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Verkehrsunfall – Streifkollision durch Verstoß gegen Rechtsfahrgebot

LG Ravensburg – Az.: 2 O 166/17 – Urteil vom 14.11.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.834,83 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2017 und aus 12.314,75 € für die Zeit vom 11.06.2017 bis zum 30.06.2017 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 448,31 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2017 freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 25 % und die Beklagte 75 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert: 21.113,10 €

Tatbestand

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 03.05.2017 geltend.

Am Unfalltag befuhr der Kläger mit seinem BMW 325 d gegen 13.00 Uhr die L 288 aus M. kommend in Fahrtrichtung A. und es kam zu einer Streifkollision mit dem Anhänger des von Herrn Z gelenkten PKW BMW, der bei der Beklagten versichert ist.

Der Kläger behauptet, dass es zur Kollision dadurch gekommen sei, dass der von Herrn Z. gesteuerte BMW samt Anhänger die Mittellinie um ca. 50 cm überschritten habe, während er seinerseits so weit als möglich rechts gefahren sei und den Unfall nicht vermeiden konnte.

Der Kläger behauptet, dass ihm die in der Reparaturkostenrechnung vom 29.05.2017 aufgeführten Kosten in Höhe von 16.419,67 € brutto entstanden seien (Anlage K 2), außerdem Gutachterkosten von brutto 1.267,95 € (Anlage K 3), eine Wertminderung in Höhe von 750,– €, eine Kostenpauschale von 25,– € und Mietwagenkosten von 2.063,53 € sowie Abschleppkosten von 586,95 €, insgesamt also einen Fahrzeugschaden von 21.113,10 € ergebe.

Außerdem macht der Kläger Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 597,74 € geltend, auf die Berechnung in der Klageschrift S. 6/7 wird insoweit verwiesen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.113,10 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.06.2017 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 597,74 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Fahrer des bei ihr versicherten Fahrzeugs auf die Gegenfahrbahn gekommen sei. Bei der Schadenshöhe macht sie geltend, dass es nicht erforderlich sei, die Reifen paarweise auszutauschen, so dass sich die erforderlichen Kosten entsprechend verminderten. Weiter meint die Beklagte, dass die Mietwagenkosten allein nach der Fraunhoferliste zu bestimmen seien, und nicht als Mittelwert zwischen der Fraunhoferliste und der Schwackeliste, weshalb die geltend gemachten Mietwagenkosten überhöht seien.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Unfallakten des Landratsamts Ravensburg, Az.: …, und es hat diese Akten verwertet.

Entscheidungsgründe

I.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Schadenersatzansprüche in vollem Umfang zu.

1. Der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs hat den Unfall verschuldet, indem er auf die Gegenfahrbahn gekommen ist. Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der von der Polizei vernommenen Zeugen. Die Zeugin R. hat bei ihrer polizeilichen Vernehmung angegeben, dass der Hänger an dem von Herrn Z. gelenkten BMW auf seiner Fahrt auf der L 286 aus Richtung E. kommend in Fahrtrichtung H. kurz vor H. nach links auf die Gegenfahrbahn kam, wobei der Hänger etwa 50 cm und Fahrzeug etwas weniger die Fahrbahnmitte überschritt. In Übereinstimmung damit hat die Zeugin L., die hinter dem BMW des Herrn Z. fuhr, angegeben, dass der BMW mit Anhänger ihr zwei- oder dreimal aufgefallen sei, weil er immer wieder nach links leicht ausscherte, und dass der Pkw in der unübersichtlichen Rechtskurve kurz vor H. vielleicht um 10 oder 20 cm die Fahrbahnmitte überschritten habe, wobei der Hänger etwas weiter ausscherte und es dann zur Streifkollision mit dem entgegenkommenden weißen BMW des Klägers gekommen sei.

Dieser Verstoß des Fahrers Z. gegen das Rechtsfahrgebot gemäß §§ 2 Abs. 2, 1 Abs. 2 StVO ist somit für den Streifzusammenstoß unfallursächlich geworden.

