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Verjährung des Anspruchs auf eine Sozialplanabfindung

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Az.: 1 AZR 65/01

Urteil vom 30.10.2001

Vorinstanzen:

I. Arbeitsgericht Herford – Az.: 3 (2) Ca 1114/98 – Urteil vom 22.06.1999

II. Landesarbeitsgericht Hamm – Az.: 11 Sa 2043/99 – Urteil vom 24. Oktober 2000


Leitsätze:

1. Der Anspruch auf eine Sozialplanabfindung unterliegt nicht der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 BGB, sondern der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB.

2. Die Sozialplanabfindung ist weder Lohn bzw. Gehalt noch ein anderer Dienstbezug iSd. § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB oder eine andere anstelle oder als Teil des Lohnes vereinbarte Leistung iSd. § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB. Sie soll nicht Leistungen entgelten, die der Arbeitnehmer erbracht hat. Sie bezweckt vielmehr den – zukunftsgerichteten – Ausgleich oder die Milderung der Nachteile, die dem Arbeitnehmer durch eine Betriebsänderung entstehen.


Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2001 für Recht erkannt:

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. Oktober 2000 – 11 Sa 2043/99 – wegen des Zinsausspruchs zum Teil aufgehoben und unter Zurückweisung der Revision im übrigen wie folgt neu gefaßt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22. Juni 1999 – 3 (2) Ca 1114/98 – wegen des Zinsausspruchs zum Teil abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im übrigen wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 50.808,74 DM nebst 4 % Zinsen aus 49.746,00 DM seit dem 3. März 1998 und nebst 4 % Zinsen aus weiteren 1.062,74 DM seit dem 13. Mai 1999 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Anspruch des Klägers auf eine Sozialplanabfindung verjährt ist.

Der Kläger war seit 1967 bei der V. GmbH & Co. KG in Berlin als Maschineneinrichter beschäftigt. Im Frühjahr 1993 beschloß die Geschäftsleitung der V. GmbH & Co. KG, die Tätigkeit in Berlin zu beenden. Sie schloß am 13. Mai 1993 mit dem Betriebsrat einen Sozialplan. Darin heißt es ua.:

„Betriebsvereinbarung über Sozialplan

Präambel

Der Sozialplan wird zum Ausgleich der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile geschlossen, die den Belegschaftsmitgliedern infolge der bereits beschlossenen und im Rahmen des Interessenausgleiches zwischen den Vertragsparteien geregelten Betriebsschließungen der Berliner Betriebsstätte entstehen. Er berücksichtigt sowohl die sozialen Belange der betroffenen Belegschaftsmitglieder, als auch die wirtschaftliche Lage des Unternehmens.

§ 2

1. Die Abfindungen des Sozialplanes errechnen sich nach der Betriebszugehörigkeit.

– Gewerbliche Mitarbeiter

Auf der Grundlage Stundenlohn x monatliche Durchschnittsstunden : 2 = Anspruch pro Jahr Betriebszugehörigkeit.

……

3. Alle Leistungen aus dem Sozialplan sind steuer- und sozialversicherungsfrei nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Sie sind als Entschädigungsleistungen im Sinne von §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz, § 3 EStG zu betrachten.

§ 3

…..

3. Das Unternehmen stellt den Gesamtbetrag für den Sozialplan gemäß nachfolgender Raten und Fristen zur Verfügung:

a) DM 250.000,– zum 30.06.93

b) DM 250.000,– zum 31.07.93

c) DM 300.000,– zum 31.08.93

4. Der jeweilige Ratenbetrag wird mit befreiender Wirkung vom Unternehmen auf ein zu errichtendes Konto überwiesen und von dort aus gemäß der getroffenen Regelungen an das jeweilige Belegschaftsmitglied ausgezahlt. Eine Auszahlung erfolgt quotal nach Eingang der jeweiligen Sozialplanraten.

