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Verkehrsunfall – Bemessung Schmerzensgeld

OLG Düsseldorf – Az.: I-1 U 57/17 – Urteil vom 15.03.2018

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 22.03.2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2015 zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin rückständige Haushaltshilfeschäden in Höhe von 887,27 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.02.2014 sowie weiteren materiellen Schadensersatz in Höhe von 3.110,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 310,00 Euro seit dem 06.02.2014, aus 500,00 Euro seit dem 07.03.2014 sowie aus 2.300,00 Euro seit dem 21.01.2015 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die durch das Unfallschadensereignis vom 07.07.2013 – Unfallort A. – künftig entstehen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Klägerin von allen Ansprüchen der Finanzbehörden im Zusammenhang mit auf ihren unfallbedingten Haushaltsführungsschaden erbrachten Zahlungen freizustellen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der Rechtsanwaltskosten ihres Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt B., in Höhe von 2.994,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2015 abzüglich am 22.03.2016 gezahlter 1.307,81 Euro freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die erstinstanzlichen Kosten haben die Klägerin zu 61 Prozent und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 39 Prozent zu tragen.

Die Kosten der Berufungsinstanz haben die Klägerin zu 76 Prozent und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 24 Prozent zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 07.07.2013 ereignete, von den Beklagten – soweit dies noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist – Schmerzensgeld, Ersatz eines Haushaltsführungsschadens und die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz von zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden.

Zum Unfall kam es, als der Beklagte zu 1) mit seinem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw von der untergeordneten Straße C. auf die bevorrechtigte Bundesstraße … fuhr. Hierbei achtete er nicht auf die sich auf ihrem Motorrad nähernde Klägerin, die durch den Zusammenstoß erheblich verletzt wurde. Die Einstandspflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig.

Die zum Unfallzeitpunkt 36 Jahre alte Klägerin erlitt eine Rippenprellung, einen Trümmerbruch der rechten Speiche mit Absprengung mehrere Knochenfragmente unter Beteiligung des Gelenks, einen Abriss des Knochenfortsatzes der unteren Elle, eine nicht verschobene vordere Beckenringfraktur mit Bruch des Schambeinastes unter Beteiligung der Beckenpfanne sowie eine Fissur des Kreuzbeins.

Sie wurde nach dem Unfall vom Rettungsdienst in sediertem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert, wo noch am gleichen Tag eine operative Versorgung des rechten Arms mit einem Fixateur externe erfolgte. Im Rahmen einer weiteren Operation erfolgte zusätzlich die Versorgung mit einer Plattenosteosynthese. Die Beckenringfraktur wurde konservativ behandelt. Die Klägerin verblieb bis zum 28.07.2013 im Krankenhaus und wurde von dort mit einem Krankenwagen zu ihren Eltern gebracht, die sie im Anschluss pflegten. Die Klägerin hielt Bettruhe und durfte ihre Beine für die Dauer von 12 Wochen nicht belasten. Eine Fortbewegung war nur im Rollstuhl oder unter Benutzung eines Gehwagens möglich, da sie nur Sohlenkontakt herstellen durfte. Von ihren Eltern aus begab sich die Klägerin vom 10.10. bis zum 20.11.2013 in eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme und kehrte von dort aus in ihren eigenen Haushalt zurück.

Die Klägerin war verheiratet und lebte zum Unfallzeitpunkt mit ihrem Ehemann und ihrem damals 9-jährigen Sohn in einem Einfamilienhaus. Nach der Trennung von ihrem Ehemann zog sie am 1. Mai 2015 zusammen mit ihrem Sohn in eine eigene Wohnung. Zwischenzeitlich lebt sie zusammen mit ihrem Sohn bei ihrem Lebensgefährten in der D.

Infolge des Unfalls kam war es bei der Klägerin zu einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion. Ihr gelang es durch eine von der Beklagten zu 2) veranlasste psychotherapeutische Behandlung, ihre starken Ängste und Paniksymptome beim Autofahren abzubauen. Ihr psychosoziales Funktionsniveau wurde deutlich verbessert. Die Behandlung war im März 2015 abgeschlossen. Eine Anschlussbehandlung ist bis auf weiteres nicht notwendig.

Eine Wiedereingliederung in ihren Beruf als Optikerin erfolgt ab Mitte Februar 2014, doch kann die Klägerin diese Tätigkeit nur noch eingeschränkt ausüben, da die rechte Hand der Klägerin nicht mehr so beweglich ist wie vor dem Unfall und die Ausübung des Berufs ein hohes Maß an manueller Feinmotorik erfordert.

Zwar versucht die Klägerin die Einschränkungen mit dem Ellbogen und der Schulter wie auch der linken Hand auszugleichen, doch gelingt ihr dies nur eingeschränkt, da sie Rechtshänderin ist.

Eine Arbeit in der Werkstatt ist nicht mehr möglich, da die verbliebene Feinmotorik der linken Hand hierfür nicht ausreicht. Auch das Bedienen einer Computertastatur ist nur mit Erschwernissen möglich, da die Klägerin verhindern muss, dass die rechte Hand nach handrückenwärts angewinkelt werden muss. Durch diese Einschränkungen musste sie ihre Tätigkeit als Werkstatt- und Büroleiterin aufgeben und arbeitet nunmehr im Verkauf ohne Führungsverantwortung.

