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Verpflichtung zur Abgabe einer Baulast – Nebenpflicht Grunddienstbarkeit

Oberlandesgericht Hamm – Az.: 5 U 78/16 – Urteil vom 16.02.2017

Die Berufung des Beklagten gegen das am 27.04.2016 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; das angefochtene Urteil ist jetzt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

1

A.

Die Parteien sind Nachbarn und streiten über die Abgabe einer Baulasterklärung.

Der KIäger ist Eigentümer des Grundstücks Dr.-C.-P-T2 ……… in C, eingetragen im Grundbuch von E Blatt …………, Flur X, Flurstück X. Das Flurstück X ist aus der Verschmelzung der Flurstücke Nr. X und Nr. X hervorgegangen (vgl. Anlage K1 = Bl. 5).

Der Beklagte ist Eigentümer des Nachbargrundstücks Dr.-C.-P-T2 ………, eingetragen im Grundbuch von E Blatt …………, Flur X, Flurstück X.

Das Grundstück des Beklagten ist zugunsten des klägerischen Grundstücks mit einer Grunddienstbarkeit – Wegerecht – belastet. Die Grundbucheintragung im Grundbuch von E Blatt …………, Abt. II, lfd. Nr. 1, erfolgte aufgrund notarieller Eintragungsbewilligung vom …………..1969 (UR-Nr. ……/1969 Notar Dr. E3 – vgl. Anlage K13 = Bl. 55 d.A.). Diese lautet unter § 5 der notariellen Urkunde wie folgt:

„Die Käufer räumen an dem Grundstück E Flur X Flurstück Nr. X den jeweiligen Eigentümern folgender Grundstücke in der G2

Flur X Nr. 23 = z.Zt. D, … …

das Recht zum Gehen und Fahren für alle Zwecke der herrschenden Grundstücke ein; sie bewilligen und beantragen dieses Wegerecht im Grundbuch einzutragen und auch in dem Verzeichnis der herrschenden Grundstücke zu vermerken.“

Der Kläger hat Ende Februar 2015 beim Bauordnungsamt der Stadt C die Nutzungsänderung der ehemaligen Lagerräume im Erdgeschoss des Hauses Dr.-C.-P-T2 ………a in eine Wohnung beantragt. Das Bauordnungsamt hat die Genehmigung der Nutzungsänderung davon abhängig gemacht, dass der Beklagte eine Baulasterklärung hinsichtlich des Flurstücks X als Zuwegung abgibt. Dieses Verlangen hat die Stadt C – Bauordnungsamt – mit Schreiben vom 14.07.2015 (Anlage K3 = Bl. 7 f. d.A.) gegenüber dem Kläger noch einmal bekräftigt und u.a. erklärt, dass das Bauvorhaben des Klägers z.Zt. gegen § 4 (1) Bauordnung NRW verstoße, da das Wohnhaus Dr.-C.-P-T2 ………a nicht öffentlich-rechtlich gesichert und erschlossen sei. Die im hinteren Grundstücksbereich errichteten Garagen seien 1963 genehmigt worden, zu diesem Zeitpunkt habe es noch keine Sicherung der Erschließung über die Baulastregelung gegeben. Das privat vereinbarte Wegerecht habe baurechtlich gesehen keine Bedeutung. Die Erschließung des Wohnhauses und des Garagenhofes sei öffentlich-rechtlich über eine Baulast zu sichern und dem Bauordnungsamt nachzuweisen. Der Kläger solle auch die Möglichkeit des Klageverfahrens in Betracht ziehen, um die öffentlich-rechtliche Erschließung durchzusetzen.

Der Kläger hat daraufhin den Beklagten mehrfach schriftlich, zunächst mit Schreiben vom 11.06.2015, zuletzt mit Schreiben vom 06.08.2015 (vgl. Anlagen K4 bis 7 = Bl. 9 ff d.A.) erfolglos zur Abgabe der Baulasterklärung aufgefordert. Er hat dabei zugleich zugesagt, die hierfür entstehenden Kosten zu übernehmen.

Der Beklagte hat mit anwaltlichem Schreiben vom 02.03.2016 (Bl. 137 ff d.A.) gegenüber dem Bauordnungsamt der Stadt C Widerspruch gegen die in Aussicht gestellte Genehmigung der Nutzungsänderung erhoben.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe einen Anspruch gegen den Beklagten auf Abgabe der Baulasterklärung, welche deckungsgleich zu dem eingetragenen Wegerecht sei. Die begehrte Nutzungsänderung führe nicht zu einer höheren Verkehrsfrequenz auf der mit dem Wegerecht belasteten Fläche. Die Einräumung der Baulast stelle für den Beklagten keine über die derzeitigen durch das Wegerecht abgesicherten Gegebenheiten hinausgehende Beeinträchtigung dar.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zur Abgabe nachfolgender Erklärung gegenüber dem Bauordnungsamt der Stadt C zu verurteilen, wobei die Erklärung in Schriftform und in einer durch das Ortsgericht oder durch einen Notar in beglaubigter Form zu erstellen ist:

„Baulasterklärung Zuwegungsbaulast

Ich, Herr E, wohnhaft Dr.-C.-P-Str. ………, …………… C, bin Eigentümer des Grundstücks in C, Dr.-C.-P-Str. ………, G2, Flur X, Flurstück X.

Ich übernehme hiermit nachstehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung für o.g. Grundstück und beantrage die Eintragung in das Baulastverzeichnis von C:

Verpflichtung auf dem Flurstück eine Fläche von 40 m Länge und 4 m Breite, die in dem in Anlage 1 beigefügten Lageplan grün schraffiert ist, als Zuwegung (Zu- und Abfahrt) im Sinne des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 der Bauordnung NRW zu dem Grundstück Dr.-C.-P-Str. ………a, G2, Flur X, Flurstück X anzulegen und zu unterhalten, ständig freizuhalten und allen Benutzern zugänglich zu machen.

