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Beamter – Regressansprüche des Dienstherrn bei Verletzung aufgrund einer Auseinandersetzung

OLG Koblenz – Az.: 1 U 1158/19 – Urteil vom 07.05.2020

1. Die Berufung der Klägerin sowie die Anschlussberufung des Beklagten gegen das am 04. Juni 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 89,7 % und der Beklagte 10,3 %.

3. Dieses sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die jeweiligen Schuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aus den Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden sofern nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin verfolgt in dem vorliegenden Rechtsstreit Regressansprüche als Dienstherrin des durch einen Dienstunfall am 02. August 2010 geschädigten Beamten des Ordnungsamtes …[A].

An diesem Tag kam es gegen 22:00 Uhr mit dem zu diesem Zeitpunkt alkoholisierten Beklagten zu einer Auseinandersetzung, nachdem dieser öffentlich uriniert hatte. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung fiel der als Ordnungsbeamte eingesetzte …[A] nach hinten auf den Boden; die Details der Auseinandersetzung sind zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Bernkastel-Kues vom 19.01.2011 wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Der medizinisch behandelte Beamte war in der Zeit vom 03.08.2010 bis zum 31.03.2012 krankheitsbedingt nicht im Dienst; die Klägerin hat in diesem Zeitraum Bezüge in Höhe von 65.915,68 € an den Beamten …[A] gezahlt. Mit Wirkung zum 01.04.2012 wurde der Beamte in den Ruhestand versetzt (Bescheid vom 1.3.2012, Bl. 16 Anlagenheft); die Bezüge wurden ab diesem Zeitpunkt von der … Versorgungskasse (…[C]) übernommen. Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 30.09.2014 wurde dem Beamten …[A] unter Abänderung des Bescheides vom 12. März 2013 ab dem 01. April 2012 ein erhöhtes Unfallruhegehalt nach § 37 Beamtenversorgungsgesetz gewährt, da nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts der Beamte aufgrund des vorbeschriebenen Dienstunfalls dauernd dienstunfähig und bei Versetzung in den Ruhestand infolge des Dienstunfalls in der Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 % von 100 beschränkt war.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte habe den eingesetzten Ordnungsbeamten …[A] auch geschlagen; dieser habe sowohl körperliche als auch psychische Folgeschäden erlitten, die zur Dienstunfähigkeit in dem Zeitraum 03.08.2010 bis zum 31.03.2012 sowie auch zu der Versetzung in den Ruhestand geführt hätten. Sie begehre daher Ersatz des vollen Bruttogehalts von dem Beklagten. Weiterhin habe der Beklagte Ersatz der Aufwendungen für medizinische Behandlungen zu leisten, die anderweitig nicht ersetzt worden seien.

Die Klägerin hat beantragt,

1. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 65.915,28 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2014 zu zahlen.

2. Den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.085,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.06.2015 freizustellen.

3. Festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche über die mit der Klage vom 15.06.2015 bereits bezifferten Ansprüche hinausgehenden Aufwendungen der Klägerin zu ersetzen, die diese infolge des Vorfalls vom 02.08.2010 auf der …[B] Kirmes in …[Z], bei dem …[A] durch den Beklagten verletzt worden ist, aufgrund des Beamtenverhältnisses zwischen ihr und Herrn …[A] bereits erbracht hat und noch erbringen wird, soweit wegen dieser Aufwendungen Ansprüche des Herrn …[A] gegen den Beklagten auf die Klägerin übergegangenen sind oder noch übergehen werden. sowie hilfsweise,

4. Den Beklagten über die bereits mit der Klageschrift vom 15.06.2015 in das Verfahren eingeführten Klageanträge hinausgehend zu verurteilen, an die Klägerin weitere 31.649,40 € Zug-um-Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche der Klägerin auf

a) Erstattung gegenüber der „… Versorgungskasse KöR“ – …[C] – (zu: …-00) wegen der durch die Klägerin bereits gegenüber der …[C] geltend gemachten Heilbehandlungskosten wegen des streitgegenständlichen Dienstunfalls vom 02.08.2010,

b) Rückforderung gegenüber Herrn …[A] wegen durch die Klägerin bereits an Herrn …[A] geleisteter Heilbehandlungskosten

zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.11.2018 zu zahlen.

5. Festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von weiteren Ansprüchen des Herrn …[A] auf Ausgleich von Heilbehandlungskosten gegenüber der Klägerin wegen des Dienstunfalls vom 02.08.2010 freizustellen.

6. Festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von über die Hilfsanträge zu 4) und 5) hinausgehenden Ansprüche des Herrn …[A] gegenüber der Klägerin wegen des Dienstunfalls vom 02.08.2010 freizustellen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, dass der Beamte …[A] nicht aufgrund des streitgegenständlichen Vorfalls dienstunfähig geworden sei; sondern dieser habe seinen Dienst nicht mehr verrichten wollen. Die Auseinandersetzung sei von absolut untergeordneter Bedeutung gewesen, was umso mehr gelte, als der Beamte …[A] nach seiner Ausbildung bei der Polizei und einer längeren Dienstzeit bei der Bundespolizei speziell für Verhaftungssituationen ausgebildet gewesen sei. Der Schaden sei ihm (Beklagten) weder dem Grunde noch der Höhe nach zuzurechnen.

Er erhebt die Verjährungseinrede.

Das Landgericht hat nach Beiziehung der staatsanwaltschaftlichen Akten weiter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen …[A] und …[D] sowie durch Einholung eines medizinischen Gutachtens durch den Sachverständigen Prof. Dr. med. …[E] und Anhörung dieses Sachverständigen (Bl. 320 ff. d.A.). Das erstinstanzliche Gericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 17.283,48 € nebst Zinsen zu zahlen sowie sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen. Im Übrigen hat es die Klage der Gemeinde abgewiesen. Es ist auf Grund der Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass der Geschädigte …[A] nicht nur nach hinten umgekippt ist, sondern auch von dem Beklagten geschlagen wurde. Er habe hierdurch Prellungen im Wirbelsäulenbereich und am Kiefer davon getragen. Das Landgericht hat seine Entscheidung vor allem damit begründet, dass nach dem eingeholten Sachverständigengutachten der Beklagte Ersatz für gezahlte Dienstbezüge für den Zeitraum von 6 Monaten ab dem streitgegenständlichen Vorfall zu erstatten habe. Die weiter geltend gemachten Ansprüche seien nicht adäquat kausal auf die Vorfälle am 02.08.2010 zurückzuführen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass lediglich ein Dienstunfähigkeitszeitraum von 6 Monaten adäquat kausal auf das Schadensereignis zurückzuführen sei. An dieser eingeschränkten Erstattung und der Klageabweisung im Übrigen sei es auch nicht durch die durch Verwaltungsakte festgesetzte und gerichtlich bestätigte Versetzung des Beamten in den Ruhestand gehindert. Die vorliegenden Erstattungsansprüche seien allesamt in einem Zeitraum entstanden, der vor der Versetzung in den Ruhestand liege und mithin durch diese Verwaltungsakte nicht betroffen sei.

Die Feststellungsklage sei unzulässig wegen des Vorrangs einer möglichen Leistungsklage. Im Übrigen seien die Hilfsanträge unbegründet, da diese nicht konkret die Ersatzansprüche bezeichneten, die sich gerade aus der für das Gericht maßgeblichen Zeitspanne der Dienstunfähigkeit ergäben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der klagenden Gemeinde, die sich in erster Linie gegen die Höhe des ausgeurteilten Ersatzbetrages wendet. Sie beruft sich vor allen Dingen auf die ihrer Ansicht nach bestandskräftigen Bescheide, durch die auch für die Zivilgerichte bindend festgestellt worden sei, dass die Auseinandersetzung mit dem Beklagten der maßgebliche und kausale Dienstunfall mit der darauf beruhenden dauernden Dienstunfähigkeit und der Grund der Zurruhesetzung des Beamten gewesen sei. Durch den die Feststellung der Dienstunfähigkeit aussprechenden Verwaltungsakt stehe bindend fest, dass die Zurruhesetzung des Beamten ausschließlich auf dem Dienstunfall vom 02.08.2010 und den dabei erlittenen Verletzungen beruhe. Das Landgericht sei an die Tatbestandswirkung dieser Verwaltungsakte gebunden. Auch das Feststellungsbegehren sei zulässig, da die Schadensentwicklung bei dem zur Ruhe gesetzten Beamten noch nicht abgeschlossen sei.

Die klagende Gemeinde beantragt,

1. das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und den Beklagten und Berufungsbeklagten zu verurteilen, an die Klägerin und Berufungsklägerin über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 48.631,80 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2014 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche über die mit der Klage vom 15.06.2015 bereits bezifferten Ansprüche hinausgehenden Aufwendungen der Klägerin zu ersetzen, die diese infolge des Vorfalls vom 02.08.2010 auf der …[B] Kirmes in …[Z], bei dem Herr …[A] durch den Beklagten verletzt worden ist, aufgrund des Beamtenverhältnisses zwischen ihr und Herrn …[A] bereits erbracht hat oder noch erbringen wird, soweit wegen dieser Aufwendungen Ansprüche des …[A] gegen den Beklagten bereits auf die Klägerin übergegangen sind oder noch übergehen werden.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt er, im Wege der Anschlussberufung wird das Urteil des Landgerichts Trier aufgehoben und die Klage wird abgewiesen, soweit als dass

a) der Beklagte in Ziffer 1 des Urteils zu einem Betrag über 10.993,80 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2014 verurteilt wurde;

b) der Beklagte in Ziffer 2 des Urteils zur Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten und in Ziffer 3 des Urteils zur Zahlung von Kosten des Rechtsstreits verurteilt wurde.

c) Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Beklagte trägt im Berufungsrechtsstreit vor:

Der gerichtliche bestellte Sachverständige sei sowohl in seinem schriftlichen Gutachten wie auch bei seiner Anhörung vor der Kammer von einer durch den Vorfall bedingten Dienstunfähigkeit des Zeugen …[A] von 3 bis 4 Monaten ausgegangen. Daher sei er, der Beklagte, auch nur für die in diesem kürzeren Zeitraum gezahlten Dienstbezüge zur Erstattung verpflichtet.

Hinsichtlich der Berufung der Klägerin verweist er auf sein erstinstanzliches Vorbringen und weist auf eine fehlende Bindungswirkung der Bescheide über die Zurruhesetzung des Beamten hin.

Die Klägerin beantragt hinsichtlich der Anschlussberufung, diese zurückzuweisen.

Sie verweist zunächst einmal darauf, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt seien und im Übrigen durch die Zurruhesetzungsbescheide festgestellt sei, dass die Auseinandersetzung und die hierdurch zugefügten Verletzungen des …[A] ursächlich für die dauernde Dienstunfähigkeit und die Zurruhesetzung geworden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit den weiter vorgelegten umfangreichen Unterlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften und den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird nach § 540 Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Das Landgericht hat im zutreffenden Umfang Erstattungsansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zugesprochen. Es hat zu Recht im Rahmen des von der Klägerin festgelegten beschränkten Streitgegenstandes, nach dem ausschließlich Rechte (Rückgriff-, Erstattungsrechte) geltend gemacht werden, die vor der Zurruhesetzung des Beamten zum 01.04.2012 entstanden sind (s. auch die ausdrückliche Erklärung PV der Klägerin Bl. 209 d.A.), Erstattungsansprüche beschränkt auf einen Zeitraum von 6 Monaten ab dem Unfallereignis zugesprochen und weitergehende Ansprüche abgewiesen.

A.

Die klagende Gemeinde beruft sich zur Begründung ihres Anspruchs und auch des eingelegten Rechtsmittels vor allem darauf, dass durch die bestandskräftigen Verwaltungsakte vom 01.03.2012 (Bl. 16 des Anlagenheftes) und vom 10.01.2012 (Bl. 202 ff. des Anlagenheftes) i. V. m. dem amtsärztlichen Attest vom 16.06.2011 (Bl. 84 ff. des Anlagenheftes) feststehe, dass infolge des Dienstunfalls der Beamte auf Dauer dienstunfähig geworden sei und er deshalb mit Wirkung zum 01.04.2012 in den Ruhestand zu versetzen war. Auch das Verwaltungsgericht Trier habe in seinem Urteil (Bl. 128 ff. des Anlagenheftes) in gleicher Weise festgestellt, dass der Beamte (dortiger Kläger) infolge des Dienstunfalls dauernd dienstunfähig geworden sei und bei Versetzung in den Ruhestand infolge des Dienstunfalls in der Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 % beschränkt gewesen sei. Aufgrund eigener Würdigung und unabhängig von den Festsetzungen und Feststellungen des Strafgerichts (fahrlässige Körperverletzung) seien die Unfallfolgen und die Zurruhesetzung des Beamten durch den rechtswidrigen Angriff des Beklagten in Ausübung des Dienstes erlittene Folgen. Unter Bezugnahme auf gerichtliche Entscheidungen (BGHZ 121,131, BGH, Versicherungsrecht 1972, 975 ff. = DÖV 1973, 497 f; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht vom 23.05.2019, 7 U 82/18, (juris); Schles-wig-Holsteinisches Oberlandesgericht vom 27.02.2020 – 7 U 93/19 (juris); OLG Koblenz vom 14.11.1996 – 5 U 1751/95 (juris)) geht die Klägerin von einer Bindung auch für den vorliegenden Rechtsstreit durch die bestandskräftigen Verwaltungsakte und die Feststellungen in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aus. Unter Bezug auf BGHZ 121, 131 und weitere obergerichtliche Entscheidungen seien die Zivilgerichte, die über Schadensersatzansprüche aus Anlass des Dienstunfalls zu entscheiden haben, an die Entscheidung der Verwaltungsbehörde über das Vorliegen eines Dienstunfalls und an die Feststellung der Dienstunfähigkeit gebunden.

