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Glatteisunfall – Verletzung Verkehrssicherungspflicht

LG Kiel – Az.: 13 O 9/15 – Urteil vom 28.06.2017

1. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.500 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.03.2015 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1. der Klägerin alle materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche aus dem Unfallereignis vom 14.02.2012 zu ersetzen hat, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind;

3. Die Beklagte zu 1. wird ferner verurteilt, an die Klägerin weitere 5.120,39 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.03.2015 zu zahlen;

4. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.150,49 € zu erstatten.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten sowie den außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Beklagten zu 1. tragen die Klägerin 27 % und die Beklagte zu 1. 73 %. Die Klägerin hat zudem die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld aus Anlass eines Glatteisunfalls, den sie als Fußgängerin erlitt.

Die Beklagte zu 1. ist Eigentümerin des Mehrfamilienhauses E.-straße QQ in X., in dem sie auch selbst wohnt. Der Beklagte zu 2. ist in diesem Haus Mieter.

Die Klägerin erlitt am 14.02.2012 einen Unfall, bei dem sie sich eine sogenannte Trimalleoläre OSG-Luxationsfraktur links bei distaler Fibulatrümmerfraktur, knöchernem Ausriss der Syndesmose an der Tibia, einer Innenknöchelfraktur sowie einer Aussprengung eines Volkmannschen Dreiecks zuzog. Sie wurde deshalb zunächst stationär aufgenommen. Die Frakturen wurden operativ mit einer Platte und Schrauben versorgt. Sie verblieb bis zum 22.02.2012 stationär im Krankenhaus. Für einen Zeitraum von acht Wochen durfte sie das linke Bein nicht belasten und war vollständig ruhiggestellt. Während dieser acht Wochen musste sie wegen der Thrombosegefahr Heparin spritzen. Anschließend durfte sie für einen Zeitraum von vier Wochen eine Belastung von lediglich 30 % vornehmen.

Die Klägerin behauptet, sie sei am Morgen des 14.02.2012 gegen 10:28 Uhr vor dem Gebäude E.-straße Nr. QQ gestürzt. Sie sei vor dem Unfall in normalem Tempo ohne Eile auf dem Gehweg der Elisabethstraße mit geschnürten Winterstiefeln mit dicker Profilsohle gelaufen. Sie sei sich auch grundsätzlich der möglichen Glättegefahr gewahr gewesen. In Höhe des Hauses E.-straße Nr. QQ sei sie auf einer Eisfläche ausgerutscht. Es hätten sich auf dem Gehweg vor diesem Haus Eisflächen befunden, die durch festgetretenen Schnee bzw. Eis entstanden gewesen, was nicht entfernt worden sei.

Bei der nach drei Monaten einsetzenden Vollbelastung des verletzten Beines habe sie für eine Zeit von weiteren zwei Monaten starke Schmerzen gehabt. Danach  habe sich der Zustand Monat für Monat leicht gebessert. Bis Ende Oktober 2012 sei eine Lymphdrainagebehandlung erfolgt. Bis heute leide sie unter belastungsabhängigen Schmerzen. Deshalb nehme sie noch heute täglich das Medikament Novalgin. Der Wundbereich sei immer noch stark angeschwollen. Zwar könne sie ohne Gehhilfen gehen, nicht aber schneller laufen oder springen. Auch sei eine schmerzbedingte Einschränkung beim Gehen verblieben. Sie könne nicht mehr ohne fremde Hilfe vom Fußboden sitzend aufstehen. Schnelle und drehende Bewegungen verursachten Schmerzen. Das Treppensteigen falle ihr ebenfalls sehr schwer. Zur Konkretisierung der von ihr geltend gemachten Dauerfolgen bezieht sie sich auf das orthopädische/unfallchirurgische Gutachten des Dr. A. vom 10.01.2016, dass in dem Rechtsstreit 6 O 172/15  vor dem Landgericht Kiel eingeholt wurde. Wegen der Einzelheiten dieses Gutachtens wird auf Bl. 176 ff. d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet weiter, vor dem Unfallereignis habe sie wöchentlich 39,7 Stunden für die Haushaltsführung  des Zwei-Personen-Haushalts in der mit ihrem Ehemann, der wie sie Rentner ist, gemeinsam bewohnten 60 m²-Wohnung aufgewendet. Nach dem Unfall sei sie in den ersten sechs Wochen an jeder Haushaltsführungstätigkeit gehindert gewesen. Sodann sei sie weitere zwei Monate  zu 75 %, weitere drei Monate zu 50 % und schließlich weitere zwei Monate zu 30 % in der Haushaltsführungstätigkeit eingeschränkt gewesen. Insgesamt errechnen sich hiernach ein Haushaltsführung Schaden in Höhe von 6.079,95 € (Anlage K3, Bl. 14 d. A.). Ferner habe sie  die in der Anlage K4 (Bl. 15 d. A.) aufgelisteten Heilbehandlungskosten in Höhe von insgesamt 425,39 € verauslagt. Bei der Notversorgung nach dem Unfall sei es erforderlich gewesen, ihren linken Stiefel sowie die Jeans aufzuschneiden. Die Stiefel hätten 2 Jahre vor dem Unfall 160 € und die Jeans ebenfalls 2 Jahre vor dem Unfall 80 € gekostet. Hiervon mache sie einen Schaden in Höhe von 120 € gelten. Schließlich begehrt die Klägerin die Erstattung einer Kostenpauschale in Höhe von 25 € sowie Rechtsanwaltskosten aus einem Gesamtstreitwert in Höhe von 18.650,34 € bei einer 1,8-Geschäftsgebühr.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an Sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld von mindestens 11.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.02.2012 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagten ihr als Gesamtschuldner alle materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche aus dem Unfallereignis vom 14.02.2012 zu ersetzen haben, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind;

3. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie weitere 6.650,34 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.321,85  zu erstatten.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1. meint, es fehle am erforderlichen Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag.

Die Beklagte zu 1. behauptet, die Schnee- und Eisbeseitigung vor dem Gebäude E.-straße Nr. QQ sei so geregelt, dass der Beklagte zu 2., der immer als 1. aufstehe, die Schnee- und Eisbeseitigung vor 8:00 Uhr vornehme. Sofern sich nach 8:00 Uhr weiterer Bedarf zeige, räume und streue die Beklagte zu 1 auch selbst. Der Beklagte zu 2 habe sich hinsichtlich der morgendlichen Schnee- und Eisbeseitigung stets als zuverlässig erwiesen.

Am Morgen des 14.02.2012 habe der Beklagte zu 2. den Gehweg vor dem Gebäude E.-straße Nr. QQ geräumt und abgestreut. Als sie zusammen mit ihrem Ehemann das Gebäude verlassen habe, sei der Gehweg komplett frei gewesen. Nachdem sie ihren Ehemann zur Arbeit gefahren habe, sei sie zurückgekehrt. Gegen ca. 9:30 Uhr habe sie in Begleitung ihrer Tochter, der Zeugin M., das Gebäude erneut verlassen. Auch zu diesem Zeitpunkt sei der Gehweg sowohl geräumt als auch immer noch abgestreut gewesen.

Beide Beklagten behaupten, um kurz nach 10:00 Uhr habe am 14.02.2012 wegen der besonderen Wetterlage sogenanntes „Blitzeis“ eingesetzt. Die durchschnittliche Bodentemperatur in X. habe immer noch -3 °C betragen die Lufttemperatur habe hingegen leicht über dem Gefrierpunkt (+ 0,1 °C) betragen. Zudem habe es eine Niederschlagsmenge an diesem Tag von 1,2 l/qm gegeben. Infolgedessen sei der Niederschlag als Regen gefallen und auf dem Boden gefroren. Dies habe dazu geführt, dass buchstäblich das gesamte Stadtgebiet mit einem Eisschleier überzogen worden sei. Das sei für die Klägerin, unterstellt sie sei glättebedingt zu Fall gekommen, auch erkennbar gewesen. Die Beklagten meinen zudem, die Klägerin hätte in dieser Situation ihren Weg nicht fortsetzen dürfen.

Der Beklagte zu 2. behauptet ferner, er sei weder durch einen schriftlichen Vertrag zum Schneefegen und Räumen verpflichtet noch erhalte er ein Entgelt für diese Tätigkeit. Er übernehme diese Tätigkeit regelmäßig unter Zuhilfenahme frei zugänglich von den Hauseigentümern zur Verfügung gestellten Utensilien, weil er früh aus dem Haus müsse. Auch am 14.02.2012 habe er den Gehweg geräumt, obwohl es vorher nicht geschneit habe. Soweit gegebenenfalls noch im Bereich der Hauswand eine kleine Eisfläche von ca. 25 cm Durchmesser aufgrund einer Oberflächenunebenheiten verblieben gewesen sein möge, sei diese zumindest mit Granulat abgestreut gewesen. Zu einem späteren Zeitpunkt am Tag habe ihm ohnehin nicht die Räum- und Streupflicht oblegen.

