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Corona-Pandemie – Abstandsgebot und Testobliegenheit in Schulen

OVG Lüneburg – Az.: 14 MN 173/22 – Beschluss vom 07.03.2022

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Der sinngemäß gestellte Antrag,

§ 16 Abs. 1 Sätze 3 und 4 sowie Abs. 3 der Niedersächsischen Verordnung über Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 23. Februar 2022 (Nds. GVBl. 2022, 97) im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO vorläufig außer Vollzug zu setzen, hat keinen Erfolg.

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 12.6.2009 – 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

Der Normenkontrolleilantrag ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

1. Der Antrag ist zulässig.

Zwar wahrt die von der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller zunächst am 3. März 2022 in Papierform per Botin eingereichte, auf den 1. März datierte Antragsschrift nicht die gemäß § 55d VwGO erforderliche Form. Auch eine zulässige Ersatzeinreichung nach § 55d Sätze 3 und 4 VwGO dürfte nicht vorgelegen haben. Die Antragsteller haben lediglich für den 1. März 2022, nicht aber für den 3. März 2022 (Tag der Einreichung bei Gericht), eine technische Störung behauptet. Sie haben die technische Störung zudem entgegen § 55d Satz 4 VwGO nicht glaubhaft gemacht. Sie haben insbesondere nicht vorgetragen, dass sie die notwendigen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente tatsächlich vorhalten (vgl. zu dieser Pflicht BT-Drs. 17/12634, S. 27). Zu diesen notwendigen technischen Einrichtungen zählt auch der erforderliche Sicherheits-Token (beA-Softwarezertifikat), auf den sich die vorgelegte Fehlermeldung bezieht.

Allerdings entspricht die von den Antragstellern am 4. März 2022 über das beA eingereichte Antragschrift der vorgeschriebenen elektronischen Form. Der Normenkontrolleilantrag ist nicht fristgebunden. Die am 4. März elektronisch übersandte Antragschrift trägt zwar ein anderes Datum (27. Februar 2022) als die am 3. März per Botin eingereichte (1. März 2022). Soweit ersichtlich unterscheiden sich die beiden Schriftsätze aber lediglich marginal und in inhaltlich nicht relevanter Weise voneinander. Etwas anderes machen auch die Antragsteller nicht geltend.

Auch die übrigen Zulassungsvoraussetzungen sind voraussichtlich erfüllt. Die Antragsbefugnis des Antragstellers zu 1. ergibt sich aus einer möglichen Verletzung des Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), die der Antragsteller zu 2. und 3. aus einer möglichen Verletzung des Elternrechts (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG).

2. Der Normenkontrolleilantrag ist jedoch unbegründet.

Corona-Pandemie - Abstandsgebot und Testobliegenheit in Schulen
Abstandsgebot und Testobliegenheit in Schulen während Covid19 Pandemie (Symbolfoto: FamVeld/Shutterstock.com)

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange der Antragsteller, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind im Rahmen der sog. „Doppelhypothese“ die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 – BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG RP, Beschl. v. 22.10.2019 – 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); SächsOVG, Beschl. v. 10.7.2019 – 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); NdsOVG, Beschl. v. 11.5.2018 – 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt eine vorläufige Außervollzugsetzung der streitgegenständlichen Verordnungsregelungen nicht in Betracht. Ein in der Hauptsache noch zu stellender Normenkontrollantrag der Antragsteller wäre, soweit er sich gegen die § 16 Abs. 1 Sätze 3 und 4, Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung richtet, zwar zulässig, aber voraussichtlich unbegründet, so dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht unter Berücksichtigung der Belange der Antragsteller, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Denn nach summarischer Prüfung erweisen sich die genannten Bestimmungen der Niedersächsischen Corona-Verordnung voraussichtlich als rechtmäßig.

