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Verkehrsunfall: Abgrenzung einer Straße von einem Feldweg

AG Sigmaringen, Az.: 1 C 280/11

Urteil vom 24.08.2012

1. Die Beklagte Ziffer 2.) wird verurteilt, an den Kläger 261,02 EUR zu bezahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.04.2011 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 46,41 EUR.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Kläger 90 % und die Beklagte Ziffer 2.) 10 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziffer 2.) trägt der Kläger 80 % und die Zweitbeklagte 20 % allein.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziffer 1.) trägt der Kläger allein.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistungen oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu vollsteckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf 1.335,13 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Verkehrsunfall: Abgrenzung einer Straße von einem Feldweg
Symbolfoto: Voy/Bigstock
** Note: Shallow depth of field

Der Kläger macht, nachdem die Klage gegen den früheren Erstbeklagte W. zurückgenommen wurde, gegen in die Zweitbeklagte restlichen Schadensersatz sowie vorgerichtliche Anwaltskosten aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 17.09.2010 gegen 17:45 Uhr in im Bereich „“ und „“ ereignet hat. Zwischen den Parteien sind der Unfallverlauf im Einzelnen sowie die aus dem Unfallereignis resultierende Haftungsquote streitig. Ferner ist streitig inwieweit es sich es sich beim um eine Straße im Sinne der StVO handelt.

Der Kläger ist Halter und Eigentümer des Fahrzeugs Pkw Opel Astra, amtliches Kennzeichen SIG-. Der im Juli 2011 verstorbene, ursprüngliche Erstbeklagte W. war Halter und Fahrer des Pkw Mitsubishi Pajero mit dem amtlichen Kennzeichen SIG-. sowie des Anhängers mit dem amtlichen Kennzeichen SIG- und war bei der Zweitbeklagten haftpflichtversichert.

Am 17.09.2010 befuhr die Zeugin R., Schwiegertochter des Klägers, nach einem Hausarztbesuch im Anwesen „“ in mit dessen Fahrzeug das „“. Sie beabsichtigte dabei links in den 4,50 m breiten einzubiegen, wobei zum Unfallzeitpunkt eine Beschilderung an der Einmündung „“ nicht vorhanden war. Zeitgleich fuhr der ursprüngliche und ortskundige Erstbeklagte W., mit dem genannten Pkw nebst Anhänger (im folgenden Gespann), den 12 bzw. 7 % abschüssigen hinab. Als die Zeugin R. sich bereits im befand und erkannte, dass sich das Fahrzeug W. näherte, wich diese aus und kollidierte frontal mit der aus ihrer Sicht rechts vom gelegenen Feldscheune. Zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge kam es dabei nicht. Der frühere Erstbeklagte kam nach seiner von ihm eingeleiteten Bremsung auf der linken Fahrbahnseite des „“ zum Stehen.

Das für den öffentlichen Verkehr freigegebene „“, beginnt dabei an der „H. und verläuft teilweise parallel zu den Straßen „“ sowie „Hinter den Gärten“ und mündet schließlich wie die genannten Straßen, in den. Von der her kommend bis zum Anwesen „“, welches linker Hand des liegt, ist dieses asphaltiert, zwischen dem Anwesen „“ sowie dem „“, ist es bis kurz vor dem Einmündungsbereich i- nur geschottert. Vom „“ kommend, befindet sich im geschotterten Bereich des …, links eine landwirtschaftliche Fläche, ohne dass eine Zufahrt zu dieser besteht und rechter Hand ein mit einer Hecke umgebenes Grundstück. Diese dichte und hohe Hecke zieht sich bis an den Einmündungsbereich „“ und lässt die eine Sicht aus dem „“ in den nur eingeschränkt zu.

Das „“ ist in Teilen von untergeordneter Verkehrsbedeutung, wird aber von Verkehrsteilnehmern aller Art als Abkürzung genutzt. Eine Erschließungsfunktion von Feldern ist in diesem Bereich nicht gegeben.

Hinsichtlich der örtlichen Verhältnisse wird ergänzend auf die vom Kläger vorgelegte Luftbildaufnahme (Bl. 87 d.A.), sowie die Lichtbilder (Bl. 78, 85 d.A.) und die Übersichtsaufnahme des Sachverständigen (Bl. 128, 129 d.A.) Bezug genommen.

Gegen den früheren Erstbeklagten wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Dieser wurde mit Urteil des Amtsgerichts Sigmaringen vom 24.01.2011 wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin R. verurteilt.

Dem Kläger macht mit der Klage folgenden Schadenspositionen geltend:

Fahrzeugschaden: 1.775,00 EUR

Gutachterkosten: 422,27 EUR

Nutzungsausfall: 348,00 EUR

Wiederzulassungskosten: 70,00 EUR

Kostenpauschale: 25,00 EUR

Gesamt: 2.640,27 EUR

Streitig ist hinsichtlich der Schadenshöhe ist allein die Höhe der Wiederzulassungskosten, die von der Zweitbeklagten mit 40,00 EUR beziffert werden. Die Zweitbeklagte hat auf den vom Kläger insgesamt entstandenen Schaden vorgerichtlich 1.305,14 EUR bezahlt.