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Der Senat sieht diese Bindungswirkung differenzierter und abweichend.

1.

Hinsichtlich der Bindungswirkung von Verwaltungsakten bzw. Urteilen ist nach einheitlicher obergerichtlicher Rechtsprechung und Literaturauffassung von folgenden Grundsätzen auszugehen:

a) Zivilgerichte sind an rechtsgestaltende bestandskräftige Verwaltungsakte gebunden; die Frage der Aufhebbarkeit ist nicht als Vorfrage zu prüfen und zu entscheiden (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. § 86 Rn. 41). Die Frage der Rechtmäßigkeit ist für die Zivilgerichte regelmäßig (mit Ausnahme der Ansprüche aus § 839 BGB) belanglos und nicht zu prüfen. Dies gilt jedoch nur im Rahmen der sachlichen Grenzen der Bestandskraft und vor allem – für den vorliegenden Fall relevant – in den persönlichen Grenzen der Bestandskraft (hierzu Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage § 43 Rn. 56 ff., 90 ff.).

b) Hinsichtlich der Bindungswirkung von Urteilen besteht eine solche grundsätzlich nur dann, wenn diese Urteile zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits und hinsichtlich der gleichen rechtlichen Fragen ergangen sind (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. § 86 Rn. 39). Ist eine Partei des vorliegenden Rechtsstreits in das Verfahren, aus dem Bindungswirkung hervorgehen und abgeleitet werden soll, überhaupt nicht beteiligt (dortige Partei, Streithelfer u. a.) so scheidet nach einheitlicher Auffassung von vornherein eine Bindungswirkung durch ein anderes Urteil aus (BGH, NJW 2019, 2400 ff. = MDR 2019, 1252 f.; näher dazu unten 2. c.). Dies gilt selbst für rechtskräftige Strafurteile und deren allenfalls indizielle Wirkung erzeugende Folgen für nachfolgende zivilrechtliche Schadenersatzklagen des Geschädigten. Eine rechtliche Bindungswirkung tritt selbst in diesem Fall nicht ein (MK-Rauscher, ZPO, 5. Aufl., Einl. Rn. 4).

2.

a) Im vorliegenden Fall zweifelt der Senat keineswegs an der Bestandskraft der vorgelegten Bescheide über die Zurruhesetzung des Beamten und auch nicht an dem Vorliegen eines Dienstunfalls. Diese sind nach § 43 Verwaltungsverfahrensgesetz in dem Verhältnis der Klägerin zu dem Beamten sicherlich bestandskräftig geworden. Dies gilt auch für das von Klägerseite maßgeblich herangezogene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier. An dieser Bestands- bzw. Rechtskraft kann und wird das vorliegende Urteil auch sicherlich nichts ändern. Diese Bestands- bzw. Rechtskraft steht im vorliegenden Verfahren über Rückgriffsansprüche auch nicht zur Entscheidung an.

Diese Frage war allerdings Gegenstand der Entscheidung des BGH v. 14.1.1993 (BGHZ 121, 131), in der (mit in diesem Fall anspruchsausschließender Wirkung gegenüber Dritten) lediglich festgestellt wurde, dass die Prüfung der Frage, ob ein Dienstunfall vorgelegen hat oder nicht, alleinige Aufgabe der Verwaltungsbehörde ist und diese Entscheidung Bindungswirkung erzeugt hinsichtlich des Vorliegens eines Dienstunfalls.

Hierüber besteht vorliegend aber kein Streit. Die Frage ist nicht entscheidungserheblich. Entscheidend ist allein die Beantwortung der Frage, ob eine dauerhafte Dienstunfähigkeit mit der daraus folgenden Pensionierung adäquat kausale Folge der rechtswidrigen Handlungen des Beklagten gewesen ist. Damit kann die Klägerin aus dieser Entscheidung nichts zu ihren Gunsten ableiten.

Der BGH hatte bereits zuvor in 1972 (VersR 1972, 975 ff.) die Bindungswirkung in gleicher Weise beschränkt. Auch in dieser Entscheidung wird lediglich festgelegt, dass den ordentlichen Gerichten die Nachprüfbarkeit der Zurruhesetzung grundsätzlich versagt ist. Und auch die weiteren – neueren – von der Klägerin angeführten Entscheidungen haben zwar die Bindungswirkung hinsichtlich der Annahme der Dienstunfähigkeit und der hierauf beruhenden Zurruhesetzung festgestellt, betonen jedoch die engen Grenzen dieser Bindungswirkung und stellen eingehend die von den Zivilgerichten im Regressverfahren selbständig noch zu prüfenden tatbestandlichen Merkmale des Rückgriffsanspruchs dar (dazu näher unten 3.).

