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Anerkennung eines Anspruchs – Einrede der Verjährung

Oberlandesgericht Celle

Az.: 3 U 87/06

Urteil vom 26.07.2006

Vorinstanz: Landgericht Lüneburg – Az.: 3 O 295/05


In dem Rechtsstreit hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2006 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. März 2003 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin gewährte einer Firma E. GmbH durch schriftliche Vereinbarung vom 30. Juli/11. August 1997 einen im November 1998 auf 1,35 Mio. DM erhöhten Kredit. Für die Rückzahlungsverpflichtung der E. GmbH übernahm die Beklagte, die Dipl.Ing. F. G. GmbH, durch Erklärung vom 11. Oktober 1998 ausdrücklich die gesamtschuldnerische Mithaft i. S. v. § 421 BGB. Der Kredit ist gegenüber der E. GmbH mit Schreiben der Klägerin vom 29. Juni 2001 zum 16. Juli 2001 gekündigt, die Kündigung ist der Beklagten mitgeteilt worden. Im Zeitpunkt der Kündigung belief sich der offene Saldo auf 1.230.172,95 DM. Die E. GmbH hat den Kredit nicht zurückgeführt.

Die Klägerin forderte in der Folgezeit die Beklagte, die zunächst aufgrund eines entsprechenden Angebots der Klägerin in den Monaten Juli bis September 2001 Raten in Höhe von 7.500 DM gezahlt hatte, mehrfach zur Rückführung des Kredits auf, unter anderem mit Schreiben vom 7. November 2001. Die Beklagte antwortete am 27. November 2001, dass die Rückführung des Kredits vom Ausgang eines Prozesses gegen eine Frau H. abhängig sei. Am Ende jenes Schreibens heißt es, man wünsche sich die weitere Begleitung der Klägerin und hoffe, in beiderseitigem Einvernehmen den Prozess zu Ende führen zu können.

Am 5. November 2002 mahnte die Klägerin erneut ihre Forderung an und forderte die Beklagte auf, Auskunft über ihre wirtschaftliche Lage zu erteilen; anderenfalls werde die Forderung mit Mahnbescheid geltend gemacht. Die Beklagte bat daraufhin mit Telefax vom 5. Dezember 2002 um Fristverlängerung. Am 8. Dezember 2002 übersandte sie der Klägerin eine betriebswirtschaftliche Auswertung für
November 2002 und erklärte, weitere Auskünfte nicht erteilen zu können. Am 11. April 2003 mahnte die Klägerin wiederum und übersandte der Beklagten – wie schon in ihrem Schreiben vom 5. November 2002 – ein vorgefertigtes Schuldanerkenntnis mit der Aufforderung, zur Vermeidung der gerichtlichen Geltendmachung der Forderung dieses Schuldanerkenntnis von einem Notar beglaubigen und der Klägerin eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde erteilen zu lassen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nach.

Die Klägerin hat daraufhin am 15. Dezember 2003 einen am 18. Dezember 2003 zugestellten Mahnbescheid erwirkt. Gegen diesen hat die Beklagte am 5. Januar 2004 Widerspruch eingelegt, worüber die Klägerin am 7. Januar 2004 benachrichtigt worden ist. Am 23. August 2005 hat sie unter Einzahlung der weiteren Gerichtsgebühren die Fortsetzung des Verfahrens beantragt und einen letztrangigen Teilbetrag von 100.000 EUR aus ihrer mit 1.230.172,95 DM bezifferten Forderung geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, der von ihr verfolgte Zahlungsanspruch sei nicht verjährt, da die Beklagte die Forderung der Klägerin zunächst durch Abschlagszahlungen, später durch Übermittlung der angeforderten Unterlagen anerkannt habe. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie den Anspruch als gerechtfertigt akzeptiere.

Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 100.000 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juli 2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hat die Höhe der geltend gemachten Forderung ausdrücklich unstreitig gestellt, gegenüber dem Zahlungsanspruch jedoch die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Verjährungseinrede der Beklagten greife nicht durch. Durch die vorgerichtlich geführte Korrespondenz, insbesondere mit dem Schreiben der Beklagten vom 5. Dezember 2002, in dem sie für die Übergabe der von der Klägerin geforderten Unterlagen Fristverlängerung erbat, habe sie zu erkennen gegeben, dass sie den geltend gemachten Anspruch anerkenne. Infolge dieses Anerkenntnis habe die Verjährung erneut begonnen,
§ 212 BGB.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die die Auffassung des Landgerichts, sie habe die klägerische Forderung mit ihrem Schreiben vom 5. Dezember 2002 anerkannt, angreift und die beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 17. März 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, wegen des Berufungsvorbringens der Parteien auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.
Die Berufung der Beklagten ist begründet, die von der Klägerin geltend gemachte Forderung ist verjährt. Das Rechtsmittel der Beklagten führt zur Abweisung der Klage.

1. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten zwar einen Zahlungsanspruch in Höhe von 100.000 EUR aus dem von der Beklagten abgegebenen Schuldversprechen, §§ 780 i. V. m. 488 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Beklagte hat in jener Urkunde ausdrücklich zugesagt, für die der Klägerin gegenüber der E. GmbH bestehende Schuld die Mithaft i. S. v. § 421 BGB und damit die Schuld als eigene zu übernehmen. Der der Sache nach unstreitige Anspruch der Klägerin auf Rückführung des der E. GmbH gewährten Darlehens ist durch Kündigung seitens der Klägerin vom 29. Juni 2001 zum 16. Juni 2001 fälliggestellt. Die Höhe des Anspruchs beläuft sich auf 1.230.162,95 DM. Die Beklagte hat die Höhe des Saldos zwar zunächst mit Nichtwissen bestritten, nach Vorlage einer Kontoverdichtung durch die Klägerin jedoch ihre Verteidigung ausschließlich auf die Einrede der Verjährung beschränkt.

2. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ist jedoch verjährt.

a) Für die Verjährung des Anspruchs gilt die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB i. V. m. Art. 229 § 6 EGBGB. Der Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin ist durch Kündigung des Darlehens zum 16. Juli 2001 fällig gestellt worden. Damit begann die Verjährung am 1. Januar 2002 und wäre zum 31. Dezember 2004 abgelaufen.

b) Der Ablauf der Verjährungsfrist ist allerdings zunächst gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB durch Beantragung und Zustellung des Mahnbescheides am 18. Dezember 2003 gehemmt worden. Da die Klägerin aber, nachdem die Beklagte am 5. Januar 2004 Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt hatte, erst am 23. August 2005 das Verfahren durch Einzahlung des weiteren Kostenvorschusses für das streitige Verfahren weiter betrieben hat, endete die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung, § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB. Letzte Verfahrenshandlung war die Mitteilung des Widerspruchs durch das Mahngericht an die Klägerin am 7. Januar 2004. Die Hemmung endete damit am 7. Juli 2004. Für die Verjährung folgt daraus dass diese zunächst am 1. Januar 2002 begann und bis zum 18. Dezember 2003 lief, dann bis zum 7. Juli 2004 unterbrochen war und erneut vom 8. Juli 2004 bis zum 23. August 2005 – der Einzahlung des weiteren Kostenvorschusses – lief. Insgesamt waren damit bei Weiterbetrieb des Verfahrens 37 Monate abgelaufen. Zutreffend hatte die Beklagte geltend gemacht, dass hiernach die Verjährung des klägerischen Anspruchs am 22. Juli 2005 eingetreten ist.