Der Klägerin gelingt es nicht, schwere Gegenstände mit der rechten Hand zu heben und umzudrehen, was etwa beim Einräumen von Wäschestapeln in den Kleiderschrank Probleme bereitet. Schwierigkeiten hat sie ferner beim Bügeln, Staubsaugen, Wegräumen von Geschirr etc. Die Verrichtung von Haushaltsarbeiten mit der rechten Hand verursacht ihr Schmerzen. Die Klägerin ist dazu übergegangen, vermehrt die linke Hand einzusetzen. Eine posttraumatische Arthrose des rechten Handgelenks ist eingetreten, droht jedenfalls für die Zukunft.

Auch der Beckenbruch verursacht ihr nach wie vor Schmerzen, insbesondere bei Wetterumschwüngen und längerem Fahrradfahren; ein längeres Treppensteigen ist ihr nicht, insbesondere nicht mit Lasten möglich.

Vormals ausgeführte sportliche Aktivitäten wie Badmintonspielen oder Bowling sind ihr aufgrund der unfallbedingten Dauerfolgen nicht mehr möglich.

Ausweislich des Gutachtens der BGU E. vom 02.06.2014 ist bei der Klägerin von einer verbliebenen Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 Prozent auszugehen. Mit Bescheid des Kreises F. vom 11.07.2014 wurde bei der Klägerin ein Grad der Behinderung in Höhe von 20 festgestellt.

Neben Zahlungen auf den materiellen Schaden leistete die Beklagte zu 2) an die Klägerin 25.000 Euro auf den Schmerzensgeldanspruch und 5.100 Euro auf den Haushaltsführungsschaden.

Verkehrsunfall - Bemessung Schmerzensgeld
(Symbolfoto: Von RossHelen/Shutterstock.com)

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die von ihr unfallbedingt erlittenen Verletzungen und Folgeschäden rechtfertigten ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 65.000 Euro, auf das sie abzüglich der geleisteten Zahlung angetragen hat.

Sie hat behauptet, sie könne ihr Hobby, das Häkeln, nicht mehr ausüben. Auch sei es ihr nur noch sehr schwer möglich, Ski zu fahren. Zudem bereiteten ihr längere Autofahrten Schmerzen in der Hand, aufgrund derer sie Pausen einlegen müsse.

Darüber hinaus hat sie einen Anspruch auf Ersatz weiterer Haushaltshilfekosten geltend gemacht und hierzu vorgetragen, sie sei im Zeitraum vom 08.07.2013 bis zum 31.01.2014 unfallbedingt nicht in der Lage gewesen, irgendwelche Tätigkeiten im Haushalt durchzuführen. Seit dem 01.02.2014 sei sie noch zu 20 Prozent in der Haushaltsführung eingeschränkt; insoweit beruft sie sich auf die diesbezügliche Feststellung auf S. 11 des BGU-Gutachtens vom 02.06.2014. Diese Einschränkung bestände bis heute und werde sich mit Blick auf die unfallbedingt verbliebenen Dauerschäden auch zukünftig nicht ändern. Mit der rechten Hand könne sie eine Vielzahl von Haushaltstätigkeiten sowie bestimmte Tätigkeiten im Rahmen der Körperhygiene nicht ausüben. Wegen der Einzelheiten der diesbezüglichen Schadensberechnung der Klägerin wird auf Seite 19 bis 23 der Klageschrift vom 14.12.2015 Bezug genommen.

Die Beklagten sin der Klage entgegen getreten und haben die Auffassung vertreten, die körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin seien mit dem geleisteten Schmerzensgeldbetrag ausreichend abgegolten. Eine dauerhafte Einschränkung der Haushaltsführung könne nach dem Vortrag der Klägerin und den vorgelegten Unterlagen nicht angenommen werden. Insbesondere könne nicht ohne weiteres der im Gutachten der BG-Klinik vom 02.06.2014 angenommene MdE-Wert von 10 Prozent übernommen werden; eine Minderung der Erwerbsfähigkeit könne nicht mit einer Minderung der Fähigkeit zur Haushaltsführung gleichgesetzt werden. Jedenfalls scheide ein Haushaltsführungsschaden bei derart geringen Prozentsätzen aus, da die hieraus resultierenden Einschränkungen regelmäßig durch gewisse Umorganisationen in der Haushaltsführung kompensiert werden könnten.

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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klägerin über die bereits gezahlten Beträge hinaus ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro, materiellen Schadenersatz in Höhe von 3.110 Euro und den Ersatz eines weiteren Haushaltsführungsschaden in Höhe von 887,27 Euro zuerkannt, die Verpflichtung der Beklagten zum Ausgleich aller weiteren materiellen und unvorhersehbaren immateriellen Schäden festgestellt und die Beklagten zur Freistellung von Steuerforderung auf den unfallbedingten Haushaltsführungsschaden wie auch von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.307,81 Euro verpflichtet. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es – soweit dies noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist – ausgeführt, zum Ausgleich der unfallbedingten Verletzungen und der hieraus für die private wie auch berufliche Lebensführung resultierenden Beeinträchtigungen sei einschließlich der nicht als gesonderte Schadensposition berücksichtigungsfähige, geringfügige Beeinträchtigung und Erschwernis der Haushaltsführung ein Schmerzensgeld von insgesamt 28.000 Euro angemessen, auf das bereits 25.000 Euro gezahlt seien. Dieser Betrag füge sich bruchlos sowohl in die von der erkennenden Kammer, die als Spezialkammer für Arzthaftungssachen regelmäßig mit der Bemessung immaterieller Schadenersatzansprüche befasst sei, üblicherweise zuerkannten Schmerzensgeldbeträge wie auch in die aus den einschlägigen Schmerzensgeldtabellen ersichtlichen Entscheidungen anderer Gerichte ein.

