vielmehr haben nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen die polizeilicherseits gesicherten Unfallindizien sowie die Dokumentation der Schadenscharaktere an den unfallbeteiligten Fahrzeugen ergeben, dass die Kollision beider Pkw sich in unmittelbarer Nähe der dokumentierten Standposition des klägerischen Pkw’s ereignet hat. Daraus folgt, dass zum Zeitpunkt der Kollision der Kläger gerade etwa eine Fahrzeuglänge angefahren war und sich in einer diagonalen Ausrichtung auf der rechten Geradeausspur befunden hat. Nach den Berechnungen des Sachverständigen hat der Kläger vom Anfahren bis zur Kollision eine Geschwindigkeit von etwa 10-15 km/h erreicht. Für den Pkw des Beklagten zu 1. hat er eine Kollisionsgeschwindigkeit von ca. 40-50 km/h ermittelt. Weiterhin belegt die Ausrichtung des Pkw des Beklagten zu 1. zum Zeitpunkt der Kollision eine entsprechende Abwehrhandlung in Form einer Ausweichlenkung und nach Auffassung des Sachverständigen auch sehr wahrscheinlich eine Abwehrbremsung. Eine höhere Kollisionsgeschwindigkeit des Pkw des Beklagten zu 1. ist aufgrund aller verfügbaren Eingangsvoraussetzungen nicht plausibel, da dann die Schäden bzw. die Endstände nicht kompatibel sind zu den festgestellten.

Demgegenüber steht nach obigen Ausführungen des Sachverständigen ein Verschulden des Beklagten zu 1. nicht fest. Insbesondere ist der Beklagte zu 1, nicht mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte zu 1. zum Unfallzeitpunkt infolge vorangegangenen Alkoholgenusses unstreitig absolut fahruntüchtig war. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit bei der Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVG nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sich nachweislich unfallursächlich ausgewirkt hat, wenn also feststeht, dass ein nüchterner Kraftfahrer in derselben Situation unfallverhütend reagiert hätte (BGH NJW 1995,1029; KG Berlin, Urteil vom 06.03.2003, AZ: 12 U 229/01, zitiert nach Juris). Daran fehlt es hier. Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen steht gerade nicht fest, dass der Beklagte zu 1. aufgrund seiner alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit zu spät reagiert hat. Vielmehr hat der Sachverständige Reaktionen des Beklagten zu 1. festgestellt. Es ist auf jeden Fall von einem Ausweichmanöver auszugehen, Nach den Angaben des Sachverständigen ist auch ein Abbremsverhalten sehr wahrscheinlich. Zudem ist nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen … nicht ausgeschlossen, dass der klägerische Pkw vom Anfahren bis zur Kollision lediglich einen Zeitintervall von 2,2 Sekunden benötigte. Ausgehend von einer normalen Reaktion des Beklagten zu 1. und einer Ausgangsgeschwindigkeit von 45-55 km/h – eine höhere konnte positiv nicht festgestellt werden – ergibt sich, dass sich der Beklagte zu 1. rund 30 Meter von der Startposition des klägerischen Pkw’s entfernt befunden hat. Dieses relativ kurze Zeitintervall ermöglicht dem vorfahrtsberechtigten Unfallgegner allenfalls den Ansatz entsprechender Abwehrhandlungen in Art einer Ausweichlenkung, wahrscheinlich gekoppelt mit einer kurzzeitigen Abbremsung, die indes nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Daraus ergibt sich, dass auch ein nicht alkoholisierter Fahrer unter diesen Voraussetzungen nicht in der Lage gewesen wäre, ausreichend unfallverhütend zu reagieren.

Es verbleibt somit seitens des Klägers bei einem Verstoß gegen § 10 StVO sowie gegen § 9 Abs. 5 StVO, wohingegen ein schuldhafter unfallursächlicher Verkehrsverstoß seitens des Beklagten zu 1. nicht hat festgestellt werden können. Da der Kläger bei seinem Verkehrsvorgang des Anfahrens vom Fahrbahnrand sowie des beabsichtigten Wendens eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen hatte, dies entsprechend obiger Ausführungen jedoch nicht getan hat, haftet der Kläger für die Unfallfolgen allein. Ein irgendwie gearteter Verursachungsanteil des Beklagten zu 1. an dem streitigen Verkehrsunfall liegt – wie bereits erörtert – nicht vor. Im Hinblick auf die Gefährlichkeit des Fahrmanövers des Klägers hat dieser für die Unfallfolgen alleine einzustehen.

Die Nebenentscheidungen der nach alledem abzuweisenden Klage beruhen auf §§ 91, 709 Satz 2 ZPO

Der Streitwert wird auf 2.232,35 EUR festgesetzt.

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