Der Kläger behauptet, zum Unfallhergang, dass die Zeugin R. zunächst an der Schnittlinie der Fahrbahn des „“ mit dem klägerischen Fahrzeug angehalten und sich mit einem Blick nach links und rechts nach eventuell bevorrechtigten Verkehr vergewissert habe. Da Sie einen solchen nicht habe feststellen können und das Fahrzeug des Erstbeklagten noch nicht im Sichtbereich gewesen wäre, habe sie das Fahrzeug aus dem Stand im ersten Gang angefahren. Während der Einfahrt nach links in den „“, habe sie das schnell herannahende Fahrzeug W. wahrgenommen, welches den „“ mit einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von mindestens 70 km/h befahren habe und zudem auf die Fahrbahnhälfte der Zeugin R. herübergezogen wäre. Um eine Frontalkollision zu verhindern, habe es für die Zeugin R. keine andere Möglichkeit gegeben, als das klägerische Fahrzeug nach rechts zu ziehen. Hätte die Zeugin R. dies nicht getan, wäre es zwingend zu einer Frontalkollision zwischen den beiden Fahrzeugen gekommen, wobei auch eine Vollbremsung diese nicht mehr hätte verhindern können.

Ferner ist der Kläger der Auffassung, dass an der Einmündung „“ mangels Beschilderung, die Vorfahrtsregel Rechts-vor-Linkes gilt, so dass die Zeugin R. vorfahrtsberechtigt gewesen wäre und der frühere Erstbeklagte dieses Vorfahrtsrechts missachtet habe. Beim „“ würde es sich auch um eine Straße handeln, die als Ortsstraße von der Gemeinde L. gewidmet sei.

Nachdem sich die am 30.05.2011 eingereichte und am 04.06.2011 zugestellte Klage, zunächst gegen den verstorbenen, früheren Erstbeklagten W. sowie die Zweitbeklagte, als dessen Haftpflichtversicherung richtete, hat der Kläger die Klage gegen den Erstbeklagten W. mit Schriftsatz gegenüber dem Gericht vom 14.07.2011 (Bl. 52 d.A.) zurückgenommen.

Der Kläger beantragt:

Die Zweitbeklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.335,13 EUR nebst 5 % Punkte Zinsen hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.04.2011 zu bezahlen.

Die Zweitbeklagte wird verurteilt, an den Kläger 186,24 EUR zu bezahlen.

Die Zweitbeklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Zweitbeklagte vertritt die Auffassung, dass vorliegend eine Haftungsquote von 50 % gerechtfertigt sei.

Sie behauptet zum Unfallhergang, dass der frühere Erstbeklagten mit seinem Gespann zunächst vom Birkenweg, als Parallelstraße zum, in die Straße und danach rechts in den „“ eingebogen sei, um diesen bis ganz bis zum Ende zu durchfahren. Auf dem „“ sei dieser an der Straße A.H. vorbeigefahren, wobei seine Geschwindigkeit bereits aufgrund des Tandemanhängers nur um die 40 km/h gelegen habe. Kurz nachdem der frühere Erstbeklagte die Straße A.H. passiert habe, etwa 15-20 m vor dem „“, wäre plötzlich mit hoher Geschwindigkeit die Zeugin R. von rechts kommend, in den „“ eingebogen. Der frühere Erstbeklagte habe daraufhin sein Fahrzeug abgebremst und wäre auf halber Höhe zwischen dem und der Straße . stehen geblieben.

Ferner behauptet die Zweitbeklagte, dass die Zeugin R. nur habe bremsen müssen, um eine Kollision mit dem Fahrzeug des Erstbeklagten zu verhindern. Stattdessen habe sie jedoch plötzlich und unerwartet beschleunigt, weil sie -möglichweise aus Aufregung- die Bremse mit dem Gas verwechselt habe. Sie sei geradeaus gefahren und daraufhin frontal mit der Scheunenwand kollidiert, wobei der frühere Erstbeklagte zu diesem Zeitpunkt bereits gestanden sei. Die Zweitbeklagte bringt weiter vor, dass das atypische Fahrverhalten der Zeugin R. insoweit jenseits jeglicher Lebenserfahrung läge, mit dem nicht zu rechnen gewesen wäre, so dass dem früheren Erstbeklagten die Folgen nicht als vorhersehbar zugerechnet werden könnten. Schon allein die vom Erstbeklagten eingeleitete Bremsung habe eine Kollision der beiden Fahrzeuge verhindern können. Die Zeugin R. habe einfach nur bremsen können bzw. müssen, da eine Kollision mit dem Fahrzeug des früheren Erstbeklagten nicht zu befürchten gewesen wäre.

