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Mietbeitritt – Schriftformerfordernis

Oberlandesgericht Celle

Az: 2 W 116/07

Beschluss vom 27.11.2007

Vorinstanz: Landgericht Bückeburg, Az.: 1 O 60/07


In dem Rechtsstreit hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle am 27. November 2007 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 20. August 2007 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 1. August 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen, soweit nicht das Landgericht durch Beschluss vom 23. Oktober 2007 teilweise der Beschwerde abgeholfen hat.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert der Beschwerde: 63.243,90 EUR.

G r ü n d e

Die zulässige Beschwerde der Beklagten hat, soweit durch den Senat darüber noch zu entscheiden ist, in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht gemeint, dass die Rechtsverteidigung der Beklagten über die bewilligte Prozesskostenhilfe hinaus keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

1. Zu Unrecht meinen die Beklagten, der Beklagte zu 2 sei nicht Partei des Mietvertrages, der am 9. März 2006 geschlossene Mietvertrag sei nur von der Klägerin und der Beklagten zu 1 unterzeichnet worden, der schriftliche Nachtrag zum Mietvertrag vom 31. März 2006, nach dessen Wortlaut der Beklagte zu 2 ab dem 1. April 2006 mit allen Rechten und Pflichten in den bereits bestehenden Mietvertrag eintritt, sei nur von der Klägerin und dem Beklagten zu 2 unterzeichnet worden und damit unwirksam, weil die Beklagte zu 1 nicht unterzeichnet habe.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts handelt es sich bei der Vereinbarung gemäß Nachtrag vom 31. März 2006 allerdings nicht um einen Schuldbeitritt. Denn Sinn und Zweck der Abrede war nicht nur, dass der Beklagte zu 2 den Verpflichtungen der Beklagten zu 1 aus dem Mietvertrag beitreten sollte. Vielmehr sollten dem Beklagten zu 2 auch die Rechte aus dem Mietvertrag zustehen, er sollte mit der Beklagten zu 1 selbst Mieter sein. Insoweit handelt es sich um einen Vertragsbeitritt, einen sogenannten Mietbeitritt.

Dieser Mietbeitritt ist nicht deshalb unwirksam, weil er schriftlich nur zwischen der Klägerin und dem beitretenden Beklagten zu 1 vereinbart worden ist. Im Grundsatz bedarf ein Mietbeitritt keiner Form, vielmehr kann er auch nur mündlich vereinbart werden (vgl. BGHZ 65, 49 ff.). Dem steht nicht entgegen, dass in § 17.1 des Mietvertrages vom 9. März 2006 geregelt ist, dass alle mit dem Mietobjekt zu treffenden Vereinbarungen der Schriftform bedürfen. Es ist ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, dass eine solche Abrede mündlich stillschweigend abbedungen werden kann, wenn die Parteien die Maßgeblichkeit der mündlichen Abrede nur übereinstimmend wollen (vgl. zuletzt BGH NJW 2006, 138). Erheblich ist danach allein, ob alle Vertragsparteien wollten, dass der Beklagte zu 2 dem Mietvertrag beitritt. Das Einverständnis der Beklagten zu 1 mit dem Mietbeitritt ihres Ehemannes, des Beklagten zu 2, ist nicht im Streit. Überdies würde es sich auch konkludent aus den Umständen des Falles ergeben und reicht auch eine stillschweigende Zustimmung der Beklagten zu 1 aus (vgl. BGH NJW 2005, 2620).

Auch das Schriftformerfordernis des § 550 BGB ist im Streitfall beachtet. Nach § 550 BGB bedarf ein Mietvertrag, der wie derjenige des Streitfalles für längere Zeit als ein Jahr geschlossen ist, der Schriftform. Da es einen rechtlichen und wirtschaftlichen Unterschied macht, ob zwei Mieter Anspruch auf Überlassung der Mietsache haben und ob dem Vermieter statt einem zwei Mieter den Mietzins schulden, handelt es sich zunächst einmal nicht um eine nebensächliche Vertragsänderung, die bereits deshalb möglicherweise nicht der Schriftform bedurfte (vgl. BGHZ 65, 49 ff. m. w. N.). Allerdings ist im Streitfall die Schriftform dadurch gewahrt, dass die Klägerin und der Beklagte zu 2 durch den Nachtrag vom 31. März 2006, der auf den Mietvertrag vom 9. März 2006 ausdrücklich Bezug nimmt, den Mietbeitritt schriftlich dokumentiert haben. Das ergibt sich aus dem Schutzzweck des § 550 BGB. Die Regelung in § 550 BGB bezweckt in erster Linie den Schutz eines späteren Grundstückserwerbers. Dieser soll in die Lage versetzt werden, sich vollständig über die auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten des Mietvertrages zu unterrichten. Diese Funktion wird durch den im Nachtrag schriftlich fixierten Mietbeitritt des Beklagten zu 2 gewährleistet. Soweit der Regelung des § 550 BGB daneben in geringem Maße eine Klarstellungs, Beweis und Warnfunktion zukommt, genügt auch insoweit der schriftliche Nachtrag. Dabei kann die Warnfunktion sich für den Streitfall nur auf den beitretenden Mieter beziehen.