Diese Erklärung gilt als Baulasterklärung im Sinne von § 83 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.03.2000 (GV.NW S. 256) in der z.Z. gültigen Fassung.

Diese Erklärung ist kraft Gesetzes gegenüber allen Rechtsnachfolgern wirksam und kann nur gelöscht werden, wenn ein öffentlich-rechtliches Interesse am Bestehen der Baulast nicht mehr vorliegt.

Durch diese Verpflichtung werden zusätzliche privatrechtliche Vereinbarungen (Anlegung, Instandhaltung, Entschädigung, dingliche Sicherung usw.) nicht berührt bzw. ersetzt.

C, den …

…………………………………….

(Unterschrift: E2).“;

hilfsweise

den Beklagten zur Abgabe der nachfolgenden Erklärung gegenüber dem Bauordnungsamt der Stadt C zu verurteilen, wobei die Erklärung in Schriftform und in einer durch das Ortsgericht oder durch einen Notar in beglaubigter Form zu erstellen ist:

„Baulasterklärung

Dr.-C.-P-Str. ………, …………… C

Ich, Herr E2, wohnhaft Dr.-C.-P-T2 ………, …………… C, bin Eigentümer des Grundstücks in C, Dr.-C.-P-Str. ………, G2, Flur X, Flurstück X.

Ich übernehme hiermit nachstehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung für mein Grundstück und beantrage die Eintragung in das Baulastverzeichnis von C:

Verpflichtung, Wege- und Fahrrecht für das Wohngebäude Dr.-C.-P-T2 ………a, …………… C.

Diese Erklärung gilt als Baulasterklärung im Sinne von § 83 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.03.2000 (GV.NW S. 256) in der z.Z. gültigen Fassung.

Diese Erklärung ist kraft Gesetzes gegenüber allen Rechtsnachfolgern wirksam und kann nur gelöscht werden, wenn ein öffentlich-rechtliches Interesse am Bestehen der Baulast nicht mehr vorliegt.

Durch diese Vereinbarung werden zusätzliche privatrechtliche Vereinbarungen (Anlegung, Instandhaltung, Entschädigung, dingliche Sicherung usw.) nicht berührt bzw. ersetzt.

C, den …

………………………………..

(Unterschrift. E2).“

Der Beklagte hat beantragt,

1.

die Klage abzuweisen;

2.

hilfsweise der Klage stattzugeben nur Zug-um-Zug gegen

a)

Zahlung eines Jahresentgelts für die Gestattung der Baulast i.H.v. 2.109,45 Euro,

b)

Übernahme der dem Beklagten durch eine notarielle Beglaubigung einer etwa abzugebenden Baulasterklärung entstehenden Kosten,

c)

Abschluss eines Gestattungsvertrages zwischen dem Kläger und dem Beklagten des Inhalts, dass unbeschadet weitergehender gesetzlicher Verpflichtungen des Klägers dieser gehalten ist,

(1)

die vorhandene Pflasterung der Zuwegung zu unterhalten und instand zu setzen, und zwar auch insoweit, als dies für das Benutzungsrecht des Beklagten erforderlich ist,

(2)

die Nutzung der Zuwegung nur für sich selbst, seine Hausgenossen und seine Mieter im Wohngebäude Dr.-C.-P-T2 ………a, …………… C, zu beanspruchen, wobei das Befahren der Zuwegung mit Privat-Kraftfahrzeugen nicht zugelassen ist, hilfsweise nur in der Zeit von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr mit Schrittgeschwindigkeit,

(3)

das Parken von Kraftfahrzeugen auf dem Flurstück X außerhalb der 5 errichteten Garagen zu unterlassen bzw. zu unterbinden,

(4)

sämtliche einen Grundstückseigentümer treffenden Verkehrssicherungspflichten in Bezug auf die Zuwegung zu erfüllen,

(5)

die vorstehend beschriebenen Verpflichtungen auf seinen rechtsgeschäftlichen Nachfolger im Eigentum zu übertragen und diesen für den Fall der Veräußerung in gleicher Weise zu verpflichten;

3.

hilfsweise für den Fall jedweder Verurteilung des Beklagten, diesem zu gestatten, die Vollstreckung gemäß § 712 Abs. 1 S. 1 ZPO abzuwenden;

4.

den Rechtsstreit bis zu einer abschließenden Entscheidung über den mit Schreiben vom 02.03.2016 gegenüber der Stadt C eingelegten Nachbarwiderspruch auszusetzen.

Der Beklagte hat eine Verpflichtung zur Abgabe der Baulast in Abrede gestellt.

Er hat behauptet, das eingetragene Wegerecht habe ausschließlich der Anlieferung von Waren für das vom damaligen Eigentümer betriebene Lebensmittelgeschäft gedient; der sonstige Zugang sei über den angrenzenden öffentlichen Straßenraum erfolgt. Die jeweiligen Eigentümer des klägerischen Grundstücks hätten sich jedoch selbst die Zugänge vom öffentlichen Straßenraum zwischenzeitlich überbaut oder auf andere Weise versperrt. Der Kläger habe die Möglichkeit, sein Grundstück so zu gestalten, dass die öffentliche Verkehrsfläche ohne Befahren des Flurstücks 23 erreicht werden könne.

Der Kläger sei zudem gehalten, vor Inanspruchnahme des Beklagten auf Abgabe einer Baulasterklärung seine Ansprüche auf Erschließung seines Grundstücks gegen die Stadt C – notfalls auch gerichtlich – durchzusetzen.