a) Der bis zum 31. Dezember 2021 für das Infektionsschutzrecht zuständige 13. Senat des beschließenden Gerichts hat bereits mit Beschluss vom 5. Oktober 2021 (- 13 MN 415/21 -), teilweise auch unter Verweis auf zuvor ergangene Beschlüsse, entschieden, dass es sich bei den in § 16 Abs. 1 Sätze 3 und 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung festgelegten Verpflichtungen, zwischen Personen, die nicht derselben festgelegten Gruppe (Kohorte) im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angehören, einen Abstand von mindestens 1,5 Metern einzuhalten und während des Schulbetriebs eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, ebenso wie bei dem in § 16 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelten Zutrittsverbot bei Nichterfüllung der in den Sätzen 1 und 2 der Vorschrift enthaltenen Testobliegenheit um notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne der § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 Nrn. 1, 2, 2a, 16 IfSG handelt, die in rechtmäßiger Weise durch Rechtsverordnung nach § 32 IfSG erlassen worden sind (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 5.10.2021 – 13 MN 415/21 -, juris Rn. 7). Eine Verfassungswidrigkeit dieser Rechtsgrundlagen insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen und deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) sei nicht festzustellen, dies gelte auch für das Zitiergebot (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 5.10.2021 – 13 MN 415/21 -, juris Rn. 8). Der 13. Senat ist weiter davon ausgegangen, dass die materielle Rechtmäßigkeit der Niedersächsischen Corona-Verordnung im Hinblick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns keinen durchgreifenden Bedenken ausgesetzt sei, gleiches gelte für den von den streitgegenständlichen Verordnungsregelungen betroffenen Adressatenkreis. Auch die in diesen Verordnungsregelungen gewählte Art der Schutzmaßnahmen sei nicht zu beanstanden. Die Schutzmaßnahmen genügten zudem noch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Diesen Einschätzungen und den ihnen zugrundeliegenden Erwägungen hat sich der 14. Senat bereits im Beschluss vom 26. Januar 2022 (- 14 MN 117/22 -, juris Rn. 21) nach unabhängiger Überprüfung der Sach- und Rechtslage und unter Abwägung sämtlicher für und gegen eine Aussetzung der Vollziehung sprechenden Argumente angeschlossen und wegen der Einzelheiten darauf verwiesen. Daran hält der 14. Senat auch weiterhin fest.

b) Soweit die Schulkinder seit dem 10. Januar 2022 nicht mehr nur zum Tragen einer einfachen textilen oder textilähnlichen Mund-Nasen-Bedeckung, sondern einer sogenannten medizinischen Maske, also einer FFP-2 Atemschutzmaske oder einer „OP-Maske“, verpflichtet sind, rechtfertigt dies im Hinblick auf das derzeit nach wie vor dynamische Infektionsgeschehen durch die Omikron-Variante keine andere Beurteilung. Nach aktueller Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) scheint zwar der Höhepunkt der fünften Welle der COVID-19-Pandemie in der Mehrheit der Bundesländer überschritten. Es herrscht aber weiterhin ein sehr hoher Infektionsdruck in der Bevölkerung, der nur langsam zurückgeht (vgl. den Wochenbericht des RKI vom 3. März 2022, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-03-03.pdf?__blob=publicationFile). In der letzten Woche ist die 7-Tage-Inzidenz sogar wieder kontinuierlich gestiegen und liegt aktuell (7. März 2022) bei 1.259,2 (vgl. die tagesaktuellen Zahlen auf: https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4, später über die Situationsberichte abrufbar). Die Hospitalisierungsraten aus den Meldedaten, die Hospitalisierungsinzidenz aus der syndromischen Surveillance (Covid-SARI) und auch die Daten zu Belegungskapazitäten im Intensivregister zeigen, dass es in den letzten Wochen während der Omikron-Welle zu einer Zunahme der Neuaufnahmen gekommen war (vgl. den Wochenbericht des RKI vom 3. März 2022, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-03-03.pdf?__blob=publicationFile). Gerade vor dem Hintergrund, dass die höchsten Inzidenzen zur Zeit bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 5 bis 19 Jahren mit Werten um 2000 Covid-19-Fällen pro 100.000 ermittelt worden sind (vgl. den Wochenbericht des RKI vom 3. März 2022, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-03-03.pdf?__blob=publicationFile) ist daher die Verpflichtung der Schulkinder, eine medizinische Maske zu tragen, gegenwärtig noch verhältnismäßig, insbesondere auch angemessen. Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, dass auch in Niedersachsen die Infektionszahlen noch nicht erkennbar zurückgehen, sondern vielmehr in den letzten Wochen auf einem hohen Niveau stagnieren. Die 7-Tage-Inzidenz liegt aktuell (7. März 2022) bei 1.191,2, der bislang höchste Wert wurde am 11. Februar 2022 mit 1.220,5 erreicht (vgl. https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/aktuelle_lage_in_niedersachsen/niedersachsen-und-corona-aktuelle-leitindikatoren-203487.html). Die Hospitalisierungsinzidenz liegt derzeit mit 10,4 (6. März 2022) deutlich über dem Bundeswert (6,1) und ist noch nicht spürbar gesunken. Der bisherige Höchstwert lag am 12. Februar 2022 bei 11,9.