b) Setzt aber die Bindungswirkung eines Verwaltungsaktes zunächst dessen Wirksamkeit und Bestandskraft voraus, so fehlt es vorliegend bereits an der Wirksamkeit dieser Verwaltungsakte gegenüber dem Beklagten. Unter maßgeblicher Berücksichtigung von § 43 Verwaltungsverfahrensgesetz stand und steht der Schädiger außerhalb der persönlichen Grenzen der Bestandskraft dieser Bescheide über die Zurruhesetzung des Beamten. Er war an diesem Verfahren auch in keiner Weise in irgendeiner Form beteiligt (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage § 43 Rn. 160, 176 ff.). Rechtliches Gehör oder Einflussnahmemöglichkeiten auf dieses Verfahren hat er nicht erhalten (zu diesem Gesichtspunkt s. BGH, VersR 1972, 975 ff.). Damit entfalten diese Verwaltungsakte auch keinerlei Wirksamkeit gegenüber dem Beklagten. Eine Bindungswirkung kann mithin in diesem Rechtsverhältnis, über das vorliegend zu entscheiden ist, nicht eintreten. Das Landgericht hat insoweit völlig zu Recht unabhängig von den Festlegungen in den Verwaltungsakten eine eigenständige Prüfung der durch das schädigende Verhalten des Beklagten herbeigeführten Folgen und deren Ersatzpflichtigkeit befunden und insoweit zu Recht sich gutachterlich beraten lassen. Gleiches gilt hinsichtlich der Ausführungen in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil (Bl. 128 ff. Anlagenheft), aus dem sich zudem unter dessen breiter Bezugnahme auf die Gesetzgebungsgeschichte der betreffenden Vorschrift ergibt, dass die entscheidenden Faktoren für die Zubilligung einer erhöhten Rente von anderen Umständen, Gesichtspunkten und Wertungen (u.a. gewollter erhöhter versorgungsrechtlicher Schutz für den Beamten – S. 12 des Urteils, Bl. 139 Anlagenheft) abhängig ist, als die zivilrechtliche Beurteilung der adäquat kausale Zurechnung von Schädigungsfolgen und den auch hieraus erwachsenen Ersatzansprüchen.

c) Weiterhin kann zur Überzeugung des Senats die Bindungswirkung bestandskräftiger Verwaltungsakte nicht weiterreichen als die von rechtskräftigen Urteilen. Nach dem bereits Ausgeführten besteht Bindungswirkung in Rückgriffs-, Schadensersatz- und Entschädigungsverfahren nur dann, wenn in dem einer möglichen Bindung zugrunde liegenden vorangegangenen Verfahren dieselben Parteien beteiligt waren (u. a. möglicherweise auch als Streithelfer) und die in dem Vorprozess entschiedenen Fragen unmittelbar den nun zu entscheidenden Prozessstoff (meist als Vorfrage) betroffen haben. Insoweit kann auf die durchgängige und auch jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen werden, nach der z. B. ein rechtskräftiges Urteil zwischen einem Geschädigten (Abschiebehäftling) und der Bundesrepublik gerade keine Bindungswirkung für ein nachfolgendes Schadenersatzverfahren (aus Amtshaftung) des Geschädigten gegen das Land Bayern wegen der bestehenden Parteiverschiedenheit entfalten kann (so ausdrücklich BGH, NJW 2019, 2400 ff. = MDR 2019, 1252 f). Der BGH hat dort weiter ausgeführt :

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind die Zivilgerichte im Amtshaftungsprozess an rechtskräftige Entscheidungen der Verwaltungsgerichte im Rahmen ihrer Rechtskraftwirkung (§ § 121 VwGO) gebunden. Die Bindungswirkung erfasst in persönlicher Hinsicht die Beteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (§ § 63 VwGO) – bei Behörden deren Rechtsträger – und ihre Rechtsnachfolger und ist sachlich auf den Streitgegenstand beschränkt (z.B. Senat, Urteile vom 7. Februar 2008 – III ZR 76/07, BGHZ 175, 221Rn. 10 und vom 12. Juni 2008 – III ZR 38/07, VersR 2010, 529Rn. 15, jeweils mwN).“

d) Nach allem kann der Verwaltungsakt über die Zurruhesetzung des Beamten über dessen rechtsgestaltende Wirkung hinaus, das heißt, den Umstand dass der Beamte in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit versetzt wurde, keinerlei Bedeutung und Bindung für das vorliegende Verfahren entfalten, da der Geschädigte in diese Vorgänge in keiner Weise mit einbezogen war. Dies gilt insbesondere auch für die von der Klägerin als bindend angesehene Feststellung, dass die Zurruhesetzung infolge der durch die Auseinandersetzung mit dem Beklagten herbeigeführten Schäden und einer hierdurch verursachten und dem Beklagten zuzurechnenden dauerhaften Dienstunfähigkeit erfolgt sei.

