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Verletzung der elterlichen Pflicht zur Vermögenssorge

AG Detmold – Az.: 34 F 127/17 – Beschluss vom 02.02.2018

Der Versäumnisbeschluss vom 06.12.2017 wird aufrechterhalten.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Gründe

I.

Der 1995 geborene Antragsteller ist der Sohn des Antragsgegners. Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner Schadensersatz wegen zu Unrecht entnommener Beträge aus einem Depotvermögen des Antragstellers.

Am 13.11.2001 legten der Antragsgegner sowie die Mutter des Antragstellers für den Antragsteller ein Depotvermögen bei X- Investmentfonds zur Depotnummer 016025xxxxx an. Alleiniger Inhaber war der Antragsteller. Es erfolgten wiederholt Einzahlungen, die auch von anderen Angehörigen vorgenommen wurden. Am 06.12.2007 wurden aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses der Kindeseltern durch die Kindesmutter ein Betrag in Höhe von 5.034,67 Euro und am 24.04.2008 ein weiterer Betrag in Höhe von 5.002,67 Euro von diesem Depotvermögen abgehoben, wovon der erste Betrag unstreitig für das notleidende Malergeschäft des Antragsgegners verwendet wurde.

Erstmalig wurde der Antragsgegner mit Schreiben vom 22.11.2013 zur Rückzahlung der entnommenen Beträge aufgefordert. Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.12.2016 wurde der Antragsgegner unter Fristsetzung bis zum 31.01.2017 erneut zur Rückzahlung aufgefordert.

Mit Schriftsatz vom 13.07.2017 erklärte der Antragsgegner hilfsweise die Aufrechnung mit einem Betrag von 1.071,22 Euro nebst Zinsen in Höhen von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2017.

Ursprünglich hat der Antragsteller daher beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten an ihn 8.957,65 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 10.037,34 Euro vom 01.02.2017 bis zum 12.07.2017 und aus 8.957,65 Euro seit dem 13.07.2017 zu zahlen sowie den Antragsteller von außergerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 490,99 Euro freizustellen.

Am 06.12.2017 hat das Gericht mangels Verteidigungsanzeige im schriftlichen Vorverfahren antragsgemäß einen Versäumnisbeschluss erlassen, gegen den der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 08.12.2017, bei Gericht eingegangen am 11.12.2017, Einspruch eingelegt hat.

Der Antragsteller beantragt nunmehr, den Versäumnisbeschluss vom 06.12.2017 aufrecht zu erhalten.

Der Antragsgegner beantragt, den Versäumnisbeschluss aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen sowie die Kosten des Versäumnisbeschlusses der Landeskasse aufzuerlegen.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass er zur Entnahme berechtigt gewesen sei, da im Falle der Insolvenz des Betriebes der Familie die wirtschaftliche Basis entzogen worden wäre. Den Erhalt des im Jahre 2008 entnommenen Betrages bestreitet der Antragsgegner mit Nichtwissen. Er ist der ferner Ansicht, dass man zwischen dem Depotinhaber, nämlich dem seinerzeit minderjährigen Antragsteller und dem wirtschaftlich Berechtigten unterscheiden müsse. Wirtschaftlich berechtigt seien die Kindeseltern gewesen.

Im Übrigen ist der Antragsgegner der Ansicht, dass der Versäumnisbeschluss unrechtmäßig ergangen sei, da aufgrund der Ankündigung des Antragsgegners, dass er für den Fall der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Antragsteller die Abweisung der Anträge beantrage, keine Säumnis vorgelegen habe. Daher seien sie Kosten des Versäumnisbeschlusses der Landeskasse aufzuerlegen.

Der Antrag ist dem Antragsgegner am 30.10.2017 zugestellt worden.

II.

Der Einspruch gegen den Versäumnisbeschluss ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch aus § 1664 BGB.§ 1664 BGB stellt entgegen seinem Wortlaut eine eigenständige Anspruchsgrundlage für Schadensersatz des Kindes gegen die Eltern dar (Palandt-Götz, 77. Auflage 2018, § 1664 Rdnr. 1). Dieser Anspruch setzt ein pflichtwidriges, schädigendes Handeln der Eltern voraus (Palandt-Götz, 77. Auflage 2018, § 1664 Rdnr. 3). Vorliegend ist der Antragsgegner seiner Vermögenssorgepflicht über das Vermögen des Kindes nicht nachgekommen, wodurch im Vermögen des Kindes ein Schaden entstanden ist.

Die Eltern sind nach § 1642 BGB zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Kindesvermögens verpflichtet. Die elterliche Vermögenssorge ist fremdnützige Verwaltung mit dem Ziel der Bewahrung des Kindesvermögens zum Nutzen des Kindes. Der Verbrauch des Vermögens zu eigenen Zwecken ist unzulässig (OLG Köln, Urteil vom 23.10.1996, 2 U 20/96, zitiert nach juris).

