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Verkehrsunfall – Mehrwertsteuererstattung bei Anschaffung eines Leasingfahrzeugs

OLG Celle

Az.: 14 U 92/11

Urteil vom 30.11.2011


Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 28. April 2011 teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 37,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Oktober 2010 zu zahlen.

Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 849,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Oktober 2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle weitere aus dem mit der Peugeot-Bank geschlossenen Autoleasingvertrag Nr. 1177589/1 vom 18. August 2010 in Zukunft entstehende Mehrwertsteuer zu erstatten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 83 %, die Klägerin zu 4 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 13 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

(gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO):

I.

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nur noch um Umsatzsteuer, die der Kläger im Zuge der Neuanschaffung eines Pkw (Leasing) nach einem Verkehrsunfall vom 14. Juli 2010 gezahlt hat und noch fortlaufend entrichten muss und von den Beklagten als Schadensersatz erstattet bekommen möchte.

Das Landgericht hat insoweit keinen Anspruch zubilligen wollen. Das bei dem Unfall beschädigte Fahrzeug ist – unstreitig – kurz vor dem Schadensfall am 30. Juni 2010 als Neufahrzeug gekauft worden (umsatzsteuerpflichtig), nach dem Unfall hat der Kläger aber keinen Neuwagen gekauft, sondern gemäß Vertrag vom 18. August 2010 (Bl. 26 d. A.) geleast (umsatzsteuerpflichtig). Die Kammer hat keinen Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zugebilligt, weil sie nicht angefallen sei. Insoweit habe es an entsprechendem Vortrag gefehlt.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, der eine Erstattung der Umsatzsteuer in Höhe bereits gezahlter 849,43 €, im Übrigen die Feststellung der weiteren Ersatzverpflichtung der Beklagten hinsichtlich der zukünftig noch entstehenden Umsatzsteuer begehrt.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und halten u. a. den Vortrag zur Umsatzsteuer im Berufungsverfahren nicht für berücksichtigungsfähig.

II.

Die Berufung hat Erfolg.

1. Der Vortrag zur Umsatzsteuer ist im Berufungsverfahren berücksichtigungsfähig. Der Kläger hat die Position Umsatzsteuer zwar erst mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 12. April 2011 unmissverständlich und in der Begründung selbständig in den Rechtsstreit eingeführt und vorgetragen, das neu angeschaffte Fahrzeug sei einschließlich Umsatzsteuer geleast, so dass ein Abzug der Umsatzsteuer, wie sie die Beklagten vorgenommen hätten, dazu führte, dass er letztlich mit 2.629,45 € Umsatzsteuer ausfiele (Bl. 154 unten/155 oben d. A.). Allerdings hat der Kläger den zugrundeliegenden Leasingvertrag vom 18. August 2010 bereits in der Klageschrift erwähnt (Bl. 5 d. A.) und ihn als Anlage vorgelegt (Bl. 26 d. A.). Dieser Leasingvertrag enthält eindeutig auch den Mehrwertsteueranteil, der in dem vorgelegten Vertragsformular gesondert ausgewiesen ist. Insoweit war der entsprechende Vortrag also bereits in der Klageschrift – zumindest den Tatsachen nach, worauf es jedoch ankommt – enthalten. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen, und zwar dem Grund (Bl. 208 d. A.) und vorsorglich auch der Höhe bzw. Berechnung nach (Bl. 210 d. A.), ist insoweit nicht nachvollziehbar. Dass auch die Beklagten den Vortrag zur Mehrwertsteuerzahlung aus dem Leasingvertrag erkannt haben, zeigt sich bereits aus der Klageerwiderung (dort S. 10, Bl. 98 d. A.), in der sie darauf verweisen, dass der Kläger laut Leasingvertrag nur 2.015,65 € Mehrwertsteuer zu zahlen habe.

2. Der bezifferte Anspruch ist begründet:

a) Die Bemessung des Schadensersatzes unterfällt § 287 ZPO; das betrifft auch die hier in Rede stehende Umsatzsteuer. Gemäß § 249 BGB haben die Beklagten den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Geschädigte ist also so zu stellen, wie er ohne das Unfallereignis gestanden hätte. Dabei sind grundsätzlich zwei Wege möglich: entweder die Reparatur des Unfallfahrzeugs – das ist hier nicht geschehen – oder die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs. Der Geschädigte hat dabei freie Wahl (BGH – VI ZR 110/08, NJW 2009, 3022, Rdnr. 13).