Zudem ist die Zweitbeklagte der Auffassung, dass der Zeugin R., aus dem „“ kommend nicht vorfahrtsberechtigt gegenüber dem von links kommenden Verkehr auf dem „“ gewesen sei. Sie ist der Auffassung, dass es würde sich beim an dieser Stelle um einen Feldweg handeln.

Weiterhin bringt sie vor, dass die Zeugin R. aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der damit verbundenen eingeschränkten Sicht, sich langsam in den „“ habe vortasten müssen. Stattdessen wäre die sei die Zeugin einfach auf den „“ hinausgefahren. Bei dem „“ handle es sich um eine gerade Straßen, mit durchgehend freier Sicht, so dass die Zeugin hätte das Fahrzeug des früheren Erstbeklagten habe sehen müssen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin R. in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2011. Ferner wurde aufgrund des Beweisbeschlusses vom 21.10.2011 (Bl. 101 – 104 d.A.), Beweis erhoben zum Unfallhergang durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Dipl. Ing. H. F..

Die Akten der Staatsanwaltschaft Hechingen 3 Cs 15 Js 7752/10 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2011 (Bl. 89 – 92 d.A.) sowie auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 19.06.2012 (Bl. 115 – 148 d.A.).

Der Rechtsstreit ist mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO fortgesetzt worden (Beschluss vom 25.07.2011, Bl. 168, 169 d.A.). Die Parteien konnten bis 10.08.2012 vortragen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.

Der Kläger hat gegen die Zweitbeklagten einen weiteren Ersatzanspruch in Höhe von 261,02 EUR aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignis vom 17.09.2010.

Dem Kläger steht gegen die Zweitbeklagte gemäß §§ 7, 17 StVG, §§ 823, 249 Abs. 1 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis zu. Das Gericht geht nach Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Unfallbeteiligten von einer Haftungsquote von 60 % zu 40 % zu Lasten der Zweitbeklagten aus. Unter Berücksichtigung dieser Quote, ergibt sich eine weitergehender Schadensersatzansprüche des Klägers gegenüber der Zweitbeklagten in Höhe von 261,02 EUR. Im Übrigen ist der Ersatzanspruch aufgrund der bereits vorgerichtlich erfolgten Zahlung in Höhe 1.305,14 EUR, durch Erfüllung erloschen.

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1.

Der Schaden des Klägers, entstand gemäß § 7 Abs. 1 StVG bei Betrieb der beiden am Unfallgeschehen beteiligten Kraftfahrzeuge. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Fahrzeuge nicht berührt haben.

Die Halterhaftung des § 7 Abs. 1 StVG bzw. die Fahrerhaftung aus vermuteten Verschulden gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 18 StVG greift auch dann ein, wenn es nicht zu einer Berührung zwischen den am Unfallgeschehen beteiligten Kraftfahrzeugen gekommen ist. Eine Haftung ist auch gegeben, wenn der Unfall mittelbar durch das andere Kraftfahrzeug (mit-)verursacht worden ist. Zwar rechtfertigt die bloße Anwesenheit eines in Betrieb befindlichen Kraftfahrzeuges an der Unfallstelle keine Haftung. Ausreichend ist jedoch, dass ein Kraftfahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zur der Entstehung des Schadens beigetragen hat. Dies ist auch dann der Fall, wenn sich der Führer des einen Kraftfahrzeugs, durch das Fahrverhalten des anderen Teils zu einer Reaktion in Form eines Ausweichmanövers veranlasst sieht und dadurch ein Schaden eintritt. Dann kann der für eine Haftung erforderlich Zurechnungszusammenhang je nach Lage des Falls zu bejahen sein. Selbst ein Unfall infolge einer voreiligen – also objektiv nicht erforderlichen – Abwehr- oder Ausweichreaktion kann gegebenenfalls dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zugerechnet werden, das diese Reaktion ausgelöst hat (BGH, NJW 2010, 3713; BGH NJW 2005, 2081; LG Mainz, NZV 2012, 131). Dabei reicht es aus, wenn die Abwehr- oder Ausweichreaktion subjektiv vertretbar erscheint, was immer dann der Fall ist, wenn das Verhalten des einen Verkehrsteilnehmer zur subjektiven Befürchtung hätte Anlass geben können, es werde ohne seine Reaktion einer Kollision mit dem anderen Verkehrsteilnehmer kommen (LG Berlin, Urteil vom 04.04.2005 – 58 S 356/04).

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht für das Gericht fest, dass sich der Unfall bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs ereignet hat, unabhängig von einem Verschulden des einen oder anderen Teils. Den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen folgend, fuhr das Gespann des früheren Erstbeklagten mit einer Geschwindigkeit im Bereich zwischen 50 km/h bis max. 56 km/h den 4,50 m „“ hinab, wobei dieser mit seinem ca. 1,90 m breiten Gespann zunächst 0,5 m Abstand zu seinem rechten Fahrbahnseite hielt und sich damit 0,15 m über der rechnerischen Fahrbahnmitte bewegte. Nach dem Einbiegen der Zeugin R., welche nicht ihre äußerst rechte Fahrspur wählte, fuhren die Fahrzeuge direkt aufeinander zu.

