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Streitwert einer Klage auf Feststellung der Mietminderung

LG Berlin, Az.: 63 T 122/15, Beschluss vom 28.12.2015

In dem Rechtsstreit wird auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 13. August 2015 – 16 C 179/15 – betreffend den Klageantrag zu 3. (Feststellung) wie folgt abgeändert:

Der Streitwert wird auf 5.037,90 EUR (42 × 119,95 EUR) festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

Die Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im eigenen Namen ist zulässig (§ 68 Abs. 1 GKG, § 32 RVG).

Streitwert einer Klage auf Feststellung der Mietminderung
Symbolfoto: Von Andrey_Popov /Shutterstock.com

Sie ist auch begründet. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wendet sich zu Recht gegen die Festsetzung des Gebührenstreitwerts für den Antrag auf Feststellung der Berechtigung zur Minderung.

Der Wert für diesen Antrag ist wie aus dem Tenor ersichtlich festzusetzen.

Für die Feststellung der Minderung ist nach Auffassung der Kammer nach wie vor gemäß § 9 ZPO der 42-fache Minderungsbetrag maßgeblich. Insbesondere entspricht der Streitwert für dieses Begehren nach Auffassung der Kammer nicht dem 12-fachen Minderungsbetrag nach § 41 Abs. 5 GKG analog. Es fehlt an einer die Analogie begründenden planwidrigen Regelungslücke. Offensichtlich fällt die Feststellung einer Minderungsquote nicht unter den Wortlaut der vorzitierten Norm.

Es ist jedoch nicht ersichtlich, woraus sich eine planwidrige Regelungslücke ergeben sollte. Zum einen hat sich der Gesetzgeber in Kenntnis der zu dieser Problematik verschiedenen vertretenen Rechtsauffassungen (schon KG Berlin, Beschl. v. 06.11.2003 – 8 W 250/03 – juris) nicht entschieden, den Wortlaut des § 41 Abs. 5 GKG bei der Reform der Kostengesetze zum 01.07.2004 auf die hier vorliegende Fallkonstellation auszudehnen, zum anderen überzeugen auch die durch das Kammergericht herangezogenen sozialen Erwägungen (z.B. KG Berlin, Beschluss v. 26.08.2010 – 8 W 38/10 – juris; jetzt auch LG Berlin, Beschluss v. 13.07.2015 – 65 T 90/15) nach Auffassung der Kammer nicht.

Dafür spricht, dass Streitgegenstand der Feststellungsklage des Mieters zur Berechtigung der Mietminderung gerade nicht die Mängelbeseitigung, sondern der Umfang der seiner Zahlungsverpflichtung ist. Bei einer Leistungsklage des Vermieters auf Zahlung rückständiger Miete aufgrund von Minderung durch den Mieter scheidet eine Streitwertbegrenzung auf den Jahresbetrag der Minderung nach allen vertretenen Auffassungen aus, obwohl die sozialen Erwägungen der Rechtsprechung des Kammergerichts in dieser Konstellation gleichsam zuträfen.

Ferner spricht gegen die sozialen Erwägungen des Kammergerichts nach Auffassung der Kammer, dass der Mieter in der vorliegenden Konstellation nicht schutzwürdig ist. Der Mieter hat es in dieser Konstellation – im Gegensatz zu einer Leistungsklage des Vermieters auf Zahlung rückständiger Miete – stets selbst in der Hand, den Streitwert gering zu halten und ggf. die Miete unter Vorbehalt zu zahlen und dann im Wege der Leistungsklage zurückzufordern.

