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Haftung bei Auffahrunfall auf einem Parkplatz

AG Lehrte, Az: 13 C 805/06 (6a), Urteil vom 06.03.2008

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheit in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Haftung bei Auffahrunfall auf einem Parkplatz
Symbolfoto: V_Sot/ Bigstock

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 03.06.2006 gegen 10:20 Uhr in Fahrtrichtung B auf dem Parkplatz der Autobahnraststätte L ereignete.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Pkw Lexus mit dem amtlichen Kennzeichen …. Sie und ihr Ehemann, der Zeuge H K, beabsichtigten nach einer eingelegten Pause die Fahrt fortzusetzen. Die Klägerin befuhr also die zwischen den einzelnen Parkbuchten befindliche Fahrstraße auf dem Raststättengelände. Vor ihr befand sich der vom Beklagten zu 1) geführte, von der Fa. Autohaus B GmbH gehaltene und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherte Pkw Mitsubishi mit dem amtlichen Kennzeichen …. Der Beklagte zu 1) hatte einen Parkplatz gefunden, in den er rückwärts einzuparken beabsichtigte. Er brachte das Fahrzeug zum Stillstand, legte auch schon den Rückwärtsgang ein und betätigte den rechten Fahrtrichtungsanzeiger. Es kam sodann unter Umständen, die zwischen den Parteien streitig sind, zu einer Kollision der Fahrzeuge, wobei das Fahrzeug der Klägerin an der Fahrzeugfront mit Schwerpunkt auf der linken Seite und das vom Beklagten zu 1) geführte Fahrzeug am Fahrzeugheck auf der linken Seite beschädigt wurden.

Die Parteien haben in ihren Schriftsätzen vom 07.01. beziehungsweise 29.01.2008 dem schriftlichen Verfahren zugestimmt.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe bemerkt, dass der Beklagte zu 1) einen Parkplatz gesucht habe und angehalten sei. Sie selbst habe ihr Fahrzeug ebenfalls zum Stehen gebracht. Daraufhin sei der Beklagte zu 1) rückwärts gegen ihr Fahrzeug gefahren. Die Fahrzeuge hätten nahezu parallel hintereinander gestanden; die Unfallskizze der Polizeidirektion H in der Ordnungswidrigkeitenakte gebe den Standort korrekt wieder (Schriftsatz vom 18.01.2007). In ihrem Schriftsatz vom 14.01.2008 behauptet die Klägerin, der Unfall habe sich genauso zugetragen, wie es der Sachverständige M auf Seite 15, Ziffer 4 seines Gutachtens vom 13.12.2007 als weitere Möglichkeit in den Raum gestellt hat. Danach sei sie, die Klägerin vom angrenzenden Lkw-Parkplatz schräg eingefahren und habe ihr Fahrzeug in dieser Stellung zum Stillstand gebracht, während der Beklagte zu 1) zeitgleich den Pkw Mitsubishi etwa geradlinig zurückgesetzt habe. Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 3.485,21 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.06.2006 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, der Beklagte zu 1) habe das Fahrzeug angehalten, den Rückwärtsgang eingelegt und den Blinker nach rechts gesetzt. Noch bevor er nach hinten gesehen und überhaupt angefahren sei, sei die Klägerin auf den stehenden Pkw Mitsubishi aufgefahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat die Ordnungswidrigkeitenakte der Region H mit dem Aktenzeichen 32.107302.131126 beigezogen und zum Gegenstand der Verhandlung gemacht.

Das Gericht hat weiterhin gemäß den Beschlüssen vom 29.01.2007 (Bl. 44, 45 d. A.) sowie vom 25.05.2007 (Bl. 64 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H K und J W, sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. K M, H. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des Amtsgerichts Bersenbrück vom 26.03.2007 (Bl. 52 d. A.), des Amtsgerichts Lehrte vom 24.05.2007 (Bl. 60 – 62 d. A.) sowie auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen M vom 13.12.2007 (Bl. 77 ff d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann von den Beklagten keinen Schadensersatz gemäß § 18 Abs. 1 StVG beziehungsweise § 7 Abs. 1 i. V. m. § 3 Ziffern 1 und 2 PflichtVersG, § 823 Abs. 1 BGB beanspruchen.