3. Weitere, eine Hemmung oder einen Neubeginn der Verjährung bewirkende Umstände liegen nicht vor.

a) Ob die Parteien bereits im Jahr 2001 zu einer Hemmung der Verjährung führende Verhandlungen geführt haben, kann dahinstehen, da diese Verhandlungen vor Verjährungsbeginn geführt worden sind. Unerheblich ist damit auch, dass durch Teilzahlungen der Beklagten von jeweils 7.500 DM in den Monaten Juli bis September 2001 ein Neubeginn der Verjährung durch Anerkenntnis eingetreten ist.

b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Parteien im Jahr 2002 keine Verhandlungen über den geltend gemachten Anspruch geführt haben. Zwischen den Parteien war und ist vielmehr unstreitig, dass der von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach besteht. Ein Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen hat zwischen den Parteien nicht weiter stattgefunden. Die Schreiben der Klägerin vom 7. November 2001 sowie 5. November 2002 sind einfache Mahnschreiben. Die Beklagte hat hierauf nur insoweit reagiert, als dass sie die Übersendung von Unterlagen zugesagt hat.

c) Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Beklagte den Anspruch auch nicht in anderer Weise i. S. v. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB anerkannt und damit einen Neubeginn der Verjährung bewirkt. Einer solchen Würdigung des Verhaltens der Beklagten steht zwar nicht ihr früheres Anerkenntnis durch Abschlagszahlungen entgegen; denn es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum ein Anspruch, der bereits anerkannt worden ist, nicht später nochmals – auch und gerade zum Zweck des Neubeginns der Verjährung – anerkannt werden könnte (vgl. BGH WM 88, 168 ff.). Es fehlt jedoch an einem Verhalten der Beklagten als Schuldnerin, welches als erneutes Anerkenntnis zu werten wäre.

aa) Grundsätzlich genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für eine Verjährungsunterbrechung durch Anerkenntnis (jetzt: Neubeginn der Verjährung) jedes auch rein tatsächliche Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs – wenigstens dem Grunde nach – unzweideutig ergibt und dass deswegen das Vertrauen des Gläubigers begründet, dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen wird (vgl. etwa BGH NJW 2002, 2872 ff. m. w. N.).

bb) Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Ein ausdrückliches Anerkenntnis hat die Beklagte nicht abgegeben. Deren Schreiben vom 5. Dezember 2002 enthält keine Erklärung, die Forderung der Klägerin anerkennen zu wollen. Das Schreiben beschränkt sich seinem Inhalt nach darauf, dass die Beklagte die Übersendung angeforderter Unterlagen zusagt.

Allerdings wird man dem Verhalten der Beklagten entnehmen können, dass sie sich des Umstandes bewusst war, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch bestand und auch, dass sie, wie die Bereitschaft zur Übersendung von Unterlagen zeigt, den Rückzahlungsanspruch der Klägerin akzeptierte. Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt jedoch ein Anerkenntnis i. S. v. § 212 BGB (n. F.) voraus, dass der Gläubiger aufgrund des Verhaltens des Schuldners begründeterweise davon ausgehen durfte, dass sich dieser nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen würde. Gegen ein solches berechtigtes Vertrauen auf Seiten der Klägerin spricht hier entscheidend, dass die Beklagte der mehrfachen Aufforderung der Klägerin, ein ihr übersandtes Schuldanerkenntnis notariell beglaubigen zu lassen und hierüber eine vollstreckbare Ausfertigung zu übersenden, gerade nicht nachgekommen ist. Die Klägerin hatte die Beklagte hierzu mehrfach aufgefordert und entsprechende vorbereitete Erklärungen übersandt. Die Beklagte ist hierauf aber zu keinem Zeitpunkt eingegangen. Im Ergebnis geht das Verhalten der Beklagten und der aus ihren Erklärungen zu entnehmende Inhalt nicht über das übliche Verhalten eines Schuldners hinaus, der versucht, seiner Inanspruchnahme zu entgehen, zumindest jedenfalls Zeit zu gewinnen. Die Klägerin selbst hat dies zutreffend gewürdigt und daher die Notwendigkeit, einen vollstreckungsfähigen Titel zu erlangen, erkannt. Sie hat deshalb ein gerichtliches Verfahren nicht nur angedroht, sondern das Mahnverfahren in Gang gesetzt. Dies belegt, dass auch sie selbst das Verhalten der Beklagten nicht als ein die Hemmung der Verjährung bewirkendes Anerkenntnis verstanden hat; sie hat gerade nicht darauf vertraut, die Schuldnerin werde nach Verjährungseintritt von der ihr zustehenden Einrede keinen Gebrauch machen.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Revision zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht gegeben.

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