Auch die Streitwertbegrenzung nach § 41 Abs. 1 GKG kommt bei Streitigkeiten über Zahlungsverpflichtungen aus einem Mietvertrag grundsätzlich nicht in Betracht. Denn der für die Wertfestsetzung maßgebliche Streitgegenstand ist nicht durch den Streit über Bestehen oder Dauer des Mietverhältnisses bestimmt, sondern durch einen Einzelanspruch aus dem Mietverhältnis, nämlich die künftige Geldforderung des Vermieters. Aus diesem Grunde fällt die Leistungsklage des Vermieters auf Zahlung zukünftigen Mietzinses nicht in den Anwendungsbereich des § 41 Abs. 1 GKG. Die negative Feststellungsklage eines Mieters, mit der er seine auf dem Mietvertrag beruhende Verpflichtung zur künftigen Entrichtung des Mietzinses leugnet, stellt in der Sache das Spiegelbild einer Leistungsklage des Vermieters auf Zahlung künftigen Mietzinses dar, sodass für die Bestimmung des Streitwerts keine anderen Grundsätze gelten können (BGH, Urteil vom 20. April 2005 – XII ZR 248/04, NZM 2005, 519).

Der Gebührenstreitwert einer Klage des Vermieters auf zukünftigen Mietzins bemisst sich bei einem Mietverhältnis mit bestimmter Dauer nach § 48 Abs. 1 GKG und § 9 ZPO. Auch insoweit kann für die negative Feststellungsklage des Mieters als Spiegelbild der Leistungsklage des Vermieters nichts anderes gelten (BGH a.a.O.). Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung nochmals ausdrücklich dahin bestätigt, dass der Gebührenstreitwert für einen negativen Feststellungsantrag, mit dem der Mieter gegenüber dem Vermieter seine Verpflichtung zur Entrichtung künftigen Mietzinses – gleich aus welchem Rechtsgrund – leugnet, nach § 48 Abs. 1 GKG, § 9 ZPO zu beurteilen ist (BGH, Beschluss vom 21. September 2005 – XII ZR 256/03, GE 2006, 320).

Aus der Einschränkung in § 9 Satz 2 ZPO auf eine etwaige geringere bestimmte Dauer folgt für den Fall, dass eine frühere Beendigung des Mietverhältnisses nicht feststeht, nichts anderes. Eine solche geringere Dauer ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass – möglicherweise – tatsächlich in Zukunft eine Mängelbeseitigung erfolgt, sei durch freiwillige Erfüllung durch den Vermieter oder im Wege der Zwangsvollstreckung aufgrund des vom Mieter erstrebten Titels. Denn für eine konkrete Bestimmung dieser Zeit fehlen regelmäßig hinreichende Anhaltspunkte, sodass die Grundregel in § 9 Satz 1 ZPO, nämlich der Ansatz des 42-fachen Minderungsbetrags, einschlägig ist.

Der oben dargelegten Rechtsprechung des 12. Zivilsenats hat sich auch der für Fragen des Wohnraummietrechts zuständige 8. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs angeschlossen. In dem Revisionsverfahren VIII ZR 235/09, in welchem das Feststellungsbegehren eines Mieters, eine über einen bestimmten Betrag hinausgehende Miete nicht zu schulden, Streitgegenstand war, hatte der Senat den Wert des Feststellungsbegehrens zunächst auf den 12-fachen streitigen Betrag festgesetzt. Hiergegen wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers mit Schriftsatz vom 8. April 2010 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 12. Zivilsenats wie folgt:

„In den Vorinstanzen ist der Gebührenstreitwert – unseres Erachtens zutreffend – auf 28.486,36 € festgesetzt worden; das entspricht dem Zahlungsantrag zuzüglich des dreieinhalbfachen des auf ein Jahr hochgerechneten Mietzinses (Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 08.05.2008; Beschluss des Landgerichts Berlin vom 11.08.2009).

Demgegenüber hat der erkennende Senat seiner mit Beschluss vom 24.03.2010 erfolgten Streitwertfestsetzung offenbar lediglich den auf ein Jahr entfallenden Mietzins zugrundegelegt. Nach der gefestigten Rechtsprechung des XII. Zivilsenats

– vgl. Beschluss vom 21.09.2005 – XII ZR 256/03, NJW-RR 2006,16 (juris-Rz. 14); Beschluss vom 20.04.2005 – XII ZR 248/04, NJW-RR 2005, 938 (juris-Rz. 5); vgl. auch Beschluss vom 17.03.2004 – XII ZR 162/00, NZM 2004, 423 (juris-Rz. 15) –

richtet sich der Gebührenstreitwert für einen negativen Feststellungsantrag, mit dem der Mieter gegenüber dem Vermieter seine Verpflichtung zur Entrichtung künftigen Mietzinses – gleich aus welchem Rechtsgrund – leugnet, allerdings nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO und nicht nach § 41 Abs. 1 GKG. Dieser Grundsatz ist auch vorliegend anwendbar, zumal nicht ersichtlich ist, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis in absehbarer Zeit enden wird.“

Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 12. Mai 2010 – VIII ZR 235/09) hat auf diese Eingabe den angefochtenen Streitwertbeschluss ohne weitere Begründung geändert und Gebührenstreitwert antragsgemäß auf 28.486,36 EUR festgesetzt und hierbei für den Feststellungsantrag einen Wert von 42 × 395,38 EUR in Ansatz gebracht.

Der 8. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zudem in einem weiteren Revisionsverfahren (VIII ZR 155/11) wegen Mietminderungen infolge streitiger Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs durch Ferienwohnungen erneut den Streitwert für die Feststellung der Mietminderungshöhe anhand des 42-fachen Minderungsbetrags festgesetzt. Zwar ergibt sich dies nicht aus dem insoweit veröffentlichten Urteil. Die Streitwertfestsetzung erfolgte vielmehr durch einen nicht veröffentlichten Beschluss ohne weitere Begründung, welcher der Kammer indes bekannt ist, weil die Revisionsentscheidung auf ein Urteil der Kammer ergangen ist.

Auch wenn die vorgenannten Entscheidungen des 8. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs insoweit ohne eine nähere Begründung erfolgt sind, kann danach nicht von einer einmaligen und nur irrtümlichen Festsetzung ausgehen. Vielmehr sieht danach auch der 8. Zivilsenat in der Regelung des § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG keinen allgemeinen Rechtsgedanken, da es ansonsten in beiden Fällen nahe gelegen hätte, diese Vorschrift analog anzuwenden und dies in der Höhe der Streitwertfestsetzung zum Ausdruck gekommen wäre.

In Bezug auf die sozialpolitischen Erwägungen für eine Begrenzung der Höhe des Gebührenstreitwerts liegt auch keine vergleichbare Situation vor. Während sich der Mieter bei Klagen auf Zustimmung zur Mieterhöhung und Duldung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen regelmäßig in der Passivrolle befindet und einem Rechtsstreit nicht einfach entgehen kann, befindet er sich zwar bei einer Klage auf Mängelbeseitigung in der Aktivrolle. Allerdings ist er hierzu praktisch gezwungen, wenn der Vermieter seiner Verpflichtung nicht freiwillig nachkommt. Er ist hingegen nicht gezwungen, neben der Klage auf Mängelbeseitigung eine Klage auf Feststellung einer Minderungsquote zu erheben, um seine Rechte zu wahren. Der Anspruch auf Mängelbeseitigung wird hierdurch weder gefördert noch beeinträchtigt. Beide Ansprüche beruhen zwar auf dem selben Lebenssachverhalt, hängen aber nicht von einander ab. Der Anspruch auf Feststellung einer Minderungsquote ist nicht das Spiegelbild des Anspruchs auf Mängelbeseitigung. Letzterer besteht vielmehr auch, wenn die Voraussetzungen einer Minderung nicht vorliegen, sei es dass sie beispielsweise gemäß § 536 b BGB ausgeschlossen ist oder die Gebrauchsbeeinträchtigung nicht die Erheblichkeitsschwelle im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB erreicht. Andererseits besteht bei einem nicht behebbaren Mangel (z.B. Wohnflächenabweichung) kein Anspruch auf Mängelbeseitigung, wohl aber ein Minderungsanspruch.

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Aufgrund der divergierenden Rechtsprechung der Kammern des Landgerichts diesbezüglich und der nach Auffassung der Kammer von der durch das Kammergericht vertretenen Rechtsauffassung abweichenden Auffassung des BGH und der unbestimmten Vielzahl von Fällen im Großraum Berlin mit einer erheblichen Dichte von Mietwohnungen war die Rechtsbeschwerde gemäß §§ 66 Abs. 4 Satz 1, 68 Abs. 1 Satz 2 GKG zuzulassen.

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