Oberlandesgericht Koblenz
Az.: 5 U 125/11
Beschluss vom 11.04.2011
In dem Rechtsstreit hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz am 11.04.2011 beschlossen:
1.) Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Berufung gegen das Urteil des Landgerichtes Trier vom 05.01.2011 (4 O 128/08) wird zurückgewiesen.
2.) Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, da die Berufung auf der Grundlage des vorgelegten Entwurfes der Berufungsbegründung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Das Landgericht geht zu Recht davon aus, dass der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von immateriellem Schadensersatz wegen einer rechtswidrigen ärztlichen Behandlung zusteht. Gegen die Annahme des Landgerichtes, dass Behandlungsfehler nicht bewiesen sind und eine wirksame ärztliche Aufklärung zumindest in Form der mutmaßlichen Einwilligung vorliegt, ist nichts zu erinnern. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung Bezug genommen. Die dagegen erhobenen Angriffe der beabsichtigten Berufung vermögen nicht zu überzeugen. Hierzu Folgendes:
1.
Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass dem Beklagten kein Behandlungsfehler unterlaufen ist.
Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass die Infektion auf einen Behandlungsfehler des Beklagten zurückgeht. Allein aus dem Umstand, dass die Infektion anlässlich eines ärztlichen Eingriffs entstanden ist, lässt eine solche Wertung nicht zu. Absolute Keimfreiheit ist grundsätzlich und auch im konkreten Einzelfall (s. Gutachten, Bl. 150 GA) nicht erreichbar. Keimübertragungen, die sich aus nicht beherrschbaren Gründen und trotz Einhaltung der gebotenen hygienischen Vorbereitungen ereignen, gehören zum entschädigungslos bleibenden Gesundheitsrisiko (BGH VersR 1991, 467; Frahm/Nixdorf/Walter, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl., Rn. 126). Anhaltspunkte für konkrete
Verstöße des Beklagten gegen anerkannte Hygienestandards bei der Eingriffsvorbereitung sind nicht dargetan. Der Beklagte hat das standardisierte Vorgehen beschrieben, sowie dargelegt, dass Einmalspritzen verwandt wurden und entsprechend dem verbindlichen Desinfektionsplan seiner Praxis verfahren wurde (Bl. 33 GA). Das wurde auch durch die Zeugin … bestätigt (Bl. 109/110 GA). Abweichungen daraus hat der Kläger nicht vorgetragen. Insbesondere hat er nicht darlegen können, dass die von dem Sachverständigen aufgeführten Indizien für einen unzureichenden hygienischen Standard (Bl. 149, 151 GA) vorliegen.
2.
Es muss nicht entschieden werden, ob ein Behandlungsfehler darin zu sehen ist, dass der Beklagte auf den Anruf des Klägers am Abend des 18.07.2007 keine unmittelbare Untersuchung durchgeführt oder anderweitig veranlasst hat. Nach den eingeholten Gutachten ist der erst am 19.07.2007 einsetzende Behandlungsbeginn für die spätere Schmerzsymptomatik nicht kausal geworden (Bl. 183/184 GA).
3.
Es kann dahin stehen, ob der Kläger durch den Beklagten am 02.07.2007 ordnungsgemäß über das Risiko einer Infektion belehrt wurde. Auch kann offen bleiben, ob im Jahre 2005 anlässlich identischer Eingriffe eine hinreichende Aufklärung erfolgt ist und sie auch den Eingriff im Jahre 2007 noch deckt. Letztlich muss die „lmmer-So“-Rechtsprechung nicht herangezogen werden.
In jedem Fall ist davon auszugehen, dass eine hypothetische Einwilligung vorliegt. Der Beklagte hat sich hierauf hilfsweise berufen (Bl. 39/40 GA), was ohne weiteres zulässig ist (BGH VersR 1996, 1239; BGH VersR 1991, 547; BGH VersR 1979, 1012). Dabei hat er deutlich gemacht, dass der Patient dem Eingriff schon dreimal in der Vergangenheit nach entsprechender Aufklärung zugestimmt hatte (Bl. 32 GA) und aktuell einen erheblichen Leidensdruck verspürte. Es oblag danach dem Kläger einen plausiblen Entscheidungskonflikt für den Fall der ordnungsgemäßen Aufklärung darzulegen (BGH NJW 2009, 257; BGH VersR 1998, 766; BGH VersR 1994, 682). Hierfür fehlt es an hinreichendem Sachvortrag. Der Kläger hat vielmehr in seiner persönlichen Anhörung ausdrücklich betont, dass er an diesen Fragen überhaupt kein Interesse hatte, weil er starke Schmerzen verspürte und behandelt werden wollte (Bl. 108 GA).
4.
Der neue Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz, insbesondere die erstmals im Entwurf der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung, die Praxis des Beklagten sei bei Überwachungen nach § 34 BSeuchenG durch das Gesundheitsamt Trier wegen grober Verletzung der Hygienebestimmungen und Richtlinien des Robert-Koch-Instituts bereits mehrfach in Erscheinung getreten, ist von dem Beklagten bestritten worden und hat damit nach §§ 529, 531 ZPO außer Betracht zu bleiben.. Gründe, die ausnahmsweise dessen Berücksichtigung erlauben, sind nicht dargetan.