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Fahrerlaubnisentziehung wegen Amphetamin-Genusses

VG Gelsenkirchen – Az.: 7 K 1559/13 – Urteil vom 09.07.2014

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch den Beklagten.

Dem 1991 geborenen Kläger wurde erstmals im Jahr 2009 die Fahrerlaubnis erteilt. Sie wurde ihm durch Urteil des Amtsgerichts…. vom 18. Oktober 2010 (Az. 3 Ds-137 Js 869/10-129/10) entzogen, nachdem er am 24. Mai 2010 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,72 Promille; ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt hatte.

Am 24. Oktober 2011 wurde er durch das Amtsgericht . -. (Az. 3 Ds-137 Js 1108/11-128/11) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe verurteilt.

Im Januar 2012 beantragte der Kläger die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Der Beklagte forderte ihn zunächst zur Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung auf. Das daraufhin erstellte Gutachten der …………vom 18. Mai 2012 kam zu dem Ergebnis, dass nicht zu erwarten sei, dass der Kläger zukünftig Kraftfahrzeuge unter der Wirkung berauschender Mittel führen werde, er werde aber voraussichtlich auch künftig erheblich gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen. Nach einer MPU-Beratung wurde der Kläger erneut von der ……….begutachtet. Deren Gutachten vom 14 Juli 2012 stellt fest, dass keine erheblichen Verstöße gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen zu erwarten seien. Nachdem der Kläger auf Aufforderung des Beklagten zudem an einem besonderen Aufbauseminar für alkoholauffällige Kraftfahrer teilgenommen hatte, wurde ihm die Fahrerlaubnis am 3. September 2012 wiedererteilt.

Am Sonntag, den 28. Oktober 2012 gegen 24:00 Uhr wurde der Kläger von der Polizei kontrolliert. Den Beamten fielen die stark erweiterten Pupillen, die gerötete Bindehäute und die glasigen Augen auf. Ein Drogenvortest fiel positiv auf Amphetamine aus. Der Kläger gab an, vor fünf Jahren einmal Drogen konsumiert zu haben, dies sei aktuell aber nicht der Fall. Zudem habe er im Laufe des Tages mehrmals „Wick Medi Day Night“ genommen. Laut des Ärztlichen Berichts waren die Pupillen des Klägers stark erweitert, seine Pupillenlichtreaktion fehlte, sein Bewusstsein war benommen, sein Denkablauf sprunghaft und insgesamt der äußerlicher Anschein des Einflusses von Drogen leicht bemerkbar.

In der dem Kläger am 29. Oktober 2012 gegen 0:30 Uhr entnommenen Blutprobe wurde nach dem Gutachten des Universitätsklinikums . vom 28. November 2012 eine Konzentration von 81 ng/ml Amphetamin festgestellt. Das Gutachten erklärt, dabei handele es sich um den mittleren Bereich der Konzentrationen, die erfahrungsgemäß bei Amphetaminkonsumenten festgestellt werden.

Fahrerlaubnisentziehung wegen Amphetamin-Genusses
Symbolfoto: Von Motortion Films/Shutterstock.com

Aufgrund des Vorfalls erging am 3. Dezember 2012 ein Bußgeldbescheid, gegen den der Kläger nicht vorging.

Nachdem der Beklagte ihn mit Schreiben vom 16. Januar 2013 zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis angehört hatte, trug der Kläger vor, es habe sich um eine unbewusste Einnahme im Rahmen eines Diskobesuchs gehandelt. Er habe sich einer Gruppe junger Frauen als Fahrer zur Verfügung gestellt.

Der Beklagte entzog die Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 12. Februar 2013.

Der Kläger hat am 27. Februar 2013 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und am 12. März Klage erhoben. Zur Begründung legt er eidesstattliche Versicherungen von sich selbst und einer Bekannten, der Zeugin …. , vom 19. Februar 2013 vor. Danach habe er der Zeugin in der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober 2012 per WhatsApp angeboten, sie nach dem Besuch einer Diskothek mit ihren Freundinnen nach Hause zu fahren. Nachdem die Zeugin dieses Angebot angenommen hätte, sei er in die Diskothek „…. “ in E. gefahren. Dort habe die Zeugin ohne sein Wissen mit ihren Freundinnen PEP konsumiert, indem sie dieses in Pulverform in Dosen mit Energy-Drinks geschüttet habe, die dann offen auf einem Tisch gestanden hätten. Von diesen Dosen habe er, der Kläger, ebenfalls getrunken. Eine besondere Wirkung habe er nicht gespürt, er sei lediglich durch den Energy-Drink „aufgekratzt“ gewesen. Gegen den Bußgeldbescheid habe er sich nicht gewehrt, weil er den fristgerechten Einspruch vergessen habe. Auch die positiven Prognosen der Gutachten der….. sprächen für ihn.