Die Abgabe der begehrten Baulast habe erhebliche Beeinträchtigungen des Grundstücks des Beklagten zur Folge, insbesondere ein erhöhtes Verkehrsaufkommen durch das Befahren der Wegefläche zum Garagenhof auf dem Flurstück X. Für die Nutzung der Gasse stünde ihm – dem Beklagten – ein Entgelt von 2.109,45 Euro jährlich zu.

Der Beklagte hat weiter eingewandt, dass dem Kläger allein mit der Baulast nicht gedient sei, da er zusätzlich eine Entwässerungs-Baulasterklärung beibringen müsse, was er weiter erläutert hat.

Der Beklagte hat schließlich die Einrede der Verjährung erhoben und sich auf Verwirkung berufen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Landgericht hat dem Hauptantrag der Klage stattgegeben, Zug-um-Zug gegen Übernahme der Kosten durch den Kläger, welche durch eine notarielle Beglaubigung der abzugebenden Baulasterklärung entstehen. Der Kläger habe einen Anspruch gegen den Beklagten auf Abgabe der begehrten Baulasterklärung aus dem durch die Grunddienstbarkeit begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis. Die vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen ergebe einen Vorrang des Interesses des Klägers an der Abgabe der Baulasterklärung gegenüber dem Interesse des Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.

Das herrschende Grundstück habe zum Zeitpunkt, zu dem die Wegegrunddienstbarkeit bestellt worden sei, noch über einen eigenen – auch befahrbaren – Zugang zur Hoffläche von der Dr.-C.-P-T2 aus verfügt. Die betreffende Grundstücksfläche (3 m x 7 m) sei jedoch von den Rechtsvorgängern des Klägers später – ohne Baugenehmigung – mit einer kleinen Trinkhalle und einem Teil des heutigen Backgeschäfts überbaut worden. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger analog § 161 BGB so zu stellen sei, als ob es diese Überbauung nicht gebe. Zweifellos sei ihm nämlich auch noch heute möglich und zumutbar, durch eigene Maßnahmen (Abriss der Trinkhalle) den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen und damit auf andere Weise einen Zugang zum Innenhof zu schaffen.

Des Weiteren verkenne das Gericht, dass die Frage, ob die streitgegenständliche Wegebaulast zwingende Voraussetzung für die Genehmigung der Nutzungsänderung sei, eine Rechts- und keine Sachfrage sei. Schon deshalb komme dem Schreiben der Stadt C vom 14.07.2015 keinerlei Bedeutung zu. Das Schreiben stelle keinen Bescheid dar, sondern gebe nur eine nicht fundierte und nicht überzeugende Einschätzung der Rechtslage ab. Insbesondere sei verwunderlich, dass sich die Stadt C hinsichtlich der Frage, ob das gesamte Wohnhaus Dr.-C.-P-T2 ………a baurechtlich genehmigt sei, mit einer Schlussfolgerung begnüge und sich nicht auf einen konkreten benannten Baugenehmigungsbescheid stütze. Entweder habe es nie einen Baugenehmigungsbescheid gegeben oder es sei ein Baugenehmigungsbescheid erteilt worden, der eine vom damaligen Bauherrn bis heute nicht erfüllte Auflage beinhaltet habe.

Zudem sei die Auffassung des Gerichts, der Klageanspruch sei nicht verjährt, unrichtig, was ebenfalls auf der unzulässigen Unterstellung beruhe, dass es keine Baugenehmigung mit der Auflage gegeben habe, die Zugangssituation so zu belassen, wie sie seinerzeit gewesen sei.

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Da die Stadt C nur eine Baulasterklärung verlange, die sich auf das frühere Flurstück X und darüber hinaus (weiter eingrenzend) nur auf das Haus Nr. ………a beschränke, sei die Klage, soweit weitergehende Grundstücksflächen in die vermeintlich geschuldete Baulasterklärung einbezogen würden, ohnehin unbegründet.

Soweit das Gericht die Abgabe einer Baulasterklärung als zumutbar für den Berufungskläger angesehen habe, sei die Interessenabwägung misslungen. Keines der vom Gericht vorgetragenen Argumente sei stichhaltig. Die Anlieferung von Waren sei nicht täglich, sondern nur gelegentlich erfolgt. Zudem könne eine Wegegrunddienstbarkeit aus allerlei Gründen erlöschen. Demgegenüber erlösche eine Wegebaulast nur dann, wenn der hierdurch begünstigte Straßenbauträger (freiwillig) auf die Wegebaulast verzichte. Diese Rechtslage habe für den jeweils betroffenen Eigentümer zur Folge, dass die Verurteilung zur Abgabe der Wegebaulast in ihrer wirtschaftlichen Tragweite einer Enteignung gleichkomme. Demgegenüber belasse die Wegegrunddienstbarkeit dem jeweiligen Eigentümer des dienenden Grundstücks alle Optionen.

Des Weiteren habe das Gericht die vertraglichen Regelungen unter dem 15.10.1991 zwischen der Stadt C und dem Rechtsvorgänger der Beklagten über den in der Wegefläche verlegten Entwässerungskanal verkannt. Die Stadt C habe sicherzustellen, dass bei einem Rückbau des vorbezeichneten Entwässerungskanals unterhalb der Wegefläche das gesamte Flurstück X auf andere Weise entwässert werden könne. Baugenehmigungen bzw. eine Genehmigung der Nutzungsänderung, die diesen Gesichtspunkt außer Acht ließen, seien rechtswidrig. Die Stadt C werde daher korrekterweise eine Genehmigung nur erteilen, wenn der Kläger die Entwässerung seines Flurstücks X (vormals Flurstücke X und X) durch eine entsprechende Eigen- oder Fremdbaulasterklärung sicherstelle. Die Sicherstellung der Entwässerung werde vorsorglich mit Nichtwissen bestritten. Der Kläger habe jedoch erst dann einen Anspruch gegen ihn – den Beklagten – auf Abgabe der Wegebaulasterklärung, wenn allein diese zur Erwirkung einer (rechtmäßigen) Baugenehmigung führen werde.

