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Unterhaltsrechtliche Leitlinien des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg

Stand  01.07.2005

Unterhaltsrechtliche Leitlinien vom 01.07.2003 bis 30.06.2005

Aus gegebenen Anlass weisen wir daraufhin, dass es sich vorliegend um keine Internet-Seite des OLG Hamburg handelt!


Die Familiensenate des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist.

Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Leitlinien ersetzt.


Unterhaltsrechtliches Einkommen

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.

Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuer- und sozialrechtlichen Einkommen.

1.         Geldeinnahmen

1.1       Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.

1.2       Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen  (z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.

1.3       Überstundenvergütungen werden dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten.

1.4       Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld) kann in der Regel 1/3 als Einkommen geschätzt werden.

1.5       Bei Selbständigen ist vom durchschnittlichen Gewinn während eines längeren Zeitraums von in der Regel mindestens drei aufeinander folgenden Jahren, möglichst den letzten drei Jahren, auszugehen. Anstatt auf den Gewinn kann ausnahmsweise auf die Entnahmen abzüglich der Einlagen abgestellt werden, wenn eine zuverlässige Gewinnermittlung nicht möglich oder der Betriebsinhaber unterhaltsrechtlich zur Verwertung seines Vermögens verpflichtet ist. Lineare Abschreibungen werden in der Regel anerkannt.

1.6       Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist der Überschuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten. Für Gebäude ist keine AfA anzusetzen.

1.7       Steuerzahlungen oder Erstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr der tatsächlichen Leistung zu berücksichtigen.

1.8       Sonstige Einnahmen, z.B. Einkünfte aus sog. „1 €-Jobs“, Taschengeldanspruch und Trinkgelder.

 

2.         Sozialleistungen

2.1       Arbeitslosengeld und Krankengeld.

2.2       Arbeitslosengeld II (§§ 19-32 SGB II) beim Verpflichteten. Beim Berechtigten sind Leistungen nach dem SGB II kein Einkommen (Ausnahme: befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § § 24 SGB II), es sei denn, der Anspruch kann nach § 33 II 1 SGB II nicht übergeleitet werden bzw. die Nichtberücksichtigung der Leistungen ist in Ausnahmefällen treuwidrig (vgl. BGH FamRZ 1999, 843, 2001, 619).

2.3       Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.

2.4       BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG.

2.5       Erziehungsgeld nur in den Ausnahmefällen des § 9 S.2 BErzGG.

2.6       Unfallrenten.

2.7       Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Versorgungsrenten, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen; § 1610 a BGB ist zu beachten.

2.8       Der Anteil des Pflegegelds bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 VI SGB XI.

2.9       In der Regel Leistungen nach §§ 41 –  43 SGB XII (Grundsicherung) beim Verwandtenunterhalt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt.

2.10/11 Kein Einkommen sind Sozialhilfe und Leistungen nach dem UVG. Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen treuwidrig sein (BGH FamRZ 1999, 843 bzw. 2001, 619).

 

Kindergeld und Kinderzuschlag

Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet (vgl. Nr. 14).

 

Geldwerte Zuwendungen

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

 

Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berück­sichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt.

Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann statt dessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.

 

Haushaltsführung

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so kann hierfür ein Einkommen anzusetzen sein.

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Bil­ligkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben (§ 1577 Abs.2 BGB).

Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kosten­loses Wohnen) sind als Einkommen nur zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

 

Erwerbsobliegenheit und  fiktives Einkommen

9.1       Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein.

9.1.1    Bei Arbeitslosigkeit sind über eine Meldung beim Arbeitsamt oder telefonische Nachfragen hinausgehende eigenständige Erwerbsbemühungen im Einzelnen darzulegen und zu belegen.

9.1.2    Der Hinweis auf die Arbeitsmarktlage macht den Nachweis von Bemühungen nur im Ausnahmefall entbehrlich.

9.2       Bei unzureichenden Bemühungen um einen Arbeitsplatz können fiktive Einkünfte nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Beruf, Alter und des zuletzt erzielten Verdienstes zugrunde gelegt werden.

9.3.      Neben dem Bezug von Leistungen der Arbeitsverwaltung kann die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung (§ 141 SGB III) in Betracht kommen.