Der Kläger beantragt, die Ordnungsverfügung vom 12. Februar 2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf die angegriffene Ordnungsverfügung.

Die Kammer hat den Eilantrag des Klägers mit Beschluss vom 9. April 2013 (Az. 7 L 259/13) abgelehnt.

Nachdem der Beklagte die Zeugin L. zur möglichen Entziehung ihrer Fahrerlaubnis wegen des Konsums von Betäubungsmitteln angehört hatte, zeigte diese sich am 19. April 2013 gegenüber der Staatsanwaltschaft E. wegen ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 19. Februar 2013 selbst an. Sie gab an, in der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober 2012 nicht gemeinsam mit dem Kläger in der Diskothek „… “ gewesen zu sein. Stattdessen habe der Kläger sie zu der Diskothek „… “ gefahren und abgeholt, wo sie gemeinsam mit ihrer Freundin, der Zeugin … 1. , den Geburtstag einer gemeinsamen Bekannten gefeiert habe. Anschließend habe der Kläger sie wieder abgeholt. Aus Mitleid mit dem Kläger, mit dem sie damals eine Beziehung führte, habe sie ihm durch eine „Gefälligkeitsaussage“ helfen wollen.

Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, diese Angaben der Zeugin L. seien nicht zutreffend. Sie habe ihre ursprünglich richtige eidesstattliche Versicherung nur korrigiert, um ihre eigene Fahrerlaubnis nicht zu verlieren. Dafür sprächen auch die Kurznachrichten, die sie ihm in der Folge der Ereignisse per „WhatsApp“ geschickt habe. Zudem belege ein Facebook-Posting der Zeugin L. vom 2. November 2012, dass der Geburtstag der Bekannten nicht am 27. Oktober 2012, sondern erst am 2. November 2012 gefeiert wurde.

Der Beklagte hat erklärt, dass eine Haaranalyse den vom Kläger in der eidesstattlichen Versicherung angegebenen Drogenkonsum der Zeugin L. nicht bestätigt habe.

Der Kläger hat ein chemisch-toxikologisches Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums … vom 18. März 2014 zu einer Analyse seines Kopfhaares vorgelegt. Danach hat er in einem Zeitraum von etwa Ende September 2013 bis Ende Februar 2014 keine Substanzen aus den untersuchten Gruppen (Cannabinoide, Amphetaminderivate, Cocain, Opiate, Opioide und Benzodiazepine) aufgenommen.

Das Amtsgericht . -. hat den Kläger durch rechtskräftige Strafbefehle vom 18. Juli 2013 (Az. 5 Cs 268 Js 1006/13 und Az. 5 Cs 268 Js 890/13) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis am 24. und 25. Mai 2013 zu einer Geldstrafe verurteilt.

Das Verfahren wurde durch Beschluss der Kammer vom 3. April 2014 auf den Einzelrichter übertragen.

Das Gericht hat am 9. Juli 2014 Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeuginnen . und 1. . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Bußgeldakten des Beklagten sowie auf die Auszüge aus den Strafakten der Staatsanwaltschaft E. (Az. 268 Js 890/13 und 268 Js 1006/13).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, da die Entziehungsverfügung des Beklagten vom 12. Februar 2013 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -.

Der Beklagte hat dem Kläger die Fahrerlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – i.V.m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung – FeV – zu Recht entzogen. Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Der Kläger hat sich im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung durch den Konsum von Amphetamin als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV schließt der Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, zu denen Amphetamin zählt, die Kraftfahreignung aus. Dies gilt bei sog. harten Drogen unabhängig davon, ob unter der Wirkung dieser Droge ein Kraftfahrzeug geführt worden ist oder nicht (Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV; vgl. auch Nr. 3.14.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch-Gladbach, Mai 2014). Schon der einmalige Konsum sog. harter Drogen ist ausreichend, um die Kraftfahreignung zu verneinen,

so auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen – OVG NRW -, Beschluss vom 6. März 2007 – 16 B 332/07 -; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 16. Februar 2004 – 12 ME60/04 – und 16. Juni 2003 – 12 ME 172/03 -, DAR 2003, 432 f.; OVG Brandenburg, Beschluss vom 22. Juli 2004 – 4 B 37/04 -; OVG Saarland, Beschluss vom 30. März 2006 – 1 W 8/06 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. November 2004 – 10 S 2182/04 -, VRS 108 (2005), 123 ff.; HessVGH, Beschluss vom 31. März 2012 – 2 B 1570/11 -.