Soweit die Klägerin sich auf Entscheidungen des Landgerichts Dortmund sowie des Oberlandesgerichts Düsseldorf abstelle, könne sie hieraus nach Auffassung der Kammer nichts für sich herleiten.

Der vom Landgericht Dortmund im Urteil vom 01.08.2011 (21 O 150/09) zuerkannte Betrag sei, da die Entscheidung nicht im Volltext vorliege, jedenfalls im Hinblick auf die in der Kurzbeschreibung der Schmerzensgeldtabelle von Hacks/Wellner/Häcker (34. Auflage 2016, lfd. Nr. 34.140) aufgeführten Verletzungsfolgen deutlich übersetzt, zumal zu den Umständen der deliktischen Verursachung der Verletzung nichts bekannt sei.

Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13.12.2004 (I – 1 U 63/04) fehle es demgegenüber an einer Vergleichbarkeit mit der hiesigen Konstellation: Ausweislich der vorzitierten Schmerzensgeldtabelle (ldf. Nummer 34.2980) hätten zusätzlich zum Beckenbruch ein Trümmerbruch des linken Arms, ein Bruch im Sprunggelenk des rechten Fußes, Brüche sämtlicher Rippen auf der linken Körperseite sowie Einblutungen in der Stirn und im Hinterkopf zwischen den beiden Hirnhälften vorgelegen; der dortige Kläger habe sich drei Monate lang in stationärer Krankenhausbehandlung befunden, vier Wochen davon im künstlichen Koma; ihm habe die Milz entfernt werden müssen.

Die Klägerin habe für den Zeitraum bis zum 31.12.2014 einen Anspruch auf Zahlung eines (restlichen) Haushaltsführungsschadens in Höhe von 887,27 Euro.

Ab dem Jahr 2015 könne die Klägerin hingegen keinen Anspruch auf Erstattung eines Haushaltsführungsschadens geltend machen, denn die festgestellte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 Prozent sei nicht ohne weiteres mit einer Minderung der Fähigkeit zur Haushaltsführung gleichzusetzen; letztere sei in der Regel niedriger anzusiedeln. Überdies könne bei einer Minderung der Fähigkeit zur Haushaltsführung von 20 Prozent oder weniger von einer Kompensationsmöglichkeit ausgegangen werden.

Die von der Klägerin geschilderten – sowohl streitigen als auch unstreitigen – Beeinträchtigungen bei der Haushaltsführung, die nicht bagatellisiert werden sollten, stellten spürbare Belastungen der Klägerin im Alltag dar, die bei der Bemessung des Schmerzensgeldes Berücksichtigung finden müssten und Berücksichtigung gefunden hätten. Sie erreichten jedoch kein Ausmaß, dass die Begründung eines Haushaltsführungsschadens rechtfertigen würde. Die Klägerin mache zwar geltend, eine Vielzahl von im Haushalt anfallenden Tätigkeiten mit der rechten Hand nicht ausüben zu können; aus welchem Grund ihr die Vornahme dieser Arbeiten aber auch unter Zuhilfenahme ihrer – zunehmend geübten – linken Hand nicht möglich sein solle, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass die Klägerin spätestens eineinhalb Jahre nach dem Unfall in der Lage gewesen sei und auch weiterhin sei, ihre Haushaltsführung in einer Weise zu gestalten, durch die ihre unfallbedingten körperlichen Einschränkungen dergestalt kompensiert werden könnten, dass die Einstellung einer (fiktiven) Haushaltsersatzkraft entbehrlich werde. Dann aber entfalle auch ein Anspruch auf Zahlung eines Haushaltsführungsschadens.

Auf der Grundlage eines berechtigten Streitwertes von bis 45.000 Euro und eines Gebührensatzes von 2,0 ergäben sich Anwaltskosten in Höhe von 2.613,24 Euro.

Die Klägerin strebt mit ihrer Berufung ein weiteres Schmerzensgeld von mindestens 37.000 Euro, weiteren Haushaltsführungsschaden von 3.826,73 Euro, eine lebenslange monatliche Rente zum Ausgleich eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von 215 Euro ab dem Jahr 2016 und die Freistellung von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten an. Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes und rügt, das Landgericht habe die zu berücksichtigenden Umstände in seiner Entscheidung nicht konkret angeführt bzw. gewürdigt. Diese rechtfertigten ein höheres Schmerzensgeld. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien zudem die von der Klägerin angeführten Entscheidungen vergleichbar.

