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Dieselskandal – keine Verjährung zum 31.12.2019 der Schadensersatzansprüche

LG Trier – Az.: 5 O 417/18 – Urteil vom 19.09.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 8.437,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.06.2018 zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Pkw VW Golf Plus mit der FIN….

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des im Antrag 1) genannten Fahrzeugs in Verzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 1.720,26 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2019.

4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.127,53 € freizustellen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 4/10 und die Beklagte 6/10 zu tragen.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die klagende Partei nimmt die Beklagte auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Kauf eines Pkw in Anspruch, in den ein mit Dieselkraftstoff betriebener Motor der von der Beklagten entwickelten Baureihe EA189 eingebaut ist.

Am 14.02.2014 kaufte die klagende Partei einen gebrauchten Pkw vom Typ VW Golf Plus zum Preis von 19.499,99 € von der Volkswagen Zentrum M… GmbH & Co KG mit einem Kilometerstand von 7.774 km bei Übergabe an die klagende Partei. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 144.350 km auf. Das Fahrzeug finanzierte die klagende Partei durch ein Darlehen. Hierdurch entstanden ihr Kosten in Höhe von 1.720,26 €. Daneben tätigte die klagende Partei weitere Aufwendungen in Höhe von 1.105,06 € für den Austausch einer Kupplung auf das Fahrzeug.

Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

Dieselskandal – keine Verjährung zum 31.12.2019 der Schadensersatzansprüche
Symbolfoto: Von wsf-s /Shutterstock.com

Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor ausgerüstet. Die Schadstoffemissionen des Fahrzeuges sollten der zu diesem Zeitpunkt geltenden Euro 5-Norm gem. der Verordnung (EG) Nr.715/2007 entsprechen. Die dazu erlassenen Bestimmungen sehen eine Messung der ausgestoßenen Schadstoffe unter den Bedingungen des so genannten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) auf einem Rollenprüfstand vor. Die dabei erzielten Werte werden im praktischen Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr regelmäßig überschritten.

In die Motoren der Baureihe EA189 war indes eine besondere Vorrichtung eingebaut, die die Abgasrückführung steuerte und dazu führte, dass das System erkannte, wenn das Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand im NEFZ auf die dabei entstehenden Schadstoffemissionen getestet wurde. Dann schaltete es in einen Modus „1“, der eine höhere Abgasrückführungsrate und damit verbunden einen geringeren Ausstoß an Stickoxiden (NOx) bewirkte. Außerhalb des NEFZ und damit insbesondere im gewöhnlichen Straßenverkehr wurde das Fahrzeug dagegen in einem Modus „0“ betrieben, in dem die Abgasrückführung geringer, der Stickoxidausstoß folglich höher ausfiel.

Das Kraftfahrtbundesamt wertet diese Steuerung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Es erließ Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung auf der Grundlage von § 25 Abs. 2 der EG-FahrzeuggenehmigungsV, um die Vorschriftsmäßigkeit der bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeuge zu gewährleisten. In der Folge davon ruft die Beklagte die Fahrzeuge mit Motoren der Baureihe EA 189 in die Werkstätten zurück, um sie technisch zu überarbeiten.

Im Fall dieser Motoren wird eine geänderte Software aufgespielt eingebaut und ggf. ein sogenannter Strömungsgleichrichter eingebaut. Danach werden die Motoren nur noch in einem veränderten Modus „1“ betrieben. Das Kraftfahrtbundesamt hat diese Nachrüstung für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp freigegeben.

Die Klage wurde der Beklagten am 12.02.2019 zugestellt.

Die klagende Partei ist der Ansicht, sie sei im Zusammenhang mit seiner damaligen Entscheidung zum Kauf dieses Pkw getäuscht worden. Ferner behauptet sie, die Beklagte habe in den zum Vertrieb des Fahrzeugs ausgegebenen Prospekten die Kaufinteressenten falsch informiert. Insbesondere habe sie dort unzutreffend behauptet, dass das Fahrzeug die gültigen Bestimmungen über die Schadstoffemissionen einhalte. Tatsächlich sei das nicht der Fall gewesen, weil es sich bei der streitgegenständlichen Steuerung um eine so genannte unzulässige Abschaltvorrichtung gehandelt habe. Das Fahrzeug habe deshalb die Voraussetzungen der Euro 5-Norm nicht erfüllt mit der Folge, dass die Behörden bei Kenntnis des Sachverhalts die Typgenehmigung nicht erteilt hätten.

Die Beklagte sei darüber hinaus verpflichtet gewesen, die Kaufinteressenten darüber aufzuklären, dass die für die Zulassung erforderlichen Schadstoffgrenzwerte im normalen Fahrbetrieb nicht erreicht werden konnten.