Einer schriftlichen Zustimmungserklärung der Beklagten zu 1 bedurfte es nicht. Im Falle einer Vertragsübernahme durch einen anderen Mieter ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Schriftformerfordernis dann gewahrt, wenn der Eintretende seine Mieterstellung anhand einer Urkunde nachweisen kann, die ausdrücklich auf den ursprünglichen Mietvertrag Bezug nimmt (vgl. BGH NZM 1998, 29). Die Zustimmung des ausscheidenden Mieters zu dieser Vereinbarung ist nicht formbedürftig (vgl. BGH NZM 2005, 584). Wenn schon im Fall der Vertragsübernahme die Zustimmung des ausscheidenden Mieters nicht der Schriftform bedarf, muss dies erst recht in dem Fall gelten, in dem ein weiterer Mieter dem Mietvertrag beitritt. Mithin ist durch den schriftlichen Nachtrag vom 31. März 2006 der Beklagte zu 2 wirksam in sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag eingetreten und haftet deshalb mit der Beklagten zu 1 als Mieter.

2. Zutreffend hat das Landgericht auch gemeint, dass ein wirksamer Mietvertrag vorliegt, auch wenn es im Mietvertrag vor § 1 heißt, dass der Mietvertrag unter der auflösenden Bedingung geschlossen wird, dass die Mietsicherheit vom Mieter an den Vermieter gezahlt wird. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass, nähme man diese Regelung wörtlich, eine unsinnige und dem Parteiwillen zuwiderlaufende Regelung vorläge.

Es kann dahinstehen, ob im Wege der (ergänzenden) Vertragsauslegung die Vereinbarung dahin zu verstehen ist, dass der Mietvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung der Mietsicherheit geschlossen worden ist. Die Beklagten können nicht mit Erfolg geltend machen, aufgrund des Umstandes, dass sie die Mietsicherheit nicht vollständig gezahlt hätten, läge ein wirksamer Mietvertrag gar nicht vor.

Denn eine solche Vereinbarung hätten die Parteien einvernehmlich abbedungen. Die Regelung vor § 1 des Mietvertrages ist im Zusammenhang mit § 4.7 des Mietvertrages zu sehen, nach der die Mietsicherheit in drei Raten zahlbar sein sollte, die erste vor Übergabe und die zweite und die dritte Rate jeweils am 31. Juli und 31. August 2006. Nähme man das Vorliegen einer aufschiebenden Bedingung an, wäre die Vereinbarung deshalb dahin zu verstehen, dass Bedingungseintritt die nicht fristgerechte Zahlung der Mietsicherheit sein sollte. Die Beklagten tragen selbst vor, die Beklagte zu 1 hätte sich im Hinblick auf die zu zahlende zweite und dritte Rate der Mietsicherheit an die Klägerin gewandt, weil sie die zweite und dritte Rate nicht habe zahlen können. Sie habe gegenüber einer Mitarbeiterin der Klägerin hierauf hingewiesen und erklärt, sie wolle die Mietsicherheit so schnell wie möglich zahlen. Hierin ist das Angebot der Beklagten an die Klägerin zu sehen, in Abänderung des Mietvertrages die im Mietvertrag geregelten Fristen zur Zahlung der Mietsicherheit entfallen zu lassen und auch den Mietvertrag im Hinblick auf die aufschiebende Bedingung abzuändern. Denn auch insoweit bedurfte es einer Änderung, weil ein Zahlungszeitpunkt nicht absehbar war, die Parteien aber ersichtlich einen wirksamen Mietvertrag wollten und eine dauerhafte Ungewissheit über den Bestand des Mietvertrages nicht im Interesse der Parteien war. Dieses Änderungsangebot hat die Klägerin, wie die Beklagten selbst geltend machen, durch schlüssiges Verhalten stillschweigend angenommen.