9.4.      Dem wiederverheirateten Elternteil obliegt es ungeachtet seiner Pflichten aus der neuen Ehe durch Aufnahme einer Teilzeitarbeit zum Unterhalt der Kinder aus einer früheren Ehe beizutragen.

 

10.       Bereinigung des Einkommens

10.1     Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder tatsächlich aufgewendete angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).

Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Eintragung eines Freibetrags bei Fahrtkosten, für unstreitigen oder titulierten Unterhalt).

10.2     Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Nettoeinkommen aus unselbständiger Arbeit abzuziehen.

10.2.1  Eine Pauschale wird in der Regel nicht gewährt, sondern die berufsbedingten Aufwendungen sind im Einzelnen darzulegen.

10.2.2 Für die Kosten der notwendigen berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs kann der nach den Sätzen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG anzuwendende Betrag (derzeit 0,30 €) pro gefahrenen Kilometer angesetzt werden. Damit sind i.d.R. Anschaffungskosten erfasst. Bei langen Fahrtstrecken kann nach unten abgewichen werden (regelmäßig 0,20 €).

10.2.3 Bei einem Auszubildenden ist  ausbildungsbedingter Aufwand konkret darzulegen.

10.3      Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte   infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Außerdem kann ein Kinderbetreuungsbonus angesetzt werden.

10.4     Schulden (Zins und Tilgung) sind bei tatsächlicher Zahlung im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes mit angemessenen Raten zu berücksichtigen.

Bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt sind grundsätzlich nur eheprägende Verbindlichkeiten abzusetzen.

Beim Verwandtenunterhalt sowie bei Leistungsfähigkeit/Bedürftigkeit für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind Interessen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mit zu berücksichtigen.

10.5     Unterhaltsleistungen an vorrangig Berechtigte sind vorweg abzuziehen.

10.6     Die vermögenswirksame Leistung des Arbeitgebers und die Arbeitnehmersparzulage gehören nicht zum Einkommen. Der vermögenswirksam gesparte Betrag mindert nicht das anrechenbare Einkommen.

 

Kindesunterhalt

11.       Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anlage 1). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Vomhundertsatz des Regelbetrags geltend gemacht werden.

11.1     Die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist. Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden Versicherungskosten zu bereinigen.

11.2     Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind i.d.R. Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere oder höhere Einkommensgruppen vorzunehmen.

In jedem Fall wird – gegebenenfalls auch unter Heranziehung der Bedarfskontrollbeträge – darauf zu achten sein, dass der Kindesunterhalt in einem angemessenen Verhältnis zu dem Betrag steht, der dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Bedarf zu verbleiben hat.

12.       Minderjährige Kinder

12.1     Der Betreuungsunterhalt i.S. des § 1606 III 2 BGB entspricht wertmäßig in der Regel dem vollen Barunterhalt.

12.2     Eigenes Einkommen des Kindes  ist auf den Barbedarf zur Hälfte anzurechnen.

12.3     Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barunterhalt zu leisten (Ausnahmen : Zum Beispiel bei § 1603 Abs.2 S.3 BGB).

Sind beide Eltern zur Zahlung von Barunterhalt verpflichtet, zum Beispiel bei auswärtiger Unterbringung, haften sie anteilig nach § 1606 III 1 BGB für den Gesamtbedarf (vgl. Nr. 13.3). Der Verteilungsschlüssel kann unter Berücksichtigung des Betreuungsaufwandes wertend verändert werden.

12.4      Bei Zusatzbedarf (Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 III 1 BGB.

 

13.       Volljährige Kinder

13.1     Bedarf

Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der Eltern/eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.

13.1.1 Für volljährige, unverheiratete Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, gilt die Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle (Abweichung von den früheren unterhaltsrechtlichen Grundsätzen der Familiensenate des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg).

Sind beide Elternteile leistungsfähig, ist der Bedarf des Kindes i.d.R. nach dem zusammengerechneten Einkommen (ohne Anwendung von Nr. 11.2) zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt Nr. 13.3. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt.

13.1.2 Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel monatlich 640 € (darin sind enthalten Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 270 €), ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie ohne Studiengebühren und vergleichbare Aufwendungen.

Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.

13.2     Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 II BGB entsprechend.