Zu Unrecht habe das Landgericht den geltend gemachten Haushaltsführungsschaden teilweise versagt. Zum einen sei nicht nur ein Stundensatz von 9 Euro, sondern von 10 Euro zu berücksichtigen, zum anderen habe es das Landgericht trotz detaillierter Schilderung der einzelnen Tätigkeiten unterlassen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, und seine Entscheidung auf das berufsgenossenschaftliche Gutachten gestützt. Obwohl dieses von einer dauerhaften unfallspezifischen MdH von 20 Prozent ausgehe, habe das Landgericht nur einen Anspruch bis zum 31.12.2014 zuerkannt. Soweit es danach einen Haushaltsführungsschaden verneint habe, stehe dies im Widerspruch zu der im Gutachten der BG explizit festgestellten dauerhaften Beeinträchtigung der Klägerin im Bereich der Haushaltsführung von 20 Prozent.

Die zuerkannten Rechtsanwaltskosten seien zu gering. Zum einen sei von einem Gegenstandswert von 45.000 Euro auszugehen, zum anderen sei nicht nur eine Geschäftsgebühr von 2,0, sondern von 2,5 anzusetzen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des klageabweisenden Teils und unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des klagezusprechenden Teils des am 22.03.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Kleve die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. an die Klägerin ein weiteres in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Schmerzensgeld in Höhe von zumindest 37.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2015 zu zahlen,

2. an die Klägerin einen rückständigen Haushaltshilfeschaden in Höhe von weiteren 3.826,73 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.02.2014 zu zahlen,

3. an die Klägerin vorbehaltlich einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse ab dem 01.01.2016 lebenslang eine monatliche Rente auf den erlittenen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 215 Euro, zahlbar jeweils drei Monate im Voraus bis zum 3. Werktag des jeweiligen relevanten Monats zu zahlen,

4. Die Klägerin von der Zahlung der Rechtsanwaltskosten ihres erstinstanzlich prozessbevollmächtigten Rechtsanwaltes B. in Höhe von weiteren 2.281,99 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2015 freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen und

im Wege der Anschlussberufung unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage insoweit abzuweisen, soweit die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, die Klägerin von der Zahlung der Rechtsanwaltskosten ihres Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt B. in Höhe von mehr als 1.706,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2015, abzüglich am 22.03.2016 gezahlter 1.307,81 Euro freizustellen.

Die Klägerin beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagten wenden sich mit ihrer Anschlussberufung gegen einen Gebührensatz von 2,0 und vertreten die Ansicht, es handle sich vorliegend um einen normalen Verkehrsunfall. Auch wenn die Folgen für die Klägerin gravierend seien, bereite die Aufarbeitung des Sachverhalts keine besonderen Schwierigkeiten, die eine über einen Gebührensatz von 1,3 hinausgehende Vergütung rechtfertigen würden.

Im Übrigen verteidigen die Beklagten das angegriffene Urteil.

Die Parteien haben im Berufungsverfahren einen Teilvergleich über den noch streitigen Haushaltsführungsschaden für den Zeitraum bis zum 31.12.2014 getroffen.

Der Senat hat die Klägerin zu den Unfallfolgen persönlich angehört.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.

1. Haftungsgrund

Unstreitig sind die Beklagten der Klägerin gemäß den §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2 StVO, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG zum Ersatz ihres Schadens aus dem Unfall vom 07.07.2013 verpflichtet, denn der Beklagten zu 1) hat den Unfall mit einem bei der Beklagten zu 2) versicherten Pkw durch Missachtung des Vorfahrtsrecht der Klägerin schuldhaft verursacht.

2. Schmerzensgeld

Die Berufung der Klägerin hat hinsichtlich der Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes teilweise Erfolg. Der Senat erachtet angesichts der ganz erheblichen Unfallfolgen ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 40.000 Euro für angemessen.

a)

Bei der Bemessung der Höhe eines gemäß § 11 Satz 2 StVG in Verbindung mit § 253 Abs. 2 BGB dem Verletzten zustehenden Schmerzensgeldes sind die Schwere der erlittenen Verletzungen, das hierdurch bedingte Leiden, dessen Dauer, die subjektive Wahrnehmung der Beeinträchtigungen für den Verletzten und das Ausmaß des Verschuldens des Schädigers maßgeblich (BGH, Urteil vom 12. Mai 1998, VI ZR 182/97, juris).

Dabei kommt dem Schmerzensgeldes eine Doppelfunktion zu, denn es soll zum einen Ausgleich für Schäden nicht vermögensrechtlicher Art bilden und zum Anderen eine Genugtuung für das darstellen, was der Schädiger dem Geschädigten angetan hat (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1955, GSZ 1/55, BGHZ 18, 149; Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 11. Aufl., Rn. 272 ff.). In der Regel hat die Ausgleichsfunktion ein wesentlich höheres Gewicht als die Genugtuungsfunktion. Insbesondere bei Straßenverkehrsunfällen tritt die Genugtuungsfunktion gegenüber der Ausgleichsfunktion weitgehend in den Hintergrund (Küppersbusch/Höher a.a.O.). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 25. Oktober 2016, I-1 U 20/16).

b)

Die Klägerin hat eine Rippenprellung, einen Trümmerbruch der rechten Speiche mit Absprengung mehrere Knochenfragmente unter Beteiligung des Gelenks, den Abriss des Knochenfortsatzes der unteren Elle, eine Beckenringfraktur mit Bruch des Schambeinastes und Beteiligung der Beckenpfanne sowie eine Fissur des Kreuzbeins erlitten.