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Soweit sich der Kläger auf einen unbewussten Amphetaminkonsum beruft, greift dieser Einwand nicht durch. Zwar kann eine im Regelfall eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln nur bei einem willentlichen Konsum angenommen werden. Hierfür spricht der Wortlaut der Ziffer 9.1 der Anlage 4 („Einnahme“), der auf eine bewusste Aufnahme hindeutet. Zudem kann es bei einer einmaligen unwissentlichen Aufnahme von Betäubungsmitteln an einer beachtlichen Wiederholungswahrscheinlichkeit, die ihrerseits Grundlage für die regelmäßige Annahme der Kraftfahrungeeignetheit von Konsumenten sog. harter Drogen ist, fehlen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2012 – 16 B 231/12 -; OVG LSA, Beschlüsse vom 5. Oktober 2007 – 1 M 126/07 – und 13. April 2012 – 3 M 47/12 -.

Allerdings geht nach allgemeiner Lebenserfahrung einem positiven Drogennachweis typischerweise ein entsprechender Willensakt voraus. Der Fall einer versehentlichen bzw. missbräuchlich durch Dritte herbeigeführten Einnahme eines Betäubungsmittels stellt sich dagegen als ein Ausnahmetatbestand dar, zu dem nur der Betroffene als der am Geschehen Beteiligte Klärendes beitragen kann. Die Behauptung einer unbewussten Drogenaufnahme ist daher grundsätzlich nur beachtlich, wenn der Betroffene glaubhaft, widerspruchsfrei sowie nachvollziehbar und plausibel einen Sachverhalt darlegt, der ein derartiges Geschehen ernsthaft möglich erscheinen lässt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. April 2014 – 16 B 89/14 -, juris, Rdnr. 8; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 10 B 11430/11 -, juris, Rdnr. 3 f.

Diesen Anforderungen werden die Angaben des Klägers nicht gerecht.

Seine Schilderung des Abends des 27. Oktober 2012, wie sie sich aus seiner eidesstattlichen Versicherung vom 19. Februar 2013 sowie aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung ergibt, legt den Hergang eines unbewussten Konsums von Amphetamin nicht ernsthaft nahe. Der Kläger erklärt vergleichsweise pauschal, sich etwa zwei bis drei Stunden in der Diskothek mit der Gruppe von Frauen aufgehalten und dabei aus verschiedenen offenen Getränkedosen mit „Red Bull“, in denen „PEP“ enthalten gewesen sein soll, von dem Tisch der Gruppe getrunken zu haben. Einzelheiten zum Ablauf des Abends, zum Beispiel die übrigen Anwesenden oder Anzeichen dafür, wie das Pulver während seines längeren Aufenthalts von ihm völlig unbemerkt in die Dosen gekommen sein kann, schildert er nicht. Damit bleibt seine Darstellung so detailarm und unsubstantiiert, dass sie nicht auf einen tatsächlichen erlebten Ereignisablauf schließen lässt. Gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers spricht zudem, dass er sich angesichts der drohenden Konsequenzen nicht bemüht hat, den tatsächlichen Geschehensablauf weiter aufzuklären,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. April 2014 – 16 B 89/14 -, a.a.O.

Er hat weder versucht, die weiteren Anwesenden des Abends noch die Herkunft des „PEP“ in Erfahrung zu bringen. Dies hätte jedoch angesichts des von ihm geschilderten Erstaunens über den positiven Vortest bei der Polizeikontrolle jedenfalls dann nahegelegen, als ihm die über den Bußgeldbescheid hinausgehenden Konsequenzen seitens des Beklagten durch die Anhörung zur beabsichtigen Entziehung der Fahrerlaubnis bekannt wurden.