Die Auffassung des Gerichts zum geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht überzeuge ebenfalls nicht. Die von ihm – dem Beklagten – verlangte Berücksichtigung seiner eigenen Interessen beruhe auf Rechtspositionen, die sich aus dem Gesetz für ihn ergäben. Seine Ansprüche seien maßvoll. Über sie sei bei Stattgabe der Klage auch unter Berücksichtigung des § 315 BGB zu befinden, um die bisher ungeklärte Ausübung der Wegegrunddienstbarkeit verbindlich für die Parteien zu regeln. Sein Anspruch auf eine schonende Ausübung der Wegegrunddienstbarkeit und die Übernahme von Unterhaltungskosten sei noch nicht geklärt.

Der Beklagte beantragt,

1.

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen;

2.

hilfsweise: unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils (nur) dem Hilfsantrag des Klägers stattgegeben, allerdings nur Zug-um-Zug gegen

a)

Zahlung eines Jahresentgelts für die Gestattung der Baulast in Höhe von 2.109,45 Euro,

b)

Übernahme der dem Beklagten durch eine notarielle Beglaubigung einer etwa abzugebenden Baulasterklärung entstehenden Kosten,

c)

Abschluss eines Gestattungsvertrages zwischen dem Kläger und dem Beklagten des Inhalts, dass unbeschadet weitergehender gesetzlicher Verpflichtungen des Klägers dieser gehalten ist:

(1)

die vorhandene Pflasterung der Zuwegung zu unterhalten und instand zu setzen, und zwar auch insoweit, als dies für das Benutzungsrecht des Beklagten erforderlich ist,

(2)

die Nutzung der Zuwegung nur für sich selbst, seine Hausgenossen und seine Mieter im Wohngebäude Dr.-C.-P-T2 ………a, …………… C, zu beanspruchen, wobei das Befahren der Zuwegung mit Privat-Kraftfahrzeugen nicht zugelassen ist, hilfsweise nur in der Zeit von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr mit Schrittgeschwindigkeit,

(3)

das Parken von Kraftfahrzeugen auf dem Flurstück X außerhalb der 5 errichteten Garagen zu unterlassen bzw. zu unterbinden,

(4)

sämtliche einen Grundstückseigentümer treffenden Verkehrssicherungspflichten in Bezug auf die Zuwegung zu erfüllen,

(5)

die vorstehend beschriebenen Verpflichtungen auf seinen rechtsgeschäftlichen Nachfolger im Eigentum zu übertragen und diesen für den Fall der Veräußerung in gleicher Weise zu verpflichten.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil, indem er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.

Entgegen der Behauptung des Beklagten habe das herrschende Grundstück zum Zeitpunkt der Bestellung der Wegegrunddienstbarkeit nicht über einen eigenen, und schon gar nicht befahrbaren Zugang, verfügt, um den Hauseingang des Gebäudes Dr.-C.-P-T2 ………a erreichen zu können. Der Hauseingang liege zu den Parkplätzen nach hinten ausgerichtet. Um ihn zu erreichen, habe schon immer die Zuwegung über das Flurstück X genutzt werden müssen. Dies erläutert der Kläger im Einzelnen unter Bezugnahme auf die von ihm überreichte Anlage K19.

Selbstverständlich sei zu dem Wohnhaus Dr.-C.-P-T2 ………a auch ein Baugenehmigungsbescheid ergangen, zumal dieses Gebäude schon allein aufgrund seines Baualters Bestandsschutz genieße. Aus dem Bauschein vom13.03.1961 (Anlage K10), der Baugenehmigung für eine Verbindung zwischen Ladenlokal und Lager vom 19.03.1969 (Anlage K12) und der Baugenehmigung vom 29.10.1976 zum „Umbau des Wohnhauses – Einbau von Bädern“ (Anlage K15) ergebe sich, dass für das Objekt eine Baugenehmigung vorgelegen habe.

B.

Die Berufung ist zurückzuweisen. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Abgabe der begehrten Baulasterklärung verurteilt. Die Berufung des Beklagten überzeugt nicht.

I.

Die vom Kläger begehrte Verpflichtung/Verurteilung des Beklagten, die verlangte Baulasterklärung abzugeben, ergibt sich als Nebenpflicht aus dem durch die im Grundbuch von E Blatt X, Abt. II, lfd. Nr. 1 eingetragene Grunddienstbarkeit geschaffenen gesetzlichen Schuldverhältnis.

Die nach dem Grundsatz von Treu und Glauben vorzunehmende Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen ergibt, dass dem Interesse des Klägers als Eigentümer des durch die Grunddienstbarkeit begünstigten Grundstücks der Vorrang gegenüber denen des Beklagten als Eigentümer des belasteten Grundstücks gebührt. Dies ist nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung der Fall, wenn die Grunddienstbarkeit bestellt wurde, um das begünstigte Grundstück baulich zu nutzen (1), die Baulast zwingende Voraussetzung für die Bebauung ist (2), eine Befreiung vom Baulastzwang nicht in Betracht kommt (3), bei Bestellung kein Anlass bestand, die Baulastübernahme zu erwägen (4) und Inhalt und Umfang der erforderlichen Baulast der Dienstbarkeit entsprechen (5), (BGH MDR 1992, 1152 – Rdnr. 6 zitiert nach Juris; BGH NJW 1992, 2885 ff – Rdnr. 6 zitiert nach Juris und OLG Hamm, Urteil vom 07.02.2013 mit dem Az. 5 U 113/12). Weitere Voraussetzung für die vom Kläger begehrte Baulast ist, dass ihm allein mit einer Baulast des verlangten Inhalts gedient ist. Es kommt somit darauf an, ob der Kläger allein mit der beantragten Baulast eine Genehmigung erreichen kann, weil anderenfalls der Beklagte im Rahmen der nach § 242 BGB gebotenen Interessenabwägung eine Baulastbestellung in dem verlangten Umfang nicht zuzumuten wäre (6) (vgl. BGH NJW 1992, 2885 ff – Rdnr. 15 zitiert nach Juris). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

1.