Sie befand sich nach dem Unfall für drei Wochen im Krankenhaus und wurde dort zweimal operiert. Dabei erfolgte eine Versorgung des rechten Arms mit einem Fixateur externe sowie einer Plattenosteosynthese. Die Beckenringfraktur wurde konservativ behandelt.

Vom Krankenhaus wurde die Klägerin mit einem Krankenwagen zu ihren Eltern gebracht, die sie im Anschluss für rund zweieinhalb Monate pflegten. Die Klägerin hielt Bettruhe und durfte ihre Beine für die Dauer von 12 Wochen nicht belasten. Eine Fortbewegung war nur im Rollstuhl oder unter Benutzung eines Gehwagens möglich.

Ob die Klägerin nur sechs Wochen oder die ganze Zeit bei ihren Eltern Bettruhe halten musste, bedarf keiner weiteren Aufklärung, da dies angesichts der weiteren Unfallfolgen nicht erheblich ins Gewicht fällt. Jedenfalls waren die Unfallfolgen zu diesem Zeitpunkt noch beträchtlich und eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme erfolgte erst im Anschluss für eine Dauer von rund 40 Tagen.

Belastend war für die Klägerin die lange Abwesenheit von ihrem Ehemann und ihrem Kind, die jedoch ihre Versorgung nicht übernehmen konnten. Zudem kam es infolge des Unfalles zu einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion, wobei es der Klägerin durch eine psychotherapeutische Behandlung gelang, ihre starken Ängste und Paniksymptome beim Autofahren abzubauen. Eine Anschlussbehandlung ist bis auf weiteres nicht notwendig.

Eine Wiedereingliederung in ihren Beruf als Optikerin erfolgte auf Grund des langsamen Heilungsverlaufs erst ab Mitte Februar 2014.

Die Klägerin hat erhebliche Dauerschäden erlitten. Ihre rechte Hand ist nicht mehr so beweglich wie vor dem Unfall, weshalb sie versucht, dementsprechende Einschränkungen mit dem Ellbogen und der Schulter auszugleichen. Dies belastet die Klägerin besonders, da sie Rechtshänderin ist, und hat erhebliche Auswirkungen auf ihre Tätigkeit als Optikerin. Bereits das Bedienen einer Computertastatur fällt der Klägerin schwer, da sie verhindern muss, dass die Hand zum Handrücken hin angewinkelt werden muss. Besonders problematisch ist für sie der Verlust der Feinmotorik der rechten Hand, da ihre Tätigkeit als Optikerin ein hohes Maß an manueller Fertigkeiten erfordert, so dass sie nicht mehr in der Werkstatt, sondern nur noch im Verkauf eingesetzt werden kann. Die vormals ausgeübte Leitungsfunktion als Werkstatt- und Büroleiterin musste sie aufgeben. Die dauerhafte Minderung der Erwerbstätigkeit beträgt 20 Prozent.

Die Schwierigkeiten wirken sich auch auf den Alltag aus; denn die Klägerin kann mit der rechten Hand weder schwere Gegenstände heben noch umdrehen. So fällt es ihr schwer, Wäschestapeln in den Kleiderschrank einzuräumen. Schwierigkeiten hat sie ferner beim Bügeln, Staubsaugen und Wegräumen von Geschirr. Die Verrichtung von Haushaltsarbeiten mit der rechten Hand verursacht ihr Schmerzen, so dass sie vermehrt die linke Hand einsetzen muss. Eine posttraumatische Arthrose des rechten Handgelenks ist – wie die Klägerin in ihrer Anhörung bestätigte – bereits eingetreten.

Auch der Beckenbruch verursacht ihr nach wie vor Schmerzen, insbesondere bei längerem Sitzen und Wetterumschwüngen. Längeres Fahrradfahren ist ihr verleidet und auch ein längeres Treppensteigen ist ihr nicht, insbesondere nicht mit Lasten, möglich. Nachvollziehbar hat die Klägerin dargetan, dass auch ihr Intimleben betroffen ist, da ihr Anstrengungen und Belastungen im Beckenbereich Schmerzen bereiten.

Weiter ist die Körperhygiene für sie mit Schwierigkeiten verbunden, da die Klägerin durch die eingeschränkte Nutzbarkeit der rechten Hand nur mit großen Schwierigkeiten alle Körperbereiche erreicht.

Vormals ausgeführte sportliche Aktivitäten wie Badmintonspielen oder Bowling sind ihr aufgrund der unfallbedingten Dauerfolgen nicht mehr möglich. Darüber hinaus kann sie durch den Verlust der Feinmotorik auch nicht mehr Häkeln, wobei dahinstehen kann, ob sie dies früher als Hobby ausgeübt hat. Ebenfalls kann dahinstehen, ob sie früher Ski gefahren ist. Jedenfalls ist ihr dies auf Grund der eingeschränkten Belastbarkeit des Beckens offensichtlich nicht mehr möglich, da ihr bereits Fahrradfahren unstreitig so schwer fällt, dass sie ein Elektrorad benötigt.