Ausgangspunkt ist für die Ersatzpflicht der Umsatzsteuer stets, dass sie angefallen ist (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB). Es soll insoweit allerdings genügen, dass der Geschädigte sich durch Erteilung des Reparaturauftrags oder bei der Maßnahme der Ersatzbeschaffung zu einer Zahlung verpflichtet hat, die Umsatzsteuer umfasst; nur wenn keine Umsatzsteuer anfällt bei der Restitution (wie bei Selbstreparatur, Schwarzarbeit, bei Ankauf von einem privaten Anbieter u. ä.) besteht auf Umsatzsteuer kein Anspruch (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 249 BGB, Rdnr. 27 f.).

b) Mit dem Abschluss des Leasingvertrags hat sich der Kläger umsatzsteuerhaltig verpflichtet (vgl. Bl. 26 d. A.). Der Senat bejaht deshalb nach dem Wiederherstellungsgrundsatz einen entsprechenden Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer, soweit sie schon angefallen ist. Auch die Anschaffung eines Pkw durch Leasing stellt eine Maßnahme der Ersatzbeschaffung im Sinne der Restitution nach einem Schaden dar. Der Geschädigte ist schadensrechtlich nicht gehalten, in derselben Rechtsform wie vor dem Unfallereignis bei dem unfallbeschädigten Fahrzeug eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen. Auch in dieser Hinsicht gilt die Dispositionsfreiheit des Geschädigten. Es wäre eine von Rechts wegen nicht begründbare Einschränkung, dem Geschädigten vorschreiben zu wollen, in welcher Rechtsform er sich ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zu verschaffen hat.

Hierfür sind auch aus der Sicht des Schädigers keine sachlichen Gründe erkennbar. Der Geschädigte verstößt insbesondere durch eine Ersatzbeschaffung eines Kfz mittels Leasing statt durch einen Kaufvertrag nicht von vornherein gegen das Gebot, den Schaden möglichst gering zu halten. Die im Zuge eines Leasingvertrags zu zahlende Mehrwertsteuer übersteigt jedenfalls im vorliegenden Fall auch nach dem Vortrag der Beklagten (Bl. 98 d. A.) nicht die Mehrwertsteuer, die nach dem ursprünglichen Fahrzeugkauf und dem darauf bezogenen Darlehensvertrag seitens des Klägers zu entrichten war.

c) Der Kläger kann demnach im Wege der konkreten Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des Bruttowiederbeschaffungswertes des unfallbeschädigten Fahrzeugs unter Abzug des Restwerts ersetzt verlangen (BGH, Urteil vom 1. März 2005 – VI ZR 91/04, VersR 2005, 994; ebenso BGH, Urteil vom 15. November 2005 – VI ZR 26/05, NJW 2006, 285, juris-Rdnr. 6). Der Bruttowiederbeschaffungswert beträgt 16.500 € (Bl. 52 d. A.). Abzüglich des Restwerts von 6.000 € ergäbe sich damit ein maximal erstattbarer Betrag von 10.500 €.

Dem Kläger steht für die bereits abgelaufene Zeit seit Abschluss des Leasingvertrags und die aus dem Vertrag entrichtete anteilige Mehrwertsteuer von monatlich 35,34 € (Bl. 26 d. A.) für 15 Raten ein Betrag von 530,10 € zu. Dazu kommt die einmalige Leasingsonderzahlung, die einen – ebenfalls gesondert ausgewiesenen – Mehrwertsteueranteil in Höhe von 319,33 € enthielt (Bl. 26 d. A.). Die Beträge ergeben zusammen 849,43 €, die der Kläger von den Beklagten als bereits gezahlte Umsatzsteuer (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB) erstattet verlangen kann.

3. Für die Zukunft hat der Kläger überdies Anspruch auf Feststellung der weiteren Ersatzverpflichtung der Beklagten betreffend die noch aus dem Leasingvertrag entstehende Mehrwertsteuer. Dies betrifft für die festgesetzte Laufzeit von 48 Monatsraten nach Abzug der bereits bezifferten 15 Raten noch restliche 33 Monate zu je 35,34 € (was rechnerisch einer Summe von 1.166,22 € entspricht).

Insgesamt hat der Kläger damit Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer aus dem Leasingvertrag von 2.015,65 € (insoweit übereinstimmend mit der Berechnung der Beklagten, Bl. 98 d. A.). Allerdings wäre bei der Abrechnung auch noch die Mehrwertsteuer für die sicherungsweise Kfz-Brief-Einlagerung von weiteren 2,85 € zu berücksichtigen (vgl. Bl. 26 Mitte im rechten Kasten unten).

4. Hinsichtlich der vom Landgericht zuerkannten 37,90 € für entstandene Taxikosten wird ebenso wie in Bezug auf die zuerkannten Zinsen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war mangels der dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

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