13.3     Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 III 1 BGB das bereinigte Nettoeinkommen jedes Elternteils gem. Nr. 10 zu ermitteln. Außerdem ist vom Restbetrag ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts (1100 €) abzuziehen.

Der Haftungsanteil nach § 1606 III 1 BGB errechnet sich nach der Formel:

Bereinigtes Nettoeinkommen eines Elternteils (N1 oder N2) abzüglich 1100 € mal (Rest-)Bedarf (R), geteilt durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern (N1 + N2) abzüglich 20200 (=1100 + 1100) €.

Haftungsanteil 1 = (N1 – 1100) x R : (N1 + N2 – 2200).

Der so ermittelte Haftungsanteil ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen und kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. behindertes Kind) wertend verändert werden.

Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 II 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt (770 €/890 €) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.

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14.       Verrechnung des Kindergeldes

Es wird nach § 1612 b BGB ausgeglichen.

Zur Verrechnung bei Minderjährigen nach § 1612 b V BGB siehe Verrechnungstabelle Anhang 2.

 

Ehegattenunterhalt

15.       Unterhaltsbedarf

15.1     Bei der Bedarfsbemessung darf nur eheprägendes Einkommen berücksichtigt werden. Bei Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung gilt das (Mehr-)Einkommen als prägendes Surrogat für die Haushaltsführung (BGH FamRZ 2001, 986).

15.2     Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 6/7 zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/7 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen).

Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind und hat dies die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, so wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um diesen Unterhalt (Tabellenbetrag) ohne Berücksichtigung des Kindergeldes bereinigt. Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 10.3 (BGH FamRZ 2001, 350).

15.3     Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.

15.4     Werden Altervorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese vom dem Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen. Altersvorsorgeunterhalt wird nur geschuldet, soweit der Elementarunterhalt gedeckt ist. Der Vorwegabzug unterbleibt, soweit nicht verteilte Mittel zur Verfügung stehen, z.B. durch Anrechnung nicht prägenden Einkommens des Berechtigten auf seinen Bedarf.

15.5      Trennungsbedingter Mehrbedarf kann – ggf. im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO- hinzugerechnet werden, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen konkret dargelegt werden.

 

16.       Bedürftigkeit

Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus von 1/7 zu vermindern ist.

 

17.       Erwerbsobliegenheit

17.1     Bei Betreuung eines Kindes besteht in der Regel eine Erwerbsobliegenheit des berechtigt betreuenden Ehegatten erst, wenn das jüngste Kind in die dritte Grundschulklasse kommt. Ab Beginn der dritten Grundschulklasse bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres des jüngsten Kindes besteht in der Regel eine Obliegenheit zur teilweisen, danach zur vollen Erwerbstätigkeit. Davon kann abgewichen werden, vor allem bei mehreren Kindern oder  bei zumutbarer  Fortsetzung einer bereits vor Trennung  ausgeübten Tätigkeit.

17.2.    In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

 

Weitere Unterhaltsansprüche

18.       Ansprüche nach § 1615 l BGB

Der Bedarf nach § 1615 l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 770 €, bei Erwerbstätigkeit mindestens 890 €.

 

19.       Elternunterhalt

Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen zur Grundsicherung nach §§ 41 ff SGB XII zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9).

 

20.       Lebenspartnerschaft

Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG.

 

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21.       Selbstbehalt des Verpflichteten

21.1     Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 II BGB), dem angemessenen (§ 1603 I BGB), dem eheangemessenen (§§ 1361 I, 1578 I BGB) sowie dem billigen Selbstbehalt (§ 1581 BGB).

21.2      Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603 II 2 BGB gleichgestellten Kindern („privilegierte Volljährige“) gilt im Allgemeinen der notwendige Selbstbehalt als unterste  Grenze für die Inanspruchnahme.

Er beträgt

– beim dauerhaft Nichterwerbstätigen 770 €

– beim Erwerbstätigen 890 €.

Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 360 € enthalten.

 

21.3     Im Übrigen gilt beim Verwandtenunterhalt der angemessene Selbstbehalt.

21.3.1 Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern und Enkeln 1100 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 450 € enthalten.

21.3.2. Gegenüber Anspruchsberechtigten nach § 1615 l BGB beträgt er in der Regel 995  € für den Erwerbstätigen und 935 € für den Nichterwerbstätigen.

