LG Cottbus – Az.: 11 O 122/10 – Beschluss vom 20.09.2019
Das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Sachverständigen ………….. wird zurückgewiesen.
Gründe
Das Ablehnungsgesuch der Klägerin ist zulässig.
Nach § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung.
Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 S. 2 ZPO).
Die Frist des § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO hat die Klägerin hier gewahrt.
Das Ablehnungsgesuch ist am 07.03.2019 und damit vor Ablauf der bis zum 07.03.2019 verlängerten Frist eingegangen, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10.01.2019 zur Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme gesetzt worden war. Dies war rechtzeitig. Die Frist zur Ablehnung eines Sachverständigen läuft nämlich grundsätzlich gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab, falls sich der Ablehnungsgrund erst aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens ergeben soll und die Partei sich deshalb zunächst mit dem Inhalt dieses Gutachtens auseinandersetzen musste (vgl. BGH NJW 2005, 1869). Gleiches muss gelten, wenn den Parteien nach mündlicher Anhörung des Sachverständigen eine Frist zur Stellungnahme auf die mündliche Anhörung gesetzt worden ist.
Das Ablehnungsgesuch ist aber nicht begründet. Ein Grund zur Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen liegt nicht vor.
Die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ist begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (vgl. §§ 406 Abs. 1 S. 1, 42 Abs. 2 ZPO).
Es muss sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. BGH NJW-RR 2013, 851).
Die Klägerin stützt ihren Ablehnungsantrag u. a. darauf, der Sachverständige habe im Termin zur Anhörung Aussagen getroffen, die in eklatantem Widerspruch zu seinen schriftlichen Festlegungen stünden und der Sachverständige habe den Beweisbeschluss der Kammer nur unvollständig abgearbeitet. Zudem wiesen die Feststellungen des Sachverständigen erhebliche fachliche Unrichtigkeiten auf.
Die Kammer muss nicht entscheiden, ob diese Vorwürfe der Klägerin gegen den Sachverständigen zutreffen. Lücken und Unzulänglichkeiten eines Gutachtens rechtfertigen für sich allein nicht die Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen wegen Befangenheit, weil dessen Unparteilichkeit dadurch grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird (vgl. BGH NJW 2005, 1869; BGH NJW-RR 2011, 1555).
Sollten tatsächlich Lücken oder Unzulänglichkeiten in der bisherigen Begutachtung vorliegen, kann der Sachverständige ………….. erneut schriftlich auf die Beanstandungen der Klägerin Stellung nehmen oder diese in einer weiteren mündlichen Anhörung vor der Kammer mit den Parteien und dem Gericht erörtern. Fachliche Mängel einer Begutachtung stellen die Unparteilichkeit des Sachverständigen nicht in Frage.
Ablehnungsgründe können sich zudem aus dem Verhalten des Sachverständigen ergeben, z. B. der Wortwahl des Sachverständigen. Insoweit wirft die Klägerin dem Sachverständigen vor, er habe die Eignung der Klägerin als Fachunternehmen bei der mündlichen Anhörung vor der Kammer in Frage gestellt.
Hinsichtlich der Art und Weise der Formulierung muss einem Sachverständigen ein gewisser Spielraum zugebilligt werden, gleichwohl darf die Wortwahl des Sachverständigen nicht in eine beleidigende Herabsetzung einer Partei abgleiten (vgl. OLG Karlsruhe MDR 2014, 425; OLG Koblenz NJW-RR 2009, 1653).
Eine Herabsetzung der Klägerin kann die Kammer in den beanstandeten Formulierungen des Sachverständigen nicht erkennen, insbesondere keine Infragestellung der Eignung der Klägerin als Fachunternehmen.
Der Sachverständige führt in seiner mündlichen Anhörung aus, bei der Klägerin handele es sich um ein Fachunternehmen, das auch mit Lausitzer Kippenböden vertraut sei. An anderer Stelle führt der Sachverständige aus, aufgrund von Besonderheiten, die er dargelegt habe, sei von verdichtungswilligem Boden auszugehen. Dies sei für einen Fachmann Standardwissen. Beide Parteien hätten also von einem verdichtungswilligen Boden bei der Flugkippe ausgehen können.
Diese Formulierungen zeigen, dass der Sachverständige ohne weiteres davon ausgeht, dass es sich bei der Klägerin um ein Fachunternehmen handelt und dass beide Parteien über ein fachmännisches Standardwissen verfügen. Eine herabsetzende oder gar beleidigende Herabsetzung der Klägerin kann der Wortwahl des Sachverständigen nicht entnommen werden.
Wie ausgeführt, muss einem Sachverständigen bei Art und Weise der Formulierung auch ein gewisser Spielraum zugebilligt werden, insbesondere wenn im Rahmen einer längerdauernden Anhörung um Formulierungen gerungen wird.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.