Außerdem enthalten die Angaben des Klägers verschiedene Widersprüche, die an der Glaubhaftigkeit der Schilderung zweifeln lassen. Nach seiner Darstellung hat er keine Wirkung der Droge gespürt, sondern sich lediglich aufgekratzt gefühlt, wie es auch von den getrunkenen Energy-Drinks kommen könne. Dies ist mit den Angaben des Arztes bei der Kontrolle am 28. Oktober 2012 nicht in Einklang zu bringen. Dieser beschreibt ca. 12 bis 16 Stunden nach der vermeintlichen Einnahme stark erweiterte Pupillen, eine fehlende Pupillenlichtreaktion, einen sprunghaften Denkablauf, ein benommenes Bewusstsein sowie die insgesamt leichte Bemerkbarkeit des Anscheins von Drogeneinfluss. Weiter hat der Kläger zunächst in seiner eidesstattlichen Versicherung erklärt, die Zeugin L. sei eine gute Bekannte. In der mündlichen Verhandlung dagegen hat er angegeben, im Vorfeld des Abends mit der Zeugin L. eine Beziehung gehabt zu haben. Diese habe er beendet, weil die Zeugin Kontakt zu anderen Männern gehabt habe. Vor diesem Hintergrund ist schwer nachvollziehbar, warum er die Zeugin auf deren Bitten aus einer Diskothek abgeholt haben sollte. Zudem hat der Kläger im Laufe des Verfahrens nicht miteinander in Einklang zu bringenden Angaben zu seinen bisherigen Erfahrungen mit Drogen gemacht: In seiner eidesstattlichen Versicherung hat er erklärt, im Jahre 2012 bis zum Zeitpunkt der Abgabe der Versicherung niemals illegale Drogen konsumiert zu haben und zu wissen, dass er in der Zeit der Polizeikontrolle definitiv keine Drogen konsumiert habe. Gegenüber den kontrollierenden Beamten hat er am 28. Oktober 2012 angegeben, „vor fünf Jahren mal Drogen genommen“ zu haben, aktuell jedoch nicht. In der mündlichen Verhandlung dagegen hat er erklärt, keine Drogen zu nehmen und lediglich in der Vergangenheit einmal Schwierigkeiten wegen seines Alkoholkonsums gehabt zu haben; bei der Polizei müsse er falsch verstanden worden sein. Dafür fehlen allerdings jegliche Anhaltspunkte.

Die Angaben des Klägers zum Vorfallstag und zu einem unbewussten Konsum werden auch nicht durch die Darstellungen der Zeuginnen . und 1. in der mündlichen Verhandlung gestützt. Die Zeugin L. hatte zunächst in einer eidesstattlichen Versicherung vom 19. Februar 2013 die Darstellung des Klägers, er habe aus Red-Bull-Dosen getrunken, in die sie mit einer Gruppe von Freundinnen heimlich Amphetamin gefüllt habe, bestätigt. Diese eidesstattliche Versicherung hat sie jedoch gegenüber der Staatsanwaltschaft … widerrufen. Vielmehr habe sie den Abend mit Freundinnen ohne den Kläger in einer anderen Discothek verbracht, dieser habe sie lediglich gemeinsam mit der Zeugin N1. dorthin gefahren und später allein wieder abgeholt. Für die Glaubhaftigkeit dieser Darstellung spricht zum einen, dass sie umfassend durch die Zeugin 1. bestätigt wird. Beide Zeuginnen schildern übereinstimmend, den Geburtstag einer gemeinsamen Freundin in der Dortmunder Discothek „.. “ gefeiert zu haben; der Kläger sei dabei nicht anwesend gewesen. Dass beide sich aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern können, zum Beispiel an die weiteren Anwesenden, oder sicher zuordnen können, ob ein bestimmtes Foto an gerade diesem Abend aufgenommen wurde, spricht nicht gegen ihre Glaubwürdigkeit. Vielmehr ist ein Verblassen der Erinnerung an Abende, die aus Sicht der Beteiligten weitgehend normal und ohne Besonderheiten abgelaufen sind, die Regel.