Sie behauptet, als Folge der geänderten Software sei der Kraftstoffverbrauch erhöht und eine Minderleistung eingetreten. Auch komme es zu einem erhöhten Verschleiß.

Die klagende Partei wertet den Sachverhalt als Betrug und vorsätzliche sittenwidrige Schädigung. Dabei müsse die Beklagte für das Handeln und Unterlassen ihrer Organe und der bei ihr beschäftigten Personen nicht nur nach § 831 BGB, sondern auch gem. § 31 BGB einstehen.

Die Beklagte müsse als Folge ihres Handelns dem Kläger den gezahlten Kaufpreis gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs erstatten.

Die Aufwendungen auch für den Austausch der Kupplung seien zu ersetzen.

Hinsichtlich der ursprünglichen Anträge wird auf die Anträge gemäß Klageschrift vom 31.10.2018 und Schriftsatz vom18.12.2018 Bezug genommen. Letztlich beantragt die Klagepartei:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 19.499,99 € abzüglich eines Nutzungswertersatzes in Höhe von 5.407,85 € zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Pkw VW Golf Plus mit der FIN ….

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Zinsen aus dem Kaufpreis i.H.v. 19.499,99 € in Höhe von 4 % p.a. seit dem 27.02.2014 bis zum 22.06.2018 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.06.2018, mindestens jedoch 4 % zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des im Antrag 1) genannten Fahrzeugs in Verzug befindet.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klageparteien 2.825,32 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

5. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.127,53 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die klagende Partei unter keinem in Betracht kommenden Gesichtspunkt getäuscht zu haben.

Das Fahrzeug sei nicht mit einem Mangel behaftet gewesen. Es habe die Vorgaben der Euro 5-Norm zu jeder Zeit eingehalten und tue das auch weiterhin. Die EG-Typgenehmigung sei nach wie vor wirksam. Die Klägerin könne den Pkw uneingeschränkt nutzen.

Die nach der Euro 5-Norm für Schadstoffemissionen geltenden Grenzwerte bezögen sich ausschließlich auf Messungen unter den besonderen Bedingungen des NEFZ. Dagegen seien die im normalen Fahrbetrieb (Realbetrieb) ausgestoßenen Schadstoffmengen irrelevant. Dazu enthielten die Produktbeschreibungen des von der klagenden Partei erworbenen Pkw auch keine Angaben.

Insbesondere handele es sich bei der von der klagenden Partei beanstandeten Steuerung nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Sie habe auf das Emissionskontrollsystem keinen Einfluss, sondern auf die der Abgasnachbehandlung technisch vorgelagerte Abgasrückführung, bei der es sich ihrerseits um eine innermotorische Maßnahme handele.

Die klagende Partei könne kein besonderes Vertrauen in Prospekte für sich in Anspruch nehmen, zumal bereits nicht feststehe, was genau er mit seinem darauf bezogenen Vortrag meine.

Die Beklagte bestreitet, dass die klagende Partei einem Irrtum unterlegen sei, sich insbesondere vor seiner Kaufentscheidung mit dem Abgasverhalten und dem Stickoxidausstoß auseinandergesetzt habe.

Der klagenden Partei sei auch kein Schaden entstanden, da das Fahrzeug in seiner Nutzbarkeit nicht eingeschränkt und in seinem Wert nicht gemindert sei. Jedenfalls nach Durchführung der technischen Überarbeitung habe der Kläger keinen Grund mehr für Beanstandungen. Sie habe keine negativen Auswirkungen auf den Betrieb oder die Haltbarkeit des Fahrzeugs. Auch ein merkantiler Minderwert bestehe nicht.

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Die Beklagte habe auch nicht sittenwidrig gehandelt, insbesondere nicht zum Nachteil der klagenden Partei. Allenfalls in Betracht komme ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem allgemeinen Schutz der Umwelt und der Volksgesundheit dienten, nicht aber dem wirtschaftlichen Interesse der klagenden Partei.

Ein etwaiger Anspruch sei verjährt. Eine rechtzeitige Zustellung der Klage sei nicht gegeben und die erst 2019 zugestellte Klage zu Verjährungshemmung verspätet gewesen. Die Klagepartei habe von der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Umschaltlogik sowie aller anspruchsbegründenden Tatsachen im Jahr 2015 bereits Kenntnis gehabt und vom Abgasskandal Kenntnis gehabt. Auch sei die klagende Partei von dem Autohaus im Jahr 2015 angeschrieben worden und auf die Notwendigkeit eines Updates hingewiesen worden.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 22.08.2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

I.