Auch wenn nach den sachverständigen Feststellungen davon auszugehen ist, dass das Ausweichmanöver der Zeugin R. objektiv nicht erforderlich war, da für sie noch die Möglichkeit bestanden hat, unmittelbar nach dem Einfahren in den „“ das Fahrzeug abzubremsen, so dass die beiden Fahrzeuge mindestens 4 – 5 m mit den jeweiligen Fronten auseinander zum Stillstand gekommen wären, war eine Verkehrssituation gegeben, die von der Zeugin R. als gefährlich empfunden werden konnte und die sie nachvollziehbar zu ihrem Ausweichmanöver veranlasst hat, so dass das klägerischen Fahrzeug mit der Scheune kollidierte. Dies gilt insbesondere unter der Berücksichtigung, dass nach den getroffenen Feststellung des Sachverständigen, im Zeitpunkt des Aufeinanderzufahrens, noch nicht erkennbar war, ob Gespann des früheren Erstbeklagten vor der Kollision zum Stillstand kommen würde.

Ein Verhalten der Zeugin R. welches den Zurechnungszusammenhang unterbrechen könnte, war demgegenüber nicht festzustellen. Die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen stützen das Vorbringen der Zweitbeklagten, die Zeugin R. habe beschleunigt und sei geradeaus fahrend, frontal mit der Scheunenwand kollidiert, nicht. Hierzu führt der Sachverständige aus, dass die Zeugin R. mit einer starken Lenkbewegung nach rechts von der Fahrbahn „“ abfuhr und ein Geradeausfahren im Einmündungsbereich aus technischer Sicht nicht vorgelegen habe. Vielmehr fuhr die Zeugin R. mehr oder weniger „schneidend nach links“ in den „“ in und lenkte ihr Fahrzeug stark nach rechts, als sie das Gespann des früheren Erstbeklagten wahrnahm.

2.

Der Unfall stellte sich weder für die Zeugin R. als Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs noch für den Erstbeklagten ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG dar. Hiernach gilt ein Ereignis nur dann als unabwendbar, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat.

Dies konnte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zugunsten des Klägers nicht festgestellt werden. Zur Überzeugung des Gerichts steht danach fest, dass die Fahrerin R. gegen das in § 2 Abs. 2 StVO normierte Rechtsfahrgebot in schuldhafter Weise verstoßen hat, indem sie beim Einfahren in den „“ nicht die äußerst rechte Fahrspur wählte, sondern „mehr oder weniger schneidend“ in diesen eingefahren ist (vgl. hierzu 3. c.) aa.)). Schon aus diesem Grund kommt die Annahme eines unabwendbaren Ereignisses nicht in Betracht kommt.Randnummer41

Auch ein unabwendbares Ereignis für den früheren Erstbeklagten scheidet aus, nachdem diesem eine Vorfahrtspflichtverletzung zu Last fällt (vgl. hierzu 3.a.)).

3.

Da mithin für keinen der Unfallbeteiligten ein unabwendbares Ereignis vorliegt und die grundsätzliche Haftung der Parteien feststeht, hängt in ihrem Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes gemäß §§ 17 Abs. 1 und 2, 18 Abs. 1 und 3 StVG davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend vom einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Hierbei richtet sich die Schadensverteilung auch nach dem Grad eines etwaigen Verschuldens eines Beteiligten. Jedoch sind im Rahmen dieser Abwägung zu Lasten einer Parteien neben feststehenden bzw. unstreitigen Tatsachen nur bewiesene Umstände zugrunde zu legen.

Unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze führt dies vorliegend zu einer Haftungsquote von 60 % zu Lasten der Zweitbeklagten.

a.) Dem früheren Erstbeklagten fällt dabei eine Vorfahrtsverletzung gemäß § 8 Abs. 2 StVO zur Last. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO hat an Kreuzungen und Einmündungen die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Die hierbei normierten Ausnahmen greifen vorliegend nicht ein. Zum Unfallzeitpunkt war an der Einmündung „“ weder die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt, noch kam das Fahrzeug des Klägers zu aus einem Feld- oder Waldweg gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StVO, so dass dieses vorfahrtsberechtigte war.