e) Mit der angefochtenen Entscheidung ist weiter auch davon auszugehen, dass die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin auch außerhalb der sachlichen Grenzen der Bestandskraft der Bescheide über die Zurruhesetzung liegen (vgl. hierzu Sachs a. a. O. Rn. 56 ff.). Die Verwaltungsakte regeln die Zurruhesetzung mit Wirkung zum 01.04.2012 und den ab diesem Zeitpunkt gültigen neuen Status des zur Ruhe gesetzten Beamten. Der Regelungsinhalt bezieht sich damit gerade nicht auf die davor liegenden streitgegenständlichen Zeiträume. Und nur für diese – vor der Zurruhesetzung – werden in dem vorliegenden Verfahren Erstattungsansprüche durch die Klägerin geltend gemacht. Auch aus diesem Grunde scheidet eine Bindungswirkung aus und das Landgericht hat zu Recht über die streitentscheidenden Fragen (adäquat kausal herbeigeführte Schäden, Erstattungsansprüche) eingehend Beweis erhoben.

f) Soweit man diesen Verwaltungsakten überhaupt feststellende Wirkung, die über die bloße Zurruhesetzung hinaus gehen könnten, beimessen möchte, tritt eine Bindungswirkung hinsichtlich des in diesen Bescheiden vorausgesetzten Geschehens, das zur Zurruhesetzung geführt hat, schon aus den genannten Gründen nicht ein (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage § 43 Rn. 160). Insbesondere wird der Geschädigte nicht von der Wirksamkeit dieser Zurruhesetzungsbescheide erfasst; er befindet sich nicht innerhalb der persönlichen Grenzen der Bestandskraft. Eine Bindungswirkung könnte allenfalls dann eintreten, wenn der Schädiger (Beklagter) im Verwaltungsverfahren über den dann bindenden VA zum einen beteiligt gewesen und über diese (Bindungs-) Wirkung für ihn belehrt worden wäre (so Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage § 43 Rn. 160). Dieser Fall ist vorliegend eindeutig nicht gegeben.

3.

a) Selbst wenn der Senat mit der Klägerin unter Berücksichtigung der zitierten Gerichtsentscheidungen von einer Bestandskraft der Verwaltungsakte auch gegenüber dem Beklagten sowie der Bindungswirkung dieser Bescheide für das vorliegende Verfahren grundsätzlich einmal ausginge, würde dies im vorliegenden Fall nicht zu einer Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung führen. In allen diesen Entscheidungen (BGHZ 121,131, BGH, Versicherungsrecht 1972, 975 ff. = DÖV 1973, 497 f; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht vom 23.05.2019, 7 U 82/18, (juris); Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht vom 27.02.2020 – 7 U 93/19 (juris); OLG Koblenz vom 14.11.1996 – 5 U 1751/95 (juris)) wurde schon intensiv auf die Bedenken hinsichtlich der Bindungswirkung und gerade auch auf mögliche Einschränkungen sowie Ausnahmen hingewiesen. In Einzelfällen wurde gerade auch diese Bindungswirkung sodann verneint (OLG S-H v. 27.2.2020 – 7 U 93/19 (juris) : „willkürliche Pensionierung“). Eine durchgehende Begründung für die zugrunde liegende Bindungswirkung ist zudem nicht ersichtlich. Im Gegensatz zu gesetzlich angeordneten Bindungswirkungen (vgl. u. a. § 124 VVG, Rechtsweg- und sonstige Verweisungsentscheidungen) liegen Gründe für eine entsprechende von der Klägerin reklamierte weitreichende Wirkung für die vorliegende Fallgestaltung gerade nicht vor.