5. Legt ein Mitglied der Belegschaft gegen eine ihm ausgesprochene Kündigung Klage ein, wird ihm eine Abfindung zugesprochen oder aus sonstigen Gründen eine Abfindung gezahlt, so wird diese Abfindung auf die Leistungen nach diesem Sozialplan angerechnet.

Mit Schreiben vom 21. Mai 1993 kündigte die V. GmbH & Co. KG das Arbeitsverhältnis des Klägers im Zuge der Betriebsschließung zum 30. September 1993. Der Sozialplananspruch des Klägers beträgt – unstreitig – 50.808,74 DM. Zu einer Auszahlung dieses Betrages kam es nicht, weil sowohl über das Vermögen der V. GmbH & Co. KG als auch über das ihrer Komplementärin, der V.beteiligungs-GmbH, am 14. Juli 1993 beim Amtsgericht die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragt worden ist. Der Antrag wurde am 6. September 1993 zurückgewiesen, weil eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse nicht vorhanden war.

Die Beklagte erwarb von der V. GmbH & Co. KG auf Grund Vertrages vom 1. April 1993 neun der insgesamt zehn in Berlin stehenden Druckgußmaschinen und nahezu alle übrigen Aggregate, die für den Betrieb einer Druckgießerei mit anschließender mechanischer Bearbeitung vonnöten sind. Außerdem wurden die fünf oder sechs neuesten der insgesamt sieben oder acht Entgratungspressen, die beiden Bearbeitungszentren, die Rundtaktanlage, die CNC-Drehbank, die Rundtroganlage, die beiden Gleitschleifmaschinen, die Meßmaschine, der Differenzdruckmesser und der Kopierschleifautomat an die Beklagte verkauft. Diese erwarb ferner sämtliche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, Erfindungen, Rezepturen und Herstellungsverfahren samt Ausstattungsrechten, das vollständige Produktionsprogramm mit allen Herstellungs-, Gebrauchs- und Vertriebsrechten sowie die Kunden- und Lieferantenlisten. In dem Kaufvertrag heißt es weiter, „daß der Erwerb … zu einem Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB führt und der Käufer in alle Rechte und Pflichten gegenüber der Arbeitnehmerschaft im Zeitpunkt des Betriebsüberganges (1. Mai 1993) eintritt“. Spätestens in der zweiten Hälfte des Juni 1993 waren die Transporte der veräußerten Maschinen und sonstigen Vermögensgegenstände von der Betriebsstätte Berlin zum Sitz der Beklagten in E. abgeschlossen. Das Landesarbeitsgericht Hamm stellte in einem Verfahren zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und der Beklagten mit Urteil vom 18. Februar 1997 (- 5 Sa 895/95 -) fest, daß ein Betriebsübergang von der V. GmbH & Co. KG auf die Beklagte stattgefunden habe.

Mit Schreiben vom 22. Februar 1998 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Sozialplananspruch in Höhe von 49.746,00 DM geltend. Die Beklagte erhob mit Schreiben vom 3. März 1998 die Einrede der Verjährung. Mit der Klage vom 28. April 1998 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er meint, die Beklagte hafte für die ihm zustehende Sozialplanabfindung aus dem Gesichtspunkt des Betriebsüberganges gemäß § 613 a BGB. Seine Forderung sei nicht verjährt, weil die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB für Lohnansprüche aus Arbeitsverhältnissen hier nicht eingreife.