aa.) Es ist davon auszugehen, dass es sich beim „…“, um eine Straße und nicht um einen Feldweg bzw. um einen Feldweg gleichgestellten Weg handelt. Dabei kommt es nach Auffassung des erkennenden Gerichts bei der Abgrenzung einer Straße zu einem Feldweg, darauf an, welche derzeitige objektive Verkehrsbedeutung dem „Weg“ beizumessen ist (BGH, Urteil vom 18.11.1975, NJW 1976, 1317, OLG Rostock, Urteil vom 23.02.2007 m.w.N.). Unbeachtlich ist grundsätzlich das äußere Erscheinungsbild (str.), insbesondere auch welcher Art die Wegbefestigung ist. Nicht maßgebend ist ferner, inwieweit das „…“ dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist oder dessen katastermäßige Erfassung (BGH, Urteil vom 18.11.1975, NJW 1976, 1317). Es handelt es sich bei einem Weg vielmehr nur dann um einen Feldweg im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StVO, wenn dieser seinem Zweck entsprechend zu überwiegend land- und forstwirtschaftlichen Zwecken (z.B. als Zufahrt zu landwirtschaftlich genutzten Flächen) dient und darüber hinaus keine überörtliche Bedeutung besitzt. Der hier in Frage stehende Teil des … ist nach dem vom Kläger vorgelegten, unbestritten gebliebenen Schreiben der Gemeinde L. vom 09.09.2011 (Bl. 86, 87 d.A.) von untergeordneter Bedeutung, wird aber von Verkehrsteilnehmern jeglicher Art gelegentlich als Abkürzung genutzt. Ferner ist gemäß dem Schreiben eine Erschließungsfunktion zur Bewirtschaftung landwirtschaftlich genutzter Flächen nicht geben und lässt sich auch nicht aus den vom Kläger vorlegten Lichtbildern (Bl. 78, 85 d.A.) entnehmen. Beim „…“ auch im hier streitgegenständlichen Bereich, handelt es sich vielmehr um eine Durchgangsweg, vom „…“ bis hin zur „“, mit der Möglichkeit von diesem zu weiteren Straßen und dem oberhalb des „…“ erschlossenen Gebiet abzuzweigen, ohne dass ein Zugang zu landwirtschaftlich genutzten Flächen besteht. Auch lässt sich die Einordnung als Straße nicht dadurch absprechen, dass noch weitere Straßen existieren, die den Zugang zu den oberhalb des … erschlossenen Gebiet sicherstellen.

Selbst wenn man auf hier das äußere Erscheinung des … abstellt, kommt es zu keiner anderen Beurteilung. Betrachtet man das „…“ in seiner Gesamtheit wird deutlich, dass es sich bei dem geschotteten Teil nur um ein verhältnismäßig kurzes Stück handelt, welches sich lediglich vom Anwesen „A.H. 2“ zum … zieht, wobei wiederum der Einmündungsbereich des … zum … asphaltiert ist. Insoweit besteht auch gerade im Hinblick auf den Einmündungsbereich des … die Vergleichbarkeit zu den oberhalb des „…“ gelegenen Straße.

Ferner kommt es, unabhängig davon welche Methode zur Einordnung eines Weges angewandt wird, nicht darauf an, wer oder auf wessen Veranlassung das „…“ letztlich asphaltiert wurde. Dies spielt weder für die objektive Verkehrsbedeutung eine Rolle, noch sieht man es einem Weg an, wer diesen asphaltiert hat.

bb.) Vorliegend ist auch davon auszugehen, dass der frühere Erstbeklagte eine Vorfahrtsverletzung begangen hat, selbst wenn er, den Ausführungen des Sachverständigen folgend, zunächst noch 50 – 55 m vom Einmündungsbereich entfernt war, als die Zeugin R. mit dem klägerischen Fahrzeugs aus dem … in den „…“ eingebogen ist. Ein Vorfahrtsfall würde nur dann entfallen, wenn der Vorfahrtsberechtigte so weit entfernt ist, dass dieser unter Berücksichtigung der beiderseitigen Geschwindigkeiten bei der Ausübung seines Vorfahrtrechts nicht behindert wird. Die Vorfahrt ist aber bereits dann verletzt, wenn sich der Wartepflichtige in bedrohlicher Weise nähert oder der Vorfahrtsberechtigte behindert oder gefährdet wird, wobei nur ein geringes Gaswegnehmen und ähnliche unwesentlichen Behinderungen als unvermeidbar außer Betracht bleiben (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Auflage, 2012, § 8 Rn 7-8, m.w.N.). Zudem liegt eine Vorfahrtsverletzung vor, wenn sich der Wartepflichtige so verhält, dass der Berechtigte eine Verletzung seiner Vorfahrt befürchten muss und sich nunmehr seinerseits unfallverhütend verhält.

Die Zeugin R. befand sich unter Zugrundelegung des vom Sachverständigen festgestellten Bewegungsablaufs noch im Rahmen ihres Einbiegevorgangs in den „…“, während sich der frühere Erstbeklagte ihr näherte. Selbst wenn vom Sachverständigen weiter ausgeführt wird, dass eine Bremsausganggeschwindigkeit des früheren Erstbeklagten von 50 km/h nicht auszuschließen ist und damit kein Verstoß gegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit vorliegt, fuhr dieser zu schnell, dies in Anbetracht der örtliche Verhältnisse, der nur 4,50 m breiten Straße und der aufgrund des Heckbewuchs nur bedingt einsehbaren Einmündung … sowie aufgrund des von ihm gesteuerten ca. 1,90 m breiten Gespanns, welches wegen der schmalen Straße, unter Berücksichtigung des zunächst eingehaltenen, im übrigen nicht zu beanstandenden Abstands zum rechten Fahrbahnrands von 0,5 m, bereits über die rechnerische Fahrbahnmitte hinausragte. Dadurch konnte er sich nicht mehr rechtzeitig auf das aus dem … herausfahrende klägerische Fahrzeug einstellen, um eine kritische Situation zwischen den beiden Fahrzeugen zu verhindern und um den störungs-/behinderungsfreien Verlauf des Einbiegevorgangs der vorfahrtsberechtigten Zeugin R. sicherzustellen.