Die Klage ist den Beklagten am 21.03.2015 zugestellt worden.

Das Gericht hat die Klägerin und beide Beklagte persönlich gemäß § 141 ZPO angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 03.12.2015 (Bl. 69 ff. d. A.), den Vermerk vom 08.12.2015 (Bl. 79 f. d. A.), den Beschluss vom 18.12.2015 (Bl. 86 f. d. A.) und das Protokoll vom 08.05.2017 (Bl. 276 ff. d. A.) Bezug genommen. Ferner ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen R., K., E. und M. sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2015, den Beweisbeschluss vom 07.01.2016 (Bl. 91 ff. d. A.) sowie das Sachverständigengutachten des deutschen Wetterdienstes vom 01.04.2016 (Bl. 122 ff. d. A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Glatteisunfall - Verletzung Verkehrssicherungspflicht
(Symbolfoto: Von Astrid Gast/Shutterstock.com)

I. Die Klage ist insgesamt zulässig. Insbesondere ist auch für den Feststellungsantrag das besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO gegeben. Angesichts der von der Klägerin glaubhaft geschilderten, auch nunmehr im Jahre 2017 noch bestehenden Beschwerden der Klägerin kommen zukünftige Schäden konkret prinzipiell weiterhin in Betracht.

II. Die Klage gegen die Beklagte zu 1.  ist teilweise begründet. Die Klage gegen den Beklagten zu 2. hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1. einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wie aus dem Tenor ersichtlich.

a. Die Beklagte zu 1. haftet der Klägerin wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten dem Grunde nach. Die Beklagte zu 1. ist als Eigentümerin des Mehrfamilienhauses E.-straße Nr. QQ für den davor befindlichen Gehweg verkehrssicherungspflichtig. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Beklagte zu 1. gegen diese Verkehrssicherungspflicht, zu der u. a. die Streupflicht zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr gemäß § 7 der Straßenreinigungssatzung der Stadt Kiel gehört, verstoßen hat. Der Zeuge R. hat unter Bezugnahme auf seinen polizeilichen Bericht bestätigt, dass die Klägerin am 14.02.2012 nach einem Sturz vor dem Haus der Beklagten zu 1. gelegen habe. Dabei sei es im gesamten Bereich der E.-straße, unter anderem auch vor diesem Haus, sehr glatt gewesen. Es sei auch so glatt gewesen, dass man den Streudienst der Stadt X. verständigt habe. Dies sei gegen 10:30 Uhr an diesem Tag der Fall gewesen. Auch der Zeuge E., der ebenfalls der E.-straße Nr. QQ wohnt und aus seiner im Erdgeschoss befindlichen Wohnung Schreie und Wehklagen wahrgenommen hatte, hat unter Zuhilfenahme einer von ihm angefertigten Skizze (Bl. 78 d. A.) bestätigt, dass die Klägerin, wenn man aus der Haustür rauskomme, rechts gestürzt sei an der Schnittstelle zwischen den Häusern QQ und QQ+2. Soweit die Zeugen E. und M. angegeben haben, nach ihrem Eindruck sei es nicht glatt oder vereist gewesen, steht dies der Feststellung, dass es glatt gewesen ist, nicht entgegen. Die Zeugen haben ausweislich des Protokolls ihre subjektive Einschätzung angegeben. Die Angaben des Zeugen R. sind vor dem Hintergrund, dass er sich veranlasst gesehen hat, den Streudienst der Stadt X. zu verständigen, weil er keinen Verantwortlichen angetroffen habe, nachvollziehbar und überzeugend. Zudem hatte er seine Beobachtungen auch in seinem Vermerk vom 14.02.2012 (Bl. 3 f. der Beiakte) entsprechend festgehalten.