Der Anscheinsbeweis spricht gegen die Klägerin. Für den Beweis des ersten Anscheins gegen den Auffahrenden genügt es, dass sich beide Fahrzeuge im gleichgerichteten Verkehr bewegt haben. Dies gilt in der Regel auch bei Teilüberdeckungen der Stoßflächen (vergleiche Kammergericht Berlin in MDR 2001, 808). Hierzu ist unstreitig, dass sich beide Fahrzeuge zunächst im gleichgerichteten Verkehr, nämlich auf der Fahrspur zwischen den Parkplätzen in Fahrtrichtung B bewegt haben. Die Tatsache, dass der Beklagte zu 1) unstreitig das von ihm geführte Fahrzeug zum Stillstand brachte, den Rückwärtsgang einlegte und den rechten Fahrtrichtungsanzeiger setzte, ändert daran nichts, solange die Klägerin nicht bewiesen hat, dass der Beklagte zu 1) sein Fahrzeug bereits in Rückwärtsrichtung in Bewegung gesetzt hat. Die Klägerin schildert einen atypischen Schadensverlauf, nämlich dass der Beklagte zu 1) zurückgefahren sei. Hierfür trägt sie die Beweislast (KG a. a. O.).

Allerdings ist das Vorbringen der Klägerin zum eigentlichen Unfallhergang widersprüchlich. So hat sie nämlich nunmehr mit Schriftsatz vom 14.01.2008 vorgetragen, der vom Sachverständigen M auf Seite 15, Ziffer 4. seines schriftlichen Gutachtens in den Raum gestellte mögliche Unfallhergang sei alleine der richtige. Dieses widerspricht allerdings dem Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 18.01.2007. Sie hat nämlich vorgetragen, die Fahrzeuge hätten im Zeitpunkt der Kollision nahezu parallel hintereinander gestanden und die Unfallskizze der Polizeidirektion H gebe die Situation korrekt wieder. Die von PK J angefertigte Unfallskizze (Bl. 3 d. Verkehrsordnungswidrigkeitenakte), welche die Klägerin zunächst als korrekt ansah, schließt aber gerade den vom Sachverständigen M als möglich erachteten Schadenshergang aus, weil die Verkehrsunfallskizze die Fahrzeuge in Parallelstellung darstellt. Weiterhin hat der Sachverständige M keineswegs festgestellt, der unter Ziffer 4. auf Seite 15 seines Gutachtens dargestellte Ablauf müsse sich so abgespielt haben. Der Sachverständige hat ausdrücklich ausgeführt, hierbei handele es sich um einen möglichen Ablauf. Für diesen Schadenshergang, den sich die Klägerin nunmehr ausdrücklich zu eigen gemacht hat, ist sie jedoch beweisfällig geblieben. Die Beklagten haben diesen Vortrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 07.01.2008 vorsorglich bestritten. Durch die Feststellungen des Sachverständigen ist dieser Schadensablauf nicht bewiesen, da es sich lediglich um eine Möglichkeit handelt. Auch der Zeuge Kuhlmann hat diesen Schadenshergang nicht bekundet. Die Klägerin hat sich auch in ihrem Schriftsatz vom 14.01.2008 nicht nochmals für den neu dargestellten Schadenshergang auf das Zeugnis ihres Ehemannes bezogen.

Lediglich ergänzend wird ausgeführt, dass die Klägerin auch hinsichtlich des von ihr zunächst dargestellten Schadenshergangs beweisfällig geblieben ist. Die jeweiligen Ehegatten der Klägerin beziehungsweise des Beklagten zu 1) haben jeweils das damalige Parteivorbringen bestätigt. Das Gericht sieht sich nicht in der Lage, einem der Zeugen mehr zu folgen als dem anderen. Zwar hat sich das Gericht von dem Zeugen K keinen persönlichen Eindruck verschafft, da dieser im Wege der Rechtshilfe vernommen wurde. Allerdings hält es das Gericht angesichts des persönlichen Eindrucks der Ehefrau des Beklagten zu 1) auch für ausgeschlossen, dass der persönliche Eindruck des Ehemannes der Klägerin dazu geführt hätte, dessen Glaubwürdigkeit wesentlich höher einzustufen als die der Ehefrau des Beklagten zu 1). Bei letzterer ist auch zu berücksichtigen, dass ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits eher geringer ist als bei dem Ehemann der Klägerin, weil es sich bei dem von dem Beklagten zu 1) geführten Fahrzeug nicht um sein eigenes handelte. Der Sachverständige M hält zwar die bis zur Erstattung seines Gutachtens beiderseits geschilderten Unfallvarianten für jeweils nicht plausibel, kann aber auch keine von ihnen ausschließen. Beide Zeugenaussagen sind gleichermaßen detailliert, so dass keine von ihnen glaubhafter ist.

Schließlich lassen die von den Parteien jeweils vorgetragenen und unter Beweis gestellten Äußerungen der Unfallbeteiligten und ihrer Ehepartner keinen Rückschluss darauf zu, wie sich der Unfall nun tatsächlich abgespielt hat.

Somit ist die Klägerin also beweisfällig geblieben, und zwar entscheidungserheblich hinsichtlich des neu eingeführten Unfallhergangs, hilfsweise auch hinsichtlich des von ihr zunächst geschilderten Unfallhergangs.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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