21.3.3. Gegenüber Eltern beträgt er mindestens 1400 €, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt. Im Selbstbehalt sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 450 € enthalten.

 

21.4     Gegenüber Ehegatten gilt grundsätzlich der eheangemessene Selbstbehalt. Er entspricht dem angemessenen Unterhaltsbedarf des Berechtigten  zuzüglich des Erwerbstätigenbonus des Unterhaltspflichtigen, darf aber den notwendigen Selbstbehalt nicht unterschreiten. Übersteigt der eheangemessene Selbstbehalt den notwendigen Selbstbehalt und reicht das verfügbare Einkommen zur Deckung der Unterhaltslasten und des eheangemessenen Selbstbehalts nicht aus, braucht der Geschiedene Unterhalt nur nach Billigkeit zu leisten (§ 1581 BGB, regelmäßig 935 € bei Nichterwerbstätigkeit und 995 € bei Erwerbstätigkeit). Eine Begrenzung auf den notwendigen Selbstbehalt kommt insbesondere bei Betreuung gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder in Betracht.

21.5     Der Selbstbehalt kann im Einzelfall angemessen abgesenkt oder erhöht werden.

 

22.       Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1     Ist bei Unterhaltsansprüchen minderjähriger und diesen nach § 1603 II 2 BGB gleichgestellter Kinder der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 560 €, und wenn dieser erwerbstätig ist, 650 € angesetzt.

22.2     Ist bei Unterhaltsansprüchen von volljährigen Kindern, Enkeln oder nach § 1615 l I, II BGB der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 800 € angesetzt.

22.3     Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 1050 € angesetzt. Im gemeinsamen Bedarf des Ehepaares von 2450 € (1400 + 1050 €) sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 800 € enthalten.

 

23.       Mangelfall

23.1     Ein absoluter Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht ausreicht. Zur Feststellung des Mangelfalls entspricht  der einzusetzende Bedarf für  minderjährige und diesen nach § 1603 II 2 BGB gleichgestellten Kindern dem Tabellenbetrag, für den getrennt lebenden/geschiedenen Ehegatten seinem (Rest-)bedarf. Die Mangelfallberechnung kann unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung des Zahlbetrags nach Kindergeldverrechnung der notwendige Selbstbehalt gewahrt  bleibt  .

Der Vorwegabzug des Kindesunterhalts beim getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten kann unterbleiben, soweit sich daraus ein Missverhältnis zum wechselseitigen Bedarf der Beteiligten ergibt. Dieses Missverhältnis ist zu bejahen, wenn beim Ehegatten ein Bedarf bei Nichterwerbstätigen von 560 €, bei Erwerbstätigen von 650 € unterschritten ist.

23.2     Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich

23.2.1  bei minderjährigen und diesen nach § 1603 III 2 BGB gleichgestellten Kindern nach der jeweiligen Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle; wenn ein unterhaltsberechtigter Ehegatte beteiligt ist, nach Gruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle,

bei getrennt lebenden/geschiedenen Ehegatten bei Nichterwerbstätigen auf 770 €, bei Erwerbstätigen auf 890 €,

bei mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten auf die Beträge gemäß Nr. 22.1( 560 €/650 € ).

Anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten ist vom  Einsatzbetrag abzuziehen.

 

23.3     Die nach Abzug des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer Unterhaltsansprüche zu verteilen.

Die prozentuale Kürzung berechnet sich nach der Formel:

K = V : S x 100

K = prozentuale Kürzung

S = Summe der Einsatzbeträge aller Berechtigten

V = Verteilungsmasse (Einkommen des Verpflichteten abzüglich Selbstbehalt)

 

Der proportional gekürzte Unterhalt ergibt sich aus der Multiplikation mit dem Einsatzbetrag. Ist für minderjährige Kinder eine Unterhaltsfestsetzung nach § 1612a Abs.1 BGB als Vomhundertsatz beantragt, so ist K mit 1,35 zu multiplizieren.

 

Für die Kindergeldverrechnung gilt § 1612 b BGB.

 

23.5     Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gewonnene Ergebnis ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen, gegebenenfalls durch unterschiedliche Bemessung des Selbstbehalts gegenüber Kindern und Ehegatten.

 

Sonstiges

24.       Rundung

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro aufzurunden.