Hingegen hat die Beklagte zu 1. nicht bewiesen, dass durch überraschend einsetzendes „Blitzeis“ eine unvorhergesehene Situation entstanden war, in der die Verkehrssicherungspflicht ausnahmsweise aufgehoben war. Der Zeuge R. konnte nicht mehr sagen, ob es Blitzeis gegeben habe. Auch wenn er beschrieben und in seinem Vermerk vom 14.02.2012 festgehalten hat, dass der Gehweg auf der gesamten Breite einer einzigen Eisfläche geglichen haben, konnte sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass eine solche besondere Situation eingetreten war. Der Kollege des Zeugen R, der Zeuge K., hat lediglich bestätigt, dass es in dem Bereich, wo die gestürzte Person gelegen habe, glatt gewesen sei und es auch für ihn und seinen Kollegen schwierig gewesen sei, sich dort auf dem Gehweg zu bewegen. Jedoch konnte er ebenfalls zum allgemeinen Zustand der Gehwege und Straßen nichts konkretes mehr sagen. Auch die Zeugen E. und M. haben keinen Zustand beschrieben, der mit Blitzeis in Verbindung gebracht werden könnte. Auch das Gutachten des Deutschen Wetterdienstes vom 01.04.2016 hat zu keinem anderen Ergebnis geführt. Zwar ist bestätigt worden, dass an der Wetterwarte X.-O. am 14.02.2012 einen Temperaturwert von -3 °C gemessen worden sei. Dies sei jedoch keine durchschnittliche Bodentemperatur, sondern der tiefste dort an diesem Tage gemessenen Wert der bodennahen Temperatur gewesen. Der Temperaturwert von +0,1 °C sei ebenfalls kein Durchschnittswert für diesen Tag gewesen, sondern die tiefste am 14.02.2012 in X.-O. gemessene Lufttemperatur. Die Niederschlagshöhe von 1,2 mm im 24-stündigen Messzeitraum in X.-O. zwischen 6:50 Uhr am 14.02.2012 und 6:50 Uhr am 15.02.2012 sei zwar verzeichnet. Jedoch sei mit hoher Wahrscheinlichkeit nur ein Bruchteil zwischen dem Beginn der Messungen um 6:50 Uhr am 14.02.2012 und dem Unfallzeitpunkt 10:28 Uhr gefallen. Der weit überwiegende Anteil der Niederschlagsmenge sei erst zwischen den frühen Abendstunden des 14.02.2012 und dem Ende der Meßperiode um 6:50 Uhr des 15.02.2012 aufgetreten. Hiernach lässt sich, auch wenn nach dem Gutachten die Möglichkeit witterungsbedingt bestanden hat, bereits der für das plötzliche Auftreten von Blitzeis am späten Morgen des 14.02.2012 erforderliche Niederschlag nicht ausreichend sicher zur Überzeugung des Gerichts feststellen. Vielmehr passen die vom Deutschen Wetterdienst genannten Niederschlagszeiten zu den vom Beklagten zu 2 als Anlage B2 (Bl. 41 d. A.) zur Akte gereichten Pressemeldungen: Danach kam es – erst  – am Mittwoch, dem 15.02.2012, in Niedersachsen, Hamburg und Teilen Schleswig-Holsteins zu überfrierender Nässe.

b. Das Gericht hält aufgrund der festgestellten unmittelbaren und langfristigen Unfallfolgen für die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.500 € für angemessen. Dabei hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass sich die Klägerin in dem 9tägigen stationären Krankenhausaufenthalt der Operation des mehrfachen Bruches unterziehen musste, dass sie anschließend sechs Wochen ihren Fuß überhaupt nicht belasten durfte und deshalb noch viel gelegen hat, dass sie anschließend etwa acht Wochen nur bis 30 kg belasten durfte und entsprechend weiterhin auf zwei Gehhilfen angewiesen war, dass sie sodann noch bis etwa August oder September 2012 mit einer Gehhilfe wieder ins Laufen kam, dass sie bis heute noch unter leichten Bewegungseinschränkungen, Muskelminderung, Schwellneigung und Schmerzen leidet, weshalb sie täglich Novalgin einnimmt und dass sie sich in der Hoffnung, aber letztlich ohne nachhaltigen Erfolg das Fremdmaterial aus dem Bereich der Knochenbrüche hat entfernen lassen. Die Angaben der Klägerin hierzu in ihrer persönlichen Anhörung sind glaubhaft. Die Klägerin hat im einzelnen dargestellt, wieweit sie eingeschränkt war und wie sie aber auch darum bemüht war, sich nach Möglichkeit zunächst durch Gemüseschneiden, weiter dann durch Wäschezusammenlegen und schließlich auch durch Staubsaugen mit einer Gehhilfe im Haushalt wieder nützlich zu machen. Insbesondere aufgrund dieser nachvollziehbaren Schilderung liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin aggravieren könnte. Auch aus dem im Verfahren 6 O 172/15 vor dem hiesigen Gericht eingeholten Gutachten von Dr. A., dem die Beklagten nicht weiter entgegengetreten sind, ist zu entnehmen, dass die von der Klägerin beschriebenen Beschwerden glaubhaft erscheinen und in den angefertigten Röntgenbildern hierzu passende Aufbraucherscheinungen am betroffenen linken Fuß im Sinne einer posttraumatischen Arthrose (Seite 8 des Gutachtens, Bl. 183 d. A.) festgestellt wurden, weshalb der Gutachter auch aufgrund der Funktionsstörung des oberen und unteren Sprunggelenks unter Berücksichtigung der Beschwerden der Klägerin zur Feststellung einer dauerhaften Invalidität „von 8/20 Fuß“ (Seite 10 des Gutachtens, Bl. 185 d. A.) gelangt ist. Erhebliches Mitverschulden der Klägerin war aufgrund der feststellbaren Umstände nicht, auch nicht anteilig, zu berücksichtigen. Soweit die Beklagten meinen, die Klägerin hätte etwa ein Taxi nehmen müssen oder anderes Wetter abwarten müssen, liegen insoweit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Wetterlage am Vormittag des 14.02.2012 derart gravierend war, dass die Klägerin zum Verzicht ihres Fußweges rechtlich verpflichtet gewesen wäre.