Medizinische Masken haben nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich eine höhere medizinische Schutzwirkung als textile oder textilähnliche Alltagsmasken, die keiner Normierung im Hinblick auf ihre Schutzwirkung unterliegen (vgl. den Bund-Länder-Beschluss vom 19. Januar 2021). Der damit verbundene Nutzen für eine Verlangsamung des Infektionsgeschehens (vgl. z.B. NdsOVG, Beschl. 14.8.2020 – 13 MN 300/20 -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.) wiegt die Nachteile, insbesondere den möglicherweise höheren Atemwiderstand jedenfalls einer FFP-2 Atemschutzmaske, unter den derzeitigen Pandemie-Bedingungen auf. Die mit der Verpflichtung zum Tragen einer (medizinischen) Maske einhergehenden Belastungen (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 26.1.2022 – 14 MN 117/22 -, juris Rn. 23; vgl. bereits NdsOVG, Beschl. v. 5.10.2021 – 13 MN 415/21 -, juris Rn. 13) werden zudem weiterhin durch verschiedene Regelungen in den jeweils geltenden Rundverfügungen der Regionalen Landesämter für Schule und Bildung abgemildert. So sind Maskenpausen während des Unterrichts vorgesehen, beim Schulsport brauchen keine Masken getragen zu werden, auch während Abschlussprüfungen, Klausuren und Klassenarbeiten nicht, zudem besteht auf dem Schulgelände im Freien auch in den Unterrichtspausen keine Maskenpflicht. Im Übrigen gilt bei schulpflichtigen Kindern, denen aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder einer Vorerkrankung das Tragen einer Mund-Nasen Bedeckung nicht zumutbar ist, bei Vorlage eines Attests oder einer vergleichbaren amtlichen Bescheinigung die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Verordnungsgeber derzeit offenbar plant, die Maskenpflicht an Grundschulen zum 21. März 2022 aufzuheben, an weiterführenden Schulen zum 2. Mai 2022. Damit soll auf das derzeit prognostizierte Abklingen der Infektionslage reagiert werden (vgl. https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Corona-Testpflicht-an-Kitas-in-Niedersachsen-soll-bald-enden,testpflicht152.html).

c) Auch die in § 16 Abs. 3 Satz 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelte Testpflicht – ab dem 7. März 2022 nur noch dreimal pro Woche – ist nicht zu beanstanden. Angesichts der bereits beschriebenen derzeitigen Pandemie-Bedingungen bestehen an der Verhältnismäßigkeit der Regelung momentan keine Zweifel.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Selbsttests (zu denen neben Tests, bei denen die Probeentnahme im vorderen Nasenbereich erfolgt, auch sog. Spuck- und Lollitests gehören, bei denen Speichel-Proben analysiert werden) mit Beeinträchtigungen verbunden sind, die in ihren Wirkungen gesundheitsgefährdend sind oder körperliche Schmerzen bzw. diesen gleichkommende nichtkörperliche Beeinträchtigungen hervorrufen (so bereits Senatsbeschl. v. 26.01.2022 – 14 MN 117/22 -, juris Rn. 25; NdsOVG, Beschl. v. 19.4.2021 – 13 MN 192/21 -, juris Rn. 62; vgl. auch: OVG Berl.-Bbg, Beschl. v. 23.4.2021 – OVG 11 S 56/21 -, juris Rn. 67 m.w.N.).