Die vorbezeichnete Grunddienstbarkeit ist im April 1969 bestellt und ins Grundbuch von E Blatt X eingetragen worden, um das begünstigte Grundstück G2, Flur X, Flurstück X baulich nutzen zu können.

Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der in der Eintragung der Grunddienstbarkeit in Bezug genommenen notariell beurkundeten Bewilligung vom 23.04.1969 (vgl. § 874 BGB). Dort ist in § 5 (vgl. Bl.57 f) geregelt, dass  „das Recht zum Gehen und Fahren für alle Zwecke der herrschenden Grundstücke“ bewilligt wird. Diese Formulierung enthält keinerlei Einschränkungen und schließt daher den Zweck der Bebauung des herrschenden Grundstücks ein.

Zum anderen ist zwar vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der dazu in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Umstände außerhalb dieser Urkunde dürfen jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, welcher sich der erkennende Senat angeschlossen hat, insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind (vgl. BGH MDR 1992, 1152 f. – Rdnr. 9 zitiert nach Juris; BGH MDR 1985, 218 – Rdnr. 12 zitiert nach Juris). Mithin ist zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Bestellung des Wegerechts (April 1969) bereits wesentliche Bereiche des begünstigten Flurstücks X bebaut waren und diese Gebäude zum Teil auch als Wohnungen dienten, nämlich das erste Obergeschoss über dem im Erdgeschoss befindlichen Lagerraum im sog. „Hintergebäude“. Jedenfalls ergibt sich aus dem Bauschein der Stadt C vom 13.03.1961 (Anlage K10 = Bl. 48 f.), dem Gebrauchsabnahmeschein vom 03.09.1962 (Anlage K11 = Bl. 51 d.A.), der Baugenehmigung der Stadt C vom 19.03.1963 (Anlage K12 = Bl. 52 ff d.A.) und dem Schreiben des Bauordnungsamtes der Stadt C vom 14.07.2015 (Anlage K3 = Bl. 7 f.), dass auf dem Flurstück X Gebäude bereits errichtet waren.

Keinesfalls sind demgegenüber außerhalb der Bestellungsurkunde Anhaltspunkte festzustellen, wonach der Zweck des eingeräumten Wegerechtes etwa auf die Anlieferung von Waren beschränkt sein sollte. Selbst wenn – so der Vortrag des Beklagten – früher noch Baulücken mit einem anderweitigen direkten Zugang zum Innenhof zur öffentlichen T2 bestanden hätten, lässt sich daraus nicht herleiten, dass das seinerzeit bestellte Wegerecht nur zusätzlich für eingeschränkte Zwecke (etwa Anlieferung) neben einem bereits bestehenden Hauptzugang dienen sollte.

Dass die Trinkhalle und ein Teil des heutigen Backgeschäftes später ohne Baugenehmigung errichtet worden sind, wie der Beklagte in diesem Zusammenhang wohl „ins Blaue hinein“ behauptet (vgl. Bl.197), dürfte nach den vorliegenden, oben bezeichneten Unterlagen unrichtig sein. Dieser Gesichtspunkt ist jedoch wegen des klaren Wortlauts der Eintragungsbewilligung, wonach das Wegerecht für alle Zwecke des herrschenden Grundstücks bewilligt worden ist, unerheblich.

2.

Die begehrte Baulast ist zwingende Voraussetzung für die vom Kläger geplante Bebauung bzw. Nutzungsänderung des Erdgeschosses im Gebäude Dr.‑C.‑P‑Straße ………a, welches bislang als Lagerraum genutzt worden ist.

Dies ergibt sich mit gebotener Eindeutigkeit aus dem Schreiben der Stadt C ‑ Bauordnungsamt – vom 14.07.2015 (Anlage K3 = Bl. 7 f. d.A.), worauf das Landgericht bereits zutreffend abgestellt hat.

Auch in diesem Zusammenhang argumentiert der Beklagte mit einer fehlenden baurechtlichen Genehmigung des „gesamten Wohnhauses Dr.-C.-P-Straße ………a“. Diesem Argument steht wiederum die Einschätzung des Bauordnungsamtes im Schreiben vom 17.04.2015 entgegen. Der Beklagte zweifelt zwar deren Richtigkeit an, ohne jedoch argumentativ zu überzeugen. Er stellt insoweit reine Vermutungen über angeblich bis heute nicht erfüllte Auflagen an. Demgegenüber verweist das Bauordnungsamt auf eine Baugenehmigung vom 29.10.1976 zum „Umbau des Wohnhauses- Einbau von Bädern“ vor. Dieser textlichen Baugenehmigung – so das Bauordnungsamt weiter – habe ein bauaufsichtlich genehmigter (gestempelter) Kataster- und Lageplan sowie eine Entwässerungsgenehmigung beigelegen. Aus dieser Baugenehmigung folgert das Bauordnungsamt, dass das gesamte Wohnhaus Nr. ………a in der Vergangenheit genehmigt worden sein müsse, denn sonst hätte damals sicherlich keine Baugenehmigung zum Einbau von Bädern erteilt werden können (vgl. Anlage K3 = Bl. 7 d.A.). Die in Bezug genommene Baugenehmigung vom 29.10.1976 ist mit dem entsprechenden Bauantrag vom 12.08.1976 als Anlage K15 (= Bl. 67 ff d.A.) zur Akte gereicht worden. Die Schlussfolgerung des Bauordnungsamtes ist nach Auffassung des Senates zutreffend.