Insoweit war nach den Ausführungen des Sachverständigens eine Ausweichbewegung der Zeugin R. objektiv zwar nicht veranlasst, allerdings war das Ausweichmanöver subjektiv nicht unvertretbar. Den Ausführungen des Sachverständigen folgend, war es vielmehr so, dass zum Zeitpunkt des Aufeinanderzufahrens der beiden Fahrzeuge, noch nicht erkennbar sein konnte, ob das Gespann des früheren Erstbeklagte vor einer Kollision noch zum Stillstand kommen würde. Darüber hinaus hätte die Zeugin R. auf jeden Fall eine sofortige Abbremsung nach dem Einfahren einleiten müssen, um eine Kollision mit dem Gespann zu vermeiden und wäre dadurch in ihrem Vorfahrtsrecht behindert worden.

Die Zeugin R. hat ihr Vorfahrtsrecht nicht etwa dadurch verloren, dass diese nach den sachverständigen Feststellungen beim Einfahren in den „…“ nicht äußerst rechts gefahren ist, sondern „mehr oder weniger schneidend“ nach links abgebogen ist. Denn das Vorfahrtsrecht ist grundsätzlich nicht davon abhängig, dass der Berechtigte sich selbst verkehrsrichtig verhält und entfällt auch dann nicht, wenn dieser beim Einbiegen nach links, die Kurve schneidet (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, § 8 Rn 30). Vielmehr darf der Wartepflichtige auch die Möglichkeit nicht außer Betracht lassen, dass der Vorfahrtsberechtigte – aus welchen Gründen auch immer – die für sie linke Fahrbahnseite benutzen und beim Einbiegen nach links die Kurve schneidet (BGH NJW 1965, 1772; OLG Frankfurt, NZV 1990, 472; OLG Hamm, NZV 1998, 26).

b.) Soweit der Kläger weiter geltend macht, der frühere Erstbeklagte sei mit einer Geschwindigkeit von mindestens 70 km/h und habe damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten, konnte dieser Vortrag durch das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bestätigt werden. Die Zeugin R. hat hierzu lediglich ihren subjektiven Eindruck wiedergeben und bekundet, dass der frühere Erstbeklagte „ganz schnell“ (auf Bl. 91 der beigezogenen Strafakte: „Er kam wie ein Blitz von oben“), mit einer geschätzten Mindestgeschwindigkeit von über 60 km/h herangefahren sei. Der Sachverständige kam nach seinen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Unfallhergangs und nach Auswertung der Unfallspuren zu dem Ergebnis, dass der frühere Erstbeklagte mit einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von höchstens 56 km/h gefahren ist, wobei jedoch eine Geschwindigkeit von 50 km/h ebenfalls nicht auszuschließen war.

c.) Ferner konnte nicht mit Sicherheit festgestellt, dass ein schuldhafter Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot des früheren Erstbeklagten vorliegt.

Nach den getroffenen Feststellungen des Sachverständigen fuhr der frühere Erstbeklagte, mit seinem 1,90 m breiten Gespann den 4,50 m breiten „…“ hinab, wobei er zunächst einen 0,5 m großen Abstand zu seinem rechten Fahrbahnseite hielt und sich damit 0,15 m über der rechnerischen Fahrbahnmitte bewegte. Hierdurch verstieß er aber nicht bereits gegen das Rechtsfahrgebot. Auch unter Beachtung des § 2 Abs. 2 StVO darf der Fahrer von seinem rechten Fahrbahnrand einen Sicherheitsabstand einhalten, dessen Größe von der Art des Fahrzeugs, der Geschwindigkeit und der Fahrbahnbreite abhängig ist, aber auch auf schmalen Straßen in der Regel 1,0 m betragen darf, selbst wenn dadurch das Fahrzeug in die linke Fahrbahnhälfte hineinragt (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Auflage 2012, § 2 Rn 32; Hentschel /König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, § 2 Rn 35). Zwar war vorliegend die Straße schmal und es herrschte grundsätzlich Gegenverkehr, allerdings hatte der frühere Erstbeklagte auch nur einen Abstand von 0,5 m zum rechten Fahrbahnrand und hat dadurch dem Rechtsfahrgebot in hinreichend Maße Rechnung getragen. Ein Abstand der 0,5 m kann schon deshalb nicht gefordert werden, da dann eine Gefährdung anderer von rechts kommenden Verkehrsteilnehmern nicht mehr hinreichend Rechnung getragen werden kann.