Bei der Sozialplanabfindung handele es sich um eine einmalige Kapitalzahlung, die mit laufenden monatlichen oder zu bestimmten Zeiten wiederkehrenden Leistungen nicht gleichzustellen sei. Die Abfindung stehe ihm nicht auf Grund seines Arbeitsvertrages, sondern auf Grund des Sozialplans zu. Eine analoge Anwendung des § 196 BGB widerspreche dem Zweck der Vorschrift. Der Gesetzgeber habe den Anwendungsbereich des § 196 BGB eng gefaßt und auf Geschäfte des täglichen Lebens beschränkt, die regelmäßig zu unbedeutend seien, um längere Zeit im Gedächtnis der Beteiligten zu bleiben. Dies treffe auf den Abfindungsanspruch aus einem Sozialplan nicht zu.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 50.808,74 DM nebst 4 % Zinsen aus 49.746,00 DM ab dem 3. März 1998 und nebst 4 % Zinsen aus weiteren 1.062,74 DM seit Rechtshängigkeit der Klage zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie begründet die Einrede der Verjährung damit, daß der Anspruch gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 8 oder 9 BGB nach zwei Jahren, also lange vor der Geltendmachung, verjährt sei. Die Sozialplanabfindung sei ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Sie werde wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt und sei, wie sonstige Geldleistungen des Arbeitgebers auch, Arbeitseinkommen. Regelmäßig – so auch hier – richte sich die Höhe von Abfindungsbeträgen nach der Länge der Beschäftigungszeit sowie danach, wie lange der Arbeitnehmer voraussichtlich nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist benötige, um eine neue Arbeitsstelle zu finden. Mit der Abfindung werde ein sog. anderer Dienstbezug geleistet. Es entspreche auch Sinn und Zweck der kurzen Verjährung, sie auf Sozialplanabfindungen anzuwenden. Abfindungsbeträge, die der Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalte, gehörten zu den Geschäften des täglichen Lebens, weshalb der Arbeitgeber als Schuldner nicht 30 Jahre lang damit rechnen müsse, von seinem ehemaligen Arbeitnehmer in Anspruch genommen zu werden.

Überdies habe die Vereinbarung zur Zahlung einer Abfindung an den Kläger auch den Ersatz entgangenen Arbeitsentgelts wegen der Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum Inhalt gehabt. Statt der gewährten viermonatigen habe dem Kläger eine Kündigungsfrist von sieben Monaten zugestanden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist zum großen Teil unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage im wesentlichen zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht der Anspruch auf die Sozialplanabfindung gegen die Beklagte zu, wobei die Zinsen allerdings erst ab dem Tag nach dem Zugang des Mahnschreibens zu zahlen sind; insoweit hat die Revision Erfolg.

I. Dem Kläger steht gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag ein Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 50.808,74 DM aus dem zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsleitung der V. GmbH & Co. KG unter dem 13. Mai 1993 abgeschlossenen Sozialplan gegen die Beklagte zu.

1. Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß die Rechte und Pflichten des Klägers aus dem Sozialplan gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten geworden sind. Das ist zwischen den Parteien auch nicht streitig. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts liegt ein Betriebsübergang iSv. § 613 a BGB vor, der mit Abschluß der Transporte der Betriebsmittel von Berlin nach E. in der zweiten Hälfte des Juni 1993 abgeschlossen worden ist. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat mit Ablauf des 30. September 1993, also nach dem Betriebsübergang, geendet. Damit wurde der Sozialplan zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der V. GmbH & Co. KG und ihrem Betriebsrat vom 13. Mai 1993 Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Der Sozialplan ist als Betriebsvereinbarung anzusehen (BAG 17. Oktober 1989 – 1 ABR 75/88 – BAGE 63, 152, zu B 2 a der Gründe). Eine andere einschlägige Betriebsvereinbarung besteht nicht.

2. Dem Anspruch des Klägers auf die Sozialplanabfindung steht nicht die Einrede der Verjährung gemäß § 222 Abs. 1 BGB entgegen. Der Anspruch ist nicht verjährt. Er unterliegt nicht der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 8, 9 BGB, sondern der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB. Dies folgt aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB und aus der Rechtsnatur der Sozialplanabfindung.

a) Nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB verjähren in zwei Jahren die Ansprüche derjenigen, welche im Privatdienste stehen, wegen des Gehalts, Lohnes oder anderer Dienstbezüge mit Einschluß der Auslagen und Vorschüsse. Mit gleicher Frist verjähren nach § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB die Ansprüche der gewerblichen Arbeiter – Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter – wegen des Lohnes oder anderer anstelle oder als Teil des Lohnes vereinbarter Leistungen mit Einschluß der Auslagen und Vorschüsse. Diese Vorschriften erfassen damit Vergütungsansprüche im engeren Sinne, also Ansprüche, die ein Äquivalent für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen (BAG 17. Februar 1993 – 4 AZR 52192 – AP BGB § 196 Nr. 14 = EzA BGB § 196 Nr. 6, zu 1112 der Gründe; 17. September 1991 – 1 AZR 26191 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 120 = EZA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 100, zu 11 1 der Gründe, 14. Februar 1977 – 5 AZR 171176 – AP BGB § 196 Nr. 8 = EzA BGB § 196 Nr. 3, zu 2 b der Gründe; BGH 26. September 1980 – 1 ZR 119178 – BGHZ 79, 89, 92); das sind insbesondere die Ansprüche auf Lohn und Gehalt. Die kurze – zweijährige – Verjährungsfrist gilt aber auch für solche Ansprüche der Arbeitnehmer, die kein Entgelt im engeren Sinne sind; danach erfaßt sie alle Ansprüche, die in einem weiten Sinne Arbeitsentgelt oder sonstige regelmäßig nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistungen betreffen. Voraussetzung ist aber auch bei solchen Ansprüchen, daß sie Lohn- oder Gehaltscharakter besitzen, also eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen (BAG 17. September 1991 – 1 AZR 26191 – aaO, zu 11 1 der Gründe). Unabhängig von der konkreten Form ihrer Gewährung gehören zu diesen Vergütungsansprüchen im weiteren Sinne sämtliche Ansprüche auf Umsatzprovisionen, Akkordlohn, Naturallohn, Provisionen und Tantiemen (vgl. BAG 7. Mai 1986 – 4 AZR 556183 – BAGE 52, 33, zu 3 der Gründe; Soergel/Niedenführ BGB 13. Aufl. § 196 Rn. 48 mwN; MünchKommBGB1Grothe 4. Aufl. § 196 Rn. 30, Palandt1Heinrichs BGB 61. Aufl. § 196 Rn. 24). Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (3. April 1984 – 3 AZR 56182 – BAGE 45, 289, zu I 1 der Gründe), daß Karenzentschädigungen ebenso wie Ansprüche auf Auslagenersatz unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig wiederkehrende oder einmalig entstandene Auslagen wie Vorstellungskosten handelt (BAG 14. Februar 1977 – 5 AZR 171176 – AP BGB § 196 Nr. 8 = EzA BGB § 196 Nr. 3, zu 111 der Gründe), andere Dienstbezüge iSv. § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB sind.

b) Diese Voraussetzungen erfüllt die Sozialplanabfindung nicht. Sie ist weder Lohn bzw. Gehalt noch ein anderer Dienstbezug iSd. § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB oder eine andere anstelle oder als Teil des Lohnes vereinbarte Leistung iSv. § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB. Sie ist nicht Äquivalent für die erbrachte Arbeitsleistung.

Die Sozialplanabfindung nach § 112 BetrVG folgt zwar aus dem Arbeitsverhältnis, sie ist aber nicht als Arbeitseinkommen im Sinne der kurzen Verjährungsfristen des § 196 BGB anzusehen. Vielmehr ist der Zweck der Abfindung auf die durch die Betriebsänderung verursachte künftige Lage des Arbeitnehmers bezogen (BAG 14. August 2001 – 1 AZR 760/00 -ZIP 2002, 94, zu 111 1 a der Gründe). Dem steht auch die pfändungsrechtliche Behandlung von Sozialplanabfindungen als Arbeitseinkommen iSv. § 850 ZPO nicht entgegen.