b) Zudem wäre im vorliegenden Fall für den Senat gleichfalls überzeugend und entscheidend maßgeblich zu berücksichtigen, was gleichfalls eine Bindungswirkung ausschließen würde, dass die den Zurruhesetzungsbescheiden zugrunde liegenden sachlichen Voraussetzungen und Gegebenheiten im vorliegenden Fall gerade nicht im Verwaltungsverfahren geklärt waren. Die von der Klägerin maßgeblich zugrunde gelegte erste Stellungnahme des Amtsarztes vom 16.06.2011 (Bl. 84 ff. des Anlagenheftes), basierend auf Untersuchungen im April und Mai 2011, war zeitlich der Entscheidung über die Zurruhesetzung weit vorgelagert und aus welchen sachlich, fachlich-fundierten Gründen, mit welcher tragfähigen Begründung sich an diesen im Juni 2011 medizinisch festgelegten Umständen in der Zeit bis Januar 2012 „nichts geändert“ haben soll (vgl. Bescheid der Klägerin vom 10.01.2012 Bl. 202 f des Anlagenheftes) ist nicht ersichtlich. Neuere ärztliche Aussagen über die Dienstfähigkeit und deren Gründe vor Zurruhesetzung sind für den Senat nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere für den unmittelbaren der Zurruhesetzung vorangegangenen Zeitraum im Frühjahr 2012. Weiterhin ist bereits aus S. 5 der Stellungnahme des Amtsarztes ersichtlich, dass es sich um eine vorläufige Abschätzung der Dienstunfähigkeit mit einer vom Geschädigten nicht wahrgenommenen Therapieempfehlung handelt. Auch ist für den Senat nicht völlig nachvollziehbar, ob in ausreichendem Maße die in den Vordergrund gerückten psychiatrischen Problemlagen ausreichend eruiert wurden. Das stark relativierende Gutachten des Dr. med., Dipl.-Psych. …[F] vom 10.8.2011 (hierzu Gutachten Prof. Dr.med …[E] v. 21.5.2017, S. 12, 25 ff.) wurde nicht (mehr) berücksichtigt. Damit läge auch für den Senat einer der Ausnahmefälle vor, wie sie die von der Klägerin herangezogenen Gerichtsentscheidungen dargelegt haben (u.a.OLG S-H v. 27.2.2020 – 7 U 93/19 (juris)). Eine Bindungswirkung erscheint auch unter Zugrundelegung dieser von der Klägerin vorgetragenen Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht gegeben.

c) Die vom Kläger herangezogenen Entscheidungen gehen selbst von einer stark beschränkten Reichweite der Bindungswirkung aus. Neben den Fällen einer „willkürlichen Pensionierung“ aus sachfremden Gründen oder auf sachlich unzutreffender oder unzureichender Grundlage (s. o. b)) wird stets hervorgehoben, dass die über den Rückgriffsanspruch entscheidenden Zivilgerichte zum einen einen Mitverursachungseinwand gegen den Geschädigten (§ 254 BGB) zu beachten haben sowie auch vor allem prüfen können und müssen, ob „der verletzte Beamte tatsächlich wegen unfallbedingter Beeinträchtigungen zur Ruhe gesetzt worden ist“ (Leitsatz in OLG SH v. 23.5.2019). In gleicher Weise legt das OLG Koblenz (aaO. Urteil v. 14.11.1996) fest, dass „gefragt“ werden muss, ob die Pensionierung adäquate Folge des Unfalls war, „ob sie also auf dem Unfall oder etwa auf anderen Gründen beruhte“.

Damit völlig in Übereinstimmung hat das Landgericht verantwortlich geprüft, ob das rechtswidrige Verhalten des Beklagten adäquat kausal zu der dauernden Dienstunfähigkeit mit der späteren Pensionierung geführt hat. Und hier hat es zu Recht nach gutach-terlich fundierter Beratung die adäquate Verursachung (wertende Zurechnung) nur für eine 6-monatige Dienstunfähigkeit angenommen, nachdem der Sachverständige für die nachfolgende, andauernde Dienstunfähigkeit andere Ursachen in seinem Gutachten als möglich dargelegt hat (s. bereits Schreiben des Haftpflichtversicherers v. 18.12.2014, Bl. 78 Anlagenheft; Gutachten Dr.med. Dipl.-Psych. …[F] v. 26.2.2015, S.18 „Verbitterungsstörung … unfallfremder Natur“ (Bl. 182 Anlagenheft); vgl. auch Marburger, NZV 2020, 126 ff. zu „Seelische Schäden als Unfallfolge“ und zu „Tendenzneurosen“) .

B.

1.