Das weitere Argument des Beklagten, dem Kläger sei es auch heute noch möglich und zumutbar, durch eigene Maßnahmen (Abriss der Trinkhalle) den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen und damit auf andere Weise einen Zugang zum Innenhof zu schaffen, überzeugt ebenfalls nicht. Erstens ergibt sich aus dem als Anlage K19 mit der Berufungserwiderung überreichten Lageplan (vgl. Bl. 213 d.A.), dass zwar zwischen Trinkhalle und Eisdiele eine als Zufahrt geeignete Lücke vorhanden war. Wegen der auf dem vormaligen Flurstück X vorhandenen Bebauung war das Gelände jedoch mit Kraftfahrzeugen nicht bis auf den rückwärtigen Teil (Garagenhof und Abstellflächen) des begünstigten Flurstücks X und auch nicht bis zum Eingang des Gebäudes ………a zu befahren

Zweitens dürfte gerade der vorgenannte Umstand für den Rechtsvorgänger des Klägers ein (oder sogar der maßgebliche) Grund dafür gewesen sein, sich das in Rede stehende Wegerecht dinglich bestellen zu lassen. Der Abriss von Gebäuden sollte offenbar durch Einräumung der Grunddienstbarkeit an dem Flurstück X, welches ohnehin ausschließlich als Wegefläche dient und diente, vermieden werden, und es sollte eine dauerhafte Zuwegung geschaffen werden, um gerade nicht auf andere ggf. mögliche Zufahrten angewiesen zu sein.

3.

Es sind auch keine Umstände vorgetragen oder nach Aktenlage ersichtlich, nach denen die Möglichkeit einer Befreiung vom Baulastzwang gem. § 73 Abs. 1 BauO NRW in Betracht kommt. Auf die zutreffenden Erwägungen unter Ziffer 3. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Diese sind in der Berufungsbegründung des Klägers auch nicht substantiiert angegriffen worden.

4.

Bei Bestellung der Grunddienstbarkeit im April 1969 bestand für die damaligen Vertragsparteien des notariellen Vertrages UR-Nr. ……/1969 Notar Dr. E3 kein Anlass, die Übernahme einer Baulast zu erwägen.

Von dem Erfordernis, dass das zu bebauende Grundstück an eine befahrbare öffentliche Verkehrsfläche grenzen muss, gestattete der § 4 Abs. 4 BauO in der bis zum 31.12.1984 geltenden Fassung Ausnahmen, wenn das Grundstück einen eigenen oder einen öffentlich-rechtlich gesicherten fremden Zugang hatte. Nach damaliger Rechtsauffassung war das durch eine Grunddienstbarkeit gesicherte Wegerecht als ein hinreichender eigener Zugang anzusehen (vgl. BGH NJW 1989, 1607 ff. – Rdnr. 24 zitiert nach Juris).

5.

Inhalt und Umfang der geforderten Baulast entspricht jener der Grunddienstbarkeit.

Auch insoweit wird zunächst auf die Begründung unter Ziffer 5. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Der Beklagte hat die Gefahr eines erhöhten Verkehrsaufkommens durch Abgabe der Baulasterklärung nicht schlüssig zu erklären vermocht. Es ist nicht erkennbar, inwieweit durch Nutzung der im Erdgeschoss gelegenen Räume nunmehr als Wohnung im Vergleich mit der dort vormals praktizierten Nutzung als Lager, welche entsprechenden Anliefer- und Ablieferverkehr zur Folge hatte, ein verstärktes Verkehrsaufkommen verbunden sein soll. Das Argument des Beklagten, die Anlieferung von Waren sei nicht täglich, sondern nur gelegentlich erfolgt, muss wegen der im Vorderhaus (Nr. ………) betriebenen „Trinkhalle“ und des dort ebenfalls betriebenen Lebensmittelgeschäfts bezweifelt werden. Nach dem Vortrag des Klägers diente das Lager im Erdgeschoss des hinteren Gebäudes mit der Nr. ………a dem Lebensmittelgeschäft und der Trinkhalle. Es soll nach Darstellung des Klägers mehrfach täglich angefahren worden sein (vgl. Bl. 38 d.A.). Der Lärmpegel, der von einem laufenden Motorrad ausgeht, dürfte sich nicht erheblich von dem eines fahrenden Lkw unterscheiden. Zudem müsste der Mieter der streitgegenständlichen Wohnung, um die Wegefläche mit einem Pkw befahren zu können, von dem Kläger eine der fünf vorhandenen Garagen anmieten, die sich ebenfalls auf dem Flurstück X befinden. Dies würde nicht zu einer höheren Verkehrsfrequenz führen, da dann der bisherige Mieter dieser Garage wegfallen würde. Im Ergebnis kommt es auf diesen Gesichtspunkt nicht an, weil auch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen durch die Grunddienstbarkeit gedeckt ist.