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c. Hinsichtlich der geltend gemachten materiellen Schäden hat die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz abstrakten Haushaltsführungsschadens in Höhe von 4.640 €, der verauslagten Heilbehandlungskosten in Höhe von 425,39 €, der Kostenpauschale in Höhe von 25,00 €, eines Schadens bezüglich der unfallbedingt beschädigten Kleidung in Höhe von 30 € und vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten als Rechtsverfolgungskosten nach einem Gesamtstreitwert von 13.620,39 € in Höhe von 1.150,49 € (RVG a. F., 1,8 Geschäftsgebühr zzgl. Auslagen in Höhe von 20,00 € sowie Umsatzsteuer).

Bei der Schätzung des Haushaltsführungsschadens gemäß § 287 ZPO (zu deren Zulässigkeit vgl. etwa BGH NJW 2009, 2060 f.) hat das Gericht berücksichtigt, dass die Klägerin nach ihren auch insoweit glaubhaften Angaben mit ihrem Ehemann in einer etwa 60 m² großen Wohnung wohnt, dass beide Eheleute nicht mehr berufstätig sind. Ferner war die Klägerin während der ersten neun Tage im Krankenhaus zu 100 % nicht haushaltsführungsfähig, allerdings ist bezüglich dieses Zeitraums der durch den Krankenhausaufenthalt geringere Aufwand zu berücksichtigen. Während der folgenden sechs Wochen, in denen sie noch viel gelegen hat, allerdings nach ihren Angaben in der persönlichen Anhörung durchaus schon wieder darum bemüht war, einfache Arbeiten im Sitzen wie Gemüseschneiden, hat das Gericht insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Eheleute üblicherweise die Wohnung täglich saugen, einmal wöchentlich groß und noch ca. 2 bis 3 Mal klein einkaufen gehen, Waschmaschine und Wäschetrockner sich im Gemeinschaftskeller befinden und daher von der Klägerin für die gesamte Dauer, bis sie ab ca. August/September 2012 wieder ohne Gehhilfen gehen konnte, nicht erreichbar waren, eine Einschränkung von 90 % angenommen. Für die folgenden weiteren acht Wochen, in denen die Klägerin noch nur bis 30 kg belasten durfte und weiterhin beide Gehhilfen nutzen musste, dabei aber andererseits auch immer mehr Tätigkeiten wieder übernahm wie etwa Wäsche zusammenzulegen und das Einräumen der Geschirrspülmaschine, die sie auch im Sitzen durchführen konnte, hat das Gericht eine Einschränkung von noch 60 % angenommen. Für restliche Zeit von weiteren acht Wochen, in denen die Klägerin mit einer Gehhilfe noch unterwegs war, aber etwa auch die Versorgung ihrer 98jährigen Mutter in deren Wohnung bereits im Wechsel mit ihrer Schwester teilweise wieder übernahm, hat das Gericht eine Einschränkung von noch 20 % angenommen. Bezüglich der bei der Klägerin anzusetzenden üblichen Wochenstunden für Haushaltstätigkeiten hat das Gericht, auch unter Berücksichtigung, dass den Eheleuten eine gewisse Umorganisation der bis dahin üblichen nach Angaben der Klägerin bis dahin eher traditionellen Aufgabenverteilung zugemutet wird, vor dem Hintergrund, dass die Wohnung ca. 60 m² hat, eine Geschirrspülmaschine sowie Waschmaschine und Trockner vorhanden sind, kein Garten zu versorgen ist, die Einkäufe durch einen Wocheneinkauf effektiv organisiert sind, altersbedingt von einem etwas höheren Zeitaufwand auszugehen ist (vgl. Pardey, Der Haushaltsführungsschaden, S. 110), sowie unter Berücksichtigung