Im Hinblick darauf, dass der frühere Erstbeklagte im Rahmen seiner von ihm eingeleiteten Bremsung nach links zog, war ein schuldhafter Verstoß gegen 2 Abs. 2 StVO ebenfalls nicht feststellbar. Der Sachverständige hat insoweit ausgeführt, dass der frühere Erstbeklagte während der Bremsung seines Gespanns im letzten Drittel der Bremsspur stetig nach links kam, so dass sich am Ende der Bremsspur die vordere linke Fahrzeugecke im Abstand von ca. 0,3 m vom linksseitigen Bordstein entfernt befand.

Diesbezüglich war nicht auszuschließen, dass der Erstbeklagte zunächst mit einer dem Rechtsfahrgebot entsprechenden Fahrweise, nach links gelenkt hatte, veranlasst durch die Fahrweise, der Zeugin R. die ihrerseits schneidend in den … in den … eingebogen ist.

c.) Allerdings wurde der Unfall auch in schuldhafter Weise durch die Zeugin R., als Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs mitverursacht.

aa.) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Zeugin R. im Rahmen ihres Einbiegevorgangs gegen § 2 Abs. 2 StVO verstoßen hat.

Auch ein vorfahrtsberechtigter Linksabbieger muss einen weiten Linksbogen nehmen und im Rahmen seines Abbiegevorgangs das Rechtsfahrgebot beachten (Hentschel /König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, § 9 Rn 30; OLG Frankfurt, NZV 1990, 472), insbesondere, wenn die örtlichen Verhältnisse dies erfordern (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Auflage 2012, § 9 Rn 14). Vorliegend war bereits aufgrund des starken Bewuchses (Hecke) die Einsicht in den „…“, sowie vom „…“ in den Einmündungsbereich des „…“ stark eingeschränkt und nur begrenzt möglich, so dass umso mehr ein weiter Linksbogen und die Einhaltung des Rechtsfahrgebots geboten waren.

Zwar hat die Zeugin R. im Rahmen ihrer Vernehmung bekundet, dass sie sich bereits auf der rechten Seite, fahrbahnparallel auf dem „…“ befunden habe, als sie den früheren Erstbeklagten wahrgenommen habe.

Dem widersprechen jedoch die Feststellungen des Sachverständigen. Dieser führt dabei aus, dass die Zeugin R. bei Einfahren nicht ihrer äußerst rechte Fahrspur gewählt habe, sondern „mehr oder weniger schneidend“ in den „…“ eingefahren sei und damit der Eindruck veranlasst gewesen wäre, dass die beiden Fahrzeuge aufeinander zufahren. Wie aus dem vom Sachverständigen erstellten Bewegungsablaufes ersichtlich (Bl.133 d.A.), befand sich die Zeugin R. zu keinem Zeitpunkt fahrbahnparallel im … . Die Ausführungen des Sachverständigen waren auch insoweit nachvollziehbar und überzeugend, nachdem aufgrund der Endstandposition des klägerischen Fahrzeugs, ersichtlich auf den polizeilichen Lichtbilder der Strafakte (Bl. 26 und 27 der beigezogenen Strafakte), die Fahrlinie der Zeugin ab dem … gut zu ermitteln war.

bb.) Hinzu kommt, dass der Zeugin R. ein Sorgfaltspflichtverstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO anzulasten ist. Beim … handelt es sich im Verhältnis zum … und auch zu den anderen im Bereich der Unfallstelle vorhandenen Straßen („“), erkennbar um einen Nebenweg mit untergeordneter Bedeutung, der lediglich als Abkürzung dient und zudem aufgrund der dortigen Hecke und des Bewuchs nur schwer einsehbar ist.

An einer Einmündung wie der vorliegenden, insbesondere auch aufgrund der Ausgestaltung des Weges in seinem letzten Stück, den gerade die Zeugin R. befuhr, müssen die Verkehrsteilnehmer bereits aus Gründen allgemeinen gebotener Vorsicht sowohl den von rechts nahenden, als auch wenigstens kurz den von links kommenden Verkehr im Auge haben, wenn eine Örtlichkeit, dazu verleitet, mit anderen Verkehrsteilnehmer nicht zu rechnen (OLG Koblenz, NZV 2006, 308) oder die Gefahr besteht, dass nicht klar sein könnte, wer das Vorfahrtsrecht inne hat.

Dass die Zeugin R. den von links kommenden Verkehr nicht in ausreichender Weise beachtet hat, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen fest. Nach dem Vorbringen des Klägers hat die Zeugin R. zwar an der Einmündung zum „…“ angehalten und sich über den von links sowie rechts kommenden Verkehr vergewissert, wobei sie kein Fahrzeug wahrgenommen habe. Dies hat die Zeugin R. auch im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigt und insoweit bekundet, dass sie an der „Kreuzung“ angehalten, nach links und dann nach rechts geschaut habe und als nichts gekommen sei im ersten Gang in den „…“ eingefahren sei. Und weiter, dass sie den früheren Erstbeklagten erst gesehen habe, als sie bereits in den … eingefahren sei und sich das klägerische Fahrzeug auf dessen rechten Seite befand.