Der Senat teilt schließlich die von den Antragstellern geltend gemachten Bedenken im Hinblick auf mögliche gesundheitliche Risiken durch die Selbsttests nicht. Als In-vitro-Diagnostika unterliegen Antigentests dem Medizinproduktegesetz, welches die europäische Richtlinie über In-vitro-Diagnostika (IVDR) (98/79/EG) umsetzt. Antigentests zur Eigenanwendung müssen danach so hergestellt sein, dass das Medizinprodukt (inkl. Gebrauchsinformationen, Kennzeichnung etc.) hinsichtlich Sicherheit und Leistungsfähigkeit ausreichend gebrauchstauglich ist und die Ergebnisqualität unter diesen Anwendungsbedingungen sichergestellt werden kann (vgl. bereits Senatsbeschl. v. 26.01.2022 – 14 MN 117/22 -, juris Rn. 26; vgl. auch OVG Berl.-Bbg., Beschl. v. 23.4.2021 – OVG 11 S 56/21 -, juris Rn. 68). Die derzeit in Deutschland verfügbaren Antigen-Tests verfügen zwar noch nicht sämtlich über eine CE-Kennzeichnung, teilweise sind sie bislang lediglich aufgrund einer Sonderzulassung des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte gem. § 11 Abs. 1 MPG befristet zugelassen. Auch eine solche Zulassung setzt jedoch gemäß Art. 5 der Verordnung (EU) 2017/745 (vorher Art. 3 RiL 93/42/EWG) die Erfüllung der sog. „Grundlegenden Anforderungen“ (vgl. § 7 MPG) voraus, und zwar auch bei Inverkehrbringen eines im Ausland hergestellten Produkts (vgl. bereits Senatsbeschl. v. 26.01.2022 – 14 MN 117/22 -, juris Rn. 26; vgl. auch OVG Berl.-Bbg., Beschl. v. 23.4.2021 – OVG 11 S 56/21 -, juris Rn. 68).

Tatsächlich ist die Verwendung von Ethylenoxid zur Sterilisation von Medizinprodukten – im konkreten Fall der verwendeten Wattestäbchen – eine etablierte Standardmethode und sowohl die Sterilisation von Produkten für die Gesundheitsvorsorge mit Ethylenoxid als auch die Grenzwerte für Rückstände von Ethylenoxid in Medizinprodukten sind in DIN-Vorschriften (DIN EN ISO 11135, DIN EN ISO 10993-7) festgelegt (vgl. Correctiv, Faktencheck v. 1. April 2021, m.w.N., https://www.correctiv.org/faktencheck/2021/ 04/01/corona-tests-es-gibt-keine-hinweise-auf-eine-gesundheitsgefahr-durch-ethylenoxid-auf-abstrich-staebchen/; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2021 – OVG 11 S 56/21 -, juris Rn. 68). Die von den Antragstellern angeführte Verwendung von Ethylenoxid zur Sterilisierung der für zahlreiche Tests benutzten Wattestäbchen gibt deshalb keinen Anlass zu der Besorgnis, dass die Verwendung der Teststäbchen mit Gefahren für die Gesundheit verbunden sein könnte.

Diese Einschätzung wird durch die von den Antragstellern bereits im Verfahren 14 MN 117/22 zur Akte gereichte „Gefährdungsanalyse Durchführung von COVID-19-Schnelltests und durch PCR-Test“ von Prof. Dr. Werner Bergholz vom 12.11.2021, auf die sie im vorliegenden Verfahren Bezug nehmen, nicht durchgreifend in Frage gestellt. Diese Gefährdungsanalyse setzt sich bereits nicht damit auseinander, in welcher Konzentration die von ihr als gesundheitsschädlich erachteten Chemikalien in den Tests enthalten sind. Dies ist nämlich nur in einer für die Gesundheit unbedenklichen Konzentration der Fall (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 1.7.2021 – 13 B 845/21.NE -, juris Rn. 12 f. m.w.N.). Auch ist darauf zu verweisen, dass weder die Inhaltsstoffe der Testkassetten („Test Cassettes“) noch die der Pufferlösung („Extraction Buffer Vials“) zur Einbringung in den Körper (z. B. durch Schlucken, Kontakt mit Schleimhäuten o. ä.) bestimmt sind. Insoweit ist auch nicht ersichtlich, dass eine ordnungsgemäße Anwendung der Tests durch die Schülerinnen und Schüler nach Anleitung maßgeblich ihrer Eltern nicht gewährleistet wäre.

Angesichts der Ausgestaltung der Vorlage eines negativen Testergebnisses als einer den Zutritt zur Schule eröffnenden Obliegenheit scheidet auch ein Eingriff in das Recht der von dieser Regelung Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schon deshalb aus, weil die Vorlage des Testergebnisses bei der Schule freiwillig ist und damit jedenfalls eine Einwilligung vorliegt (vgl. OVG Berl.-Bbg., Beschl. v. 23.4.2021 – OVG 11 S 56/21 -, juris Rn. 69 m.w.N.).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO.

III. Die Streitwertfestsetzung

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG. Es ist ermessensgerecht, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO für jeden Antragsteller grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 31.1.2019 – 13 KN 510/18 -, juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren (vgl. zuletzt NdsOVG, Beschl. v. 24.1.2022 – 14 MN 121/22 -, juris).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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