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Zulässigkeit Fitnessstudio-Gebührenpflicht bei Nichtnutzung

LG Osnabrück – Az.: 7 S 231/19 – Beschluss vom 14.11.2019

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 05.07.2019 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück (4 C 92/19) durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen 2 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Das Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO, noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung zu Gunsten der Beklagten. Die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden, jedenfalls nicht, soweit die Beklagte durch sie beschwert ist.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Fitnessstudio-Vertrag, den die Beklagte unstreitig am 14.12.2017 unterzeichnet hat. Die Klägerin hat mit dem Mahnbescheid und – nach Widerspruch – der Anspruchsbegründung im Streitverfahren verschiedene Mitgliedsbeiträge geltend gemacht, die in der Anspruchsbegründung im Einzelnen nachvollziehbar dargestellt sind. Die Beklagte hat – trotz Fristverlängerung – bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 26.06.2019 nicht auf die Klage erwidert, so dass der Sachvortrag der Klägerin insgesamt als unstreitig zu behandeln war.

Das Amtsgericht hat die Beklagte erstinstanzlich mit Urteil vom 05.07.2019 verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 978,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 669,13 € seit dem 15.12.2018 und aus weiteren, zeitlich gestaffelten Beträgen sowie 124,00 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, weil es die Ansicht vertreten hat, die weiteren mit der Klage geltend gemachten Beträge seien bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht noch nicht fällig gewesen, denn die sog. Vorfälligkeitsklausel aus dem Vertrag sei gem. § 307 BGB unwirksam.

Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen ihre Verurteilung und trägt zur Begründung vor, der Klägerin stehe aus Rechtsgründen bereits dem Grunde nach keinerlei Anspruch zu. Die Klägerin verwende in ihrem Vertragsformular nämlich irreführende Begrifflichkeiten, indem sie etwa von einer „Mitgliedschaft“ spreche. Auch liefere sie für die Beträge, die innerhalb des festen Zeitraumes von zwei Jahren zu zahlen sind, keine angemessene Gegenleistung, zumal der Kunde die Gebühren auch dann zahlen müsse, wenn er das Fitnessstudio zeitweise nicht nutzen könne oder wolle. Insgesamt verstoße der Vertrag gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Der Vertrag vom 14.12.2017 verstößt nach Auffassung der Kammer, jedenfalls soweit sein Inhalt für das Berufungsverfahren noch relevant ist, nicht gegen § 307 BGB oder § 242 BGB. Ob die Vorfälligkeitsklausel – wie das Amtsgericht meint – gegen § 307 BGB verstößt, kann dahinstehen, weil die Klägerin gegen die teilweise Klageabweisung kein Rechtsmittel eingelegt hat und die Beklagte insoweit nicht beschwert ist.

Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet den Verwender, die Rechte und Pflichten des Vertragspartners klar, einfach und präzise darzustellen, wobei nicht nur die einzelne Regelung für sich genommen klar formuliert sein muss, sondern auch die jeweilige Regelung im Zusammenhang mit dem übrigen Klauselwerk verständlich sein muss. Die Klausel muss die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Dabei dürfen die Transparenzanforderungen allerdings auch nicht überspannt werden. Vielmehr ist auf die Erklärungsbedürftigkeit auf Basis eines aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmers am Wirtschaftsleben abzustellen (vgl. Palandt/Grüneberg, 77. Aufl., § 307 BGB Rn. 20ff. m.w.N.).

Hieran gemessen sind die dem Kunden aufgrund des Fitnessstudiovertrages erwachsenden Pflichten ausreichend erkennbar. Die Vergütungsbestandteile sind hinsichtlich Höhe und Anfall ausreichend deutlich dargestellt; die monatlich oder über die Laufzeit insgesamt entstehende Belastung des Kunden lässt sich ohne Weiteres ermitteln. Auch wird ausreichend deutlich, dass unterschiedliche Leistungen jeweils gesondert berechnet werden, mit denen die Einrichtungen der Fitnessstudios als solcher und zusätzlich die Leistungen von Fitnesstrainern in Anspruch genommen werden können. Die Höhe der entstehenden Kosten mag ein potentieller Kunde nach eigener Prüfung für angemessen oder für nicht angemessen halten und auf dieser Grundlage dann eine Entscheidung darüber treffen, ob er einen Vertrag schließen möchte oder nicht.

Zulässigkeit einer Fitnessstudio-Gebührenpflicht bei Nichtnutzung
(Symbolfoto: Von Burnt Red Hen/Shutterstock.com)

Auch aus der Bezeichnung ‚Mitgliedschaft‘ bzw. ‚Mitgliedsbeiträge‘ folgt nichts Anderes. Die Kammer vermag nicht festzustellen, dass damit in irgendeiner Form eine Verschleierung der tatsächlichen Umstände verbunden sein könnte; im Gegenteil wird hierdurch der auf längere Zeit angelegte Charakter des Vertrages unterstrichen. Dass es um ein Training der Kunden im Fitnessstudio geht, liegt auf der Hand, ebenso, dass man hierfür „selbst aktiv werden muss“. Ohne weiteres klar ist, dass der Kunde Leistungen in Anspruch nehmen kann, aber nicht muss, dass er aber unabhängig hiervon in jedem Fall die vertragliche Vergütung schuldet. Dies dürfte bei nahezu jedem Fitnessstudio-Vertrag den heute üblichen Gepflogenheiten (und damit auch der „Verkehrssitte“) entsprechen.

Das benachteiligt den Kunden auch ansonsten nicht unangemessen und verstößt ferner nicht gegen § 242 BGB. Soweit die Beklagte ganz am Ende ihrer Berufungsbegründung noch meint, aus dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ etwas für sich herleiten zu können, erschließt sich dies der Kammer nicht, denn gegen diesen Grundsatz verstößt hier die Beklagte und nicht etwa die Klägerin.

Die 24monatige Dauer ist unter Berücksichtigung mietvertraglicher Grundsätze und der Vorgaben des § 309 Nr. 9 a) nicht zu beanstanden.

Soweit der Beklagte mit der Berufungsbegründung ausführt, er habe „innerhalb der 14tägigen Frist seinen Widerruf erklärt, der jedoch gar nicht akzeptiert wurde“, ist dieses Vorbringen unsubstantiiert, nicht subsumtionsfähig und im Übrigen verspätet (§ 531 Abs. 2 ZPO), weil die Beklagte in erster Instanz überhaupt keinen Sachvortrag gehalten hatte.

Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, woraus sich ein Widerrufsrecht ergeben sollte.

In der Sache hat das Amtsgericht die bereits fällig gewordenen Beträge zutreffend ermittelt. Das wird von der Berufung auch nicht angegriffen.

II.

Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, beabsichtigt die Kammer, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

III.

Zuvor ist der Beklagten jedoch gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Zurückweisung zu geben. Die Beklagte mag im Kosteninteresse die Rücknahme der Berufung erwägen.

 

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