Ein Grad der Behinderung in Höhe von 20 ist festgestellt.

c)

Soweit für Verkehrsunfälle im Wesentlichen die Ausgleichsfunktion im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung der Lebensverhältnisse im Vordergrund steht, sind die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgeldbeträge als Orientierungshilfe für die Bemessung des Schmerzensgeldes heranzuziehen, doch führt die Berücksichtigung dieser vergleichbaren Fälle nicht unmittelbar zu einer bestimmten „richtigen Schmerzensgeldhöhe“, so dass nicht allein aus der Existenz bestimmter ausgeurteilter Schmerzensgeldbeträge die Forderung eines Schmerzensgeldes in entsprechender Höhe für den zu entscheidenden Fall abgeleitet werden kann (Senat, Urteil vom 9. Dezember 2014, I-1 U 203/13; Beschluss vom 2. November 2011, I-1 W 32/11).

aa)

Zu Recht hat das Landgericht die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13.12.2004 nicht für die Bemessung des Schmerzensgeldes herangezogen, denn eine solche Entscheidung existiert nicht. Das Verfahren I – 1 U 63/04 wurde durch Berufungsrücknahme erledigt. Das Zitat bei Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeld-Beträge 2016, Nr. 34.2980 beruht offensichtlich auf einem Versehen.

Zudem fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Verletzungen. Der dortige Verletzte soll einen komplizierten Beckenbruch, einen Trümmerbruch des linken Arms, einen Bruch im Sprunggelenk des rechten Fußes, Brüche sämtlicher Rippen auf der linken Körperseite und Einblutungen in der Stirn und im Hinterkopf zwischen den beiden Hirnhälften erlitten haben.

Der Verletzte soll sich zudem drei Monate lang im Krankenhaus mit vierwöchigem, künstlichem Koma, künstlicher Beatmung und Ernährung befunden haben. Erforderlich seien drei Operationen am Becken gewesen. Während des Komas habe es Komplikationen in Form einer medikamentenbedingten Gelbsucht, Penicillin-Allergie mit Ausschlag im Gesicht und am Oberkörper, infolge Medikamentenentzug Angst und Verwirrungszustände mit Wahnvorstellungen und Albträumen gebeten. Der Verletzte habe sich einen Monat in stationäre Reha und anschließend vier Monate in ambulanter Reha befunden. Als Dauerfolgen habe er die Milz verloren, das linke Bein sei um 3 cm verkürz, er hinke und benötige Gehhilfen zur Korrektur des Gangbildes. Er habe großflächige Narben vom Brustbein bis zum Unterbauch und auf dem Seitenrand der Leiste, Narben am rechten Sprunggelenk und am linken Arm, sowie belastungs- und bewegungsabhängige Schmerzen im linken Hüftgelenk mit beeinträchtigender Sitzfähigkeit. Eine schwere posttraumatische Hüftgelenksarthrose führe zur Notwendigkeit einer Implantation eines neuen Hüftgelenks. Eine Schwerbehinderung von 30 Prozent sei verblieben.

Diese Unfallfolgen, für die ein Schmerzensgeld von 62.780 Euro mit einem immateriellen Vorbehalt zugesprochen worden sei, sind wesentlich schwerwiegender als die von der Klägerin erlittenen Unfallfolgen.

bb)

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 21.03.2017 (I-1 U 4/16) einer Verletzten, die unfallbedingt unter einer erheblichen Funktionseinschränkung der rechten Hand leidet, ein Schmerzensgeld von 20.000 Euro zugesprochen.

Berücksichtigt wurden drei Operationen, ein stationärer Aufenthalt von 1,5 Monaten, eine neun Monate andauernde Arbeitsunfähigkeit und eine anhaltende Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 Prozent.

Betroffen waren Zeigefinger, Mittelfinger, Ringfinger und den Kleinfinger. Besonders gravierend seien die Verletzungen des Mittelgelenks des Zeigefingers wie auch des Mittelfingers, weil letzterer sowohl für die Funktion des Handgelenks als auch für den Einsatz der anderen Finger beim Faustschluss von erheblicher Bedeutung sei. Neben den Frakturen der Knochen waren auch Defekte an Sehnen, Weichteilen und der Haut in verschiedenen Stufungen vorhanden. Damit läge eine mutilierende Handverletzung vor, durch die die Verletzte nur einen unvollständigen Faustschluss der rechten Hand durchführen könne. Sie leide als Rechtshänderin unter einer deutlichen Kraftminderung und einer eingeschränkten Motorik sowie anhaltenden Hautproblemen im Bereich der transplantierten Haut. Im weiteren Verlauf sei mit einer Verschlechterung, keinesfalls aber einer Funktionsverbesserung der rechten Hand zu rechnen.

