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Rückwirkung der Klagezustellung – späte Zahlungsanweisung durch Rechtsschutzversicherer

KG Berlin – Az.: 8 U 183/11 – Urteil vom 21.06.2012

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 3. August 2011 verkündete Versäumnisteil- und Schlussurteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin hinsichtlich des Tenors zu Ziffer 1 und 2 wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist begründet.

Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Ersatz der ihm durch die Rücknahme der Klage gegen die M… GmbH in den Verfahren 10 O 1… und 4 O 3… bei dem Landgericht Berlin entstandenen Kosten in Höhe von 3.625,70 € und in Höhe von 2.118,44 € ist verjährt.

Zutreffend hat das Landgericht Berlin in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sich der Beklagte gegenüber dem Kläger einer Pflichtverletzung schuldig gemacht hat, indem er, ohne von dem Kläger hierzu beauftragt worden zu sein, Klage gegen die M… GmbH erhoben hat.

Es kann letztlich dahin gestellt bleiben, ob der Beklagte, wie von ihm behauptet, bei der Informationsveranstaltung am 22. November 2006 klar gestellt hat, gegen wen er Sammelklage einreichen wolle und ob er dabei auch den Vermittler der Kapitalanlage benannt hat. Der Kläger hat ihn lediglich beauftragt, gegen die B… Z… V… GmbH & Co. Sammelklage einzureichen. Frau H… W… hat dem Beklagten am 11. Dezember 2011 als Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin der c… T… GmbH namens und in Vollmacht des Klägers mitgeteilt, dass sich dieser an der Sammelklage gegen die B…Z… V… GmbH & Co. beteiligen möchte. Dieser Auftrag ist eindeutig. Er erstreckt sich ohne Zweifel lediglich auf eine Klageerhebung gegen die B… Z… V… GmbH & Co.. Auch aus dem Begriff Sammelklage kann der Beklagte nicht herleiten, dass er auch zur Klageerhebung gegen weitere Personen berechtigt war, denn der Begriff Sammelklage besagt lediglich, dass mehrere Kläger gemeinsam Klage einreichen. Dabei ist es durchaus möglich, dass einzelne Kläger nicht alle Beklagten, sondern nur einen Beklagten in Anspruch nehmen.

Zumindest wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, sich bei dem Kläger über den Umfang des Auftrages zu vergewissern. Stattdessen hat der Beklagte dem Kläger noch nicht einmal den Entwurf der Klageschrift zukommen lassen, sondern hat sich lediglich mit der von dem Kläger benannten Rechtsschutzversicherung in Verbindung gesetzt. Der Umstand, dass die Rechtschutzversicherung schriftlich Deckungszusage erteilt hat, kann der Beklagte nichts über den Umfang des ihm erteilten Auftrages herleiten. Soweit er in der Berufungsbegründung behauptet, der Kläger habe ihn beauftragt, etwaige ihm zustehende Schadensersatzansprüche zu wahren, soweit der Rechtsschutzversicherer Deckungszusage erteilt, ist diese Behauptung nicht mit dem eindeutigen Wortlaut des Schreiben der Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin W… vom 11. Dezember 2006 in Einklang zu bringen.

Da sich der Kläger nur an einer Sammelklage gegen die B … Z… V… GmbH & Co beteiligen wollte, kann der Beklagte auch aus der von ihm zitierten Rechtssprechung des Bundesgerichthofes (BGH, NJW 1993, 1779) nicht herleiten, dass er berechtigt gewesen sei, im Namen des Klägers auch gegen die M… GmbH Klage zu erheben. Der Bundesgerichthof hat in der vom Beklagten zitierten Entscheidung über einen mit der vorliegenden Fallkonstellation nicht vergleichbaren Sachverhalt zu entscheiden, bei dem ein Rechtsanwalt von seinem Mandanten beauftragt wurde, seine Rechte gegenüber einer Vielzahl von Schuldner wahrzunehmen. Nach der Rechtsprechung des BGH hat der Rechtsanwalt in einem solchen Fall, wenn er sich entschließt, zunächst nur “Musterprozesse” gegen einzelne Schuldner zu führen, Vorkehrungen zu treffen, dass die Ansprüche gegen die übrigen Schuldner nicht verjähren.

Dem Landgericht kann jedoch nicht gefolgt werden, soweit es in der angefochtenen Entscheidung ausführt, dass der klägerische Anspruch nicht verjährt sei.

Der Kläger hat erst im April 2007 eine Abschrift der Klageschrift erhalten und dadurch Kenntnis erhalten, dass der Beklagte nicht nur gegen die B… Z… V… GmbH & Co. Klage erhoben hat. Mit Schreiben des Beklagten vom 5. Juni 2007 (Anlage K4) hat der Kläger davon Kenntnis erhalten, dass die Rechtsschutzversicherung die Kosten der Klagerücknahme nicht übernimmt. Unerheblich ist, ob der Rechtsschutzversicherer des Klägers bereits im Jahr 2006 Kenntnis von der Klageschrift hatte. Der Kläger hat sich diese Kenntnis nicht zurechnen zu lassen. Die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt gemäß § 199 Abs.1 Ziffer 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt. Folglich begann die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres 2007 zu laufen. Die Verjährung ist nicht gemäß § 204 Abs.1 Ziffer 1 durch die Erhebung der Klage gegen den Beklagten gehemmt worden. Die Klage ist am 29. Dezember 2010 bei dem Landgericht Berlin eingegangen und dem Beklagten am 22. März 2011 zugestellt worden. Diese Zustellung wirkt nicht gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurück, da sie nicht “demnächst” erfolgt ist. Das Landgericht hat dem Kläger auf dessen mit Schriftsatz vom 25. Januar 2011 erfolgte Bitte hin die Höhe des zu zahlenden Gerichtskostenvorschusses mitgeteilt. Diese Mitteilung des Gerichts ist dem Kläger am 7. Februar 2011 zugestellt worden. Am 7. März 2011 ist der angeforderte und von der Rechtsschutzversicherung des Beklagten am 2. März 2011 eingezahlte Gerichtskostenvorschuss bei der Kosteneinziehungsstelle der Justiz eingegangen. Eine “demnächstige Zustellung” i.S. von § 167 ZPO liegt nicht vor, wenn zwischen dem Eingang der Aufforderung zur Zahlung des Gerichtskostenvorschusses beim Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Zahlungsanweisung durch den Rechtsschutzversicherer – wie hier – eine Frist von 23 Tagen liegt (so auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, MDR 203, 771; OLG Hamm, VersR 2004, 362; OLG Hamm, OLGR Hamm 2004, 186).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO.

Über die Kosten der ersten Instanz hat das Landgericht durch Urteil vom 21. Dezember 2011 – 9 O 28/11 – rechtskräftig entschieden.

Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO.

 

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