Richtig ist, dass sich die von der Stadt C – Bauordnungsamt – verlangte Baulast auf das Wohnhaus Dr.-C.-P-Straße ………a bezieht und nicht auf andere Teilflächen des Flurstücks X (vormals Flurstück X). Dies ergibt sich aus der Rechtsnatur einer Baulast, welche grundsätzlich nur im Zusammenhang mit einem konkreten Bauvorhaben von der Bauaufsichtsbehörde gefordert und entgegengenommen werden kann (vgl. zum Ganzen: Dr. L, Die Baulast als Rechtsinstitut, DVBl. 1973, 605 ff, 609). Dieser Gesichtspunkt hilft dem Beklagten hier aber nicht entscheidend weiter. Die auf der Hoffläche des vormaligen Flurstücks X gelegenen Garagen sind bereits bauordnungsrechtlich genehmigt worden. Insoweit besteht auch ohne die seinerzeit nicht eingeholten Baulasterklärungen Bestandschutz, ebenso wie für die Genehmigungen der anderen Wohnungen im Hause Nr. ………a. Zivilrechtlich ist der Beklagte aus dem dinglichen Wegerecht verpflichtet (§ 1018 BGB). Nutzungsberechtigt sind neben dem Kläger als Eigentümer des begünstigten Flurstücks X auch seine Angehörigen, Hausgenossen und Mieter (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 75. Aufl. 2016, § 1018, Rdnr. 14). Das von der Baulast begünstigte Gebäude liegt ausschließlich auf dem ehemaligen Flurstück X, so dass die Baulast auch in räumlicher Hinsicht nicht über die zugunsten des Flurstücks X bewilligte Grunddienstbarkeit hinausgeht.

Ebenfalls grundsätzlich zutreffend sind die vom Beklagten auf S. 3 unten seiner Berufungsbegründung (Bl. 198 d.A. unten) herausgearbeiteten Unterschiede zwischen Grunddienstbarkeit und Baulast hinsichtlich ihrer Erlöschensgründe und der Möglichkeiten, die betroffene Wegefläche zu verlegen. Aber auch diese durch den Beklagten aufgezeigten Gesichtspunkte sind der öffentlich-rechtlichen Natur einer Baulast innewohnend und nicht geeignet, im vorliegenden, konkreten Fall die grundsätzlich gegebene Deckungsgleichheit der geforderten Baulast und der Grunddienstbarkeit in Frage zu stellen.

6.

Der Kläger als Eigentümer des herrschenden Flurstücks hat im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung einen Anspruch auf Übernahme der Baulast nur dann, wenn er allein mit der begehrten Baulast die gewünschte Baugenehmigung erreichen könnte (sog. „Schlussstein-Rechtsprechung“, vgl. BGH 1992, 2885 ff – Rdnr. 15 zitiert nach Juris).

Der Beklagte sieht diese Voraussetzung als nicht erfüllt. Er argumentiert in diesem Zusammenhang mit einer nicht endgültig geklärten Entwässerung des Gebäudes Nr. ………a (s.o.). Die Frage der Entwässerung des Gebäudes Nr. ………a dürfte aber spätestens im Zuge der Ende Oktober 1976 durch die Stadt C – Bauordnungsamt – erteilte Genehmigung zum Einbau von Bädern und einer Zentralheizung geprüft und geklärt worden sein. Mit dem Landgericht erscheint auch dem Senat die Argumentation des Beklagten sehr konstruiert und spekulativ. Zu entscheiden ist auf der Grundlage der jetzt vorliegenden Tatsachen. Danach ist die Entwässerung der zu genehmigenden Wohnung im Erdgeschoss des Gebäudes Nr. ………a gesichert.

Der zwischen der Stadt C und den Eltern des Beklagten geschlossene Entwässerungsvertrag (Bl. 135 f.) führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Eltern des Beklagten haben sich darin verpflichtet, eine nach Darstellung des Beklagten durch das Flurstück X verlegte Entwässerungsleitung der Stadt zu dulden. Soweit die Entwässerung des klägerischen Grundstücks über diese Leitung erfolgt, leitet der Kläger seine Berechtigung von der Stadt C ab. Zwar ist die Stadt C lt. Vertrag „für den Fall einer geplanten Bebauung des Grundstücks durch den Eigentümer“ verpflichtet, den Kanal zu verlegen und die Hausentwässerungsanlagen an den neuen Kanal anzuschließen. Abgesehen davon, dass eine etwaige Bebauung das Wegerecht des Klägers nicht beeinträchtigen darf und z. B. der grenzständige Bau einer unterirdischen Kegelbahn kaum zulässig sein dürfte, hat der Kläger nichts damit zu tun, wenn die Stadt C ihre Entwässerungsleitung verlegen müsste.

Schlussendlich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 16.02.2017 ein Schreiben der Stadt C – Stadtplanungs- und Bauordnungsamt vom 09.02.2017 vorgelegt, wonach der Ämterumlauf der vom Kläger begehrten Nutzungsänderung abgeschlossen sei. Weiter heißt es in diesem Schreiben:

„Voraussetzung zur Erteilung der Genehmigung ist nur noch die Vorlage der Zuwegungsbaulast. Sobald diese vorliegt, wird die Genehmigung kurzfristig erteilt.“

Mithin liegen alle Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung der streitgegenständlichen Baulast vor. Dass die daraufhin ergehende Baugenehmigung anfechtbar ist, liegt in der Natur der Sache und ändert nichts daran, dass die Baulast die letzte noch fehlende Voraussetzung der Baugenehmigung darstellt. Das gilt auch für die – niemals ganz auszuschließende – Möglichkeit, dass die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung anders beurteilt wird.

II.

Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht.

Der Verjährung unterliegen nur Ansprüche, die bereits entstanden sind.

Bei dem hier geltend gemachten Anspruch auf Abgabe einer Baulasterklärung handelt es sich um eine Art „verhaltenen Anspruch“. Bei einem verhaltenen Anspruch darf der Schuldner nicht von sich aus leisten, der Gläubiger kann aber jederzeit die Leistung fordern (vgl. Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 271 BGB, Rdnr. 1).