Als Rechtshänderin falle es ihr schwer, Tätigkeiten mit der linken Hand auszuführen. Die Schwierigkeiten begännen etwa beim Geld zählen, Unkraut zupfen, dem Zubinden von Schuhen, der Durchführung längerer Schreibarbeiten, dem Halten und Tragen schwerer Gegenstände, Schneidearbeiten in der Küche, Staub saugen oder Bügeln. Die Beschwerlichkeiten setzen sich fort beim Sport, etwa beim Aquajogging, Radfahren oder Reiten. Sie leidet unter einer erhöhten Kälteempfindlichkeit und bei Sonneneinstrahlung unter Veränderungen im Bereich der transplantierten Haut. Die besondere Empfindsamkeit der Haut zeigt sich auch in Rissen und Wunden bei normaler Hausarbeit. Zudem versuche die Verletzte, ihre versehrte Hand vor Mitmenschen zu verstecken, weil ihr der Defekt unangenehm sei. Darüber hinaus trage sie an der betroffenen rechten Hand keinen Schmuck und bereits ein üblicher Händedruck im Rahmen der Begrüßung sei ihr unangenehm. Optisch seien die Folgen der Hauttransplantationen und der multiplen Verletzungen mit den Krafteinschränkungen deutlich sichtbar.

cc)

In der gleichen Entscheidung hat das Oberlandesgericht einem weiteren Verletzten ein Schmerzensgeld in Höhe von 60.000 Euro zuerkannt. Dieser hatte durch den Unfall an der linken Hand den Daumen, den Zeigefinger auf Grundgliedhöhe, den Mittelfinger auf Mittelgliedhöhe und an der rechten Hand den Zeigefinger auf der Höhe des körpernahen Mittelgliedes verloren sowie einen offenen Unterarmschaftbruch linksseitig erlitten. Der Verletzte befand sich für drei Tage im Koma. Eine Replantation des Daumens nach zwei Tagen schlug fehl und der Daumen musste amputiert werden. Es seien weitere fünf Operationen erfolgt. Insgesamt habe sich der Verletzte eineinhalb Monate in stationärer Behandlung befunden. Im Anschluss seien 50 ambulant Behandlungen im Krankenhaus und etwa 150 Physiotherapietermine erfolgt. Bei der Entlassung sei der Verletzte durch einen fixierten linken Arm und einem bis dahin wegen Weichteildefekten nicht versorgten dislozierten Bruch weitgehend auf Hilfe angewiesen. Mehrere Hauttransplantationen seien erforderlich gewesen. Die weitere Entwicklung, insbesondere betreffend den linken Unterarm, sei ungewiss. Der Verletzte sei als Linkshänder von den erheblichen Beeinträchtigungen der linken Hand und des linken Unterarms in besonderem Maße betroffen.

Ein Grad der Behinderung von 60 Prozent und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 Prozent seien festgestellt. Es beständen Einschränkungen der Beweglichkeit im linken Handgelenk in allen Richtungen, Einschränkungen der Auswärtsdrehbewegung im linken Handgelenk, ein inkompletter Faustschluss bezüglich der erhalten gebliebenen Langfinger an der linken Hand, Einschränkungen der Abspreizung des ersten Mittelhandknochens linksseitig, Nichtdurchführbarkeit bzw. Aufhebung des Spitz-, Fein-und 3-Finger-Präzisionsgriffs sowie des Schlüsselgriffs an der linken Hand, starke Beeinträchtigung der Funktion des groben Griffes an der linken Hand infolge des mangelnden Faustschlusses bezüglich des linken Ring-und Kleinfingers, eine Einschränkung der Funktion des Spitzgriffs an der rechten Hand und Nichtdurchführbarkeit des üblichen Feingriffs unter Ausbildung eines Ersatzfeingriffes zwischen der rechten Daumenkuppe und der rechten Mittelfingerkuppe sowie Herabsetzung der Funktion des Schlüsselgriffs an der rechten Hand aufgrund des Teilverlustes des Zeigefingers und der Gegebenheit, dass es sich bei der rechten Hand nicht um die Haupthand handelt, Beeinträchtigung der Funktion des Grobgriffs rechtsseitig, ebenfalls infolge des Teilverlustes des Zeigefingers, Herabsetzung der groben Kraft an der linken Hand, Verschmächtigung der Muskulatur im linken Ober-und Unterarm, Umfangsverminderung der linken Mittelhand, ausgedehnte, teilweise flächenhafte Narben und Spalthauttransplantate an beiden Unterarmen und Händen sowie Narben am linken vorderen Beckenkamm und großflächige Narben am linken Oberschenkel infolge der hier durchgeführten Spalthautentnahmen, Gefühlsstörungen im Versorgungsgebiet des linken Ellennerves sowie beuge- als auch streckseitig an der linken Hand sowie im Bereich aller Stumpfkuppen an beiden Händen und nahezu vollständiges Fehlen von Arbeits- und Gebrauchsspuren im Bereich der Greifseite der linken Hand.

Der Verletzte sei hierdurch nicht in der Lage, normal mit Messer und Gabel zu essen oder Drehverschlüsse zu öffnen. Bei seiner Arbeit habe er Schwierigkeiten beim Bedienen der Computertastatur sowie der Computermaus. Fahrradfahren sei nur unter größten Einschränkungen möglich. Auch an den verbliebenen Fingergelenken leide er unter Bewegungseinschränkungen, zudem seien alle Stumpfkuppen an der linken Hand sehr berührungsempfindlich. Die gesteigerte Empfindlichkeit zeige sich auch in einer Kälteempfindlichkeit sowie Durchblutungsstörungen.