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass in den Jahren 2007 und 2008 Beträge in Höhe von insgesamt 10.037,34 € aus dem Investmentvermögen des Kindes durch die Kindesmutter abgehoben und für das Unternehmen des Antragsgegners verwendet worden sind. Soweit der Antragsgegner den Erhalt des Geldes mit Nichtwissen bestreitet, ist dies nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig. Die Entnahme der Geldmittel sowie deren Erhalt und Verwendung im Unternehmen des Antragsgegners stellen einen Vorgang im eigenen Geschäfts- und Verantwortungsbereich dar, der ein Bestreiten mit Nichtwissen unzulässig macht (vgl. Zöller-Greger, 32. Auflage 2018, § 138 Rdnr. 16).

Die Verwendung von Kindesvermögen für eigene Zwecke stellt eine Verletzung der Vermögenssorge nach § 1642 BGB dar. Eine solche Pflichtverletzung liegt dann vor, wenn das Vermögen des Kindes für Aufwendungen herangezogen wird, für die die Eltern gegenüber dem Kind keinen Ersatzanspruch haben (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 26.05.2001, 8 U 519/09, zitiert nach juris). Von einer Verletzung der Vermögenssorgepflicht ist bereits dann auszugehen, wenn die Eltern Abhebungen vom Sparbuch des Kindes zum Beispiel für Kinderzimmermöbel, Urlaubsreisen, Geschenke und Kleidung für das Kind ausgeben (OLG Bremen, Beschluss vom 03.12.2014, 4 UF 112/14, zitiert nach juris). Die Finanzierung dieser Bedürfnisse obliegt den Eltern aufgrund der bestehenden Unterhaltsverpflichtung nach § 1601 BGB, so dass die Eltern vom Kind keinen Ersatz nach § 1648 BGB verlangen können (OLG Bremen, Beschluss vom 03.12.2014, 4 UF 112/14, zitiert nach juris). Erst recht stellt die Verwendung des Kindesvermögens zur Abwendung einer finanziellen Notlage des Unternehmens des Vaters eine Verletzung der Vermögensfürsorgepflicht dar.

Die Geldmittel des Investmentfonds sind Vermögen des Antragstellers, den die Eltern wie fremdes Vermögen verwalten müssen. Haben die Eltern ein Sparbuch auf den Namen ihres Kindes angelegt, damit auf dieses Einzahlungen Dritter, wie zum Beispiel der Großeltern, vorgenommen werden können, spricht dies für das Kind als Forderungsinhaber, auch wenn die Eltern das Sparbuch in Besitz behalten (OLG Bremen, Beschluss vom 03.12.2014, 4 UF 112/14, zitiert nach juris).

Der Antragsgegner haftet für die Entnahme der Beträge, auch wenn die Kindesmutter beide Überweisungsträger unterzeichnet hat. Insoweit ist jeder Elternteil für sein Verhalten verantwortlich. Der Nichthandelnde ist dann haftbar, wenn er der Sorgepflicht selbst hätte nachkommen oder ihre Erfüllung durch den anderen Elternteil hätte beaufsichtigen müssen (Ermann-Westermann, 15. Auflage 2017, § 1664 Rdnr. 1). Hebt beispielsweise ein Elternteil einen Teilbetrag eines Kontoguthabens des Kindes zum Ausbau eines von ihm geerbten Hauses ab und unterlässt eine Kontrolle des Guthabens, so dass andere Personen Abhebungen vornehmen können, so haftet er dem Kind wegen Verletzung seiner Vermögenssorge (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.10.1996, 2 U 20/96, zitiert nach juris). Hier hat der Antragsgegner jedenfalls gemeinsam mit der Kindesmutter den Entschluss zur Zweckentfremdung des Geldes getroffen und haftet dem Antragsteller für den hierdurch entstandenen Schaden.

Hierdurch ist auch ein Schaden im Vermögen des Antragstellers entstanden, den er in Höhe der lediglich beantragten 8.957,65 Euro ersetzt verlangen kann, nachdem der Antragsteller den entnommenen Betrag in Höhe von insgesamt 10.037,34 € aufgrund einer titulierten Forderung des Antragsgegners gegen den Antragsteller in Höhe von 1.071,22 Euro nebst Zinsen in Höhen von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2017 auf die beantragte Summe reduziert hat.

Der Zinsanspruch sowie der Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 S.1 BGB.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 113 I 2 FamFG i.V.m § 91 ZPO. Die Auferlegung von Kosten an einen nicht am Verfahren Beteiligten wie der Landeskasse kommt nach diesen Vorschriften nicht in Betracht.

 

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