In der Zeit vor Juni 2015 hat der Kläger die Abgabe der streitgegenständlichen Baulasterklärung vom Beklagten nicht verlangt und es gab für ihn auch keinen Grund, diese zu verlangen. Der Grund wurde erst durch das Bauordnungsamt C geliefert, welches seinerseits die Baulast als Voraussetzung für die beantragte Änderungsgenehmigung einforderte. Damit wurde zugleich die Voraussetzung für den Klageanspruch geschaffen (s.o.). Hätte der Kläger die Abgabe der Baulast vom Beklagten ohne konkreten Anlass, also ohne konkretes Bauvorhaben, eingefordert, wäre sein Anspruch nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht begründet gewesen. Wegen der weitreichenden Folgen für den belasteten Eigentümer gibt es nach ständiger Rechtsprechung des Senats keinen Anspruch auf Erteilung einer Baulast „auf Vorrat“. Vielmehr muss diesem Verlangen ein konkretes Bauvorhaben zugrunde liegen.

III.

Die Voraussetzungen einer Verwirkung des Klageanspruchs im Sinne von § 242 BGB sind nach Aktenlage nicht dargetan. Es fehlt sowohl am sog. Zeit- wie auch am sog. Umstandsmoment.

IV.

Der Beklagte hält dem Kläger eine Reihe von Zurückbehaltungsrechten im Sinne des § 273 Abs. 1 BGB entgegen.

Die Konnexität im Sinne von § 273 Abs. 1 BGB der hier wechselseitig geltend gemachten Ansprüche dürfte nicht in Zweifel stehen. Sowohl der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Abgabe der Baulasterklärung wie auch die vom Beklagten geltend gemachten Ansprüche beruhen allesamt auf der Grunddienstbarkeit zu Lasten des Flurstücks X.

1.

Für die Zahlung eines Jahresentgelts als Gegenleistung für die Gestattung der Baulast besteht kein Anspruch. § 917 Abs. 2 BGB, an den der Beklagte in diesem Zusammenhang gedacht haben mag, gelangt hier nicht entsprechend zur Anwendung.

2.

Die Übernahme der Kosten für die notarielle Beglaubigung sind vom Kläger bereits anerkannt und vom Gericht ausgeurteilt worden.

3.

Auf den geforderten „Gestattungsvertrag“ hat der Beklagte keinen Anspruch. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, aus welcher Anspruchsgrundlage der Kläger zum Abschluss irgendeines oder gar dieses Gestattungsvertrages verpflichtet sein sollte. Das Wegerecht ist auch insoweit unbeschränkt bewilligt worden; es gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Davon zu trennen ist die Frage, ob und ggf. welche rechtlichen Pflichten sich für den Käger und ggf. sonstiger Nutzer aus der Dienstbarkeit egeben:

a)

Auf eine Ausübungsregelung hinsichtlich des Wegerechts dergestalt, dass das Fahren mit Privatkraftfahrzeugen grundsätzlich unzulässig ist oder hilfsweise nur in der Zeit von 06:00 Uhr morgens bis 22:00 Uhr abends mit Schrittgeschwindigkeit erlaubt ist, hat der Beklagte keinen Anspruch. Insoweit ergibt sich aus der Eintragungsbewilligung keine Einschränkung. Selbstverständlich bleibt es den Parteien aber unbenommen, derartige Details zu regeln.

b)

Hinsichtlich der Parksituation hat der Kläger vorgetragen, dass die Fläche neben den vorhandenen Garagen nicht als Parkraum genutzt werde (vgl. S. 5 seines Schriftsatzes vom 16.11.2015, Bl. 40 d.A.). Das Landgericht hat bereits darauf verwiesen, dass es der entgegenstehenden Behauptung des Beklagten an hinreichender Substanz fehle. Insoweit ist auch im Berufungsverfahren durch den Beklagten nicht konkreter vorgetragen worden.

Abgesehen davon darf der Kläger gem. § 903 BGB sein Grundstück grundsätzlich nutzen, wie es ihm beliebt. Der Beklagte kann ihm bzw. seinen Mietern das Abstellen ihrer Fahrzeuge z. B. vor oder neben der Garage grundsätzlich nicht verbieten.

c)

Soweit es die Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten hinsichtlich der belasteten Wegefläche betrifft, ist in der notariellen Vereinbarung vom 23.04.1969 nichts geregelt worden. Es gelangen grundsätzlich die §§ 1020 f. BGB zur Anwendung. Nutzten der Kläger und seine Mieter bzw. Hausgenossen die Wegefläche ausschließlich selbst, wäre das Verlangen des Beklagten wohl nicht unbillig.

Tatsächlich nutzen offensichtlich jedoch auch der Beklagte und seine Hausgenossen die Wegefläche (Flurstück X), um zu den Wohnungen im Gebäude Dr.-C.-P-Straße ………b und den Garagen auf dem Grundstück des Beklagten zu gelangen (vgl. aktuellen Lageplan Bl. 113 d.A.).

Das Interesse des Eigentümers erfordert bei seiner Berechtigung zur Mitbenutzung nicht, dass der Berechtigte die Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung der Anlage allein trägt. Der Berechtigte ist vielmehr nur anteilig verpflichtet, und zwar in entsprechender Anwendung von §§ 748, 742 BGB (Gemeinschaftsrecht) im Zweifel zur Hälfte (vgl. BGH NJW 2005, 894 ff, Rdnr. 28, zitiert nach Juris).

Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass es auf die vorstehend nur der Vollständigkeit halber erörterten Gesichtspunkte für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.

V.

Die Voraussetzungen einer Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO wegen Vorgreiflichkeit liegen nicht vor.

Der Beklagte bzw. seine Argumentation unterliegt einem Zirkelschluss. Die Baugenehmigung bzw. Nutzungsänderungsgenehmigung, welche der Beklagte mit seinem Rechtsmittel angreifen will, liegt noch nicht vor. Sie wird auch nicht erteilt werden, wenn er die im vorliegenden Verfahren begehrte Baulasterklärung nicht abgeben muss.

C.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

 

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