Der Verletzte könne kein Auto mehr fahren und den früher von ihm gerne ausgeübten handwerklichen Tätigkeiten aufgrund der fehlenden Motorik nicht mehr nachgehen. In den versehrten Händen seien immer noch Schmutz- und Steineinsprenkelungen vorhanden. Im linken Arm befänden sich weiterhin 19 Schrauben, die teilweise eng an den Nervenbahnen vorbeiführen, so dass eine Metallentfernung mit der Gefahr weiterer erheblicher Nervenschädigungen verbunden ist. Die Schrauben müssten zu einem späteren Zeitpunkt entfernt werden.

d)

Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung wiegen die Verletzung der Klägerin schwerer als die der erstgenannten Verletzten, denn zusätzlich zu der Handverletzung und den darauf resultierenden Einschränkungen besteht auch eine Verletzung der Hüfte, die zu Schmerzen und Einschränkungen insbesondere beim Fahrradfahren und Sport führt. Das Verletzungsbild und insbesondere die Dauerschäden sind jedoch geringer als bei dem zweitgenannten Verletzten.

Angesichts der unfallbedingten, dauerhaften Einschränkungen, die die Klägerin nicht nur in ihrem Beruf, sondern in praktisch allen Bereichen ihres Privatlebens hinnehmen muss, erachtet der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 40.000 Euro für angemessen, auf das 25.000 Euro von der Beklagten zu 2) gezahlt sind.

2. Haushaltsführungsschaden

Soweit der Klägerin durch das Landgericht ein Haushaltsführungsschaden zugesprochen worden ist, ist dies nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Hinsichtlich der darüber hinaus zuerkannten Verpflichtung zur Freistellung von einem möglichen Anspruch der Finanzbehörden bleibt jedoch anzumerken, dass jedenfalls nach deutschem Steuerrecht der Ausgleich eines Haushaltsführungsschadens nicht steuerbar ist und daher Steuerforderungen der deutschen Finanzbehörden nicht zu erwarten sind (vgl. Freymann, DAR 2016, 246 f. m.w.N.).

Über den weiteren Haushaltsführungsschaden bis einschließlich zum 31.12.2014 haben sich die Parteien im Berufungsverfahren verglichen.

Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die Abweisung der Klage des für den anschließenden Zeitraum geltend gemachten Haushaltsführungsschaden, denn nach den Feststellungen des Landgerichts haben diese nach dem 31.12.2014 kein solches Ausmaß, dass die Klägerin ihren Haushalt nicht mehr versorgen könnte.

Zwar ist die Klägerin bei Tätigkeiten mit ihrer rechten Hand stark eingeschränkt, doch ist dies für die Annahme eines Haushaltsführungsschaden nicht ausreichend, da es nicht darauf ankommt, ob Tätigkeiten mit einer bestimmten Hand nicht mehr vorgenommen werden können, sondern nur, ob diese auch unter Zuhilfenahme der anderen Hand nicht mehr ausgeübt werden können.

Die Klägerin schilderte im Rahmen ihrer Anhörung durch den Senat anschaulich, dass sie weiterhin Hausarbeit ausüben kann, diese aber von ihrem Partner übernommen wird. Lediglich einzelne Tätigkeiten wie z.B. das Tragen von schweren Gegenständen sind ihr nicht möglich. Da sie aber auch vor ihrem Unfall die Hausarbeit mit ihrem damaligen Ehemann hälftig aufgeteilt hat, könnte sie sich auch heute noch hälftig an der Haushaltsführung beteiligen, sofern die Hausarbeit zwischen ihr und ihrem Partner entsprechend ihren Fähigkeiten verteilt würde. Zu einer solchen Umorganisation wäre sie gemäß § 254 BGB verpflichtet.

Die für die Klägerin bei der Hausarbeit durch die Verletzung der rechten Hand bestehenden Beschwerlichkeiten führen daher nicht zu einem Anspruch auf Haushaltsführungsschaden, wurden jedoch vom Senat bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes berücksichtigt.

3. vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren

Die Berufung hat hinsichtlich der geltend gemachten vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren teilweise Erfolg, da ein Gebührenwert von bis zu 55.000 Euro zu Grunde zu legen ist.

Ohne Erfolg bleibt die Berufung hingegen, soweit die Klägerin eine Geschäftsgebühr von 2,5 anstrebt. Zutreffend hat das Landgericht diese mit 2,0 angesetzt, da Umfang und Schwierigkeit der vorgerichtlichen Regulierung überdurchschnittlich waren, ohne dass Umstände vorlagen, die eine Erhöhung auf 2,5 rechtfertigen würden.

Denn auch wenn für die Geltendmachung der materiellen und immateriellen Schäden medizinische Unterlagen ausgewertet werden mussten, so war die Schadensregulierung weder so außergewöhnlich umfangreich, noch bestanden so außergewöhnliche rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, dass dies durch eine weitere Erhöhung ausgeglichen werden müsste.

II. Anschlussberufung

Die Anschlussberufung, mit der die Beklagten hinsichtlich der zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren eine Abänderung der Entscheidung anstreben, bleibt ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht im Hinblick auf Umfang und Schwierigkeit der Schadensregulierung eine Geschäftsgebühr von 2,0 berücksichtigt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 52.000 Euro festgesetzt.

 

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