Dem widersprechen jedoch die überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen. Dieser hat in seinem Gutachten erläutert, dass die Zeugin R. bei einem mehr oder weniger tastenden Hineinbewegen in den … , wie es von ihr bekundet wurde, das zunächst links bergab fahrende Gespann des früheren Erstbeklagten ohne weiteres bis in eine Entfernung von mindestens 165 m hätte erkennen können, wobei dieser sich aber nur 50 – 55 m entfernt und somit voll im Sichtfeld gelegen habe.

cc.) Ein weiteres schuldhaftes Fahrverhalten war der Zeugin R. nicht anzulasten. Der Vortrag der Zweitbeklagten, dass die Zeugin statt zu bremsen, Gas gegeben habe und mit hoher Geschwindigkeit ohne eine starke Ausweichreaktion geradeaus fahrend mit der Scheunenwand kollidiert wäre, haben die Feststellungen des Sachverständigen nicht zu bestätigen vermocht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Zeugin mit einer starken Lenkbewegung nach rechts von der Fahrbahn … abkam und ein Geradeausfahren aus technischer Sicht nicht vorgelegen hat. Auch die von Sachverständigen ermittelte Geschwindigkeit von 15 km/h, max. 22 km/h spricht gegen das Vorbringen der Zweitbeklagten.

d.) Die gemäß § 17 Abs. 1 und 2 StVG vorzunehmende Abwägung führt dazu, dass die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge auf Seiten der Zweitbeklagten gegenüber dem Kläger leicht erhöht sind und so eine Haftungsquote von 60 % zu 40 % zu Lasten der Zweitbeklagten als gerechtfertigt erscheint.

Dabei musste hinsichtlich der Zweitbeklagten zunächst die im Verhältnis zum klägerischen Fahrzeug erhöhte allgemeine Betriebsgefahr des Gespanns (Fahrzeug und Anhänger) des früheren Erstbeklagten Berücksichtigung finden. Zudem fällt auf Seiten der Zweitbeklagten ins Gewicht, dass die Vorfahrtspflichtverletzung einen wesentlichen Verstoß gegen Pflichten eines Kraftfahrers darstellt und diese zu der Entstehung des Unfalls in erheblichem Maß beigetragen hat. Aber auch auf Klägerseite waren die schuldhaften Verkehrsverstöße der Zeugin R. in Ansatz zu bringen, die sich der Kläger als betriebsgefahrerhöhende Umstände zurechnen lassen muss. Hinsichtlich des Verstoßes der Zeugin . gegen das Rechtsfahrgebot kommt hinzu, dass gerade durch diese Fahrweise die Wirkung eines „Aufeinanderzufahrens“ der Fahrzeuge hervorgerufen wurde.

4.

Aufgrund der vorgenannten Haftungsquote, steht dem Kläger unter Berücksichtigung der vorgerichtlich erfolgten Zahlung in Höhe von 1305,14 EUR, ein weiterer Anspruch in Höhe von 261,02 EUR zu.

Der von ihm vorgebrachte Gesamtschaden beläuft sich auf 2.640,27 EUR, so dass bei einer Haftungsquote von 60 % grundsätzlich insgesamt 1.584,16,27 EUR auszugleichen wären, mithin noch 279,02 EUR.

Allerdings hat der Kläger, nachdem die Zweitbeklagte die Höhe der geltend gemachten Wiederzulassungskosten von 70,00 EUR bestritten hat und von dieser nur 40,00 EUR zugrunde gelegt werden, weder konkret dargelegt noch bewiesen, aufgrund welche Umstände, Kosten in der begehrten Höhe entstanden sind (beispielsweise durch die Neuanfertigung von Kennzeichen).

Auch kommt eine Schätzung der insoweit angefallenen Kosten nicht in Betracht. Vielmehr lassen sich Zulassungskosten ohne weiteres konkret beziffern sowie durch die Vorlage entsprechender Belege nachweisen.

Unter Zugrundelegung eines Betrags von 40,00 statt 70,00 EUR für die Kosten der Wiederzulassung, verbleibt damit noch ein von der Zweitbeklagten auszugleichender Restbetrag von 261,02 EUR.

II.

Der Kläger hat ferner einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 46,41 EUR. Zum ersatzfähigen Schaden gemäß § 249 BGB gehören auch die erforderlichen Kosten der Rechtsverfolgung mithin auch die vorgerichtlich entstanden Anwaltskosten. Unter Zugrundelegung eines Gegenstandswert von 261,02 EUR, ergibt sich ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von 46,41 EUR (1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von bis zu 300,00 EUR: 32,50 EUR zuzüglich Pauschale von Post- und Telekommunikationsdienstleistungen: 6,50 EUR und Umsatzsteuer: 19%).

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280, 286, 288 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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