Sie ist zulässig.

Das Landgericht Trier ist gem. § 32 ZPO nach dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung örtlich zuständig. Dazu reicht es aus, dass die klagende Partei die besonderen Voraussetzungen dafür schlüssig vorgetragen hat. Ob die Beklagte tatsächlich aus einer unerlaubten Handlung zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat die Kammer im Rahmen der Begründetheit der Klage zu entscheiden.

Behauptet die klagende Partei in schlüssiger Weise, durch eine unerlaubte Handlung in ihrem Vermögen geschädigt worden zu sein, so besteht ein Gerichtsstand dort, wo ihr Vermögen liegt (Erfolgsort, Schadensort, BeckOK ZPO/Toussaint ZPO § 32 Rn. 13 mit Rechtsprechungsnachweisen). Das ist regelmäßig, so auch in dem hier zu entscheidenden Fall, ihr Wohnort.

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

1. Die Beklagte ist dem Grunde nach gem. §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 263 StGB, 31, 831 BGB verpflichtet der klagenden Partei Schadensersatz in Höhe von 8.437,33 € Zug um Zug gegen Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu leisten.

Zumindest durch einen Verrichtungsgehilfen hat die Beklagte den Tatbestand des Betruges gem. § 263 StGB erfüllt. Im Hause der Beklagten muss es einen oder auch mehrere abhängig Beschäftigte gegeben haben, die die genaue Wirkungsweise des in den Motoren der Baureihe EA189 eingebauten Abgasrückführungssystems kannten und sich für deren Produktion entschieden.

Es ist logisch zwingend, dass mindestens eine Person, entweder in der Funktion eines Vorstandsmitglieds der Beklagten oder in der Position eines an die Weisungen des Vorstands gebundenen Arbeitnehmers, die Entscheidung getroffen haben muss, die Abgasrückführung der Motoren der Baureihe EA189 mit der im Tatbestand näher bezeichneten Umschaltlogik zu steuern. Die in dieser Weise entwickelten Motoren waren dazu bestimmt, von mehreren zum Volkswagenkonzern gehörenden Herstellern bei der serienmäßigen Produktion von Kraftfahrzeugen verwendet zu werden, die wiederum auf dem europäischen Markt vertrieben werden sollten. Die Umschaltlogik sollte ausschließlich zu dem Zweck verwendet werden, über das Vorliegen einer Korrelation zwischen der Einhaltung der Grenzwerte auf dem Prüfstand und der Höhe der Grenzwerte im normalen Straßenbetrieb zu täuschen. Auf diese Weise sollte die Bestätigung der Einhaltung der Abgaswerte, die ohne diese Umschaltlogik nicht hätte erlangt werden können, erschlichen werden. Dabei wurde zum einen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens getäuscht. Zudem wurden Händler und Käufer und so auch die klagende Partei über die ordnungsgemäße Erlangung der Typengenehmigung und die Einhaltung der maßgeblichen Abgaswerte in dem Sinne, dass die Korrelation zwischen den auf dem Prüfstand gemessenen Werten und den Werten im normalen Straßenverkehr vorhanden ist und nicht durch das Eingreifen einer Umschaltlogik ausgehebelt wird, getäuscht.

Die Täuschung wurde auch durch aktives Handeln verübt. Der Schwerpunkt der Täuschungshandlung ist dabei nicht im Unterlassen der Aufklärung über die Verwendung einer Abschaltsoftware zu erblicken. Dieser liegt vielmehr in der konkludenten Erklärung, dass das Typengenehmigungsverfahren ordnungsgemäß durchlaufen wurde.

Dass diese Täuschung möglicherweise nicht durch die Person, bzw. den Personenkreis, der über den Einsatz der Umschaltlogik entschieden hat, direkt verübt wurde, ändert an der Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Täuschung nichts. Denn insofern ist es ausreichend, wenn der Täter sich eines sogenannten absichtslosen Werkzeugs bedient, das seinerseits von dem Täter im Unklaren über die wahren Verhältnisse gelassen wurde und auf Grund dieses Unwissens nach dem Plan des Täters auf die Willensbildung der Käufer und hier der klagenden Partei eingewirkt hat. Es handelt sich insoweit um einen Fall der mittelbaren Täterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB.

Auf Grund dieser Täuschungshandlung erlag die klagende Partei auch vorliegend dem Irrtum, dass die Voraussetzungen für die Genehmigungsfähigkeit bei dem von ihm gekauften Fahrzeug vorliegen und die Typengenehmigung nicht unter Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung erlangt worden sei.

