LG Potsdam – Az.: 6 O 332/17 – Urteil vom 04.05.2018
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. die Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der jeweilige Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 5.553,19 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall in Brandenburg a. d. H.
Unfallbeteiligt waren der von dem Zeugen K gesteuerte Pkw VW Golf sowie der von dem Beklagten zu 1 gesteuerte Pkw Skoda Superb, für dessen Haftpflichtversicherung der Beklagte zu 2 einstandspflichtig ist. Die beiden Fahrzeuge berührten einander am 19. November 2016 gegen 21:05 Uhr auf der Straße Neustädtischer Markt, auf der sie beide in Richtung Stadtmitte unterwegs waren, in Höhe der Hausnummer 3. Die Straße ist dort zweispurig. Der Beklagte zu 1 befuhr die linke Spur, der Zeuge K die rechte. Der Zeuge K wurde im Folgenden wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe verurteilt.
Die Klägerin holte am 23. November 2016 ein Gutachten des TÜV Rheinland zu den Unfallschäden zu Kosten von 739,35 € ein. Danach war der Allgemeinzustand des Fahrzeugs gut. Es konnten augenscheinlich weder reparierte noch unreparierte Vorschäden festgestellt werden, lediglich altersgemäße Gebrauchsspuren. Das Fahrzeug war beschädigt und schadensbedingt nicht verkehrssicher. Der Kotflügel war deformiert, die Tür im Kantenbereich am Lack beschädigt, der Scheinwerfer verschrammt, der Stoßfänger verschoben, Kotflügel und Stoßfänger verformt. Die Reparaturkosten schätzte der Gutachter auf netto 3.528,88 € = 4.199,37 € brutto bei einer voraussichtlichen Reparaturdauer von drei Arbeitstagen, den Wiederbeschaffungswert weit darüber, die Wertminderung mit 600 €.
Die Klägerin ließ das Fahrzeug am 10. März 2017 zu Kosten von brutto 4.017,05 € reparieren. Die Werkstatt stellte ihr einen Mietwagen für vier Tage zu Kosten von 176,79 €.
Mit Anwaltsschreiben vom 5. April 2017 machte die Klägerin gegenüber der zuständigen Haftpflichtversicherung 4.953,19 € als Schaden geltend, zu zahlen bis zum 19. April 2017. Sie mahnte am 2. Oktober 2017 unter Hinweis darauf, dass die Versicherung mit Schreiben vom 11. April 2017 erklärt habe, die Hälfte der entstandenen Schäden übernehmen zu wollen, bislang aber nicht bezahlt habe. Am 2. Oktober 2017 berechnete der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ihr 571,44 €.
Die von dem Zeugen K gehaltene Haftpflichtversicherung für das klägerische Fahrzeug erstattete dem Beklagten zu 1 den ihm entstandenen Schaden vollumfänglich.
Die Klägerin macht nunmehr klageweise die Reparaturkosten von 4.017,05 €, die Mietwagenkosten von 176,79 €, die Wertminderung laut Gutachten von 600 €, die Gutachterkosten von 739,35 €, sowie eine Kostenpauschale von 20 €, sowie die außergerichtlichen Anwaltskosten geltend.
Sie behauptet, sie sei Eigentümerin des VW Golf. Zum Unfallhergang trägt sie vor: Der Beklagte zu 1 habe etwa 100 m vor der Kreuzung mit der Steinstraße/Sankt Annenstraße plötzlich und ohne erkennbaren Grund versucht, nach rechts auf die Spur des Zeugen K zu wechseln.
Die Klägerin beantragt mit ihrer dem Beklagten zu 1 am 16. Januar 2018 und dem Beklagten zu 2 am 7. November 2017 zugestellten Klage,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 5.553,19 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 20. April 2017 sowie weitere 571,44 € als vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie behaupten zum Unfallhergang, das klägerische Fahrzeug sei etwa 46,5 m vor der genannten Kreuzung im Ausland einer Rechtskurve nach links gezogen und in die Spur des Beklagtenfahrzeugs hinein gefahren, das seine Spur nicht verlassen habe. Im Folgenden hätten beide Fahrzeuge kurz angehalten. Der Beklagte zu 1 sei zum Zeugen K gegangen und habe dort Alkoholgeruch festgestellt. Er habe angekündigt, die Polizei zu rufen, woraufhin der Zeuge gesagt habe: „Was Polizei, Arschloch!“, und fortgefahren sei.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 25. April 2018 hat die Klägerin mehr zu ihrer Eigentümerstellung vorgetragen.
Entscheidungsgründe
Die ohne weiteres zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz nicht zu.
Er lässt sich insbesondere nicht auf §§ 7 und 18 StVG stützen. Nach § 7 Abs. 1 StVG ist, wenn bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs eine Sache beschädigt wird, der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Soweit der Halter haftet, ist nach § 18 Abs. 1 StVG auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Voraussetzung ist also jeweils zunächst, dass die Klägerin „Verletzte“ im Sinne der Vorschriften ist, das heißt Eigentümerin der bei dem Unfall beschädigten Sache, hier des Pkw VW Golf.
Das ließ sich nicht feststellen. Die Klägerin hat dies zwar behauptet. Die Beklagten haben dies indes – zulässigerweise – bestritten, zumal der Zeuge K unmittelbarer Besitzer des Fahrzeugs im Unfallzeitpunkt war und er unstreitig auch Versicherungsnehmer ist. Die Klägerin hat hierauf weder für ihre Eigentümerstellung streitende Tatsachen rechtzeitig vorgetragen noch solche unter Beweis gestellt. Das hat sie erst mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25. April 2018 getan, das heißt nach Schluss der mündlichen Verhandlung und damit verspätet gemäß § 296a ZPO. Der Klägerin war auch nicht gemäß § 283 ZPO die im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragte Schriftsatzfrist zu gewähren. Denn die Klägerin musste sich nicht auf ein Vorbringen des Gegners erklären, das ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist. Die Beklagten haben vielmehr schon in der jeweiligen Klageerwiderung ihre Eigentümerstellung bestritten. Angesichts dessen war auch ein Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO entbehrlich, der für sich eine Schriftsatzfrist nötig gemacht hätte gemäß § 139 Abs. 5 ZPO. Denn ein Hinweis ist nur erforderlich bezüglich eines Gesichtspunkts, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat. Das ist nicht der Fall, wenn die betroffene Partei – wie hier – von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat (vgl. nur BGH NJW-RR 2010, 70). Die Klägerin muss sich die Nachlässigkeit ihres Anwalts zurechnen lassen gemäß § 85 Abs. 2 ZPO.
Für den Anspruch auf § 823 Abs. 1 BGB gegenüber dem Beklagten zu 1 gilt Entsprechendes.
Die Nebenansprüche teilen das Schicksal der Hauptforderung.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2 und 711 ZPO, die Streitwertentscheidung § 43 GKG.