Zweifel an der Darstellung der Zeuginnen ergeben sich auch nicht daraus, dass ein Foto, dass nach seiner Überschrift bei Facebook dem Geburtstag der gemeinsamen Freundin zugeordnet ist, erst am 2. November 2012 hochgeladen wurde. Beide Zeuginnen konnten den Anlass des Diskobesuchs am Abend des 27. Oktober 2012 eindeutig benennen; die Zeugin 1. konnte sich noch zutreffend daran erinnern, dass in der betreffenden Nacht die Zeitumstellung stattfand. Zum anderen hat sich die Zeugin L. durch den Widerruf und die Selbstanzeige bei der Staatsanwaltschaft der Gefahr der Strafverfolgung ausgesetzt. Gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Schilderung spricht nicht, dass der Selbstanzeige eine Anhörung durch den Beklagten zur Einziehung ihrer eigenen Fahrerlaubnis vorausging. Auch wenn dies einen gewissen Druck für die Zeugin erzeugt haben mag, überwiegen die mit dem Widerruf verbundenen Gefahren der Strafverfolgung. Zudem konnten ihre Angaben, sie selbst habe im betreffenden Zeitraum keine Drogen konsumiert, insoweit durch die Abgabe und Untersuchung einer Haarprobe untermauert werden. Die Zeugin hat auch nachvollziehbar dargestellt, dass es zu der Abgabe der unrichtigen eidesstattlichen Versicherung kam, weil sie dem Kläger helfen wollte. Weitere Motive dafür, dass ihre ursprünglichen Angaben zutrafen und sie diese nachträglich zum Nachteil des Klägers wahrheitswidrig abgeändert hat, sind nicht ersichtlich. Insbesondere wurde die Beziehung zwischen ihr und dem Kläger nach übereinstimmender Schilderung beider durch diesen beendet, nachdem die Zeugin wieder Kontakt zu ihrem Ex-Freund aufgenommen hatte. Daher ist nicht ersichtlich, warum die Zeugin dem Kläger nachträglich hätte schaden wollen. Eine derartige Absicht ist auch nicht aus den vom Kläger vorgelegten Nachrichten, die er über „WhatsApp“ von der Zeugin erhalten hat, ersichtlich. Die Zeugin hat nachvollziehbar erklärt, dass sie sich über die für sie entstandenen Probleme zwar geärgert habe, ihr die Schwierigkeiten des Klägers aber leidtaten und sie trotz des Endes der Beziehung den Kontakt zu ihm gesucht habe.

Weitere Umstände, welche die Schilderung des Klägers ausreichend untermauern könnten, sind nicht gegeben. Die von ihm eingereichte negative Haarprobe kann nach dem chemisch-toxikologischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums .. , Professor Dr. med. . , nur eine Aussage über das Konsumverhalten in der Zeit von etwa Ende September 2013 bis etwa Ende Februar 2014 treffen. Über einen Amphetaminkonsum im Oktober 2012 kann sie daher nichts angeben. Auch die positive Prognose des Gutachtens der. GmbH vom 27. April 2012, es sei nicht zu erwarten dass der Kläger zukünftig ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss berauschender Mittel führen werde, ist nicht geeignet, einen bewussten Amphetaminkonsum im Oktober 2012 auszuschließen. Zum einen konnte das Gutachten lediglich eine Prognose abgeben und keine gesicherten Aussagen über das zukünftige Verhalten des Klägers treffen. Zum anderen belegt die Vorgeschichte des Gutachtens – dem Kläger war im Jahr 2010 nach einer Trunkenheitsfahrt mit 1,72 Promille; bereits einmal die Fahrerlaubnis entzogen worden -, dass der Kläger im Konfliktfall bereit ist, seine Interessen über die der Verkehrssicherheit zu stellen. Dies zeigen auch die Verurteilungen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in kurzem Abstand hintereinander. Auch in diesen Fällen hat der Kläger sein Interesse daran, ein Kraftfahrzeug zu führen über die Interessen der Allgemeinheit am Ausschluss potenziell ungeeigneter Kraftfahrer vom Straßenverkehr gestellt. Daran kann auch nichts ändern, dass seine Motivation zum Teil im Ansatz nachvollziehbar ist (etwa als er seinen kranken Sohn fahren wollte). Die Häufigkeit der Verurteilungen deutet darauf hin, dass der Kläger im Zweifel seinen Interessen wieder den Vorrang einräumen würde.

Zusätzliche Möglichkeiten, die Frage aufzuklären, ob der Kläger das Amphetamin bewusst oder unbewusst zu sich genommen hat, sind nicht ersichtlich. Eine weitere Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Freunde, mit denen der Kläger den Abend der Polizeikontrolle verbracht hat, könnte dazu nicht beitragen, da auch diese den Kläger nicht lückenlos beobachtet haben können. Weitere Anwesende am Abend des 27. Oktober 2012, die seine Darstellung bzw. jedenfalls seine Anwesenheit in der Diskothek „… “ am 27. Oktober 2012 möglicherweise hätten bestätigen können, hat der Kläger nicht benannt.

Der Beklagte durfte daher zu Recht von einem bewussten Konsum und damit von der Ungeeignetheit des Klägers ausgehen. Steht die Ungeeignetheit zur Überzeugung der Behörde fest, so ist die Fahrerlaubnis zu entziehen. Ein Ermessen ist dem Beklagten durch § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV nicht eingeräumt.

Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen; die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

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