Nach allem kann weder der Bescheid über die Zurruhesetzung des Beamten noch das verwaltungsgerichtliche Urteil über die Erhöhung der Pensionsbezüge zugunsten des Beamten irgendwelche Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren auf Rückerstattung gezahlter Dienstbezüge entfalten. Das Landgericht hat zu Recht die Frage der Erstattungsfähigkeit eigenständig geprüft und gutachterlich bewerten lassen. Damit ist entscheidend, ob und in welchem Umfang das Handeln des Beklagten zu Schäden bei dem Beamten geführt hat und diese Schäden wiederum zur Zahlung von Dienstbezügen bei Dienstunfähigkeit geführt haben. Nur in diesem Umfang haben Erstattungsforderungen der Klägerin gegen den Beklagten Erfolg. Das Landgericht hat insoweit zu Recht den zuzurechnenden Schädigungszeitraum auf 6 Monaten nach dem Schadensereignis festgesetzt. Es hat diese Überzeugung im Rahmen von § 286 ZPO durch Würdigung der vorliegenden Beweise gewonnen. Dabei hat es überzeugend in erster Linie die eingeholten Gutachten vom 21.05.2017 sowie vom 08.10.2017 und auch das Ergebnis der Anhörung des beauftragten Gutachters (Bl. 320 ff. d.A.) seiner Würdigung zugrunde gelegt. Die gesetzlich vorausgesetzte Freiheit der Beweiswürdigung (für das Landgericht) bedeutet, dass der Richter durch § 286 ZPO aufgefordert ist, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Dies bedeutet, dass der Richter lediglich an Denk-, Natur- und Erfahrungsgesetze gebunden ist; ansonsten aber darf und muss er die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich ohne Bindung an gesetzliche Beweisregel nach seiner individuellen Einschätzung bewerten (s. u. a. Zöller/Greger, ZPO, 33. Auflage, § 286 Rn. 12 ff. – m. w. z. N.). Das Landgericht hat nun auf Grundlage dieser gutachterlich vermittelten Erkenntnisse die zur Entschädigung anstehende Zeitspanne auf 6 Monate festgesetzt (s. S. 7 f. der angefochtenen Entscheidung). Da der Gutachter Prof. Dr. med. …[E] sich auch ausführlich mit abweichenden (fach-) ärztlichen Stellungnahmen und Einschätzungen auseinandergesetzt hat (vgl. Gutachten v. 21.5.2017, S. 5 ff., 25 ff., Ergänzungsgutachten v. 8.10.2017) war die Annahme des genannten 6-Monats-Zeitraum plausibel, nicht fehlerhaft und letztlich im Berufungsverfahren auch von den Parteien nicht mehr mit Erfolg angreifbar. Im Rahmen der Anhörung des Sachverständigen bestanden ausweislich der Sitzungsniederschrift auch am Ende dieser keine Fragen mehr an den Sachverständigen. Die Festlegung auf den 6-Monats-Zeitraum ist damit auch für den Senat überzeugend und rechtlich nicht mehr erfolgversprechend angreifbar.

Hieraus folgt dann auch die Erfolglosigkeit des Berufungsbegehrens, die den Entschädigungszeitraum bis zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung des Beamten erstreckt sehen

will wie auch die der Anschlussberufung, die aufgrund von vorangegangenen Äußerungen des Sachverständigen einen kürzeren relevanten Zeitraum annehmen möchte.

2.

Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens der Klägerin im Berufungsrechtszug folgt der Senat gleichfalls den Ausführungen der landgerichtlichen Entscheidung (dort S. 8 ff.). Auch für den Senat ist weder dargetan noch ersichtlich, welche (Mehr-) Aufwendungen, nicht erstattete Kosten sich gerade auf den hier maßgeblich zugrunde gelegten 6-Monats-Zeitraum nach dem Dienstunfall beziehen sollen. Eine Abgrenzung ist soweit nicht möglich, da die Klägerin die sachlichen Grundlagen hierfür auch im Berufungsrechtszug nicht dargetan hat. Eine Feststellung hinsichtlich einzelner Kosten oder Kostenanteile, die gerade aus der 6-monatigen Dienstunfähigkeit, die dem Beklagten zuzurechnen ist, erwachsen sind, ist dem Senat aus den gleichen Gründen – wie vom Landgericht dargetan – nicht möglich. Insoweit hat auch das Feststellungsbegehren der Klägerin im Berufungsrechtszug keinen Erfolg.

C.

Nach allem haben weder die Berufung der Klägerin noch die Anschlussberufung des Beklagten in der Sache Erfolg, da das Landgericht völlig zu Recht nach gutachterlicher Beratung einen relevanten Zeitraum für den Erstattungsanspruch der Klägerin nach dem schädigenden Verhalten durch den Beklagten von 6 Monaten fest- und zugrunde gelegt hat.

In Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragenen Rechtsprechungsnachweise lässt der Senat die Revision gegen dieses Urteil zu, da die Revisionsgründe der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Bindungswirkung von entsprechenden Bescheiden über die Zurruhesetzung nach Dienstunfällen für nachfolgende Schadensersatz- und Regressansprüche eine Entscheidung durch das Revisionsgericht (Bundesgerichtshof) angezeigt erscheinen lassen können.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 92 ZPO; die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Wert des Berufungsverfahrens (Berufung, Anschlussberufung) wird auf insgesamt 61.290,00 € festgesetzt.

 

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