2. Ein Verschulden des Klägers steht nicht fest. Es kann dem Kläger anhand der Zeugenaussagen nicht nachgewiesen werden, dass er seinerseits gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen hat, hierfür sprechen keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr hat die Zeugin R., die als Beifahrerin im Fahrzeug des Klägers mitgefahren ist, angegeben, dass dieser noch versucht habe, nach rechts auszuweichen, was ihm aber nur teilweise gelungen sei. Die Aussage der Zeugin L. war zu diesem Punkt unergiebig.

3. Der Kläger hat den Beweis, dass der Unfall für ihn unvermeidbar war, nicht geführt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er bei erhöhter Aufmerksamkeit in der Lage gewesen wäre, den Unfall durch äußerstes Rechtsfahren noch zu vermeiden, da die Straßenbreite dies bei einem Überschreiten der Mittellinie von nur 50 cm grundsätzlich zugelassen hätte.

4. Bei der Abwägung der gegenseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile gem. § 17 StVG war einerseits die durch das Verschulden des Fahrers Z. erhöhte Betriebsgefahr des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs zu berücksichtigen, während auf der Seite des Klägers lediglich die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zu Buche schlug. Im Ergebnis hält es das Gericht deshalb für angemessen, dass der Kläger 75 % seines Schadens von der Beklagten erstattet bekommt.

5. Bei dem Fahrzeugschaden ist die volle Rechnung des BMW-Vertragshändlers A. vom 29.05.2017 in Höhe von brutto 16.419,67 € zugrunde zu legen.

Der Einwand der Beklagten, dass nur ein Reifen auszutauschen gewesen sei und es nicht erforderlich gewesen sei, die Reifen paarweise auszutauschen, trifft zwar zu. Die Kosten für die Beschaffung zweier Reifen sind jedoch nur in dem Gutachten des Ingenieurbüros V. vom 08.05.2017 (Anlage K 1) angesetzt, während in der Rechnung der Firma A. GmbH derartige Kosten nicht enthalten sind, so dass auch kein entsprechender Abzug zu erfolgen hat.

Was die von der Beklagten weiter bestrittenen Mietwagenkosten in Höhe von 2.067,53 € im Zeitraum 03. bis 21.05.2017 betrifft, ist die Ermittlung dieses Betrages anhand des arithmetischen Mittels der sich aus dem Automietpreisspiegel des Unternehmens Eurotax Schwacke (Schwackeliste) und dem „Mietpreisspiegel Mietwagen“ des Frauenhoferinstitutes für Arbeit, Wirtschaft und Organisation (Fraunhoferliste) im maßgebenden Postleitzahlengebiet nicht beanstanden. Der von der Autovermietung T. in Rechnung gestellte Betrag von 2.063,53 € entspricht, wie von dem Kläger dargelegt und der Beklagten nicht angegriffen, diesem Mittelwert.

Der Auffassung der Beklagten, dass allein die Werte aus dem Marktpreisspiegel Mietwagen des Fraunhoferinstitutes anzusetzen seien, kann nicht beigepflichtet werden. Die Fraunhofer-Studie ist genausowenig repräsentativ wie die Schwacke-Liste, so dass nur ein Mittelwert als hinreichende Grundlage für die Schätzung der Mietwagenkosten gem. § 287 ZPO herangezogen werden kann.

6. Vom Gesamtschaden in Höhe von 21.113,10 €, der dem Kläger entstanden ist, hat die Beklagte somit 75 %, also 15.834,83 € zu erstatten.

7. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte wurde mit außergerichtlichem Anwaltsschreiben vom 30.05.2017 hinsichtlich des Fahrzeugschadens in Verzug gesetzt und zur Zahlung bis zum 10.06.2017 aufgefordert, so dass Verzug mit dem 11.06.2017 eingetreten ist. Im Übrigen können Zinsen ab Rechtshängigkeit zugesprochen werden.

IV.

Der Kläger kann im Wege des Schadenersatzes auch Freistellung von den nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen, allerdings nur anteilig in Höhe des Betrages, der ihm auch in der Hauptsache im vorliegenden Rechtsstreit zugesprochen worden ist. Er kann also von dem der Höhe nach zutreffend berechneten Betrag von 597,74 € lediglich 75 %, also 448,31 € erstattet verlangen.

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