 

25.       Ost – West – Fälle

Bei sog. Ost – West – Fällen richtet sich der Bedarf des Kindes nach der an seinem Wohnsitz geltenden Unterhaltstabelle, der Selbstbehalt des Pflichtigen nach den an dessen Wohnsitz geltenden Selbstbehaltsätzen.


Anhang

I.  Düsseldorfer Tabelle  Stand 01. Juli 2005

Düsseldorfer Tabelle
 Nettoeinkommen

Euro

Altersstufen in Jahren (§ 1612 a Abs. 3 BGB) Vomhundert-satz Bedarfskontrollbetrag
0-5 6-11 12-17 ab 18
1. bis 1300 204 247 291 335 100 770/890
2. 1300 – 1500 219 265 312 359 107 950
3. 1500 – 1700 233 282 332 382 114 1000
4. 1700 – 1900 247 299 353 406 121 1050
5. 1900 – 2100 262 317 373 429 128 1100
6. 2100 – 2300 276 334 393 453 135 1150
7. 2300 – 2500 290 351 414 476 142 1200
8. 2500 – 2800 306 371 437 503 150 1250
9. 2800 – 3200 327 396 466 536 160 1350
10. 3200 – 3600 347 420 495 570 170 1450
11. 3600 – 4000 368 445 524 603 180 1550
12. 4000 – 4400 388 470 553 637 190 1650
13. 4400 – 4800 408 494 582 670 200 1750
über 4800 nach den Umständen des Falles

II.

II.                              1.  Kindergeldverrechnungstabelle  Stand 01. Juli 2005

Einkommensgruppe 0–5 Jahre 6–11 Jahre 12–17 Jahre
1 = 100 % 204 – 5 = 199 247 – 0 = 247 291 – 0 = 291
2 = 107 % 219 – 20 = 199 265 – 8 = 257 312 – 0 = 312
3 = 114 % 233 – 34 = 199 282 – 25 = 257 332 – 16 = 316
4 = 121 % 247 – 48 = 199 299 – 42 = 257 353 – 37 = 316
5 = 128 % 262 – 63 = 199 317 – 60 = 257 373 – 57 = 316
6 = 135 % 276 – 77 = 199 334 – 77 = 257 393 – 77 = 316

über 4800 nach den Umständen des Falles

 

2. Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 4. und jedes weitere Kind von je 89,50 Euro:

Einkommensgruppe 0– 5 Jahre 6–11 Jahre 12–17 Jahre
1 = 100 % 204 – 17,50 = 186,50 247 – 2,50 = 244,50 291 – 0 = 291,00
2 = 107 % 219 – 32,50 = 186,50 265 – 20,50 = 244,50 312 – 8,50 = 303,50
3 = 114 % 233 – 46,50 = 186,50 282 – 37,50 = 244,50 332 – 28,50 = 303,50
4 = 121 % 247 – 60,50 = 186,50 299 – 54,50 = 244,50 353 – 49,50 = 303,50
5 = 128 % 262 – 75,50 = 186,50 317 – 72,50 = 244,50 373 – 69,50 = 303,50
6 = 135 % 276 – 89,50 = 186,50 334 – 89,50 = 244,50 393 – 89,50 = 303,50

3. Selbstbehaltssätze

bei mangelnder

Erwerbstätigkeit

bei Erwerbstätigkeit
1. notwendiger Selbstbehalt gegenüber unverheirateten minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern sowie getrenntlebenden Ehegatten 770 890
2. angemessener Selbstbehalt: gegenüber sonstigenvolljährigen Kindern und Enkelngegenüber Mutter/Vater eines nichtehelichen Kindes i.d.R. 1100

1000

1100

1000

3. Selbstbehalt gegenüber geschiedenen Ehegatten vgl. Leitlinien Ziff. 21.4. vgl. Leitlinien Ziff. 21.4.
4. Selbstbehalt gegenüber Eltern mindestens 1400

vgl. im Übrigen Leitlinien

Ziff. 21.3.3.

mindestens 1400

vgl. im Übrigen Leitlinien

Ziff. 21.3.3.

5. Selbstbehalt für mit dem Unterhaltsverpflichteten zusammenlebenden neuen Ehegatten vgl. Leitlinien Ziff. 22. vgl. Leitlinien Ziff. 22.

 

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