Unbeachtlich ist, dass die Beklagte nicht Herstellerin des Fahrzeugs ist, denn die handelnde Person hat die Täuschung hinsichtlich des von ihr hergestellten Motors begangen.

Auf Grund dieses Irrtums kaufte die klagende Partei das vorliegende Fahrzeug. Hätte sie gewusst, dass die Typengenehmigung lediglich durch die Verwendung einer unzulässigen Abschaltlogik erlangt worden ist und die Voraussetzungen einer wirksamen Typengenehmigung durch das streitgegenständliche Fahrzeug im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Wahrheit nicht erfüllt waren, hätte er den Kaufvertrag so nicht abgeschlossen. Kein Käufer würde einen Kaufvertrag über ein Fahrzeug abschließen, das die erforderlichen Zulassungsvorschriften nicht erfüllt und daher vom Widerruf der Typengenehmigung bedroht ist.

Im Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrages lag daher die irrtumsbedingte Vermögensverfügung.

Der Vermögensschaden liegt in dem Abschluss des von Willensmängeln behafteten Kaufvertrages.

Der Täter handelte auch in der Absicht rechtswidriger und stoffgleicher Drittbereicherung. Bereichern wollte er zum einen den Hersteller, aber auch nachgeschaltete Händler und Gebrauchtwagenhändler. Die Drittbereicherung diente mittelbar dem Ziel des Täters, den Absatz der Motoren und Fahrzeuge der Herstellerin zu fördern. Die Bereicherung ist auch stoffgleich, da es sich um den Vorteil des Abschlusses von Verträgen handelt, die bei Nichtvorliegen der Willensmängel nicht zu diesen Bedingungen abgeschlossen worden wären.

Das Handeln des Täters war auch rechtswidrig und schuldhaft.

Die Beklagte hat sich nicht gem. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB entlastet. Nach dieser Vorschrift tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Die genannten Voraussetzungen einer Haftungsbefreiung liegen nicht vor. Hierzu hätte die Beklagte vortragen müssen.

Dieser Anspruch ist nicht verjährt. Dies unabhängig der Frage, ob eine Zustellung am 12.02.2019 auf Eingegangen Klage am 08.11.2018 noch demnächst iSd § 167 ZPO erfolgte. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre, § 195 BGB, und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, § 199 Abs. Nr.1, 2 BGB. Die Beweislast der Kenntnis (grobe fahrlässige Unkenntnis) des Gläubigers liegt beim Schuldner (Palandt/Ellenberger § 199 BGB Rn 50). Zwar ist gerichtsbekannt, dass die Beklagte 22.09.2015 in einer ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG über Unregelmäßigkeiten der verwendeten Software bei Dieselmotoren des Typ EA 189 informiert hat. Dies reicht im konkreten Fall allerdings nicht aus, um von einer den Beginn der Verjährung auslösenden Kenntnis nach § 199 BGB der Klagepartei bereits im Jahr 2015 auszugehen. Zwar ist nicht unbedingt erforderlich, dass der Gläubiger alle Tatumstände in tatsächlicher und rechtlicher Weise zutreffend würdigt, auch nicht im Wege der Parallelwertung in der Laiensphäre (Münchener Kommentar/Grothe § 199 BGB Rn 29). Bei einfach gelagerten Sachverhalten mag es ausreichen, wenn er sich aus den ihm bekannten Tatsachen seine Gläubigerstellung erschließen kann. Bei komplizierten Sachverhalten, zu denen das Gericht den vorliegenden zählt, sind höhere Anforderungen zu stellen (Münchener Kommentar/Grothe a.a.O.). Dazu müsste seitens der Beklagten zumindest vorgetragen sein, wann hinsichtlich des konkreten Fahrzeugs ein Anschreiben erfolgte und über die Abgasproblematik in Verbindung mit der Aufforderung zur Durchführung bzw. Notwendigkeit des Updates informiert wurde. Auch ist gerichtsbekannt, dass die Schreiben zumindest teilweise erst in den Jahren 2016 und teilweise sogar 2017 an die Autobesitzer versandt wurden. Dann wäre Verjährungsbeginn frühestens erst zum Ende des Jahres 2016 denkbar und die Verjährung träte nicht vor dem 31.12.2019 ein. Zudem können eine problematische und ungeklärte Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben. Verjährungsbeginn tritt erst dann ein, wenn eine zutreffende Einschätzung der Rechtslage möglich ist (Münchener Kommentar/Grothe a.a.O.). Bei den Fällen der Abgasmanipulation in Zusammenhang mit dem Motor EA 189 fehlt es bis zum heutigen Tag an einer höchstrichterlichen Entscheidung.