Darauf, ob im Übrigen § 162 BGB Anwendung findet und die Berufung der Beklagten auf den fehlenden Bedingungsantritt treuwidrig ist, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an.

3. Der Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe in Kenntnis der Marktlage mit ihnen einen Mietzins vereinbart, den man als „Mondpreis“ ansehen könnte, genügt nicht zur Begründung, der vereinbarte Mietzins sei sittenwidrig i. S. des § 138 BGB. Zu einem ortsüblichen Mietzins fehlt jeder Vortrag der Beklagten, unabhängig davon haben die Beklagten für eine entsprechende Kenntnis der Klägerin Beweis nicht angeboten.

Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB haben die Beklagten nicht erklärt, im Übrigen fehlt auch insoweit jeglicher Vortrag der Beklagten zum Vorliegen einer arglistigen Täuschung sowie ein entsprechender Beweisantritt.

4. Der von den Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Verlegung der Gasleitung in Höhe von 2.610,86 EUR besteht nicht. Vielmehr besteht ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Rückbau bzw. auf Zahlung von Schadensersatz wegen unterbliebenem Rückbau.

Ob die Klägerin Eigentümerin der Gasleitungsanlage geworden ist, ist nicht streiterheblich. Unabhängig von der dinglichen Rechtslage besteht ein schuldrechtlicher Anspruch der Klägerin auf Rückbau, den die Klägerin auch geltend gemacht hat. Diese Rückbaupflicht ergibt sich aus §§ 7.2 und 13.2 des Mietvertrages. Wenn die Beklagten 40 m Rohr durch Räume und Mauern haben verlegen lassen, kann nicht zweifelhaft sein, dass eine bauliche Veränderung vorliegt, jedenfalls handelt es sich um eine Einrichtung, mit der die Beklagten die Mieträume versehen haben.

Die Regelung in § 12 des Mietvertrages findet hinsichtlich der Gasleitung überhaupt keine Anwendung, weil es dort um konkrete Renovierungs und Umbaumaßnahmen geht, die die Beklagten vorgenommen hatten und wegen der sie eine geringere Miete zu zahlen hatten. Zu diesen Renovierungs und Umbaumaßnahmen gehörte die verlegte Gasleitung nicht. Im Übrigen wäre Rechtsfolge der dortigen vertraglichen Abrede, dass die Gasleitung entschädigungslos in das Eigentum der Klägerin übergegangen wäre und auch in diesem Fall ein Zahlungsanspruch der Beklagten nicht bestünde.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO, Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Soweit die Nr. 1812 die Möglichkeit eröffnet, im Falle der teilweisen Zurückweisung die Gebühr nach billigem Ermessen auf die Hälfte zu ermäßigen oder zu bestimmen, dass eine Gebühr nicht zu erheben ist, hat der Senat im Hinblick auf den geringen Umfang der Abhilfe durch das Landgericht keinen Grund gesehen, hiervon Gebrauch zu machen.

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Die Wertfestsetzung erfolgt allein im Hinblick auf die anwaltlichen Gebühren nach dem Wert der Hauptsache (Nr. 3335 Abs. 1 1. Halbs. des Vergütungsverzeichnisses zu § 2 Abs. 2 RVG). Der Streitwert war auf einen Betrag in Höhe von 63.243,90 EUR festzusetzen. Auf den Antrag Ziff. 1 entfielen dabei 9.832,70 EUR. Der Wert des Antrages Ziff. 2 beträgt 53.411,20 EUR. Der Wert einer auf einen künftigen Mietausfall gerichteten Klage ist nach § 9 ZPO festzusetzen (vgl. BGH NZM 2004, 824 unter Hinweis auf BGH KostRspr. § 16 GKG Nr. 39). Der geltend gemachte Mietausfall ist auf wiederkehrende Leistungen oder Nutzungen gerichtet, der Schaden selbst ist noch nicht eingetreten, vielmehr ist ungewiss, ob vor dem 31. März 2011 eine anderweitige Vermietung erfolgen kann. Ist danach der 3,5fache Betrag der Jahresmiete anzusetzen, war nach Ansicht des Senates in insoweit entsprechender Anwendung des § 41 GKG nur die Nettomiete anzusetzen und im Übrigen für die ersten zehn Monate der aufgrund der Staffelmietabrede geringere Betrag. Zudem war im Hinblick auf den Festsetzungsantrag ein Abzug von 20 % vorzunehmen. Das führte zu folgender Berechnung: 10 Monate x 1.454 EUR + 32 Monate x 1.632 EUR = 66.764 EUR – 20 % = 53.411,20 EUR.

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