Bei dem Abfindungsanspruch aus einem Sozialplan steht die Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion im Vordergrund. Nach § 112 Abs. 1 BetrVG dienen Sozialplanabfindungen dem Ausgleich oder der Milderung der Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge einer Betriebsänderung – zukünftig – entstehen. Die Sozialplanleistung soll für die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer eine Überbrückungshilfe bis zu einem neuen Arbeitsverhältnis oder längstens bis zum Bezug von Altersruhegeld darstellen (BAG 28. Oktober 1992 – 10 AZR 129/92 – BAGE 71, 280, zu 11 1 der Gründe; 9. November 1994 – 10 AZR 281/94 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 85 = EZA BetrVG 1972 § 112 Nr. 78, zu 112 c der Gründe; 31. Juli 1996 – 10 AZR 45/96 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 103 = EzA BetrVG 1972 § 118 Nr. 86, zu 11 2 a der Gründe mwN). Entstehen dem Arbeitnehmer keine oder keine nach dem Sozialplan ausgleichswürdigen Nachteile, verlangen weder § 112 Abs. 1 BetrVG noch § 75 BetrVG, daß der Arbeitnehmer eine „Entschädigung“ allein deswegen erhält, weil er dem Betrieb längere Zeit angehört hat (BAG 9. November 1994 – 10 AZR 281/94 – aaO, zu 112 c der Gründe).

Die zukunftsorientierte Funktion der Sozialplanabfindung, Nachteile wegen einer nach dem Ablauf der Kündigungsfrist möglichen Zeit der Arbeitslosigkeit oder der Beschäftigung in einem schlechter bezahlten Arbeitsverhältnis auszugleichen oder zu mildern, steht einem Lohn- oder Gehaltscharakter der Sozialplanabfindung iSv. § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB entgegen. Die Sozialplanabfindung wird nicht für einen bestimmten Zeitraum der Arbeitsleistung gezahlt, sie wird auch nicht durch die Tätigkeit des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses verdient. Sie dient nicht dem Zweck, geleistete Arbeit zusätzlich zu entgelten, nicht erhaltene Vergütung zu ersetzen oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis entstandenen Schaden auszugleichen. Trotz der weiten Definition des Arbeitsentgelts in § 14 Abs. 1 SGB IV fällt die Sozialplanabfindung auch nicht unter die Beitragspflicht zur Sozialversicherung, sie ist kein Entgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne.

Auch der Sinn und Zweck einer Sozialplanabfindung verlangen nicht deren Unterwerfung unter die kurzen Verjährungsfristen des § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB. Der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan steht nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zu der in einem bestimmten Zeitabschnitt erbrachten Arbeitsleistung. Es handelt sich nicht um ein Geschäft des täglichen Lebens, das häufig vorkommt und deshalb eine baldige Klärung der Rechtslage erfordert, weil sonst eine in kurzer Zeit eintretende Verdunkelung des Sachverhalts zu befürchten ist. Bei der Sozialplanabfindung besteht nicht die typische Gefahrenlage, die Anlaß für die Einführung der kurzen Verjährungsfrist war.

Dafür, daß die Abfindung hier auch als Entschädigung für die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist gezahlt worden wäre, wie die Beklagte meint, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Der Anspruch des Klägers ergibt sich in voller Höhe aus dem Sozialplan, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Die mögliche Nichteinhaltung von Kündigungsfristen ist im Sozialplan nicht angesprochen.

II. Der Anspruch auf Verzugszinsen hinsichtlich des Abfindungsanspruchs in Höhe von 49.746,00 DM folgt aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 284 Abs. 1 Satz 1, § 285 BGB. Das Schreiben des Klägers vom 22. Februar 1998 stellt eine Mahnung iSv. § 284 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Hinsichtlich des mit der Klageschrift geltend gemachten weiteren Abfindungsbetrags in Höhe von 1.062,74 DM kann der Kläger Prozeßzinsen nach § 288 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 291 BGB allerdings erst ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag (Mittwoch, 13. Mai 1998) verlangen. Der Anspruch wurde erst durch die Zustellung der Klage rechtshängig (§ 261 Abs. 1, § 253 Abs. 1 ZPO), die Zinsen stehen dem Kläger erst ab Rechtshängigkeit zu.

 

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