der Modellrechnungen von Pardey oder Schah Sedi (Praxishandbuch Haushaltsführungsschaden) einen Stundenaufwand (nach Umorganisation) von durchschnittlich 18 Stunden für die Klägerin für den eigenen Haushalt zuzüglich des für die Betreuung ihrer Mutter gesondert entstandenen Ausfalls von 25 Stunden pro Woche, von denen nur kurzfristig und nur ein Teil durch ihrer Schwestern übernommen werden konnten, angenommen. Das Gericht schätzt den Ausfall für die Zeit vom 14.02.2012 bis ca. Ende Mai für den eigenen Haushalt auf insgesamt ca. 240 Stunden (9 Tage = 1,5 Wochen x 18 h = 27 h, 6 Wochen x 18 h = 108 x 90 % = 97,2 h; 8 Wochen x 18 h = 144 h x 60 % = 86,4 h; 8 Wochen x 18 h = 144 h x 20 % = 28,8 h). Hinzuzurechnen waren die für die Versorgung ihrer Mutter anrechenbare Zeit, die das Gericht unter Berücksichtigung, dass bei einer Aufenthaltszeit von 09.00 Uhr bis 15.00 Uhr, die die Klägerin glaubhaft geschildert hat, auch Zeit des reinen Gesellschaftleistens von etwa 50 % zu berücksichtigen sind und ein Teil durch innerfamiliäre Umorganisation aufgefangen wurde, ein Ausfall von 16 Wochen mit je 14 Stunden, insgesamt 224 h, für die Zeit, in der die Klägerin zwei Gehhilfen benutzen musste. Hiernach ergeben 464 Stunden bei einem Stundensatz von 10 € einen geschätzten Haushaltsführungsschaden von 4.640 €.

Die geltend gemachten Heilbehandlungskosten in Höhe von 425,39 € sind durchweg plausibel und zudem nicht übermäßig, sodass das Gericht von deren Entstehung unter Berücksichtigung des glaubhaften Berichts der Klägerin vom Heilungsverlauf überzeugt ist. Die in der Anlage K4 aufgeführten Kostenpositionen für Zuzahlungen u. ä. korrespondieren zeitlich mit der unfallbedingten Zeit und den von der Klägerin beschriebenen von ihr betriebenen Maßnahmen und entsprechen zudem den üblichen, allgemein bekannten Aufwendungen.

Als Kostenpauschale erachtet das Gericht 25,00 € noch für angemessen.

Für die nach der glaubhaften Schilderung der Klägerin beschädigte Bekleidung schätzt das Gericht den Schaden angesichts deren Alters von zwei Jahren unter Berücksichtigung der Anschaffungskosten auf lediglich 30 €.

Bei einem hiernach gegebenen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 13.620,39 € ergibt sich ein vorgerichtlicher Gebührenanspruch von 1.150,49 € gemäß zur Zeit der Beauftragung geltendem RVG.

2. Gegen den Beklagten zu 2. hat die Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 2. zum Zeitpunkt des Unfalls zur Verkehrssicherung verpflichtet war bzw. eine solche Pflicht verletzt hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass der Beklagte zu 2. allenfalls bis 8:00 Uhr jeden Tag das Streuen und Räumen für die Beklagte zu 1. übernommen hatte. Dass er dieser Verpflichtung am 14.02.2012, unterstellt diese sei rechtsverbindlich übernommen worden, nicht nachgekommen ist, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Die Beklagte zu 2. hat in ihrer persönlichen Anhörung angegeben, dass der Weg geräumt gewesen sei, als sie kurz vor 8:00 Uhr das Haus verlassen habe. Die übrigen gehörten Zeugen, insbesondere der Zeuge R., vermochten hierzu keine Angaben zu machen.

III. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

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