Auch ist die Behauptung, die Klagepartei habe von der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Umschaltlogik sowie aller anspruchbegründenden Tatsachen im Jahr 2015 bereits Kenntnis gehabt, sowie sie habe vom Abgasskandal Kenntnis gehabt, nicht hinreichend substantiiert, denn es ist nicht die Anspruchsgrundlage, deren Voraussetzungen bekannt gewesen sein sollen dargetan. Dem entsprechenden Beweisangebot Parteivernehmung der Klagepartei war nicht nachzugehen. Es ist auf eine hinreichende Kenntnis zur Begründung eines Verjährungsbeginns nicht aus den öffentlich bekannten Umständen zu schließen. Auch kann dahinstehen, ob die klagende Partei von dem Autohaus im Jahr 2015 angeschrieben wurde und auf die Notwendigkeit eines Updates hingewiesen wurde, denn daraus wäre die anspruchsbegründenden Tatsachen die Beklagte betreffend, der klagenden Partei nicht mitgeteilt worden. Der entsprechende Vortrag ist folglich nicht erheblich.

2. Sie ist daher berechtigt, den Kaufpreis Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs von der Beklagten ersetzt zu verlangen.

Sie muss sich dann aber die Vorteile anrechnen lassen, die sie zwischenzeitlich durch die Nutzung des Pkw erlangt hat. Insoweit ist der Kaufpreis von 19.499,99 € mit den von der klagenden Partei gefahrenen Kilometern, nämlich 136.576 km zu multiplizieren und das Ergebnis durch die zu erwartende Restlaufleistung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sprich 250.000 km, abzüglich vor Ankauf gefahrener 7.774 km, zu teilen. Dies ergibt einen Wert der gezogenen Nutzungen von 11.062,66 € und den tenorierten Erstattungsbetrag.

Die darüber hinausgehende Klage hinsichtlich des Klagantrags zu 1) war abzuweisen.

Der austenorierte Schaden ist auch vom Schutzzweck der Norm umfasst. Ein Schaden ist nur insoweit erstattungsfähig soweit die Norm gerade auch den Schutz vor den eingetretenen Schäden bezweckt. Dies ist gegeben, denn § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB dient gerade dem Schutz der Entschließungsfreiheit, so dass die klagende Partei so zu stellen ist, wie sie ohne Vertragsschluss gestanden hätte.

Der Zinsanspruch ab Rechtshängigkeit ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Ein weitergehender Zinsanspruch aus § 849, 246 BGB für den Zeitraum seit Überlassung des Geldes durch Zahlung des Kaufpreises bis zur Rechtshängigkeit besteht daneben nicht. Insofern ist zu berücksichtigen, dass die Klägerseite in diesem Zeitraum auch von den Vorteilen der Nutzung des PKW profitierte und für diese lediglich Wertersatz in Form eines Ersatzes für den Wertverlust des Fahrzeugs durch die gefahrenen Kilometer zu leisten hat. Die Vorteile der Fahrzeugnutzung verbleiben bei ihr. Deshalb ist es angemessen, wenn die Vorteile der Nutzung des Geldes bei der Gegenseite verbleiben.

III.

Hinsichtlich der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs befindet sich die Beklagte im Annahmeverzug.

IV.

Die Beklagte hat der klagenden Partei die Aufwendungen für Wartungsarbeiten und Reparaturen nicht zu ersetzen.

Der Nutzungswertersatz, den der Kläger sich anrechnen lässt, bezieht sich allein auf den von ihm geleisteten Kaufpreis. Die Kosten eines Kraftfahrzeugs beschränken sich aber nicht darauf. Sie umfassen auch laufende Positionen wie Kfz-Steuer, Kraftfahrtversicherung oder eben auch regelmäßige Wartungen und Inspektionen.

Der Aufwand der Klagpartei betrifft Arbeiten, die zum Erhalt des Werts und der Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs in regelmäßigen Abständen (Wartungsintervallen nach Zeitablauf oder Kilometerleistung) erforderlich sind. Er hat die Vorteile, die seinen Aufwendungen gegenüberstehen durch die Nutzung seines Fahrzeugs vollständig erhalten. Der Klagpartei verbleibt insoweit kein Schaden.

Jedoch sind die Finanzierungskosten erstattungsfähig. Aufgrund des des langen Zeitablaufs seit dessen die Kammer auch davon überzeugt, dass die klagende Partei diese Kosten gezahlt hat.

V.

Die klagende Partei kann als Teil des ihm entstandenen Schadens auch die Kosten ihrer vorgerichtlichen Rechtsverfolgung verlangen.

VI.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708, 709, 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 16.918,31 € festgesetzt.

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